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Ich habe diesen Roman irgendwann mal im Buchladen mitgenommen, weil ich mich erinnern konnte, von Christine Westermann eine begeisterte Besprechung gehört oder gelesen zu haben. Den Inhalt habe ich bestenfalls am Rande wahrgenommen und bin aufgrund des Titels davon ausgegangen, dass es sich um einen Liebesroman handelt, das ist aber überhaupt nicht der Fall.
Der Prolog berichtet von der Ankunft einer Frau auf einem Bauernhof, die überhaupt nicht dorthin passt, weder vom Aussehen noch von ihrer Art her. Ihr Erscheinen löst bei dem Mann und der Frau, die offenbar diesen Hof bewohnen, eine Art Schock aus. Im weiteren Verlauf des Romans werden dann die Hintergründe dieser Szene aufgeklärt, indem sich drei verschiedene Personen über die titelgebende Figur Lempi Gedanken machen und ihre Erinnerungen beschreiben, Lempi selbst tritt in der Geschichte nicht direkt auf.
Zunächst wird in drei kurzen Briefen aus dem September und Oktober 1944, die von Elli an Viljami gerichtet sind, darüber informiert, dass Elli mit zwei Kindern evakuiert wurde und dass Viljamis Frau verschwunden ist, angeblich zu einem Deutschen in ein Auto gestiegen. Im ersten Teil des Romans erfährt man als LeserIn dann, dass Lempi diese Frau ist und es wird die Geschichte der kurzen Ehe von Viljami und Lempi geschildert, während sich Viljami nach seinem Kriegseinsatz auf dem Weg nach Hause befindet.
Im zweiten Teil des Romans kommt dann Elli zu Wort, die mit den Kindern bereits wieder auf dem Hof angekommen ist und auf Viljami wartet. Schnell wird klar, dass sie gerne Lempis Platz an Viljamis Seite einnehmen möchte, ihre Gedanken zu ihrer ehemaligen Arbeitgeberin (sie war seit der Hochzeit die Magd auf dem Hof) sind denen Viljamis komplett entgegengesetzt, dadurch entsteht ein komplexes Bild von Lempi und man muss sich als LeserIn überlegen, wem man was glauben soll bzw. wo zwischen den persönlichen Eindrücken möglicherweise die Wahrheit liegt.
Etwas Aufschluss darüber liefert dann der letzte Teil, in dem Lempis Zwillingsschwester Sisko zu Wort kommt, die 1944 Finnland zusammen mit einem deutschen Soldaten verlassen hat und nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nach Finnland zurückgekehrt ist. Im Gegensatz zu den ersten beiden Teilen des Romans, die auf die jeweilige Zeit begrenzt sind, erzählt sie aus der Gegenwart heraus über die Vergangenheit. Und deshalb ist sie auch in der Lage aufzulösen, was mit Lempi wirklich geschah und was aus ihrer Familie geworden ist. Es gibt für aufmerksame LeserInnen bereits im zweiten Teil des Romans deutliche Hinweise auf Lempis Schicksal, entsprechende Vermutungen werden dann am Ende konkretisiert.
In Viljamis Teil der Geschichte ist zunächst der Eindruck, dass es sich um einen Liebesroman handelt, noch vorhanden, er erinnert sich an die Werbung um Lempi und ihre kurze, intensive Zeit miteinander und scheint sie wirklich geliebt zu haben. Allerdings wird dann im Verlauf des Romans immer klarer, dass das Thema eigentlich darin besteht, die unterschiedlichen Lebensentwürfe der Figuren, die sie nur teilweise selbst bestimmen können, zu betrachten und es wird bis zum Ende klar, dass die Liebe damit, wie sie ihr Leben letztendlich gestalten, nur sehr wenig zu tun hat. Dabei wirkt der Roman durch die unterschiedlichen Stimmen und viele bis zum Schluss offene Fragen vielschichtig und komplex, das hat mir sehr gut gefallen.
Für das Verständnis des Romans ist es wichtig, einen kleinen Einblick in die Geschichte Finnlands im Zweiten Weltkrieg zu bekommen, falls man hier keine Vorkenntnisse hat, daher ist es hilfreich, dass am Ende des Buches ein kurzer Abriss dazu geliefert wird, ich würde empfehlen, diesen durchaus schon zu Beginn des Romans zu lesen.
Insgesamt handelt es sich um einen spannenden und vielschichtigen Roman mit einer interessanten Figurenkonstellation, die noch dazu die verschiedenen Facetten der AkteurInnen herausstellt. Absolute Leseempfehlung!