Toni Morrison - Gott, hilf dem Kind

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Toni Morrisons Roman "Gott, hilf dem Kind" reiht sich in ihre Veröffentlichungen ein, die sich mit dem Thema Rassismus in den USA beschäftigen. Hier steht Bride im Zentrum des Geschehens, die als Lula Ann geboren wurde und schon immer eine schwierige Beziehung zu ihrer Mutter Sweetness hatte, weil sie für deren Geschmack eine zu dunkle Haut hat. Bride selbst betont diese noch dadurch, dass sie ausschließlich Kleidung in verschiedenen Weißtönen trägt, und versucht eventuelle Unsicherheiten durch Verweis auf ihren beruflichen Erfolg und ihre dadurch gegebenen finanziellen Möglichkeiten zu überspielen.


    Dass sie dadurch aber eben nicht glücklich und sebstbewusst wird, macht spätestens das Verschwinden ihres Freundes Booker klar - er verlässt sie, weil sie nicht die Frau ist, die er will. Es braucht eine lange Zeit und eine weite Reise, um mit ihm und sich selbst ins Reine zu kommen - dieses Zu-sich-selbst-finden wird für Bride auch dadurch symbolisiert, dass sie immer wieder das Gefühl hat, sich körperlich wieder zum Kind zurück zu entwickeln, bis sie am Ende der Geschichte auf der Grundlage ihres eigenen Handelns zu sich selbst finden kann.


    Zitat

    Die Blicke machten ihr nichts aus, denn meistens folgte auf den stockenden Atem, den ihre Schwärze provozierte, der von ihrer Schönheit erweckte Neid. Obwohl sie [...] aus ihrer dunklen Haut Gewinn gezogen, ein Markenzeichen und ein Glamour-Accessoire daraus gemacht hatte, erinnerte sie sich noch gut an ihr früheres Gespräch mit Booker. Sie hatte über ihre Mutter geklagt und ihm erzählt, dass sie von Sweetness wegen ihrer tiefschwarzen Haut gehasst worden war.

    "Es ist nur eine Farbe", hatte Booker gesagt. "Ein genetisches Merkmal - kein Makel, kein Fluch, kein Segen und auch keine Sünde."

    "Aber", entgegnete sie, "andere denken an rassen-"

    Booker fiel ihr ins Wort. "Wissenschaftlich betrachtet gibt es so was wie Rasse gar nicht, Bride, und ohne Rasse ist Rassismus nichts anderes als eine Wahl, die jemand trifft. Die natürlich vorgelebt wird, von denen, die es nötig haben, aber es bleibt eine Wahl. Menschen, die diese Wahl treffen, wären das reine Nichts ohne sie."

    (S. 165)

    Erst als Bride nicht mehr versucht, ihre Gefühle zu überspielen, sondern sie zulässt, und damit auch die Auseinandersetzung mit ihrer Hautfarbe und ihrer Mutter, hat sie die Möglichkeit, zu heilen und auch die Beziehung zu Booker zu klären. Vieles, das im Verlauf des Romans mehr oder weniger verklausuliert erzählt wird, erschließt sich am Ende und ergibt dann durchaus Sinn. Dazu gehört auch das Detail, dass, während die Kapitel generell mit den Namen der Protagonistinnen überschrieben sind, anstelle von Brides Namen im Verlauf der Handlung ein Blumensymbol auftaucht, das auch mit ihrer Identitätssuche zu tun hat.


    Insgesamt handelt es sich um ein ungewöhnliches, durchaus forderndes Buch, das sich zu lesen lohnt.


    5ratten