Thomas Mann - Buddenbrooks
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Inhalt: Thomas Mann erzählt in seinem ersten Roman die Geschichte einer Lübecker Kaufmannsfamilie. Gleich in der ersten Szene begegnet der Leser drei Generationen: Großvater Johann, der sich vom aktiven Betrieb zurückgezogen hat, und seine Frau Antoinette; sein Sohn Jean, der jetzige Betriebsinhaber, und seine Frau Bethsy sowie deren drei Kinder, Thomas, Christian und Antonie. Eine offensichtlich harmonische und erfolgreiche Familie, die eben in ein repräsentatives Haus eingezogen ist und in Kürze weiteren Nachwuchs erwartet. Die Zukunft sieht glänzend aus für die Familie Buddenbrook.
Und tatsächlich sind in den nun folgenden Jahren Erfolge sowohl in geschäftlicher als auch in politischer Hinsicht zu verzeichnen. Doch mehr und mehr schleichen sich dunkle Stellen in dieses glänzende Familiengemälde ein, unternehmerische Fehlentscheidung, unglückliche Ehen, Krankheit, Streit, der gleichzeitige Aufstieg der konkurrierenden Firma der Hagenströms…nicht umsonst hat Mann den Untertitel „Verfall einer Familie“ gewählt.
Meine Meinung: „Buddenbrooks“ werden oft als der deutsche Roman bezeichnet. Was fesselt so an diesem vor mehr als hundert Jahren erschienenen Buch? Nimue hatte früher im Klassikerforum den schönen Spruch „Ein Klassiker ist ein Buch, das nie aufhört zu sagen, was es sagen möchte“(Italo Calvino), und meines Erachtens passt er besonders gut zu Manns Erstling. Vielleicht kann man ihn noch ergänzen: was ein Klassiker zu sagen hat, ändert sich je nach Leser, nach Epoche, nach Lebensalter – und vielleicht ist das die ganz besondere Kunst, ein Buch so vieles sagen zu lassen.
Schön lässt sich das verfolgen an den Besprechungen zu dem aktuellen Film von Breloer. Viele Rezensenten ziehen eine Parallele vom Niedergang der Buddenbrooks zu der momentanen Wirtschaftskrise (wobei der Vergleich aus meiner Sicht gar nicht so passend ist – die Buddenbrooks haben mit den Managern, Investmentbankern und Börsenmaklern weniger gemeinsam als etwa die Hagenströms. Aber das nur am Rande). Wäre der Film zu einer anderen Zeit erschienen, hätte sich das Interesse vielleicht eher auf ein evtl. Burnoutsyndrom von Thomas Buddenbrook, die unglücklichen Ehen von Tony oder das schwierige Vater-Sohn-Verhältnis Thomas – Hanno konzentriert. Jeder Zeit, jedem Leser seine eigenen Buddenbrooks sozusagen.
Was mir sehr gut gefallen hat, dass (was man bei der Dicke des Buchs nicht unbedingt vermuten würde) Mann bestimmte Begebenheiten recht kurz hält, nicht alles erklärt und bis ins Detail geht. So kann sich der Leser selbst ausmalen, wie sich z.B. das verhängnisvolle Auf-dem-Halm-Geschäft auf den Betrieb ausgewirkt hat oder wie die Ehe von Christian verläuft. Andererseits werden auch Szenen geradezu liebevoll beschrieben, wie das Weihnachtsessen, bei dem man fast schon durchs Lesen satt wird, die chaotischen Weihnachtsfeiern bei Sesemi Weichbrodt (eine meiner Lieblingsfiguren), aber auch die qualvollen Zahnarztbesuche Hannos oder sein Schultag, der dem Leser seine eigene Schulzeit in viel milderem Licht erscheinen lässt.
An Humor lässt es Mann übrigens nicht fehlen, amüsant fand ich z.B. die unvermählbaren Töchter von Gotthold, die das Geschehen stets spitz kommentieren, oder auch als Thomas, nachdem ihm Christian seine innige Liebe zu Aline geschildert hat, ihn lapidar mit „Esel!“ abfertigt.
Beeindruckt hat mich auch, wie Mann bereits in der ersten Szene (der Feier zur Hauseinweihung) die künftige Entwicklung durchscheinen lässt. Es wird über die früheren Inhaber gesprochen, die bankrott sind; Christian überfrisst sich; der verstoßene Sohn Gotthold macht finanzielle Forderungen geltend…die Vorboten für den drohenden „Verfall“ sind bereits hier vorgezeichnet. Und die stolze Zurschaustellung der Zimmer lässt im Nachhinein schaudern, wenn Jahre später der durchgebrochene Boden des Billardzimmers erwähnt wird. Auch deshalb freue ich mich auf eine Zweit-, Dritt…lektüre, da ich mir sicher bin, dass es hier immer etwas Neues zu entdecken gibt.
Fazit: Ganz eindeutig mein Lesehöhepunkt 2008 – Unterhaltung auf höchstem Niveau.