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Eines morgens, als bereits die Geier über dem Palast kreisen, finden die Menschen den Patriarchen auf dem Boden liegend, gestorben irgendwo zwischen seinem 107. und 232. Lebensjahr. Sein Körper ist bereits mit Tiefseetieren, Seetang und Flechten überzogen, das Fleisch teilweise von Aasgeiern zerfressen. Trotzdem glauben die Menschen nicht an diesen Tod, denn bereits einmal war er gestorben, um nach drei Tagen wieder aufzustehen und noch grausamer und brutaler zu herrschen als je zuvor.
Von diesem phantastischen Bild aus entspinnt García Márquez das Leben dieses Mannes und seiner Umgebung. Das Geschehene wird nicht linear erzählt, sonder zyklisch. Die Erzählzeit und die Erzählperspektive wechseln ständig, sodass man sich beim Lesen stark konzentrieren muss. Manche Sätze erstrecken sich über mehrere Seiten hinweg. Das letzte Kapitel ist zum Beispiel ein über 50 Seiten (!) langer Satz. Trotzdem war ich überrascht, dass mir das Lesen nicht schwer gefallen war. Vielmehr hatte ich das Gefühl, von dieser gewaltigen Bildsprache ständig vorwärts getrieben zu werden.
Außerdem liefert uns García Márquez hier eine köstlich zu lesende, fast karikaturhafte Parabel über die Macht, die unerschöpfliche Gier danach und die daraus resultierende Einsamkeit des Diktators. In diesem Buch handelt es sich um einen fiktiven Diktators eines karibischen Inselstaates, der aber alle Diktatoren Lateinamerikas in sich vereinigt und stellvertretend für diese stehen kann. Der Diktator ist ein grausamer, skrupelloser, einerseits gefühlskalter, andererseits ein sich nach Liebe sehnender, in seiner unglaublichen Einsamkeit dahinsiechender, nur für seine Mutter fürsorglicher alter Mann. Denn er misstraut allen seinen Freunden, das Volk liebt ihn öffentlich, verachtet ihn aber privat. Er liebt niemanden, hat zahlreiche Konkubinen, die ihn beim mechanischen Liebesspiel eher auslachen. Einzig und allein ist es die Mutter, der er sich anvertraut und die alle seine Geheimnisse kennt. Um den göttlichen Status des Diktators zu legitimieren bedient sich García Márquez auch christlicher Religion, wie zum Beispiel der Auferstehung nach drei Tagen oder auch der jungfräulichen Geburt des Diktators.
Alles in allem ist es ein bildgewaltiges Buch, mit manchmal überbordernder Verwendung von Metaphern und sehr, sehr langen Sätzen.
Übrigens feiert García Márquez am 06.03. seinen 80en Geburtstag.