Günter Grass bei der Waffen-SS?!

Es gibt 83 Antworten in diesem Thema, welches 24.695 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von helmutp.

  • Hallo,


    jetzt kommen wir der Sache näher...


    Dennoch kann ich Grass (ohne Begründung für sein Handeln) nicht in Schutz nehmen.


    Dann sind wir uns ja einig: Ich nehme Grass auch nicht in Schutz. Mir ist es vielmehr völlig egal, was er so tut und sagt (natürlich gibt es dafür auch Grenzen - die er aber für meine Begriffe nicht überschritten hat).


    Wenn jemand Sätze prägt wie "Wer schweigt, macht sich schuldig", ist es schon peinlich, wenn er selber 60 Jahre lang schweigt, oder?


    Peinlich schon... natürlich... aber auch da halte ich es wie die Schweiz :elch: Jeder schämt sich für sich selbst. Ich mag da einfach nicht urteilen, weil mir das Thema ansich nicht wichtig genug ist. Ich habs zur Kenntnis genommen. Mehr aber auch nicht :)


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Hallo!


    Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier Postings häufig nicht auf ihren tatsächlichen, sondern auf den erwarteten Inhalt hin gelesen werden. Woraus die Sisyphusarbeit resultiert, das eingangs Gesagte immer und immer wieder zu wiederholen. Wozu ich wenig Zeit und noch weniger Lust habe.


    Es ging um Grassens Verhalten nach dem Krieg, um sein Ankämpfen gegen Schweigen und Vergessen. Ich halte einen solchen Kampf für gar nicht so wichtig, diese bei jeder Gelegenheit geschwungenen Nazikeulen haben mich immer schon genervt.


    Aber Grass hat ihn geführt (und niemand dürfte ihn dazu gezwungen haben). Als in Bitburg den 49 SS-Soldaten unter den Gefalllenen mitgedacht wurde, hat er sich echauffiert. Über seine eigene Vergangenheit hat er geschwiegen (und sich in seiner _eigenen_ Diktion damit schuldig gemacht). Das ist für mich Doppelmoral in Reinkultur.


    Wichtig? Nun ja, wir sind hier in einem Literaturforum. Grass ist Literaturnobelpreisträger. Da verstehen sich solche Diskussionen fast von selbst. Es ist mir so wichtig wie Diskussionen um gehypte Bücher oder die Betrachtung des Rosenhäuschens in Stifters Nachsommer. So wichtig wie Stapel ungelesener Bücher oder bereits gelesener Bücher. So wichtig wie die literarischen Vorbilder zu Swann und Leverkühn.


    Für mich sind keine Denkmäler gestürzt, ich konnte auch keine moralischen Halbgötter verlieren, weil ich keine hatte. Befremdlich bleibt für mich die Selbstverständlichkeit, mit der diese ganze Doppelbödigkeit hingenommen wird. Und Grass spielt mit seinem Verhalten auch jenen in die Hände, die weit rechts angesiedelt sind und seine Heuchelei nun - zurecht - anklagen und für ihre Zwecke verwenden. Was mir nicht angenehm ist.


    Grüße


    s.

    Einmal editiert, zuletzt von scheichsbeutel^ ()

  • Hallo scheichsbeutel^,


    ich kann Dir nur voll und ganz zustimmen. Danke für diesen Beitrag.


    Gruß,
    Thomas


    P.S. Rosenhäuschen, Swann, Leverkühn - ich hoffe, auf viele interessante Beiträge von Dir. Dein Literaturgeschmack gefällt mir jedenfalls.

  • Ich danke Dir, scheichsbeutel
    genau darauf zielte ich anfangs ab ...


    LG,
    dumbler

    Einmal editiert, zuletzt von dumbler ()

  • Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier Postings häufig nicht auf ihren tatsächlichen, sondern auf den erwarteten Inhalt hin gelesen werden. Woraus die Sisyphusarbeit resultiert, das eingangs Gesagte immer und immer wieder zu wiederholen. Wozu ich wenig Zeit und noch weniger Lust habe.


    Momentan habe ich eher das Gefühl, dass Du so verfährst.


    Es ging um Grassens Verhalten nach dem Krieg, um sein Ankämpfen gegen Schweigen und Vergessen.


    Ja, ich weiß. Siehe meine letzten Postings :rollen:


    Ich halte einen solchen Kampf für gar nicht so wichtig, diese bei jeder Gelegenheit geschwungenen Nazikeulen haben mich immer schon genervt.


    Mich nerven eher die Nazis selbst.


    Aber Grass hat ihn geführt (und niemand dürfte ihn dazu gezwungen haben). Als in Bitburg den 49 SS-Soldaten unter den Gefalllenen mitgedacht wurde, hat er sich echauffiert. Über seine eigene Vergangenheit hat er geschwiegen (und sich in seiner _eigenen_ Diktion damit schuldig gemacht). Das ist für mich Doppelmoral in Reinkultur.


    Doppelmoral, das habt ihr hier ja schon öfter erwähnt. Mutiert so langsam aber sicher für mich zum Unwort des Jahres 2006. Erklärst Du mir, was Doppelmoral anrichten kann? Grass hat sich echauffiert - gleichzeitig wusste er um seine Vergangenheit, was für mich bedeutet: Er hätte sich genauso über dieses Gedenken aufgeregt, wenn er gefallen wäre. Vielleicht auch nicht. Wer weiß das schon? Grass hat sich meines Wissens niemals von eigener Verantwortung freigesprochen. Er hat niemals behauptet "NICHT bei der Waffen-SS gewesen zu sein".


    Wichtig? Nun ja, wir sind hier in einem Literaturforum. Grass ist Literaturnobelpreisträger. Da verstehen sich solche Diskussionen fast von selbst. Es ist mir so wichtig wie Diskussionen um gehypte Bücher oder die Betrachtung des Rosenhäuschens in Stifters Nachsommer. So wichtig wie Stapel ungelesener Bücher oder bereits gelesener Bücher. So wichtig wie die literarischen Vorbilder zu Swann und Leverkühn.


    Wenn Dir die Person und deren Gedanken so wichtig sind - nun gut. Dann musst Du Dich aber grundsätzlich vor dem Lesen eines Buches sehr gründlich informieren. Und Dich später aufregen, wenn wieder Geheimnisse herauskommen. Und bei der Meinung bleiben, dass nur menschen mit absolut einwandfreier Moral auch den Zeigefinger erheben dürfen.


    Ich meide Bücher, deren Schriftsteller illegales Gedankengut verbreiten. Aber nicht Schriftsteller, die sagen "Wer schweigt, der macht sich schuldig". Zum einen, weil er sich offensichtlich selbst mit einbezieht und genauso offensichtlich weiß, wovon er redet - zum anderen, weil er mit dieser Aussage schlicht und einfach recht hat. Meine Frage: Wird die Kritik, die er jahrelang anbrachte durch sein Geständnis weniger wahr? Das ist für mich der Dreh- und Angelpunkt. Für viele verliert er vielleicht an Glaubwürdigkeit, aber für mich ist seine Kritik trotzdem noch angebracht. Andererseits brauche ich einen Günter Grass nicht für solche Erkenntnisse.


    Befremdlich bleibt für mich die Selbstverständlichkeit, mit der diese ganze Doppelbödigkeit hingenommen wird. Und Grass spielt mit seinem Verhalten auch jenen in die Hände, die weit rechts angesiedelt sind und seine Heuchelei nun - zurecht - anklagen und für ihre Zwecke verwenden. Was mir nicht angenehm ist.


    Es ist so einfach, Fremde zu verurteilen (so viel zu meinem persönlichen Befremden). Aber verlange das nicht von mir oder dem Rest, der nicht Deiner Meinug ist.


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

    Einmal editiert, zuletzt von nimue ()

  • @Nimue


    Auf diese Form der Polemik habe ich keine Lust. Ich nehm zur Kenntnis, dass du meine Beiträge nicht verstehen konntest oder wolltest. Du hast mir von Beginn an unterstellt, "einfach so zu verurteilen", tust das abermals in deinem letzten Beitrag, wiewohl ich meine, das Warum begründet zu haben. Du unterstellst, dass ich argumentelos dich und andere zu meiner Meinung bekehren möchte usf. Dir ist auch jegliche Ironie in meinem Posting bezüglich der Wichtigkeit des Themas entgangen (denn mit dem Vergleich Swann und Leverkühn wollte ich zwar die Wertschätzung dieser Literatur, aber auch die relative Bedeutung all dieser Themen zum Ausdruck bringen; genauer: Das Thema Grass ist mir ungefähr so wichtig wie das Größenwachstum meiner Zucchini im Prägarten).


    Ich rede und schreibe gern über Literatur und verwandte Themen, aber es scheint offenkundig, dass eine solche Unterhaltung zwischen uns beiden nicht möglich ist. Ich werde sie nicht mehr führen. Ob es an mangelnder sprachlicher Klarheit meinerseits oder deinem Unverständnis liegt, vermag ich nicht zu entscheiden.


    Grüße


    s.

  • @scheichsbeutel:


    wiewohl ich meine, das Warum begründet zu haben.


    Es mag eine Begründung für Dich sein - mir reicht sie aber nicht, um ein Urteil über einen Menschen zu fällen.[/quote]


    Und wie ist es hiermit:


    Trotzdem es nach meinem Dafürhalten keine Selbstverständlichkeit ist, sich zur Waffen-SS zu melden und es auch Beispiele gibt, die in genau dem gleichen Alter wie Grass der Nazi-Ideologie nicht verfielen, ist diese Mitgliedschaft an sich nicht der entscheidende Punkt.


    Hat Grass wirklich gesagt, dass er sich freiwillig zur Waffen-SS gemeldet hat? Dafür konnte ich keinerlei Belege finden. Wohlgemerkt: Waffen-SS ist NICHT die Wehrmacht! Zu letzterer hat er sich freiwillig gemeldet! Nachzulesen hier
    Gerade bei solchen Diskussionen sollte man auf korrekte Begriffe achten.


    Nein, ich habe auch keine Lust auf Polemik (die sich oft auch mal hinter rethorischen Totschlägern verstecken kann). Es sei mir verziehen, dass mir Deine Ironie entgangen ist, aber ich habe weder Swann noch Leverkühn gelesen. Wenn ich nun also Deine Beiträge nicht verstanden habe, dann liegt es nicht an mir, sie verständlich zu machen. Dies hier ist ein belletristisches Forum und nicht das Klassikerforum. Im letzteren bist Du mit Deinen Diskussionsansprüchen vielleicht besser aufgehoben. Ansonsten ist es an Dir, Dich zu bemühen. Offensichtlich hast Du meine Beiträge ebenfalls nicht verstanden - belassen wir es dabei.

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

    Einmal editiert, zuletzt von nimue ()

  • Hallo zusammen!


    Grass ist Literaturnobelpreisträger. Da verstehen sich solche Diskussionen fast von selbst. Es ist mir so wichtig wie Diskussionen um gehypte Bücher oder die Betrachtung des Rosenhäuschens in Stifters Nachsommer. So wichtig wie Stapel ungelesener Bücher oder bereits gelesener Bücher. So wichtig wie die literarischen Vorbilder zu Swann und Leverkühn.


    Für mich sind keine Denkmäler gestürzt, ich konnte auch keine moralischen Halbgötter verlieren, weil ich keine hatte. Befremdlich bleibt für mich die Selbstverständlichkeit, mit der diese ganze Doppelbödigkeit hingenommen wird. Und Grass spielt mit seinem Verhalten auch jenen in die Hände, die weit rechts angesiedelt sind und seine Heuchelei nun - zurecht - anklagen und für ihre Zwecke verwenden. Was mir nicht angenehm ist.


    Den Satz mit dem Schweigen findet man ja nicht erst seit gestern schon weit rechts aussen ... Der ist immer praktisch ... Klingt ungeheuer gut - sagt aber im Grunde genommen wie alle Parolen und Schlagwörter rein gar nichts.


    Aber - haben wir hier nicht wieder eine germanische (Un-)Tugend vor uns? Nämlich den Schriftsteller (den Dichter, nicht den Denker!) als moralische Anstalt ernst zu nehmen. Auch im jeweils eigenen Selbstverständnis: Böll hielt sich dafür, Grass ebenfalls ... Schon Schiller ... (Den ich überhaupt als Wurzel vieler merkwürdiger germanischer Ideen über Dichter und Denker, Dichtung und Denkung vermute ... ) Und natürlich auch die Nordgermanen des Literaturnobelpreiskommites vertreten diese Ansicht ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)


  • @scheichsbeutel:



    Es mag eine Begründung für Dich sein - mir reicht sie aber nicht, um ein Urteil über einen Menschen zu fällen.


    Hallo nimue,


    ich kann Dich leider auch nicht verstehen.


    scheichsbeutel fällt doch gar kein Urteil über einen Menschen (und ich auch nicht). Ob Grass in die Hölle oder in den Himmel kommt, entscheidet jemand anderes... Eine Diskussion über das heutige Verhalten von Grass ist doch ganz interessant und man wird doch in diesem Punkt Herrn Grass auch Heuchelei/.... vorwerfen dürfen. Das ist doch kein Urteil über den Menschen. Die Leistungen als Schriftsteller bleiben trotz seines Verhaltens unangetastet. Das ist doch bei Herrn Kohl (um ein anderes Beispiel zu bringen) genauso, die historische Leistung bestreitet wohl niemand, aber dennoch wird man kritische Worte wg. der Spendenaffäre und der damit verbundenen Moral verlieren dürfen.


    Schöne Grüße,
    Thomas

  • Thomas: Ich finde es sehr nett, dass Du die Worte nochmals fett druckst, worum es Dir geht und kann ebenfalls bestätigen: Ich beziehe mich auf das HEUTE und nicht auf das DAMALS. Du lieber Himmel, was schreibe ich hier eigentlich die ganze Zeit?


    Ich habe AUCH Stellung zu der Waffen-SS-Geschichte selbst genommen - und das sei mir doch ungenommen, oder? Ich habe aber EBENFALLS geschrieben, dass ich es sehr wohl für ein Urteil halte, jemanden als Lügner und Heuchler zu bezeichnen (damit beziehe ich mich NICHT ausschließlich auf scheichsbeutel, sondern diesen Thread im ganzen). Und es sei mir bitte auch ungenommen, dass ich dies für mich entscheiden darf. Nur mit diesen minimalistischen Informationsteilchen bezeichne ich einen mir ansonsten absolut fremden Menschen nicht als Heuchler oder Lügner (zumal Grass definitiv NICHT gelogen hat). Das nehme ich mir nur bei George W. heraus, den ich gerne als Doofkopf beizeichne - und hier bin ich mir selbst voll bewusst, dass ich ein Urteil über einen mir fremden Menschen fälle. Jetzt mal ehrlich: Glaubst Du wirklich, dass Du kein Urteil fällst, wenn Du jemanden als "Heuchler" bezeichnest? Vielleicht definieren wir auch einfach "Urteil" nur unterschiedlich und machen somit die ganze Diskussion hier schwammig?


    Ansonsten kann ich mich sandhofer nur anschließen: Grass ist nicht mehr ein Heuchler als die meisten anderen Menschen. Ich habe auch schon Dinge getan, die ich bereue, hinterher anprangere, aber trotzdem nicht jedem meine "Missetat" auf die Nase binden will. Als moralische Instanz sehe weder ich mich noch einen Günter Grass - warum auch?


    Liebe Grüße
    nimue, die weder an Himmel noch an Hölle glaubt

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

    Einmal editiert, zuletzt von nimue ()


  • Jetzt mal ehrlich: Glaubst Du wirklich, dass Du kein Urteil fällst, wenn Du jemanden als "Heuchler" bezeichnest? Vielleicht definieren wir auch einfach "Urteil" nur unterschiedlich und machen somit die ganze Diskussion hier schwammig?


    Natürlich fälle ich dann ein Urteil, aber nicht über den Menschen als ganzes, sondern in dieser speziellen Angelegenheit verhält er sich halt so. Mir geht es nicht um "Urteil", sondern dass man deiner Ansicht ein Urteil über einen Menschen fällt. Als Lügner hat man ihn nicht bezeichnet, das finde ich weder hier noch in der Presse.


    Und im übrigen ist es doch Günter Grass, der sich als moralische Instanz immer wieder ins Spiel bringt. Von daher ist das doch gar nicht mit Dir zu vergleichen.


    Schöne Grüße,
    Thomas

  • Natürlich fälle ich dann ein Urteil, aber nicht über den Menschen als ganzes, sondern in dieser speziellen Angelegenheit verhält er sich halt so. Mir geht es nicht um "Urteil", sondern dass man deiner Ansicht ein Urteil über einen Menschen fällt.


    O.k... mit dieser Ansicht kann ich leben - dann ist das bei Deiner Definition natürlich kein Urteil. Ein solches kann dann aber generell niemals über irgendjemanden gefällt werden, weil niemals jemand in der Lage sein wird, einen anderen Menschen als ganzes zu erfassen.


    Als Lügner hat man ihn nicht bezeichnet, das finde ich weder hier noch in der Presse.


    eine Karriere auf einer Lüge aufzubauen macht ihn nicht sympathischer.


    Sorry, ich habe aus diesem Satz entnommen, dass er - wenn er seine Karriere auf einer Lüge aufbaut - auch in diesem Fall ein Lügner sein muss. Schon wieder haben wir eine unterschiedliche Definition eines Wortes ;)


    Und im übrigen ist es doch Günter Grass, der sich als moralische Instanz immer wieder ins Spiel bringt. Von daher ist das doch gar nicht mit Dir zu vergleichen.


    Wieso? Kennst Du mich? Können "Normalsterbliche" keine moralische Instanz sein oder von sich behaupten, eine zu sein? :zwinker:


    Liebe Grüße
    nimue

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Sorry, ich habe aus diesem Satz entnommen, dass er - wenn er seine Karriere auf einer Lüge aufbaut - auch in diesem Fall ein Lügner sein muss. Schon wieder haben wir eine unterschiedliche Definition eines Wortes ;)


    Hier sind wir gleicher Ansicht. Ich habe die Aussage von dumbler überlesen.



    Wieso? Kennst Du mich? Können "Normalsterbliche" keine moralische Instanz sein oder von sich behaupten, eine zu sein? :zwinker:


    Ich kenne Dich eben nicht, daher bist du in der Öffentlichkeit auch keine moralische Instanz. Grass wird in der Öffentlichkeit jedoch zitiert, darf in der Presse Bitburg kommentieren etc.


    Gruß, Thomas

  • Hallo zusammen!


    [...] daher bist du in der Öffentlichkeit auch keine moralische Instanz. Grass wird in der Öffentlichkeit jedoch zitiert, darf in der Presse Bitburg kommentieren etc.


    Warum zum Kuckuck muss jeder, der in der Öffentlichkeit steht, und das vielleicht auch noch, weil er ein Buch geschrieben hat, gleich eine moralische Anstalt sein? Wenn's noch intellektuelle wäre ...


    Es ist doch seit Jahrhunderten dasselbe mit uns Germanen: de Sade und Foucault werden unter dem Ladentisch als Pronografie verkauft, obwohl sie uns einiges zu sagen haben. Wären in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts die 120 Tage von Sodom nicht als pronografischer Leckerbissen für Liebhaber verkauft worden, sondern vorurteilsfrei gelesen und rezipiert worden - Deutschland und damit Europa wäre einiges erspart geblieben ... Aber selbst Romanisten wie Klemperer haben nichts gemerkt ...


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)


  • Ansonsten kann ich mich sandhofer nur anschließen: Grass ist nicht mehr ein Heuchler als die meisten anderen Menschen. Ich habe auch schon Dinge getan, die ich bereue, hinterher anprangere, aber trotzdem nicht jedem meine "Missetat" auf die Nase binden will. Als moralische Instanz sehe weder ich mich noch einen Günter Grass - warum auch?


    Dazu:


    Und im übrigen ist es doch Günter Grass, der sich als moralische Instanz immer wieder ins Spiel bringt. Von daher ist das doch gar nicht mit Dir zu vergleichen.


    Eben! :zwinker: Herr Grass hat doch jahrzehntelang seine Prominenz genutzt, um seinen moralischen Zeigefinger (durchaus auch nicht immer zu unrecht) ÖFFENTLICH zu erheben. Und wenn man in einem solchen Fall seinen Bekanntheitsgrad genau so nutzt, dann hat man auch eine bestimmt "Verantwortung"... Damit meine ich vor allem, dass man unter anderem glaubhaft bleiben sollte und nicht mit zweierlei Maß messen sollte!
    Diese öffentlichkeitswirksame Brisanz hat wohl keine/r von uns hier, oder?! :zwinker: Und genau deshalb lässt sich hier auch nicht Doppelmoral (von Herrn Grass) mit Doppelmoral (von bescheidenerer Seite) vergleichen...


    Liebe Grüße
    dubh


    PS. Und wie Valentine schon vor einiger Zeit angemerkt hat: Die Zwiebel wird ja schon vor dem eigentlich verkündeten Erscheinungstermin gehäutet... Ein Schelm, wer Böses (in diesem Falle: PR-Strategie) denkt! :breitgrins: Aber da ich zu den Schelmen gehöre: hat Herr Grass das neuerdings wirklich nötig? Nicht dass ich seine Werke übergebührlich schätze - aber ein "neuer Grass" hätte sich auch ohne solch brisante Marketing-Anschübe verkauft!

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Eben! :zwinker: Herr Grass hat doch jahrzehntelang seine Prominenz genutzt, um seinen moralischen Zeigefinger (durchaus auch nicht immer zu unrecht) ÖFFENTLICH zu erheben. Und wenn man in einem solchen Fall seinen Bekanntheitsgrad genau so nutzt, dann hat man auch eine bestimmt "Verantwortung"... Damit meine ich vor allem, dass man unter anderem glaubhaft bleiben sollte und nicht mit zweierlei Maß messen sollte!


    Hm, ich bin mir jetzt nicht ganz sicher: Hat er sich wirklich von seiner Kritik an der Sache ausgenommen? :confused:


    Diese öffentlichkeitswirksame Brisanz hat wohl keine/r von uns hier, oder?! :zwinker: Und genau deshalb lässt sich hier auch nicht Doppelmoral (von Herrn Grass) mit Doppelmoral (von bescheidenerer Seite) vergleichen...


    Nochmal Hm... Wir haben hier durchaus einige Autoren unter uns. Ab wann wird etwas öffentlichswirksam. Wenn jemand mit 10 Menschen täglich redet? Wenn jemand 100.000 Menschen erreicht? So viele Menschen besuchen monatlich im Durchschnitt Literaturschock. Wo zieht man die Grenzen? Kann man sie ziehen? Und wenn nicht: Wann wird das ganze inkonsequent?


    PS. Und wie Valentine schon vor einiger Zeit angemerkt hat: Die Zwiebel wird ja schon vor dem eigentlich verkündeten Erscheinungstermin gehäutet... Ein Schelm, wer Böses (in diesem Falle: PR-Strategie) denkt! :breitgrins: Aber da ich zu den Schelmen gehöre: hat Herr Grass das neuerdings wirklich nötig? Nicht dass ich seine Werke übergebührlich schätze - aber ein "neuer Grass" hätte sich auch ohne solch brisante Marketing-Anschübe verkauft!


    Natürlich. Da gebe ich Dir recht. Marketing ist Marketing und nichts anderes haben wir hier :)

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.


  • Nochmal Hm... Wir haben hier durchaus einige Autoren unter uns. Ab wann wird etwas öffentlichswirksam. Wenn jemand mit 10 Menschen täglich redet? Wenn jemand 100.000 Menschen erreicht? So viele Menschen besuchen monatlich im Durchschnitt Literaturschock. Wo zieht man die Grenzen? Kann man sie ziehen? Und wenn nicht: Wann wird das ganze inkonsequent?


    Hallo,


    eine Instanz ist halt jemand, der zu bestimmten Problemen befragt wird und in der Öffentlichkeit allgemein bekannt ist. Jemand, der von den wichtigsten Presseorganen zitiert wird. Der sich zu Fragestellungen öffentlich äußern darf. Richard von Weizsäcker ist ebenfalls eine solche Instanz. Zudem ist er anerkannt. Grass hatte dies alles inne. Nun wird dieses Bild erschüttert.


    Natürlich ist die Frage wer dazu gehört, nicht eindeutig zu beantworten. Aber Grass gehört definitiv dazu, du hingegen nicht (ich natürlich auch nicht). In den Wissenschaften gibt es auch solche Instanzen, auch wenn sie einem nicht so großen Publikum bekannt sind. Beispielsweise der Vorsitzende der Wirtschaftsweisen in Sachen Wirtschaft. Alice Schwarzer bei Frauenrechtsfragen (na ja, vielleicht heute nicht mehr), Amnesty International bei Fragen zu den Menschrechten etc. Ich hoffe, nun versteht man den Instanzbegriff besser.


    Gruß,
    Thomas


  • Hm, ich bin mir jetzt nicht ganz sicher: Hat er sich wirklich von seiner Kritik an der Sache ausgenommen? :confused:


    Nun ja, wer von anderen verlangt nicht zu schweigen, sondern gerade über solch brisante Dinge zu sprechen (und somit auch Einsicht zu demonstrieren), der sollte sich dabei nicht ausnehmen. Und mag sein, dass er sich bei der Kritik an der Sache selbst wiederum nicht ausnimmt - aber dann darf er sich jetzt auch nicht über mach verärgerte Reaktion wundern!
    Auf mich wirkt er (jetzt) ganz einfach wie ein hölzerner Moralapostel.


    Zitat

    Nochmal Hm... Wir haben hier durchaus einige Autoren unter uns. Ab wann wird etwas öffentlichswirksam. Wenn jemand mit 10 Menschen täglich redet? Wenn jemand 100.000 Menschen erreicht? So viele Menschen besuchen monatlich im Durchschnitt Literaturschock. Wo zieht man die Grenzen? Kann man sie ziehen? Und wenn nicht: Wann wird das ganze inkonsequent?



    eine Instanz ist halt jemand, der zu bestimmten Problemen befragt wird und in der Öffentlichkeit allgemein bekannt ist. Jemand, der von den wichtigsten Presseorganen zitiert wird. Der sich zu Fragestellungen öffentlich äußern darf. Richard von Weizsäcker ist ebenfalls eine solche Instanz. Zudem ist er anerkannt. Grass hatte dies alles inne. Nun wird dieses Bild erschüttert.


    Natürlich ist die Frage wer dazu gehört, nicht eindeutig zu beantworten. Aber Grass gehört definitiv dazu, du hingegen nicht (ich natürlich auch nicht).


    Günter Grass ist doch wohl unumstritten einer der modernen Klassiker! Oder vielleicht sogar der einzige (lebende)... Und er hat den Nobelpreis erhalten.
    Dies allein macht seine Stimme zu einer von Gewicht. Und wenn man dann auch beachtet, dass er nicht nur gerne von Presse und sonstigen Medien interviewt und zitiert wird, sondern auch selbst gerne jede Situation nutzt, allerlei Dinge verlauten zu lassen (zum Beispiel diesen unsäglichen Kommentar zu den islamkritischen Karikaturen)...


    Nein, er ist definitiv eine Instanz und nicht irgendein Autor (sorry, dass soll sich jetzt nicht gegen Autoren im allgemeinen richten, sondern lediglich den Unterschied markieren).


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Zitat von "sandhofer"

    de Sade und Foucault werden unter dem Ladentisch als Pronografie verkauft


    Bei Sade magst Du ja recht haben (zumindest, wenn wir uns hundert Jahre in die Vergangenheit bewegen. Aber Foucault wurde noch nie als Pronographie und schon gar nicht unter dem Ladentisch verkauft. Bildchen sind da keine drin (zumindest nicht in den potentiell pronographischen Schriften) und die Sprache ist zwar "explicit", aber ganz sicher nicht in einem Sinn, der zu irgendwelchem onanösen Verhalten Anlass geben könnte :rotfl:. Ich stell mir gerade jemanden vor, der sich auf den Willen zum Wissen einen runterholt... :totlach:


    Herzlich, B.


    P.S. Vergrault mir bitte den scheichsbeutel nicht!

    Einmal editiert, zuletzt von Bartlebooth ()