Freya Sampson - Die letzte Bibliothek der Welt

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    June Jones ist Ende der Zwanziger und lebt im britischen Dorf Charcot. Dort arbeitet sie in der örtlichen Bibliothek und geht in ihrer Tätigkeit voll auf. Sie kümmert sich um alles und hat eine ruhige und freundliche Art, die die Nutzer sehr zu schätzen wissen.


    Im Klappentext wird sie als Bibliothekarin bezeichnet. Aber wenn ich es richtig verstanden habe, hat sie nie irgendeine Ausbildung dazu gemacht. Sie hat den Job von der leitenden Bibliothekarin angeboten bekommen, als sie ihren Schulabschluss machte und wegen der Krebserkrankung der Mutter, die ebenfalls in der Bibliothek arbeitete, nicht mit dem Studium begonnen hatte.


    June ist sehr schüchtern und ein richtiger Bücherwurm. Gute Bücher sind die beste Gesellschaft, sagte ihre Mutter immer, die im Gegensatz zu June eine sehr engagierte und unternehmungslustige Frau gewesen sein muss. Das hört man zumindest aus den Unterhaltungen mit Linda, der Nachbarin und Freundin der Mutter heraus.

    June dagegen verkriecht sich nach der Arbeit zu Hause und hat nach dem Tod der Mutter nichts an ihrem Leben geändert. Sie ist über den Verlust ihrer Mutter nie hinweggekommen, wie man in vielen Situationen merkt. Und sie blockt auch jede Hilfe ab.


    Die Nutzer der Bücherei sind ein bunter Haufen, teils recht schrulliger Personen, die auf die Barrikaden gehen, als bekannt wird, dass die Bücherei geschlossen werden soll. June ist zu ängstlich, um sie ihnen anzuschließen, auch wenn jeder versucht, sie dazu zu überreden.


    Ihre Vorgesetzte trennt nicht zwischen beruflich und privaten Belangen und setzt June heftig unter Druck. Zudem ist ein Klassenkamerad in das Dorf zurückgekommen, weil sein Vater operiert werden muss. Alex Chen versucht auch June zu motivieren. Bisher mit wenig Erfolg.


    Die letzte Bibliothek der Welt ist bisher ein richtiges Wohlfühlbuch, bei dem man sicher mit einer positiven Wendung rechnen darf. Der Weg dahin scheint amüsant zu werden, zumindest für mich - für June wohl weniger.


    Also auf in den Kampf um die Bücherei!

  • Das Buch war schnell durchgelesen. Ich flog nur so durch die Seiten.

    Neben all den amüsanten und kämpferischen Bemühungen zu Rettung der Chalcoter Bibliothek gab es auch ein Ereignis, das zwar im Laufe der Geschichte schon angedeutet wurde, aber dann doch für eine Überraschung sorgte. Ohne diese Wendung hätte der Kampf um die Bücherei eine völlig andere Richtung genommen.

    Meine Befürchtung, June könnte etwas komplett falsches tun und dann zum Umdenken von anderen gezwungen werden, hat sich nicht bestätigt. Sie hat sich im Laufe der Geschichte verändert, ist an der Situation gewachsen. Manchmal hätte ich sie aber auch zu gerne schütteln mögen, das hat dann Linda oder auch Stanley für mich übernommen.


    Eine flotte Geschichte, die zeitweise mit vielen passenden Zufällen aufwartete, aber trotzdem ein schönes Leseabenteuer war.

  • gelesen vor 3 Jahren und ganz vergessen, die Rezi natürlich auch hier einzustellen, drum hole ich das jetzt nach ;)


    Wundervoll erzählte Geschichte um eine schüchterne Bibliothekarin


    "Die letzte Bibliothek der Welt" von Freya Sampson erschien (HC, gebunden, 365 Seiten) bei Dumont, August 2021 und ist eine herzerwärmende Geschichte um die etwas schüchterne Bibliothekarin June Jones im kleinen englischen Dorf Chalcot. Als das Weiterbestehen der Bibliothek durch die Kreisverwaltung Sparmaßnahmen zum Opfer fallen soll, ist nicht nur June auf den Plan gerufen:

    June Jones, die bereits als Kind die Bibliothek und vor allem die Bücher sehr liebte, besuchte diese gemeinsam mit ihrer Mutter Beverley mehrmals die Woche. Später arbeitete sie ebenfalls in der Bibliothek von Chalcot. Seit ihre Mutter vor 8 Jahren starb, widmet sich June leidenschaftlich nach wie vor ihrer Arbeit und den Menschen, die sie in der Bibliothek fast täglich antrifft. Außerhalb der Arbeit bleibt sie jedoch lieber für sich und teilt ihre freie Zeit am liebsten mit ihren Romanen und ihrem Kater "Alan Bennett" (den Namen fand ich übrigens köstlich, den Kater auch).


    June ist sehr schüchtern und bringt es nicht über's Herz, vor vielen Menschen zu reden. Dies fordert sie sehr heraus, als Marjorie Spencer, die Leiterin und ihre Chefin, ihr eröffnet, dass sie die Vorlesestunde in der Kinderabteilung übernehmen muss; sie will nochmal bei der Kreisverwaltung vorsprechen...


    June ist es gewohnt, von Mrs. Bransworth immer die Mitteilung zu bekommen, dass dieses oder jenes ausgeliehene Buch "Schrott" war, denn Mrs. B. liebt es einfach, sich lautstark über jeden und alles zu beschweren. Chantal hingegen ist froh, dass sie Zeit für ihre Hausaufgaben in der Bibliothek ungestört verbringen kann, denn zu Hause wäre dies nicht möglich. Der 80jährige Stanley lässt sich gerne beim PC helfen, da er seinem in den USA lebenden Sohn gerne e-Mails schreibt und oft kleine Hilfen benötigt, um die Kreuzworträtsel zu lösen. Leila, die noch nicht richtig Englisch spricht, aber sehr gerne backt, hilft June, die richtigen Koch- und Backbücher auszusuchen. Eines Tages taucht der ehemalige Klassenkamerad Alex auf, der seinem Vater im Imbiss aushilft und ansonsten als Anwalt in London lebt. Er ist June mehr zugetan, als diese zuerst wahrnimmt und langsam bahnt sich ein Vertrauensverhältnis an, so dass June ihre Vorsicht vor den Mitmenschen fallen lässt und sich Alex anvertraut:

    Die Bibliothek soll geschlossen werden und sie darf, um ihren Arbeitsplatz nicht zu verlieren, nicht aktiv an der Protestbewegung teilnehmen! June lernt nach und nach, zu ihren Überzeugungen zu stehen und arbeitet sie anfangs undercover mit, so schließt sie sich doch später aktiv der Protestbewegung an, die alles daran setzt, die geliebte (und gebrauchte!) Bibliothek vor der Schließung zu bewahren...

    June und alle "Aktiven" wachsen dem Leser schnell ans Herz und mich freute ungemein, dass sich die allzu schüchterne June doch ihren Ängsten stellte und erkannte, dass die Kraft der Gemeinschaft viel bewirken kann: Sie schafft es, aus ihrem Schneckenhaus herauszukommen und ihr Leben zu verändern: Auch die neuen Gefühle gegenüber Alex spielen hierbei eine nicht unbeträchtliche Rolle. Auch mit humorvollen und augenzwinkernden Einlagen hat die Autorin nicht gespart. Etwas Sozialkritik kommt in den Personen Vera und Leila auf, wobei besonders Vera lernen muss, Schritte auf ihr fremde Menschen zuzugehen:

    In manchen Bibliotheken (so auch in meiner) gibt es mittlerweile "Bibliothekscafés", die es ermöglichen, sich mit Menschen anderer Kulturen zu treffen. Auch viele SchülerInnen nutzen die Ruhe der Räume, um gemeinsam ihre Hausaufgaben zu erledigen (und sich dabei gegenseitig zu helfen, wie mir immer wieder positiv auffiel). Aufgaben der (oftmals Budgetgefährdeten!) Bibliotheken sind heute vielfältig: Auch PC-Plätze und Internetmöglichkeiten sind Teile davon.


    "Eine Bibliothek ist mehr als ein Haus voller Bücher, dort hat man nicht nur Zugang zu Informationen, die einen stärken und im Leben weiterbringen können, sondern auch zu anderen Menschen" (S. 305)


    Einziger Wermutstropfen in dieser schönen Beschreibung, der ich mich voll und ganz anschließen kann (ich besuche seit meiner Kindheit Bibliotheken und liebe sie) ist die Tatsache, dass auch hier immer mehr Automatisierung stattfindet; z.B. bei der Rückgabe der Bücher, wo in meiner Bibliothek ein Fließband die vorher menschliche Hand der Bibliotheksmitarbeiter ersetzt. Schade!


    Fazit:


    Ein sehr warmherzig, zuweilen humorvoller Roman über eine sehr sympathische, hilfsbereite junge Bibliothekarin, die lernt, ihre Schüchternheit zu überwinden und zu ihren Überzeugungen zu stehen. Eine absolute Leseempfehlung von mir an alle, die Bücher und Bibliotheken lieben; besonders auch an schüchterne Menschen, da dieser Roman ein Teil der "literarischen Hausapotheke" mit Therapieangebot für sie werden kann. Nicht zuletzt auch ein Buch über Trauerbewältigung und den Mut, das eigene Leben zu leben. Von mir gibt es sehr gute 4* am Bibliothekshimmel und der Hoffnung, dass es diese immer geben wird!


    4ratten

    "Bücher sind meine Leuchttürme" (Dorothy E. Stevenson)