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Mitte des 19. Jahrhunderts wird die Krankenschwester Lib Wright in besonderer Mission in die irische Provinz geschickt: sie soll ein Mädchen namens Anna beobachten, das angeblich seit seinem elften Geburtstag vor vier Monaten keine Nahrung zu sich genommen hat und bereits als Wunder gefeiert wird, und beweisen, dass es da nicht mit rechten Dingen zugeht.
Mit der aufgeklärten, strikt vernunftorientierten Lib, die mit Florence Nightingale im Krimkrieg gearbeitet hat, und den katholischen und gleichzeitig auch reichlich abergläubischen Bewohnern des kleinen Dörfchens in Irland treffen Welten aufeinander. Lib kann es nicht fassen, dass diese Menschen nicht nur der katholischen Glaubenslehre anhängen, die sie für reichlich seltsam hält, sondern auch noch abends Milch für die Kobolde bereitstellen, weil man ja nie wissen kann, ob nicht doch ein Wesen aus der anderen Welt ums Haus schleicht. Kaum verwunderlich also, dass Anna in der Gegend schon fast wie eine Heilige verehrt wird und die ärmliche Hütte ihrer Familie zum Wallfahrtsort geworden ist.
Lib ist fest entschlossen, Annas wundersames Fasten als Schwindel zu enttarnen, doch das stellt sich als schwieriger heraus als befürchtet. Und noch etwas hat sie nicht erwartet - ihre allmählich wachsende Zuneigung zu dem Mädchen, das ganz aus seinem Glauben heraus zu leben scheint und der Wunsch, Anna zu schützen.
Lib ist eine sperrige Protagonistin und wirkt zunächst nicht unbedingt sympathisch mit ihrer kompletten Verachtung für die "einfachen Leute", ihren Glauben und ihre Lebensweise, auch wenn man insbesondere aus heutiger Sicht durchaus mit ihr den Kopf schüttelt über so manche Blüten, die die Frömmigkeit (und der Aberglaube) an ihrer neuen Wirkungsstätte treibt. Doch nach und nach wird ihre Motivation und auch ihre Vorgeschichte klarer, und gleichzeitig taut sie zumindest Anna gegenüber auf, die für sie mehr und mehr vom Beobachtungsobjekt zum Schützling wird.
Lange Zeit fragt man sich mit Lib, wie das denn bitteschön alles funktionieren soll. Donoghue baut subtil Spannung auf und vermittelt gleichzeitig sehr anschaulich die Lebensumstände von Annas Familie, die hauptsächlich von harter Arbeit und schlichter Volksfrömmigkeit geprägt sind. Es gibt auch ein paar regelrecht gruselige Momente, manchmal meint man sogar einen Hauch von Übersinnlichem zu spüren, als wolle die Autorin mit den verschiedensten Möglichkeiten spielen.
Eine ungewöhnliche Geschichte, die laut Nachwort auf verschiedenen historischen Fällen von angeblich langfristig fastenden Menschen beruht, von denen im Laufe der Jahrhunderte immer wieder berichtet wurde, und ein spannendes Gedankenspiel. Nur was ich vom Ende halten soll, weiß ich immer noch nicht so genau. Einerseits fand ich es passend, andererseits auch ein wenig melodramatisch. Aber so oder so hat mir das Buch insgesamt gut gefallen.