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Die Erzählerin ist Schriftstellerin, sie schreibt Romane, auch wenn sie wohl kaum jemand liest. Die Besonderheit ihrer Heimat liegt darin, dass hier regelmäßig Dinge verschwinden. Was einmal fort ist, wird physisch direkt von den Bewohnern vernichtet und dann denkt niemand mehr daran, es verschwindet praktisch völlig aus den Erinnerungen. Würden z.B. Socken verschwinden, würden alle einfach barfuß in ihre Schuhe schlüpfen und vielleicht wäre es kalt, aber es wäre für alle völlig normal. Alle? Nein, ein kleiner Anteil Menschen kann sich weiter erinnern, doch diese werden von der Erinnerungspolizei gefangengenommen und verschleppt. Sie verschwinden ebenfalls. So erging es auch der Mutter der Erzählerin und als sie vermutet, dass ihr Lektor ebenfalls erinnerungsfähig sein könnte, bietet sie ihm einen Unterschlupf.
Im vorderen Teil des Buches wechselt sich dieses Geschehen noch mit Auszügen aus dem Roman ab, an dem die Protagonistin aktuell schreibt, in dem es um eine Schreibmaschinenschülerin geht, deren Stimme verloren geht. Das Motiv des Verschwindens zieht sich so auf unterschiedliche Weise durch beide Handlungen.
Was für ein seltsames und irritierendes Buch. Es wirkt nicht wie Fantasy oder Science Fiction, sondern spielt nahe genug an der Realität, dass man sich fragt, wie so etwas möglich sein kann. Die Beschreibung des Verschwindens ist so faszinierend, dass man unwillkürlich selber darüber nachdenkt, wie das denn funktioniert und was so etwas mit einem selbst machen würde. Die Figuren wirken kühl, dass im Buch ewiger Winter zu herrschen scheint, unterstreicht diese Stimmung noch (sind etwa auch die anderen Jahreszeiten bereits verschwunden, man weiß es nicht, wenn sich niemand daran erinnert), aber unter der Oberfläche schlummern Gefühle und vor allem auch das Bedürfnis zu fühlen, auch wenn durch den Verlust der Erinnerungen viele Gefühlsauslöser ebenfalls verschwunden sind.
Wenn ich mir die Beschreibungen der übrigen Bücher der Autorin anschaue, scheint „Insel der verlorenen Erinnerung“ recht typisch für sie zu sein. Da es mir bei aller Irritation gefiel, werde ich vermutlich in Zukunft noch mehr von ihr lesen.