Elisabeth Herrmann - Zartbittertod

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  • Elisabeth Herrmann - Zartbittertod


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    Gebundene Ausgabe: 475 Seiten

    Verlag: cbj (19. März 2018)

    ISBN-13: 978-3570165133

    empfohlenes Alter: Ab 14 Jahren

    Preis: 18,00€

    auch als E-Book und als Hörbuch erhältlich


    Die mysteriöse Geschichte eines Familienfotos


    Inhalt:

    Mias Eltern haben eine kleine Chocolaterie in Meißen - wie bereits ihr Urgroßvater Jakob. In dem Geschäft hängt ein Foto, das den jungen Jakob und seinen Lehrherrn mit einem lebensgroßen Schokoladennashorn zeigt. Für die Aufnahmeprüfung an einer Journalistenschule versucht Mia, die Geschichte des Familienfotos zu recherchieren. Sie fährt nach Lüneburg, um mit den Nachkommen von Gottlob Herder zu sprechen, mit dem Jakob vor über hundert Jahren aus Deutsch-Südwestafrika ins Deutsche Reich gekommen ist. Die genauen Umstände sind Mias Familie unbekannt, und ganz offensichtlich hat irgendjemand ein Interesse daran, dass sie nicht ans Licht kommen. Mias Recherchen bringen sie in große Gefahr.


    Meine Meinung:

    Elisabeth Herrmann hat ein unrühmliches Kapitel deutscher Kolonialgeschichte aufgegriffen. Genau wie Mia habe auch ich in der Schule nur wenig darüber gehört. Der Völkermord an den Herero findet im Lehrplan üblicherweise nicht viel Platz. Umso mehr freut es mich, dass die Autorin dieses Geschehen nicht totschweigt, sondern den Lesenden nahebringt, wohin Nationalismus und Rassenhass führen können.


    Die Handlung kommt ein klein wenig zögerlich in Gang. Anfangs passiert noch nichts allzu Aufregendes. Doch je mehr Mia herausfindet und je mehr Menschen sie kennenlernt, die irgendwie in ihre Familiengeschichte verwickelt sind, desto mehr konnte die Erzählung mich fesseln. Bald schon gibt es einen Toten und es bleibt nicht bei dem einen. Im Hause Herder ist man über Mias Auftauchen nicht nur erfreut. Während der junge Will versucht, Mia zu unterstützen, schlägt ihr von Seiten seiner Eltern nichts als Ablehnung entgegen. Hier erweist Mia sich als toughe junge Frau, die sich nicht so leicht einschüchtern lässt. Und auch wenn sie nicht gerade heldenhaft agiert, nimmt Mia doch ihren ganzen Mut zusammen, wenn es darauf ankommt. Sie ist eine sehr menschliche und sympathische Protagonistin, mit der man sich gut identifizieren kann.


    Je weiter die Handlung fortschreitet, umso spannender wird sie auch. In der zweiten Hälfte konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen, weil ich nun unbedingt wissen musste, wer hinter allem steckt und vor allem, welches Interesse derjenige hat. Elisabeth Herrmann führt die Lesenden immer wieder auf eine falsche Spur und konnte mich am Ende wirklich überraschen.


    Fazit:

    Mit „Zartbittertod“ hat Elisabeth Herrmann wieder mal ein sehr lesenswertes Jugendbuch geschrieben, das eine dunkle Seite der deutschen Geschichte mit einer fesselnden Handlung verbindet. Die Spannung dürfte allerdings gerne schon von Anfang an ein wenig höher sein. Da die Todesfälle nicht allzu blutig beschrieben werden, ist das Buch auch schon für junge Leser ab ca. 14 Jahren geeignet.


    ★★★★☆


    Herzlichen Dank an den cbj Verlag und das Bloggerportal, die mir freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zuschickten.

  • Das lese ich auch gerade, daher überflieg ich deine Rezi nur.

    Die Autorin habe ich auf der LBM getroffen, sie ist so sympathisch <3

    LG, Dani


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  • Ich bin bei ca 35% und finde es bisher sehr gut, auch wenn ich natürlich schon so einen Verdacht habe, in welche Richtung das geht.


    Ich mag ihre Jugendbücher aber eigentlich immer und hier finde ich es besonders toll, dass sie ein Thema aufnimmt, von dem viele Jugendliche wahrscheinlich nie gehört haben. Im Interview hat sie erzählt, dass ihre Tochter gerade 19 ist und Abi gemacht hat, das Thema deutsche Kolonien aber in ihrer ganzen Schulzeit nicht erwähnt wurde.

    LG, Dani


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  • Mia ist die Tochter einer Chocolatiers-Familie in Meißen. Da ihr älterer Bruder das Geschäft eines Tages übernehmen soll, muss Mia sich nach einem anderen Lebensunterhalt umschauen. Sie hat sich für Journalismus entschieden. Als Aufnahmeprüfung soll sie die Geschichte eines Familienfotos recherchieren und erzählen. Auf einmal fällt ihr das rätselhafte Bild ein, das schon immer in der Familienwohnung steht, das sie aber nie wirklich hinterfragt hat. Darauf sind zwei Männer zu sehen, einer weiß, der andere schwarz und ein lebensecht großes Nashorn aus Schokolade. Das muss doch Stoff für eine Geschichte bieten?


    Schnell findet Mia heraus, wer die beiden Männer sind, denn dass ihr Urgroßvater Jakob schwarz war und aus Namibia stammte, wurde zwar in der Familie nie groß thematisiert, aber auch nicht verschwiegen. Der andere Mann auf dem Bild ist Gottlob Herder, Gründer einer großen Schokoladenfabrik aus Lüneburg, das Nashorn war ein Geschenk anlässlich der Hochzeit der Tochter des letzten deutschen Kaisers. Soweit scheint alles beantwortet, doch nun drängen sich Mia neue Fragen auf: wie kam Jakob damals nach Deutschland, warum arbeitete er für Herder und wie konnte er sich später in Meißen sein eigenes Geschäft aufbauen?


    Sie beschließt, nach Lüneburg zu fahren und mithilfe der Herder’schen nachkommen genauer nachzuforschen. Als sie sich telefonisch ankündigt, scheint sie bei Wilhelm Herder, Gottlobs Enkel, offene Türen einzurennen. Der alte Mann versucht anscheinend schon lange, mit Mias Familie Kontakt aufzunehmen, wurde aber immer abgeblockt. Doch als Mia dann vor Ort ist, ist auf einmal alles ganz anders.


    Das Buch ist, im Gegensatz zum letzten Jugendbuch der Autorin (Die Mühle), kein Thriller. Elisabeth Herrmann verknüpft hier das Thema Schokolade (das aber eigentlich nur Mittel zum Zweck ist und eine Rahmenhandlung bietet) mit dem unangenehmen, dunklen Kapitel der deutschen Kolonialgeschichte in Afrika, dem eigentlichen Thema des Buches. Ein Thema, das im deutschen Schulunterricht maximal gestreift, aber keinesfalls angemessen ausführlich behandelt wird. Erst seit 2015 erkennt übrigens die Bundesregierung die Auslöschung des Volkes der Herero Anfang des 20. Jahrhunderts offiziell als Völkermord an.


    Die Autorin schickt zwei junge Menschen auf eine rätselhafte und teilweise unbequeme Reise in ihre jeweilige Familiengeschichte und zeigt dabei, dass bis heute vieles lieber totgeschwiegen wird anstatt sich mit den Geschehnissen von damals und ihren Folgen auseinanderzusetzen. Diesen Aspekt des Buches ebenso wie die historischen Einstreuungen fand ich sehr beklemmend, aber auch spannend zu lesen und empfehle es daher für heutige Jugendliche auch unbedingt!


    Weniger gefallen hat mir die zusätzlich eingebrachte Krimi-Handlung. Hiermit soll natürlich noch mehr Spannung erzeugt werden und das gelingt auch über weite Strecken. Die Auflösung am Ende kam für mich aber nicht überraschend und außerdem fand ich sie leider weniger gelungen als den Rest des Buches.


    Insgesamt also auf jeden Fall wieder ein lesenswertes Buch der Autorin mit einer etwas überflüssigen Wendung am Schluss und einem gänzlich anderen Plot als bei ihren letzten Jugendbüchern!


    4ratten

    LG, Dani


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  • Ja, stimmt schon, es gibt ja auch immerhin Tote. Dennoch lag für mich der Fokus nicht darauf, sondern eben auf der Geschichts/Vergangenheitsbewältigung.


    Ich hätte es wahrscheinlich sogar besser gefunden, wenn nicht noch unbedingt die Krimi-Handlung draufgepfropft worden wäre. Das wirkte auf mich teilweise etwas krampfhaft. Vor allem in der Auflösung.


    Und im Vergleich zu "Die Mühle" fand ich es gar nicht thriller-mäßig ;)

    LG, Dani


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  • Ich fand es gut, dass diese kriminelle Handlung auch da war, denn eine rein historische Handlung bzw. Vergangenheitsbewältigung hätte ich gar nicht erst gelesen ;)


    Aber stimmt schon, im Vergleich zu "Die Mühle" war der Thriller eher harmlos.

  • Wenn man sich die Rezensionen auf amazon durchliest, war es aber vielleicht zu wenig Thriller. Da ist wohl eine mit den falschen Erwartungen an das Buch herangegangen.

    LG, Dani


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  • Meine Meinung zum Buch:



    Titel: Wenn die süßeste Versuchung zur Gefahr wird...



    Elisabeth Herrmann ist mir natürlich von ihren Büchern für Erwachsene ein Begriff und auch mit dem Jugendbuch "Seefeuer" konnte sie mich begeistern, so dass ich gespannt mit der Lektüre startete.



    In der Geschichte geht es um Mia, die für ihre Bewerbung an der Journalistenschule eine knallhart recherchierte Story benötigt. Was würde sich da besser eignen als die ominöse Herkunftsgeschichte ihres Urgroßvaters, der einst aus Namibia unter mysteriösen Umständen nach Deutschland kam? Bei der Recherche stößt Mia auf ein Geheimnis und plötzlich stirbt jemand. Doch bald ist auch ihr Leben in Gefahr, was nur geht da vor?



    Die spannende Handlung wird uns über einen Erzähler nahe gebracht, der alle handelnden Protagonisten etwas näher beleuchtet.



    Hier ist vor allem die Hauptakteurin Mia im Vordergrund. Mia hat mir als Protagonistin sehr gut gefallen. Auf eine sympathische Art ist sie selbstbewusst, aber nicht zu übertrieben. Zudem ist sie nicht an ihrem eigenen Vorteil interessiert, sondern wirklich nur daran die Geschichte ihrer Vorfahren zu lüften und die hat es wirklich in sich.



    Doch auch Will, den man als Sohn reicher Eltern erstmal argwöhnisch betrachtet, konnte im Verlauf der Geschehnisse meine Sympathie gewinnen. Mich hat nicht gestört, dass sich da zwischendurch etwas anbahnt zwischen ihm und unserer zukünftigen Journalistin.



    Mir gefällt gut, dass die Autorin die Geschichte der Herero und die Kolionalisierung Namibias durch die Deutschen thematisiert, denn ich muss gestehen, dass ich davon wenig bis gar nichts wusste und dieses Kapitel deutscher Geschichte im schulischen Geschichtsunterricht nie Gegenstand war, so dass man als Leser in jedem Fall noch dazu lernt.



    Die dargestellte Geschichte startet noch recht gemächlich und wird mit der Zeit immer spannender. Die Dramatik der Geschichte spitzt sich immer mehr zu und je mehr man liest, desto mehr bekommt man Herzklopfen. Zum Schluss liest man wirklich atemlos, denn man möchte endlich das Geheimnis lüften und zudem wissen, wer denn nun hinter allem steckt.



    Die Auflösung kam für mich dann doch sehr überraschend, hatte ich als Täter jemand völlig anderen im Visier.



    Besonders gern gelesen und regelrecht herbeigesehnt habe ich die Textauszüge aus Briefen und den Schriftstücken aus der Zeit um 1904. Hier wurde sehr deutlich, was die Kolonisten von den Farbigen hielten.



    Einziger Nachteil am Buch: wenn man dauernd von den Leckereien liest, die Mia und ihre Familie so zaubern können, da musste die ein oder andere Tafel Schokolade beim Lesen dran glauben.



    Fazit: Ein Jugendroman, der seinesgleichen sucht. Wer Spannung liebt und Geschichte etwas abgewinnen kann, der wird hier wie ich absolut begeistert sein. Klare Leseempfehlung, klasse!



    Bewertung: 5ratten und :tipp:

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

    Einmal editiert, zuletzt von nicigirl85 ()

  • Da die elterliche Schokoladenmanufaktur mit kleinem Lädchen nicht viel abwirft und der älteste Bruder schon die passende Ausbildung absolviert hat, will Mia Journalistin werden. Als Aufnahmeartikel für die Schule entscheidet sie sich dafür etwas über ein altes Foto zu recherchieren, dass „schon immer“ im Laden hängt. Darauf sind ein Schokoladennashorn zu sehen und ihr Urgroßvater. Dieser kam im Nachgang der Ermordung der Heroro durch deutsche Kolonialtruppen als kleiner Junge aus Afrika nach Deutschland und lebte dort zunächst bei dem Gründer einer Schokoladenfabrik, die mittlerweile zur Dynastie herangewachsenen ist.


    Der aktuelle Seniorchef, Enkel des Gründers, wollte schon lange Kontakt zu ihrer Familie aufnehmen, wie sie erfährt, doch als sie seine Einladung annimmt, ist er tot. Sein Enkel insistiert, dass sie zunächst bleiben kann, eine Delegation aus Namibia wird ebenfalls erwartet, doch kurz darauf gibt es die nächste Leiche. Welchem Geheimnis ist sie da unwissentlich auf der Spur und wer ist bereit, dafür zu töten?


    Herrmann lässt ihre Protagonistin zwar zwischendurch in ein paar rassistische Fettnäpfchen tapsen, nutzt aber dieses Buch sehr gut, um gleich direkt damit aufzuräumen. Auch über den Völkermord erfährt man zumindest mal mehr als das lapidare „Deutschland war gar keine echte Kolonialmacht, nächstes Thema“ des üblichen Geschichtsunterrichts. Die Auszüge, die sie als Tagebuchseiten zeitgenössischer Literatur entnommen hat, sind ziemlich bedrückend.


    Den Showdown hätte es für mich nicht gebraucht, aus den familiären Nachforschungen hätte sich auch ohne Mord eine interessante Geschichte ergeben. „Zartbittertod“ firmiert als Jugendroman, doch dafür ist er schon ziemlich erwachsen, ich habe ihn jedenfalls überwiegend gerne gelesen.


    4ratten