Stephan Schmidt - Die Spiele

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    Ich hatte mich auf die Lektüre von Stephan Schmidts "Die Spiele" gefreut, da ich die Romane, die der Autor unter seinem Psyeudonym Stephan Thome veröffentlich hat, fast durchgängig sehr gerne gelesen habe, weil bei ihm Handlung und literarischer Anspruch gut kombiniert sind. Für diesen Kriminalroman trifft das leider nicht zu, daher bin ich ziemlich enttäuscht.


    Der Journalist Thomas Gärtner wird in Shanghai verhaftet, weil er einen mosambikanischen IOC-Funktionär ermordet haben soll, der sich wegen der Entscheidung über die Vergabe der olympischen Spiele 2032 in der Stadt aufhielt. Bald wird klar, dass die beiden Männer eine gemeinsame Vergangenheit haben - zu der auch Lena Hechfellner gehört, die als Mitarbeiterin der deutschen Botschaft in die Angelegenheit involviert ist.


    Für einen guten Krimi fehlt diesem Roman als erstes ein vernünftiger Spannungsbogen - der ganze Roman besteht aus Zeitsprüngen, die mal wenige Tage und mal Jahrzehnte betragen können. Natürlich wird im Verlauf der über 400 Seiten auch auf diese Weise aufgedeckt, wer der Täter ist und was hinter dem Mord steckt, aber es passiert so gut wie nichts. Dafür werden im Text so viele Informationen zu China, Mosambik, Politik, Journalismus usw. dargeboten, als wollte der Autor das Fleißsternchen für die beste Recherche abräumen. Hätte er daraus mal lieber ein oder mehrere Sachbücher gestrickt, dann müsste man sich mit diesem Roman nicht so abquälen. Dass ein Schriftsteller, der in Taiwan lebt und eine taiwanesische Ehefrau hat, sich äußerst kritisch mit China und seinem politischen System auseinandersetzt, ist erwartbar - genauso erwartbar ist aber auch, dass LeserInnen, die zu einem solchen Krimi greifen, entweder selbst nicht völlig ahnungslos in dieser Hinsicht sind oder sich zumindest in der Lage sehen, Dinge zu recherchieren, die sie nicht verstehen. Keinesfalls muss der Autor hier allen LeserInnen die Welt - sprich: das böse China - erklären, das lässt den Roman leider ziemlich übergescheit erscheinen.


    Dass Stephan Schmidt/Thome gute Figuren entwerfen kann, die einen Roman auch in Phasen ohne große Handlungsschritte tragen können, hat er in seinen füheren Romanen bewiesen. Hier übertreibt er es aber auch damit, es werden viel zu viele nebensächliche Informationen eingebracht, die für die Handlung irrelevant sind: So muss ich einfach nicht wissen, dass der chinesische Kommissar eine Geliebte und offenbar Errektionsstörungen hat, die mithilfe einer Intimrasur und eines Rollenspiels zu beheben sind. Apropos Sexszenen: Die kann der Autor überhaupt nicht und braucht der Roman auch nicht, konnte denn hier kein Lektor helfend eingreifen?


    Insgesamt finde ich den Roman enttäuschend, langatmig, geschwätzig und belehrend - hier wollte der Autor einfach zu viel: zu viele Themen, zu viele Schauplätze, zu viele "zufällige" Verknüpfungen. Dass der Roman sprachlich ansprechend verfasst ist, hilft da leider auch nicht wirklich weiter.


    2ratten