Adam Higginbotham - Mitternacht in Tschernobyl

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 710 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Jaqui.

  • Mitternacht in Tschernobyl von Adam Higginbotham 

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Inhalt: Was geschah im Inneren des Kraftwerkes am 26. April 1986 als der Reaktor 4 des Kernkraftwerkes Tschernobyl explodierte? Dieser Frage geht der Autor nach und hat dabei unzählige Interviews über 10 Jahre geführt und Dokumente gesichtet die bisher verschlossen waren.


    Eigentlich wollte ich nur schnell mal reinlesen. Bei Amazon steht: spannend geschrieben wie ein Thriller. Und dem ist wirklich so. Ich bin gleich mal hängen geblieben. In den ersten beiden Kapiteln beschreibt der Autor die Geschichte der Kernkraftwerke. Wie man die Spaltung entdeckt hat und welche Katastrophen schon passiert sind, ohne dass die Menschen es wussten.


    Und dann befinden wir uns am Vorabend der Katastrophe, als der Testlauf in Tschernobyl beginnt. Und obwohl man weiß wie es ausgeht, denkt man ständig: wieso macht ihr das? Tut was anderes. Vertuschung und Lügen haben zu dem Ergebnis geführt, denn die Arbeiter im Kernkraftwerk wussten nicht einmal dass so eine Katastrophe passieren kann. Das wurde ihnen einfach nicht gesagt. Denn sonst hätte man Konstruktionsfehler zugeben müssen und das Werk wäre nicht so schnell gebaut worden. Außerdem wollte man Geld sparen.


    Aus heutiger Sicht sitzt man sprachlos da und schüttelt den Kopf. Wäre es nicht tatsächlich passiert, würde man es nicht glauben. Und jedes Buch dass so eine Verkettung von Zufällen, Lügen und Intrigen beschreibt, würde man genervt in die Ecke schmettern. Denn so viel Blödsinn kann gar nicht passieren. Ist es aber leider.


    Der Reaktor ist gerade übrigens explodiert. Der erste Mensch mittlerweile tot. Viele weitere werden folgen. Gerade rückt die Feuerwehr an.


    Ich geh dann mal weiter lesen :lesen:

  • So ging es mir beim Lesen von Alexijewitschs "Tschernobyl". Man kann das Beschriebene einfach nicht fassen.

    Higginbotham steht in meinem Regal. Ich habe mich noch nicht herangetraut, weil mich schon Alexijewitsch so verstört hat. Wobei ich denke, Higginbotham dürfte im Vergleich zu Alexijewitsch ein wenig verdaulicher sein, denn er schreibt über die technologische Seite der Katastrophe, sie aber über Schicksale.


    ***

    Aeria

  • Das Buch ist echt Wahnsinn. Natürlich weiß ich was passiert ist. Und dass die Russen nicht alles haarklein erzählten weiß ich auch. Aber diese Lügerei.... Und das gegenüber den eigenen Leuten ist echt schwere Kost.


    Und vor allem: Dass auch die Wissenschaftler, die es eigentlich besser wissen, Befehlsempfänger sind und keine eigene Meinung haben durften, ist heute nicht mehr vorstellbar. Jeder der auch annähernd die Wahrheit sagte wurde denunziert.

    Und was machen die Politiker im Fernsehen. Prangern die Weltpresse an, die sich natürlich aufgrund von fehlenden Fakten selbst eine Geschichte zusammen reimt. Dass da Blödsinn dabei ist, ist logisch.


    Das Buch selbst ist sehr spannend, macht aber wirklich sprachlos.

  • Ich habe das Buch beendet und obwohl jeder weiß, was in Tschernobyl passiert ist, macht es dennoch sprachlos und wütend. Wie da mit Menschen umgesprungen wurde, ist nicht zu fassen.


    Das Buch ist ein Tatsachenbericht und auch so aufgebaut. Chronologisch wird erzählt was an jenem verhängnisvollen Abend passiert ist. Wie lange es dauerte bis sich die Mitarbeiter im Kraftwerk eingestanden haben, dass der Reaktor tatsächlich explodiert ist. Wann die Feuerwehr eintraf und wie diese nach und nach ins Spital gebracht wurden mit schwersten Strahlenverbrennungen.

    Die ersten paar Tage werden sehr ausführlich beschrieben, dann werden die Sprünge länger. Der Bau des Sarkophags über Reaktor 4, der Prozess bei dem einige Verantwortlichen verurteilt wurden und die Wahrheit, die immer mehr und mehr durch sickerte.


    Was ich so bestürzend fand: Selbst als allen klar war, dass nicht nur menschliche Fehler hinter der Katastrophe steckten, sondern Fehler in der Konstruktion, wurden diese einfach unter den Tisch gekehrt. Wissenschaftler wurden mundtot gemacht. Und erst als sich Legassow, der Mann, der den Unfall mit zahlreichen anderen untersuchte, erhängt hatte, kam die Wahrheit ans Licht.


    Man muss sich das heute mal vorstellen. Da standen noch zig andere Reaktoren mit der gleichen Bauweise in der Gegend herum und viele wussten, dass das nochmal passieren kann, aber niemand hat reagiert. Ich hoffe, dass sowas heute undenkbar ist.


    Alles in allem ein Buch zum Nachdenken.

    Wer sachlich und ohne großartige menschliche Schicksalsschläge über die Katastrophe informiert werden will, ist hier genau richtig.


    5ratten

  • Jaqui

    Deine Hoffnung in Ehren, aber ich glaube nicht, dass so ein Vorfall heute undenkbar ist. Dafür gibt es zu viele Staatsoberhäupter, denen das eigene oder das Image des Landes über alles geht, genau wie damals in Russland.


    Wir sitzen da auf einem riesengroßen Pulverfass und können nur hoffen, dass alles gut geht.

    Früherer Nutzername "Alexa" :)