Ann-Helén Laestadius - Die Zeit im Sommerlicht

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    Titel: Die Zeit im Sommerlicht

    Autorin: Ann-Helén Laestadius

    übersetzt von: Maike Barth, Dagmar Missfeldt


    Allgemein:

    480 S.; Hoffmann und Campe, 2024


    Inhalt:

    Schweden in den 1950er Jahren. Else-Maj ist sieben Jahre alt, als sie das vertraute Leben im Sámi-Dorf und die wärmende Gegenwart ihrer geliebten Rentiere hinter sich lassen und in ein sogenanntes Nomadeninternat gehen muss. Hier trifft sie auf Jon-Ante, Marge und andere Sámi-Kinder, die wie Else-Maj von nun an all das verleugnen sollen, was sie von der Welt kennen. Allein die gutmütige Erzieherin Anna, eine Sámi wie sie, hält eine schützende Hand über die Kinder. Doch eines Tages verschwindet sie ohne jede Spur. Erst viele Jahre später erfahren die einstigen Schüler die Antwort und mit ihr endlich eine Chance auf Genugtuung – und Heilung.


    Meine Meinung:

    Obwohl es augenscheinlich Bezüge zu "Das Leuchten der Rentiere" gibt, konnte ich mich nur sehr wage an die Namen erinnern und war daher immer etwas unsicher in wie weit meine Erinnerung mich trügt oder nicht.

    Aber auch ohne diese Zusammenhänge hat der Roman eine ziemliche Erzählkraft entwickelt.

    Die Ereignisse die hier geschildert werden sind wirklich schlimm und wer nicht gut über Gewalt an Kindern lesen kann, sei gewarnt. Physische und psychische Gewalt spielen hier definitiv eine Rolle und werden auch nicht nur angedeutet. Persönlich finde ich das aber in diesem Kontext auch wichtig, da man nur so begreift, was den samischen Kindern und ihren Familien mit den sogenannte Nomadenschulen angetan wurde. Die Dimensionen des dort erlebten begleitet die Kinder auch noch im Erwachsenenalter und bestimmt ihre Entscheidungen. Die angeblich gewünschte Eingliederung in die schwedische Gesellschaft (wobei es ähnliche Schulen auch in Norwegen gab) führte nicht zu einer echten Gleichberechtigung sondern sorgte eher dafür, das viele samische Kinder nur noch schwer Zugang zu ihrer eigenen Kultur fanden. Und gleichzeitig täglich von Gewalt betroffen waren. Diese Schulen gab es noch in den 50er Jahren des 20 Jahrhunderts!

    "Die Zeit im Sommerlicht" handelt von Angst, dem Versuch das Erlebte zu verarbeiten aber auch dem Wunsch die eigene Identität wieder zu entdecken. Mir persönlich hat das wieder gut gefallen, die Autorin erzählt sehr lebendigt und eindringlich. Im Nachwort erfährt man, das sie dabei auch persönliche Gespräche mit Betroffenen führen konnte, darunter auch ihrer eigenen Mutter. Die Autorin gibt vielen eine Stimme, die sich nicht in der Lage sahen ihre Erlebnisse zu berichten. Auch weil ihnen so lange niemand zugehört hat. Auch darum geht es im Roman, um die lang anhaltende Stille, die Verdeckung von Straftaten, das Schweigen.

    Ich hätte mir vielleicht manchmal einen etwas weniger episodenhaften Erzählstil gewünscht.


    4ratten


    PS: Ignoriert den dt. Titel. Der ist wieder mal total nichtssagend und äh funfact: Es geht auch keine Silbe um den Sommer oder irgendeine Sommerzeit oder sonst was.

  • Der Titel des ersten Bandes war ja noch blöder ...


    Wie heißt es denn im Original?

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Valentine

    "Straff" (Google Translate sagt Strafe,) Also auch wieder mit einer komplett anderen Deutungsebene. Gut auf Deutsch könnte es falsch verstanden werden, weil wir hier so viele Bücher haben mit Einwort-Titel die bei den Thrillern stehen. Denke das wollte man vermeiden.

    Aber wie man einen Titel so weit entfernt vom Inhalt erfinden kann verstehe ich dabei trotzdem nicht.

  • Ich finde diese Titel-Denkweise der Verlage oft viel zu schematisch.


    Jetzt klingt es zwar nicht wie ein Thriller, aber wie eine Schnulze ... auf gar keinen Fall besser.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Valentine

    "Straff" (Google Translate sagt Strafe,) Also auch wieder mit einer komplett anderen Deutungsebene. Gut auf Deutsch könnte es falsch verstanden werden, weil wir hier so viele Bücher haben mit Einwort-Titel die bei den Thrillern stehen. Denke das wollte man vermeiden.

    Aber wie man einen Titel so weit entfernt vom Inhalt erfinden kann verstehe ich dabei trotzdem nicht.

    Google Translate hat recht. "Strafe" heißt das Buch eigentlich.

    Die deutschen Titel von Laestadius' Büchern sind wirklich ein Trauerspiel. Wieviele Leute, die eigentlich an ihnen interessiert sein könnten, werden sie wegen der missweisenden Titel nicht lesen? Und wieviele werden völlig enttäuscht sein, weil sie nicht dem entsprechen, was der Titel verspricht?


    Ein weiteres Buch der "Sápmi"-Trilogie wird übrigens auf Schwedisch nächstes Jahr erscheinen, laut Verlag. Er gibt auch an, dass eine Verfilmung des ersten Buches gerade auf Netflix angelaufen ist. Nichts für mich, da ich kein Netflix habe, aber vielleicht interessiert es ja die eine oder andere von euch.

    Wir sind irre, also lesen wir!