Lionel Shriver - Wir müssen über Kevin reden

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  • Ja, das Buch tut weh beim Lesen, und man fragt sich oft, warum sich diese Leute so verhalten - aber es wird auch sehr glaubwürdig dargestellt, dass sie manchmal einfach nicht anders können. Im wirklichen Leben läuft es ja auch oft so, dass man eben nicht das tut, was richtig oder angemessen wäre, aus den vielfältigsten Gründen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Im Urlaub hatte ich gleich zwei Diskussionen zum Buch. Die eine mit einer Freundin, die das Buch in iher Lesegruppe gelesen hatte und die andere mit einer Frau, die das Buch nicht zuende gelesen hat. Beide hatten eine andere Meinung als ich und die Diskussion war beide Male lebhaft. Das Thema lässt einen eben nicht kalt.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Meine zweite Meinung

    Eigentlich kann ich zu meiner ersten Rezension nicht mehr viel hinzufügen. Vielleicht habe ich ein bisschen mehr auf das Verhältnis zwischen Franklin und Eva geachtet, weil mir noch stärker als bei der ersten Lektüre aufgefallen ist, wie unglücklich diese Beziehung eigentlich war. Schon als sie zusammengekommen sind, waren sie nicht der Traumpartner füreinander, sondern eher jemand, aus dem man den idealen Partner formen konnte. Die kleinen Bemerkungen, die Franklin immer wieder Eva gegenüber gemacht, hatten immer einen negativen Unterton: oft von oben herab, ein wenig spöttisch oder sogar enttäuscht. Eva konnte nie seine Erwartungen erfüllen und ist gefühlt mit jeder weiteren Bemerkung immer kleiner geworden.


    Eva war durch Kevins Tat genauso gefangen wie er selbst. Sie bestraft sich, indem sie in einem heruntergekommenen Apartment lebt und eine Stelle annimmt, die ihr zwar den Lebensunterhalt sichert, aber keine Freude macht. Ihr Leben verläuft eintönig und die einzige Abwechslung sind die Besuche bei ihrem Sohn. Ich habe auch mehr darauf geachtet, wie die Besuche im Gefängnis abgelaufen sind. Ich habe mich gefragt, was ich in Evas Lage tun würde. Könnte ich einen Unterschied zwischen meinem Kind und dem Täter machen? Warum sie Kevin überhaupt besucht hat, habe ich lange nicht verstanden, denn es schien jedes Mal ein Kampf zwischen Mutter und Sohn zu sein. Erst am Ende habe ich verstanden, warum die Besuche so wichtig für sie waren.


    Evas Geschichte hat mich auch beim zweiten Lesen berührt, auch oder gerade weil ich schon wusste, wie sie ausgehen würde.

    5ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.