Zur Autorin:
Margriet de Moor (geb. 1941) war zunächst Sängerin und studierte dann Kunstgeschichte und Architektur. „Erst grau dann weiß dann blau“ war ihr erster Roman, für den sie den AKO-Preis erhielt, eine der wichtigsten literarischen Auszeichnungen der Niederlande.
Inhalt:
Ohne jede Vorankündigung verlässt Magda ihren Mann Robert. Zwei Jahre später ist sie ebenso unerwartet wieder zurück. Weder ihrem Mann noch ihren Freunden Erik und Nellie gelingt es herauszufinden, wo sie diese zwei Jahre verbracht hat und warum sie weggegangen und wieder zurückgekehrt ist. In vier Teilen, erzählt aus der Sicht von Erik, Robert, Magda und Nellie (gemeinsam mit ihrem geistig behinderten Sohn Gabriel), werden die Vorgeschichte, die Zeit der Abwesenheit und die Rückkehr beleuchtet.
Meine Meinung:
Lange Zeit – eigentlich bis zum Schluss, wenn ich ehrlich bin – wusste ich nicht, worauf diese Geschichte hinaus laufen soll. Es liegt nicht daran, dass die Autorin viele Zeitsprünge macht und gern zwischen „Ich“- und „Er“-Erzähler wechselt; das liest sich trotzdem recht flüssig. Auch die verschiedenen Erzählperspektiven sind nicht weiter störend, es ist vielmehr interessant zu sehen, wie die Personen die selben Dinge unterschiedlich beurteilen – und gewichten: so erzählt z.B. Erik von seinem Seitensprung mit Magda, während ihr das kein Wort wert ist.
Nein, was mich wohl an dem Buch irritiert, ist, dass die Autorin zwar erzählt, was passiert ist, aber keinerlei Bewertung oder Schlussfolgerung dazu abgibt. Sie berichtet über traumatische Erlebnisse in der Kindheit und der Ehe von Magda, aber was sie nun zum Ausbruch und zur Rückkehr veranlasst hat, lässt sie offen.
Wobei das jetzt keine Kritik sein soll. De Moor präsentiert die Fakten, lässt den Leser aber selbst urteilen. Warum auch sollte der Autor und mit ihm der Leser allwissend sein? Schließlich wissen auch die handelnden Personen, incl. Magda nicht, warum jetzt was geschieht; der Leser ist somit in derselben Lage. Je länger ich darüber nachdenke, umso besser gefällt mir dieser Kunstgriff.
Was das Buch außerdem empfehlenswert macht, sind die schönen Bilder und Beschreibungen von de Moor. Im Gedächtnis bleiben wird mir sicher der Schnellkäfer, über den gesagt wird: „Der hochgesprungene Käfer fällt oft wieder auf seinen alten Platz zurück, oder er landet ein kleines Stück davon entfernt.[…]Fluchtreaktion.“ Eine Umschreibung von Magdas Handeln (und ist sie nun an derselben Stelle gelandet oder nicht?), aber auch generell der Frage: ändern wir unser Leben nach einem einschneidenden Erlebnis oder machen wir weiter wie bisher?
Fazit:
Ein zunächst unzugängliches erscheinendes Buch (beim ersten Lesen bin ich nicht sehr weit gekommen), das sich aber dann lohnt. Ein eindeutiger Kandidat für eine Zweitlektüre.
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