Robert Kurson - Im Sog der Tiefe
Wie zwei Taucher das Rätsel um ein verschollenes deutsches U-Boot lösten
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Im Herbst 1991 bekommt der Skipper eines Tauchbootes die Position eines unbekannten Wracks genannt, das etwa 60 Meilen von der Küste von New Jersey in 70 Metern Tiefe liegt. Schnell stellt sich heraus, dass es sich um ein deutsches U-Boot handelt, doch Recherchen ergeben, dass in diesem Bereich kein U-Boot gesunken sein soll. Die erfahrenen Wracktaucher John Chatterton und Richard Kohler dringen in alle möglichen Bereiche des Bootes ein, aber es findet sich kein Indiz für eine konkrete Identifizierung. Als bei den Tauchgängen drei Männer sterben, bleibt nur noch eine kleine Gruppe, die ihre Bemühungen nicht aufgibt, bis endlich nach sechs Jahren der entscheidende Hinweis entdeckt wird.
Rein vom Sprachlichen her gefällt mir der Bericht. Robert Kurson hat auch ausführlich recherchiert und versteht es, Spannung aufzubauen. Es gibt viele Fotos, von denen einige den Zustand eines durch eine Explosion gesunkenen U-Bootes veranschaulichen, was in diesem Fall äußerst vorteilhaft für die Vorstellungskraft ist, die sich beim Lesen entfaltet. Der Inhalt ist abwechslungsreich, denn es geht nicht allein ums Tauchen. Ausführliche Biografien der Beteiligten, Abstecher in die Geschichte des U-Bootes mit seiner Mannschaft während des 2. Weltkrieges und die intensive Recherche nehmen einen wesentlichen Teil ein. Technische Abläufe werden gut verständlich erläutert, die Dialoge sind mitunter recht spritzig. Ein Happy End gibt es auch. Alles in allem: Historie gut aufbereitet.
Bis hierhin
Jetzt aus meiner persönlichen Sicht als Sporttaucherin betrachtet.
Wenn man das Buch aufmerksam liest, kann man fast nicht glauben, dass es sich bei der Aktion um eine wahre Begebenheit handelt. Wer darüber hinaus über Tauchkenntnisse verfügt, wird aus dem Kopfschütteln nicht herauskommen.
Spannung ist genügend geboten, nicht nur wenn es um das Thema Wracktauchen geht. Immerhin wurde ja ein bis dahin gar nicht existentes Fragezeichen der deutschen Geschichte aufgedeckt und aufgeklärt. Wenn die Spannung aber auf die Kosten der Glaubwürdigkeit geht – und das in einem Tatsachenbericht - sinkt das Niveau rapide ab. Gerade was den Tiefenrausch betrifft, muss jeder ahnungslose Leser annehmen, dass dieser grundsätzlich ab etwa 30 Metern eintritt (was falsch ist) und man ihm hilflos ausgeliefert ist. Durch entsprechende Erklärungen verleiht Kurson dem Tiefenrausch das Bild eines potenziell tödlichen Ereignisses, gegen das man nichts unternehmen kann, was er dann als Spannungselement immer wieder einsetzt („Von hinten dröhnte der Tiefenrausch“ oder „Hinten begann der Tiefenrausch zu trommeln“).
Ich war um 1991 mit der damals üblichen Ausrüstung selbst schon auf einigen anspruchsvollen Tauchgängen unterwegs und schwankte deshalb während des Lesens mehrfach zwischen Ungläubigkeit und Entsetzen. Dass Chatterton und Kohler, die beiden Hauptakteure der Suchaktion, erfahrene Wracktaucher sind, ist unbestritten, aber wie sich einige der anderen Sportler verhalten haben, grenzt für mich an Lebensmüdigkeit. Es sei denn, Kurson, der offensichtlich vom Tauchen keine Ahnung hat, hat um der Dramatik willen zu darstellerischen Freiheiten gegriffen.
Zum besseren Verständnis hier noch einige der Ungereimtheiten:
- bei 1,5 m Sicht ist der Grund 5 Meter weiter unten gut erkennbar
- starke Strömung innerhalb von einer Stunde annähernd verschwunden
- verständliches Sprechen unter Wasser mit dem Mundstück des Lungenautomaten im Mund
- elementare Ausrüstungsgegenstände beim Partner nicht zu finden
- mit dem tatsächlich letzten Atemzug am Tauchpartner (mit ausreichend Luftvorrat) vorbeitauchen bis zur Ersatzausrüstung in 15 Metern Entfernung
und das alles wohlgemerkt in 70 Metern Tiefe.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass amerikanische Taucher teilweise andere Messwerte oder Voraussetzungen zugrunde legen, aber gerade bei den beiden letzten Punkten stellt sich automatisch die Frage, wie fundiert die Tauchausbildung war. Das sind Kenntnisse, ohne die kein Tauchanfänger ein Brevet bekommt. Über den Wahrheitsgehalt des Berichtes kann man streiten, aber welches Bild wirft das auf den Tauchsport?
Nach dem Beenden des Buch sah ich mir eine deutsche Dokumentation über die Suche nach diesem besonderen U-Boot an und stellte dabei Unterschiede zu den Aussagen im Buch fest. Bei beiden Versionen wirkten die beteiligten Taucher als Ratgeber mit, deshalb stellt sich unwillkürlich die Frage, welche der Varianten nun den Tatsachen entspricht oder ob überhaupt eine zutrifft. Im Nachwort seines Buches erwähnt Kurson, dass Chatterton und Kohler kein redaktionelles Vetorecht zugestanden bekamen – vielleicht aus (für den Autor) gutem Grund.
Auch wenn spezielle Exkursionen von manchen Tauchern alleine durchgeführt werden, lautet einer der wichtigsten Grundsätze, niemals alleine zu tauchen. Aber wie zuverlässig ist jemand, der vor lauter Besessenheit die eigene Sicherheit vergisst? Man kann nur hoffen, niemals an solche Tauchpartner zu geraten. Dieses Buch wäre in einem Taucherforum bestimmt ein heißes Diskussionsthema.
Dafür fünf von fünf