Renate Bergmann - Nicht, dass einer noch sitzenbleibt

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  • Geklotzt, nicht gekleckert!


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    Erstmals seit ihrer eigenen Schulzeit kommt Renate Bergmann wieder mit dem Schulwesen in Berührung. Lisbeth, die kleine Tochter ihres Neffen Stefan, wird eingeschult. Natürlich ist Renate nicht nur bei der Einschulungsfeier dabei, sondern begleitet die junge Familie auch ab und zu im Schulalltag.

    Renate stellt dabei fest, dass heute ganz anders unterrichtet wird, als in ihrer Schulzeit. Richtig guten Einblick in das Schulwesen bekommt die 82-Jährige im Pilotprojekt "Pensionäre als Lernunterstützung in der Schule".


    Ein neuer Renate Bergmann - Roman, den ich mir nicht entgehen lassen konnte. Vor allem, da mein letztes Buch mit der quirligen Oma schon eine Weile her ist. Renate Bergmann vertrage ich nämlich nur in wohl dosierten Mengen. Zwei Bücher von ihr hintereinander könnte ich nicht lesen.

    Deshalb war meine Ueberraschung auch gross, denn die rüstige Oma ist in diesem Buch viel weniger anstrengend als auch schon. So gibt es praktisch keine Wiederholungen und die gute Frau betreibt unterschwellig eine Prise Sozialkritik, was mir gut gefallen hat. Sie prangert unter anderem die nervigen Elterntaxis, die die Strassen vor der Schule verstopfen, an. Ein grosses Thema, über das sie sich so ihre Gedanken macht, ist der Fachkräftemangel in Gesundheitseinrichtungen und Schulen. Von der Seite reingehüpfte Lehrer, die als Quereinsteiger vor den Kindern stehen, sollen es richten. Renate Bergmann macht sich dabei, wie so viele im realen Leben, ihre Gedanken darüber. Damit hält der Autor, der hinter Renate Bergmann steckt, den Finger auf die Probleme der heutigen Zeit.

    Renate erinnert sich an ihre eigene Schulzeit und zieht Vergleiche mit den heutigen Lernmethoden. Dabei war "früher nicht alles besser", was ich erfrischend empfand. Renate packt mit an und assistiert der Lehrperson im Schulzimmer. Dabei legt sie eine Geduld an den Tag, den wohl so manches Schulkind auch in der Realität schätzen würde. Allerdings geht die ganze Unterstützung in der Schule für die 82 Jahre alte Renate doch arg einfach und leicht. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass eine Frau, die selbst sagt, früher ganz anders gelernt zu haben, so spielend hineinrutscht.


    Auch nach 19 Bänden der Reihe, wird es mit Renate nicht langweilig. Ich habe geschmunzelt, laut gelacht und wie immer hat mich der spritzige Humor des Autors für eine Weile in die Welt von Renate Bergmann, Kurt und Ilse, Gertrud und ihren Hund Norbert, sowie natürlich Stefan und seiner Familie entführt. Ein Highlight ist das erstmalige ( ich habe dieses zumindest noch in keinem anderen Buch so gesehen) Personenglossar. Doch Renate wäre nicht Renate, wenn sie die beteiligten Figuren nur trocken auflisten würde. Nein, da wird so richtig geklotzt, nicht gekleckert.


    4ratten

  • Renate und der Bildungsnotstand

    Mit seinen lustigen und humorvollen Schreibstil, der sich richtig flott ließt, schafft es die Autor*in dem Leser ein Dauergrinsen ins Gesicht zu zaubern gefolgt regelmäßigen prusten und Lachanfällen. Kaffee trinken und ähnliches ist also keine so gute Idee, wenn die Lektüre nicht voller Flecken sein soll. Aber Spaß beiseite das Hauptthema das dem Autor*in am Herzen liegt ist nicht nur eine höhere Lehreranzahl pro Schule sondern auch die Schüler*innen weniger Ausfallstunden bzw. der Lehrerberuf für Studierende wesentlich attraktiver werden muss, um aus der anhaltenden Bildungsmisere herauszukommen.



    Für mich war dieser Roman, der erste Roman von und mit Renate Bergmann auch wenn sie mir nicht gänzlich unbekannt war. Kurz gesagt ich habe mich köstlich amüsiert, bei Renates Ausflug in die Schule als unterstützende „Lehrkraft“ und das in ihrem Alter. Wie sie so ganz zufällig da quasi reingerutscht ist und auch eine ganze Weile durchgehalten hat. So konnte sie die Defizite im Bildungssystem aus eigener Perspektive sehen. Wobei ganz ehrlich hier wird darüber gejammert, dass es knapp 25 Kinder in einer Klasse sind. Zu meiner Zeit waren 13 Jahre lang 30 Schüler in einer Klasse und das ganze im Frontalunterricht. Und ganz ehrlich wir waren zur damaligen Zeit wesentlich selbstständiger. Und Helikoptereltern, die gab es damals schlichtweg nicht. Wir sind mit dem Bus, Fahrrad oder zu Fuß zur Schule und das einmal quer durch die Stadt bei Wind und Wetter. Aber gut. Die Zeiten ändern sich und das musste auch Renate sehen. Aber aus eigener Erfahrung kann ich ein Großteil der Erfahrungen ja bestätigen. Freche Kinder, die sich gegenseitig beleidigen und kaum freundlich miteinander umgehen können. Mal ganz abgesehen von der kurzen Aufmerksamkeitsspanne, alles muss in weniger als 5 min fertig gebastelt oder gemalt sein, wie es am Ende ausschaut ist vollkommen egal.



    Das Renate sich in ihrem Alter noch mal so in die Wellen wirft ist wirklich bewundernswert. In ihrer wirklich einmalig lustigen Art und Weise lacht man sich scheckig, auch wenn sich die Witze am Ende wirklich abgenutzt haben. Leider denken die meisten Eltern wohl weniger daran, dass ihr Kind Zeit seines Lebens mit seinen oder ihren Vornamen leben muss, aber gut jede Zeit hat ihren Trend auch was Namen angeht. Geschickt wie ein Faden durch eine Öse fädelt sich Renate in den Schulbetrieb ein und macht so ihre Erfahrungen. Und dann wird ihr auch klar warum es so viel Ausfall gibt. Denn es kann doch nun wirklich nicht die Lösung sein, das die Eltern von heute sämtliche Erziehungsarbeit an die Lehrer ihres Vertrauens abgeben und ihre Kinder nach der Schule zusätzlich noch in Sportkurse und ähnliches stecken und sich dann wundern, wenn die Kinder vollkommen ausgebrand nach Hause kommen und so gar keinen Bock mehr auf Hausaufgaben haben. Währe es nicht an der Zeit wieder mehr Familienleben zu leben. Mehr Zeit für einander zu haben, den Kinder zu zuhören. Sich selbst mit dem Schulstoff der Kinder auseinander zu setzen und gemeinsam Hausaufgaben zu machen, als die Lösung im Netz zu such oder gleich zur Nachhilfe zu rennen. Immer nur Druck aufbauen, macht die kleinen nicht glücklich und schon gar nicht besser.



    Das Cover passt perfekt zum Buch und hat auch ein Wiedererkennungswert.



    Fazit: Ein wirklich humorvoller Roman, die Probleme in den Bildungseinrichtungen anspricht, die sowohl Lehrer als auch Schüler schlauchen und demotivieren. Doch um diese Probleme auch nur ansatzweise in den Griff zu bekommen muss ein Umdenken in der Gesellschaft und Politik greifen und sich auch verfangen. Nur schimpfen und allen anderen die Schuld in die Schuhe schieben ist kontraproduktiv.

    4ratten


  • Oma Bergmann im Schuldienst


    Renate Bergmann fühlt sich sehr wertgeschätzt, als sie von Stefan, dem Großneffe ihres ersten Mannes Otto, und seiner Frau Ariane zur Einschulung ihrer ältesten Tochter Lisbeth eingeladen wird. Sie kommt sogar aufs Einschulungsfamilienfoto eines richtigen Fotografen mit drauf. Natürlich kommt sie auch mit dem Schulalltag in Berührung und erkennt z.B. das die Hälfte aller Stunden ausfallen, weil keine Lehrer da sind. Und da sie immer hilfsbereit ist, hilft sie auch hier und stürzt sich dank dem Projekt „Pensionäre als Lernunterstützung“, wie man auf dem Cover schon sehen kann, in den Schulbetrieb. Schließlich erinnert sie sich noch gut an das kleine Einmaleins, den Kreuzstich und an die Eselsbrücke zu nämlich. Und sie ist ja schon mit 60 in den Ruhestand gegangen. Da kann sie jetzt ruhig noch mal was tun.


    Ich habe mit Renate Bergmann schon Blümchenkaffee getrunken, hab mit ihr schon Weihnachten und eine Hochzeit gefeiert, war mit ihr auf Kreuzfahrt, hab einige Krankheiten mit ihr durchgestanden und durch sie den Offline-Opa Günter Habicht kennengelernt. Nun bin ich dabei, wie sie als LoVL in den Schulbetrieb mit einsteigt und hofft, nicht beamtet zu werden.

    Gewohnt witzig schweift sie während des Erzählens immer wieder zu anderen Themen ab, kommt von Höcksken auf Stöcksken und findet dann nach ihrem „Was wollte ich…?“ tatsächlich immer wieder zur eigentlichen Thematik zurück. Ihre Vergleiche z.B. mit ihrer eigenen Schulzeit oder Bildungssystem – Heringssalat sind einfach herrlich, wie sie die Kinder zur Raison bringt einfach lesenswert. Ich hatte beim Lesen durchgehend ein Schmunzeln im Gesicht und immer wieder habe ich laut lachen müssen. Sie ist einfach einmalig, die Renate Bergmann.

    Torsten Rehde, der Renate die Worte in den Mund legt, zeigt hier sehr anschaulich die im Moment bestehenden Probleme der Schulpolitik, an den Schulen und der Eltern auf, die gestresst wie sie sind ihren Kindern nicht mal die grundlegendsten Dinge beibringen. Mehr als einmal habe ich gedacht: Ja, genau so ist es.

    Auf das Personenregister von A-Z am Ende des Buches weist Renate, die durch ihre vier verstorbenen Ehemänner eine große Verwandtschaft und einen großen Bekanntenkreis hat, schon in ihrer Vorstellung ganz am Anfang hin. Sehr interessant und vor allem informativ.


    Ein witziges Lesevergnügen dieser 19. Band mit einem ernsten Hintergrund, das mich wieder sehr gut unterhalten hat.


    4ratten