Gottfried Keller - Sieben Legenden

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    Dieses Büchlein vereint sieben Legenden nach dem Vorbild christlicher Heiligenlegenden, aber von Keller teilweise doch recht unreligiös und mit einem Zwinkern im Auge abgewandelt.


    Eugenia:

    Die junge Römerin ist ganz unweiblich an Bildung interessiert und besucht Vorlesungen aller Art. Aquilinius, an dem sie nicht uninteressiert ist, hält um ihre Hand an, sie aber will ihn erst besser kennen lernen und fordert ihn auf, mit ihr zusammen Vorlesungen zu besuchen und über Philosophie und anderes zu diskutieren, was er empört ablehnt. Betroffen zieht sie sich verkleidet in ein Männerkloster zurück, wo sie alsbald zum Abt wird. Diesen begehrt eine Frau, die ihn als der Abt ihre Avancen zurückweist, der unsittlichen Annäherung beschuldigt. Aquilinius soll über den Fall richten. Eugenia gibt sich ihm zu erkennen, und wird bald seine Frau.

    *Gähn*


    Die Jungfrau und der Teufel:

    Graf Gebizo ist zwar reich, gibt sich jedoch der Wohltätigkeit in solchem Ausmaß hin, dass er bald verarmt. Nur seine Frau, die schöne Bertrade bleibt ihm noch. Sein Schicksal verdammend trifft er den Teufel, der ihm einen Handel vorschlägt: Unendlich viel Geld gegen Bertrade. Gebizo willigt ein.

    Auf dem Weg zum Teufel rasten er und seine natürlich unwissende Frau bei einer kleinen, der Jungfrau Maria gewidmeten Kapelle. Bertrade betet vor der Marienstatue und schläft ein. Maria nimmt ihre Gestalt an und lässt sich von Gebizo dem Teufel überreichen. Die beiden ringen miteinander, während der Graf entsetzt flieht, in eine Schlucht fällt und sich den Nacken bricht. Bertrade kehrt nach Hause zurück und beerdigt ihren nicht mehr geliebten Mann.

    Eine schöne Geschichte. Exzess, auch in Form von Wohltätigkeit, ist nicht gut, und seine Frau verkauft man einfach nicht! Hier wird der Richtige bestraft.


    Die Jungfrau und der Ritter:

    Bertrade aus der vorigen Geschichte soll sich, so hat der Kaiser entschieden, einen neuen Mann nehmen. Sie beschließt die Austragung eines Turniers; der Sieger wird ihre Hand bekommen. "Alle" treten an, bis auf Zendelwald den Trägen, der seit jeher unter Entscheidungsschwierigkeiten und Träumereien leidet. Seine Phantasie nimmt mögliche Ereignisse so lange und intensiv vorweg, bis die Möglichkeit zur Handlung vergangen ist. So auch jetzt: zwar macht er sich zu Bertrades Turnier auf (immerhin hatte er sie kürzlich kennen gelernt und sie hatte ihm ausnehmend gut gefallen), hält aber an der uns schon bekannten Kapelle an und schläft ein, woraufhin Maria seine Gestalt annimmt, im Turnier siegt und an Bertrades Seite am folgende Gelage teilnimmt. Der wahre Zendelwald kommt schließlich auch an, tauscht den Platz mit Maria und heiratet Bertrade, der er von seinem Erlebnis erzählt.

    Wunderbar! Zendelwald ist ein herrlicher Antiheld, den ich hier nicht erwartet hätte. Schön, dass Bertrade einen Mann bekommt, der ihr gefällt, und der ihr zudem die Wahrheit sagt.


    Die Jungfrau und die Nonne:

    Eine junge Nonne zieht es aus dem Kloster hinaus in die Welt, wo sie einen Mann kennen lernt, schließlich seine Frau wird und mehrere Söhne bekommt. 18 Jahre später begibt sie sich ins Kloster zurück, wo währenddessen die Jungfrau Maria ihren Platz eingenommen hat, wodurch sie nicht vermisst worden war. Später kommen Mann und Söhne im Kloster vorbei und die Wahrheit wird bekannt. Die anderen Nonnen bewundern sie.

    Eine Frau bestimmt über ihr eigenes Leben - und das gleich zweimal! - und wird dafür nicht bestraft! Gefällt mir.


    Der schlimm-heilige Vitalis:

    Vitalis ist ein Mönch, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, gefallene Frauen, also Prostituierte zu bekehren und zu einem zukünftigen Leben im Kloster zu überreden. Dazu besucht er sie des Nächtens, wohnt ihnen aber nicht bei, sondern betet und predigt für sie die ganze Nacht über. Dies hält er allerdings geheim, so dass ihn alle für eine großen Sünder und eine Schande des Mönchsstandes halten. Eine besonders harte Nuss bekommt er in Form einer Frau zu knacken, die ihn immer wieder kommen lässt, morgens scheinbar nachgibt, aber sich dann doch weigert ins Kloster zu gehen. Sie hat nämlich entdeckt, dass es einfacher und einträglicher ist, ihn für seine Besuche bezahlen zu lassen, was er nur kann, indem er zum Dieb wird. Eine junge Nachbarsfrau verguckt sich in ihn und schafft es, ihn zu einem Abschied vom Mönchsleben zu bringen und sie zu heiraten.

    Ganz nett.


    Dorotheas Blumenkränzchen & Das Tanzlegendchen:

    Ich erspare mir eine Zusammenfassung dieser zwei kurzen, langweiligen Legenden. Ich habe genug Zeit mit ihnen verschwendet.


    Im Grunde genommen habe ich diese Legenden recht gerne gelesen, auch wenn sie mich nicht direkt begeistern konnten. Ein gewisser Humor ließ mich immer wieder schmunzeln und einige besonders gelungen Formulierungen gar lachen. Stilistisch waren sie durch ihre etwas altmodische Sprache ein Genuss. Am besten sind sie, wo sie die Begrenzungen der christlichen Vorgaben und der typischen Geschlechterrollen überschreiten. Allerdings haben mir "Romeo und Julia vom Lande" sowie die paar von mir bisher gelesenen "Seldwyla"-Geschichten besser gefallen.


    3ratten + (weil ich mich großzügig fühle) :marypipeshalbeprivatmaus:

    Wir sind irre, also lesen wir!