Margriet de Moor – Erst grau dann weiß dann blau

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 4.228 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Murkxsi.

  • Zur Autorin:
    Margriet de Moor (geb. 1941) war zunächst Sängerin und studierte dann Kunstgeschichte und Architektur. „Erst grau dann weiß dann blau“ war ihr erster Roman, für den sie den AKO-Preis erhielt, eine der wichtigsten literarischen Auszeichnungen der Niederlande.


    Inhalt:
    Ohne jede Vorankündigung verlässt Magda ihren Mann Robert. Zwei Jahre später ist sie ebenso unerwartet wieder zurück. Weder ihrem Mann noch ihren Freunden Erik und Nellie gelingt es herauszufinden, wo sie diese zwei Jahre verbracht hat und warum sie weggegangen und wieder zurückgekehrt ist. In vier Teilen, erzählt aus der Sicht von Erik, Robert, Magda und Nellie (gemeinsam mit ihrem geistig behinderten Sohn Gabriel), werden die Vorgeschichte, die Zeit der Abwesenheit und die Rückkehr beleuchtet.


    Meine Meinung:
    Lange Zeit – eigentlich bis zum Schluss, wenn ich ehrlich bin – wusste ich nicht, worauf diese Geschichte hinaus laufen soll. Es liegt nicht daran, dass die Autorin viele Zeitsprünge macht und gern zwischen „Ich“- und „Er“-Erzähler wechselt; das liest sich trotzdem recht flüssig. Auch die verschiedenen Erzählperspektiven sind nicht weiter störend, es ist vielmehr interessant zu sehen, wie die Personen die selben Dinge unterschiedlich beurteilen – und gewichten: so erzählt z.B. Erik von seinem Seitensprung mit Magda, während ihr das kein Wort wert ist.


    Nein, was mich wohl an dem Buch irritiert, ist, dass die Autorin zwar erzählt, was passiert ist, aber keinerlei Bewertung oder Schlussfolgerung dazu abgibt. Sie berichtet über traumatische Erlebnisse in der Kindheit und der Ehe von Magda, aber was sie nun zum Ausbruch und zur Rückkehr veranlasst hat, lässt sie offen.


    Wobei das jetzt keine Kritik sein soll. De Moor präsentiert die Fakten, lässt den Leser aber selbst urteilen. Warum auch sollte der Autor und mit ihm der Leser allwissend sein? Schließlich wissen auch die handelnden Personen, incl. Magda nicht, warum jetzt was geschieht; der Leser ist somit in derselben Lage. Je länger ich darüber nachdenke, umso besser gefällt mir dieser Kunstgriff.


    Was das Buch außerdem empfehlenswert macht, sind die schönen Bilder und Beschreibungen von de Moor. Im Gedächtnis bleiben wird mir sicher der Schnellkäfer, über den gesagt wird: „Der hochgesprungene Käfer fällt oft wieder auf seinen alten Platz zurück, oder er landet ein kleines Stück davon entfernt.[…]Fluchtreaktion.“ Eine Umschreibung von Magdas Handeln (und ist sie nun an derselben Stelle gelandet oder nicht?), aber auch generell der Frage: ändern wir unser Leben nach einem einschneidenden Erlebnis oder machen wir weiter wie bisher?


    Fazit:
    Ein zunächst unzugängliches erscheinendes Buch (beim ersten Lesen bin ich nicht sehr weit gekommen), das sich aber dann lohnt. Ein eindeutiger Kandidat für eine Zweitlektüre.


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    Einmal editiert, zuletzt von Manjula ()

  • Ich kann Manjulas Bewertung nur zustimmen. Auch mir hat das Buch durch seine fehlendes "Ziel" Rätsel aufgegeben, aber trotzdem, oder gerade deshalb hat es mich fasziniert, und auch ich plane eine Zweitlektüre.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo,


    nachdem ich durch diesen Thread auf das Buch aufmerksam geworden bin muss ich natürlich auch meine Eindrücke posten :zwinker:


    Normalerweise komme ich mit Büchern, bei denen der große Knall am Anfang kommt und in deren Verlauf erzählt wird, wie es dazu kommt nicht so gut zurecht weil mir hier oft die Spannung fehlt. Bei diesem Buch war es anders.


    Margriet de Moor verleiht ihren Personen eine ganz besondere Lebendigkeit. Sie kommt mit fünf Menschen aus, um die sie den größten Teil ihrer Handlung spinnt. Mir hat besonders gefallen, dass sie die Geschichte aus vier verschiedenen Blickwinkeln erzählt. Jede der erzählenden Personen sieht die Ereignisse aus einer anderen Perspektive und hat andere Dinge, die sie dabei beschäftigen. Jede macht im Verlauf der Geschichte eine Verwandlung durch, die ich anfangs so nicht erwartet habe. Dabei haben sich bei mir Sympathieen in Richtungen verschoben, die ich so nicht erwartet hätte.


    Auch nachdem ich das Buch zur Seite gelegt hatte hat es mich noch beschäftigt, was nicht jedem Buch gelingt. Deshalb bekommt es von mir
    5ratten


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

    Einmal editiert, zuletzt von Kirsten ()


  • [...]
    Auch nachdem ich das Buch zur Seite gelegt hatte hat es mich noch beschäftigt, was nicht jedem Buch gelingt. [...]


    Hallo Kirsten,


    das ging mir auch so. Gerade weil die Autorin vieles nicht erklärt (warum kehrt Magda wieder zurück? Wie kommt es zur Reaktion ihres Manns? usw), klingt das Buch noch lange nach.


    Liebe Grüße
    Manjula

  • Leider kann ich mich meinen Vorschreiberinnen nicht anschließen. Ich kam mit dem Buch gar nicht zurecht. Das Buch habe ich "versucht", im Zuge des SUB-Abbaus 2008 zu lesen. Mein Fazit:


    Die Idee der Geschichte fand ich spannend und so begann ich voller Vorfreude zu lesen. Schon bei den ersten vier Seiten gefiel mir der Schreibstil der Autorin nicht gut, doch aus Erfahrung weiß ich, dass man sich manchmal erst „einlesen“ muss.
    Leider wurde es nicht besser, sondern für mich nur schlimmer. Denn die Autorin wechselt – zum Teil ohne Vorwarnung und mittendrin – Schreibstil, Perspektive und Zeit (mal schreibt sie in der Gegenwart, mal in der Vergangenheit). Ein Konzept konnte ich nicht erkennen. Und auch die wechselnden Schreibstile waren gleichermaßen für mich unangenehm zu lesen.


    Den Inhalt empfand ich eher als langweilig und langatmig und zog sich für mich wie Kaugummi. Die ganze Geschichte wirkte auf mich konstruiert und konfus. Auch mit den Protagonisten wurde ich einfach nicht warm. Vielleicht hätte sich bis zum Ende das Eine oder Andere aufgelöst, doch die meiste Zeit habe ich mich beim Lesen gelangweilt.


    100 Seiten von 271 habe ich durchgehalten, dann konnte ich Schreibstil, Geschichte und Protagonisten einfach nicht mehr ertragen. Ich habe zum ersten Mal bewusst ein Buch abgebrochen.


    Vielleicht habe ich das Buch zum falschen Zeitpunkt gelesen, vielleicht ist die Autorin (die zweite Niederländerin, mit der ich übrigens nicht zurecht kam) auch einfach nichts für mich.


    Für die Idee der Geschichte vergebe ich noch :marypipeshalbeprivatmaus:


    LG Murkxsi

    Mein Lebensmotto: Leben und leben lassen!

  • Hallo Murkxsi,


    Deine Eindrücke habe ich mit Interesse gelesen - bei meiner ersten Lektüre ging es mir genauso und ich hätte am liebsten die Buchhändlerin verklagt, die mir den Roman empfohlen hatte. Umso überraschter war ich bei der Zweitlektüre, wie sehr mich das Buch gefesselt und berührt hat. Offensichtlich war es damals (vor 15 Jahren! So lange ist noch kein Buch bei mir ungelesen rumgelegen) einfach nicht der richtige Zeitpunkt. Jedenfalls finde ich es sehr interessant, wie unterschiedlich die Geschichte ankommt.


    Viele Grüße
    Manjula

  • Das ist gar nicht so abwegig. Vielleicht kommt das Buch bei einer Zweitlektüre besser weg als jetzt. Da ich mich aber schon 2 Monate mit diesem Buch herumgeplagt habe, ist das zumindest im Moment nicht die richtige Lektüre.


    Falls sich nach einer eventuellen Zweitlektüre mein Fazit ändern sollte, werde ich dies hier auf jeden Fall posten.


    LG Murkxsi

    Mein Lebensmotto: Leben und leben lassen!