Clare MacCumhaill/Rachael Wiseman - The Quartet

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    Die Autorinnen des Sachbuches „The Quartet – Wie vier Frauen die Philosophie zurück ins Leben brachten“ sind selbst Philosophinnen und rücken in ihrem Buch die Geschichten von vier ihrer Vorgängerinnen, die ab 1938 in Oxford studierten und dort nach dem Ausbruch des 2. Weltkrieges die Gelegenheit bekamen, sich selbst in der Welt der Philosophie zu bewähren, in den Blickpunkt der LeserInnen. Man benötigt keine Vorkenntnisse der Philosophie, da die Autorinnen die thematisierten Theorien u.ä. durchaus erläutern, allerdings zieht das natürlich die Handlung sehr in die Länge, sodass etwas Geduld und Durchhaltevermögen sicher nicht verkehrt sind.


    Der behandelte Zeitraum erstreckt sich auf die Jahre 1938 bis 1956, es wird zunächst ein guter Einblick in die Bedingungen des Studiums in Oxford gegeben, um dann die mit Ausbruch des Krieges eintretenden Veränderungen zu thematisieren. Dabei ist wenig überraschend, dass sich die Freiräume für die Philosophinnen erst durch den Weggang eines Großteils der männlichen Studenten und Lehrenden ergaben, auch wenn die vier im Fokus stehenden Philosophinnen Elizabeth Anscombe, Philippa Foot, Mary Midgeley und Iris Murdoch ihre Talente auch vorher schon unter Beweis gestellt hatten. Diesbezüglich hat das Buch durchaus feministische Züge, die der Thematik angemessen sind.


    Bezogen auf das gesamte Werk wäre es aber schön gewesen, wenn die Autorinnen für sich klarer gehabt hätten, was genau sie denn eigentlich schreiben möchten. Es ist zwar ein Sachbuch, hat aber immer wieder fast romanhafte Züge, weil die Formulierungen tatsächlich nicht immer so sachlich sind, und weil man manchmal das Gefühl hat, in nebensächlichen Details zu ersticken. Natürlich kann man es schätzen, in schönen Worten Eindrücke des Campuslebens in Oxford zu gewinnen, es stellt sich aber die Frage, ob das für das Verständnis des eigentlichen Themas wichtig ist. Und da kommen wieder die Aspekte Geduld und Durchhaltevermögen zum Vorschein: der Textteil des Buches hat über 400 Seiten, die immer wieder zwischen dem Wirken der vier Philosophinnen, ihren Lebensläufen und dem akademischen Leben in Oxford hin und her mäandern. Das ist oft langatmig und nicht immer spannend, hier wäre eine Fokussierung auf das Wesentliche mit entsprechenden Kürzungen im Text durchaus wünschenswert gewesen.


    Insgesamt handelt es sich um ein wichtiges Buch zu einem spannenden Thema, das leider an vielen Stellen unnötig umständlich ist.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Welch eine Überraschung hier eine Besprechung von "The Quartet" zu finden, Juva. Dass du von dem Buch nicht so recht begeistert bist, kann ich gut verstehen. Mich hat es auch eher enttäuscht, auch wenn manches interessant ist. Interessant ist, wie du selbst schreibst, dass man einen Einblick bekommt, wie es war, während des Krieges als Frau in Oxford zu studieren. Frauen durften in Oxford seit 1920 studieren. Die Damen des Quartetts begannen ihr Philosophiestudium 1938. Störend finde ich, dass das Buch zu viel Klatsch enthält, das könnte ja geradezu einige Vorurteile gegen weibliche Autoren befördern. Also welche Klamotten sie trugen, was sie am liebsten wo gegessen und getrunken haben, Murdochs Liebschaften, etc. , das war nicht unbedingt interessant. Wenn die vier Damen (Das Quartett) sich schon einen Ruf als "Philosophinnen" erworben hatten, dann wohl vor allem durch ihre Leistungen als Studentinnen. In "Lehre und Forschung" wurden sie, Murdoch ausgenommen, erst nach dem Krieg aktiv. Lustig, dass die Dozentinnen keine Hosen tragen durften. Elizabeth Anscombe kam, nachdem sie eine Rüge des Dekans erhalten hatte, zwar immer noch mit Hosen, zog sich aber um, wenn sie unterrichtete.

    Die philosophischen Aspekte des Buchs finde ich nicht immer überzeugend. Der grosse Buhmann in dem Buch ist Alfred Jules Ayer und es ist gewiss richtig, dass Ayers Ideen zur Moralphilosophie wenig taugten. Moralische Urteile waren nach seiner Meinung emotionale Haltungen, sie sagten nicht mehr, als dass jemand etwas subjektiv gut oder schlecht fand (= Emotivismus). Nun war Ayer in Oxford aber keineswegs so dominant, dass es der vier Philosophinnen bedurfte um auf andere Ideen zu kommen. Das Buch übertreibt m.E. die Bedeutung Ayers in Oxford (wo ja auch der viel wichtigere Gilbert Ryle lehrte). Schwerwiegender scheint mir folgendes zu sein. Die beiden Autorinnen behaupten, das "Quartett" habe sich vor allem an der metaphysikfeindlichen Haltung der Oxforder Philosophen gestört. Diese feindliche Haltung findet man gewiss bei Ayer. Aber man findet sie vor allem auch bei Wittgenstein. Nun wird aber Wittgenstein im Buch sehr gepriesen (ohne viel über ihn zu sagen). Aber wie ist es möglich, dass die Damen des Quartetts Ayer wegen seiner metaphysikkritischen Haltung verurteilen, aber gleichzeitig in Wittgenstein ein bewunderungswürdiges Vorbild sehen, obwohl es gerade Wittgenstein ist, der für die Metaphysikkritik vor allem verantwortlich ist (nämlich durch seinen "Tractatus" der ja Ayer so stark beeinflusst hatte). Über Wittgensteins Philosophie findet sich in dem Buch kaum etwas, obwohl die zweifellos Bedeutendste der vier, G.E. Anscombe, Wittgenstein zweifellos bewunderte. Sie sass an seinem Sterbebett, war u.a. seine Nachlassverwalterin und Übersetzerin.

    Es könnte der Anschein geweckt werden, dass die drei Philosophinnen des Quartetts (Murdoch war nie professionelle Philosophin) ihre Karrieren dem Umstand zu danken hatten, dass während ihrer Studienzeit im 2. Weltkrieg viele Männer dienstpflichtig waren. Aber als sie nach dem Krieg "Karriere machten" gab es genug männliche Konkurrenten. Und eine wirklich bedeutende Karriere machte nur Elizabeth Anscombe, die in Cambridge (nicht in Oxford) zu höchsten Würden kam.

    Sehr interessant fand ich in dem Buch, was man zu Anscombes Religiosität lesen konnte. Sie war, in England eher selten, Katholikin (wie auch ihr Ehemann, der Logiker Peter Geach). Sie glaubte an die katholische Transsubstantionslehre (die Präsenz Christi in der Hostie) und hat, wenn ich mich recht erinnere, auch einen Artikel geschrieben, wie man das Kindern beibringen kann. Sie war eine Gegnerin der Empfängnisverhütung und Proteste vor Abtreibungskliniken brachten sie, glaube ich, sogar in Konflikt mit dem Gesetzgeber. (Aber)sie war (muss hier ein "dennoch" kommen?) eine der intelligentesten und charakterstärksten Philosophinnen des 20. Jahrhunderts.

  • Störend finde ich, dass das Buch zu viel Klatsch enthält, das könnte ja geradezu einige Vorurteile gegen weibliche Autoren befördern. Also welche Klamotten sie trugen, was sie am liebsten wo gegessen und getrunken haben, Murdochs Liebschaften, etc. , das war nicht unbedingt interessant. Wenn die vier Damen (Das Quartett) sich schon einen Ruf als "Philosophinnen" erworben hatten, dann wohl vor allem durch ihre Leistungen als Studentinnen.

    Genau das hat mich auch gestört, und sowas meine ich auch mit den Details, die man eben nicht unbedingt braucht und die vom eigentlichen Thema des Buches ablenken.

    Wenn die Autorinnen sich mit derartigen Einzelheiten zurückgehalten hätten und stattdessen eher auf die Charakteristika der behandelten philosophischen Richtungen eingegangen wäre, einschließlich der angesprochenen Inkonsequenz hinsichtlich des Umgangs mit Ayer und Wittgenstein, wäre das Buch für mich mehr "aus einem Guss" und sicher auch nachvollziehbarer gewesen. Ich glaube, man wollte hier zu viele potentielle AdressatInnen ansprechen (bereits im Vorwort wird ja auch empfohlen, dieses Buch gemeinsam zu lesen und darüber zu diskutieren) und hat sich dann nicht getraut, zu fachlich zu werden.