William Shakespeare - Macbeth

Es gibt 51 Antworten in diesem Thema, welches 24.492 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kirsten.

  • Macbeth kenn ich "leider" nur in der englischen Version (wg. Englisch Leistungskurs damals). Die an sich fand ich aber schon richtig klasse! Parallel dazu haben wir den Film gesehen, aus den 70ern, ich glaub das war der Polánski-Film. Einfach toll. :smile:


    Es gibt auch ne Bollywood-Version von Mcbeth, die heißt dann Maqbool :totlach:

  • Mussten wir mal in der Schule lesen- hat mir absolut nicht gefallen.
    Die Anfangsidee mit diesem Mord und den folgenden Schuldgefühlen usw. war ja ganz gut,aber diesen Krieg,
    bei dem man immer nicht wusste,wer nun zu welcher Partei gehörte,fand ich irgendwie wie zu lang gezogen.
    Wahrscheinlich wäre ich freiwillig nie auf die Idee gekommen,das Buch zu lesen... :ohnmacht:


    LG

  • *hochzerr*


    Schon oft wollte ich mir Macbeth vorknöpfen, nun habe ich es endlich getan. Den Inhalt des Stückes hat chil ja schon super zusammengefasst. Ich möchte nur noch auf ein paar Themen eingehen, die mir beim Lesen aufgefallen sind. Ich habe übrigens das Reclam in der Übersetzung von Dorothea Tieck - dass es davon auch eine zweisprachige Ausgabe gibt, habe ich leider nicht gewusst. :sauer:


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    Weiblichkeit/Männlichkeit
    Es beginnt schon damit, dass Lady Macbeth, während sie sich in ihre Mordlust hineinsteigert (1. Aufzug, 5. Szene), die Dämonen auffordert "Entweibt mich!". Später wird ihr von ihrem Mann gesagt, jemand wie sie könne "nur Männer gebären". Und auch in vielen anderen Szenen spielt es eine Rolle, wie sich ein Mann zu verhalten hat und was allgemein von ihm erwartet wird - meist in Verbindung mit Brutalität. Da war es richtig auffallend, wie Macduff von der Ermordung seiner Familie erfährt (4. Aufzug, 3. Szene) und ihm jemand sagt "Ertragt es wie ein Mann!", worauf seine Antwort lautet: "Das will ich auch; Doch ebenso muss wie ein Mann ich's fühlen."


    Charakterschwäche
    ... ist zwar nicht ganz das richtige Wort, aber wie nennt man es, wenn jemand zu feig ist, um hinter seinen Taten zu stehen und den Konsequenzen ins Auge zu sehen? Also gewissermaßen das Gegenteil von Integrität. Im ersten Aufzug hat Macbeth ja noch fürchterliche Skrupel, ob er den Mord an Duncan wirklich begehen soll, jedoch wird bald klar, dass diese Skrupel eben aus der Scheu vor den Folgen resultieren und keineswegs aus einem Gefühl der Ethik. Ich finde die Stelle gerade nicht, aber irgendwo heißt es sinngemäß, dass Macbeth nur etwas dagegen hätte, Duncan tot zu machen, aber nicht, dass dieser tot sei (in Bluebells Worten :breitgrins: ).
    An einer anderen Stelle spricht Macbeth:
    "Sieh, Auge, nicht die Hand; doch lass geschehen,
    Was, wenn's geschah, das Auge scheut zu sehen."
    Und sogar dieses absolut durchgeknallte, blutrünstige Weibsstück Lady Macbeth, das ihn ja anstiftet und direkt nach dem Mord die Sache mit den Dienern übernimmt, weil ihr Mann noch zu sehr unterm Schock seiner eigenen Tat steht, monologisiert:
    "Komm, schwarze Nacht,
    Umwölk dich mit dem dicksten Dampf der Hölle,
    Dass nicht mein scharfes Messer sieht die Wunde,
    die es geschlagen."
    Jaja, sich wie eine rasende Wildsau gebärden, aber dann nicht hinschauen können! :clown:


    Wobei gegen Ende hin ja Lady Macbeth diejenige ist, die an ihren Gewissensbissen zerbricht, während ihr Mann erst richtig loslegt und seine Hemmschwelle mit jedem neuen (Auftrags-)Mord weiter sinkt.


    Die drei Hexen
    Also seien wir uns mal ehrlich - wer heute solche klischeetriefenden Szenen schreiben würde, der würde ausgelacht. :elch: Da donnert es bei jedem Auftritt, da brodelt ein zischender Kessel, da landen Schlangenköpfe und Krähenhirne in der Zauberbrühe ... im 21. Jahrhundert hätte sowas wohl nur noch in Kinderbüchern Platz. Aber mir gefiel's trotzdem! :hexe:
    Aber was sagt ihr zu 4. Aufzug, 1. Szene - da werfen die Schwestern nicht nur Unkenzehen und Eidechsenbeine in ihre Suppe, sonden auch "des Lästerjuden Lunge, Türkennas' und Tartarenzunge"!
    Boah, der Begriff der political correctness war damals eindeutig noch nicht geboren!!


    Self-fulfilling prophecies
    Ja, waren all die Geschehnisse nun tatsächlich schon vorherbestimmt, als die Hexen die Prophezeiung aussprachen, oder hat die Prophezeiung erst alles ausgelöst? Eine interessante Frage, ein bisschen wie mit dem Huhn und dem Ei ...


    Vielleicht sehe ich Macbeth ja heuer sogar noch im Theater oder in der Oper. Oder sonst als Film - der Polanski würde mich schon sehr reizen! :smile:

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    Einmal editiert, zuletzt von Bluebell ()


  • Die drei Hexen
    Also seien wir uns mal ehrlich - wer heute solche klischeetriefenden Szenen schreiben würde, der würde ausgelacht. :elch: Da donnert es bei jedem Auftritt, da brodelt ein zischender Kessel, da landen Schlangenköpfe und Krähenhirne in der Zauberbrühe ... im 21. Jahrhundert hätte sowas wohl nur noch in Kinderbüchern Platz. Aber mir gefiel's trotzdem! :hexe:


    Das ist witzig, dass du das so siehst, denn genauso sieht das Ben Crystal in seinem Buch Shakespeare on Toast auch.
    Er erwähnt aber auch, dass man sich einfach vor Augen führen muss, dass das Stück noch zu Zeiten der Hexenverfolgung aufgeführt wurde. Außerdem hat James I., der kurz vor Uraufführung von Macbeth den Englischen Thron bestiegen hat, selbst einige Male an Hexenverfolgungen teilgenommen und ein Buch darüber geschrieben. Es war also ziemlich problematisch, ein Stück mit Hexen beginnen zu lassen und auch wenn die Leute sich damals vielleicht nicht vor Hexen selbst gefürchtet haben, war es trotzdem bestimmt eher unangenehm, dabei zu sein, wenn Hexen auf die Bühne kommen.

    "This was another of our fears: that Life wouldn't turn out to be like Literature" (Julian Barnes - The Sense of an Ending)


  • Die drei Hexen
    Also seien wir uns mal ehrlich - wer heute solche klischeetriefenden Szenen schreiben würde, der würde ausgelacht. :elch: Da donnert es bei jedem Auftritt, da brodelt ein zischender Kessel, da landen Schlangenköpfe und Krähenhirne in der Zauberbrühe ... im 21. Jahrhundert hätte sowas wohl nur noch in Kinderbüchern Platz.


    ... oder bei Terry Pratchett:

    Zitat

    The wind howled. Lightning stabbed at the earth erratically, like an inefficient assassin. Thunder rolled back and forth across the dark, rain-lashed hills.
    The night was as black as the inside of a cat. It was the kind of night, you could believe, on which gods moved men as though they were pawns on the chessboard of fate. In the middle of this elemental storm a fire gleamed among the dripping furze bushes like the madness in a weasel's eye. It illuminated three hunched figures. As the cauldron bubbled an eldritch voice shrieked: "When shall we three meet again?"
    There was a pause.
    Finally another voice said, in far more ordinary tones: "Well, I can do next Tuesday."


    Terry Pratchett "Wyrd Sisters" (deutsch "MacBest")

    :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • @Mrs. Dalloway: "Shakespeare on Toast", da hast du mich jetzt aber auf was gebracht! :daumen:


    Saltanah: :elch: ... soll ich dir was sagen? Ich habe mir zwar schon öfter vorgenommen, Macbeth zu lesen, aber den endgültigen Auslöser hat tatsächlich Terry Pratchett gegeben. Ich entdecke nämlich gerade die Scheibenwelt für mich! Nach "Maurice, der Kater" lese ich nun "Gevatter Tod" und möchte bald mit einem Hexenbuch weiter machen ("Total verhext" oder "MacBest") und da dachte ich, könnte es nicht schaden, endlich einmal Macbeth kennenzulernen ... Hamlet soll auch bald folgen. :zwinker:

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  • Und mich auch! :breitgrins:


    Das Buch ist auch wirklich zu empfehlen. Obwohl der Autor sich manchmal schon sehr von seiner Liebe für den fünfhebigen Jambus mitreißen lässt. :breitgrins:

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  • Gestern habe ich mir den Polanski-Film angesehen - wow! Solche gelungenen und gut gespielten Umsetzungen führen mir dann immer vor Augen, dass Dramen in erster Linie nun Mal zum Ansehen gedacht sind! :smile:


    EDIT: Haha, wie passend, gerade entdeckt - die Milderung von Schuldgefühlen und Zweifeln durch Händewaschen nennt man in der Psychologie tatsächlich den Macbeth-Effekt!

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    Einmal editiert, zuletzt von Bluebell ()

  • Als Filmversion geht nichts über Orson Welles' Schwarzweiß-Version von 1949.


    Düster, barbarisch - die Atmosphäre ist perfekt eingefangen.

  • Danke für den Tipp!

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  • Unsere Deutsch-Professorin hat uns sogar immer davor gewarnt, Dramen zu lesen. Sie hat immer gemeint, dass sie sich einem nur beim Ansehen ganz erschließen, vorausgesetzt, die Umsetzung passt. Eure Filmtipps sind bereits notiert, danke!


    Ich kenne viele, die behaupten, dass Dramen gelesen nicht komplett erschließbar sind. Ich persönlich bin allerdings ein Gegner dieser Meinung, da für mich eine Theateraufführung viel zu sehr von der Inszenierung abhängt. Leider gibt es viel zu viele Inszenierungen großer Werke, die beim Lesen sehr viel Spaß machen, aber beim Ansehen einfach nur furchtbar sind.
    Ich finde wenn man ein Drama liest, kann man sich trotzdem in die Handlung hineinversetzen und die Sprache auf sich wirken lassen. Vor allem weil man sich dann durch den Einsatz der eigenen Vorstellungskraft praktisch eine eigene Inszenierung des Stücks ausdenkt. Ich jedenfalls wurde noch nie von meiner eigenen Inszenierung beim Lesen von einem (guten) Drama enttäuscht.:breitgrins:

    Zitat von André Glucksmann: <br />Philosophieren bedeutet zuallererst, gegen die eigene Dummheit zu kämpfen.


  • Ich kenne viele, die behaupten, dass Dramen gelesen nicht komplett erschließbar sind. Ich persönlich bin allerdings ein Gegner dieser Meinung, da für mich eine Theateraufführung viel zu sehr von der Inszenierung abhängt.


    Das ist wohl wahr. Ich habe erst letzte Woche ein Theaterstück gesehen, das ich vorher nicht kannte ("Feuerwerk" von Burkhardt), das mich aber so beeindruckt hat, dass ich danach im Internet recherchiert habe.
    Bloß: als ich Zusammenfassungen und Artikel über die schriftliche Vorlage las, kam manches ganz anders bei mir an als bei der Aufführung. Ehrlich gesagt finde ich das Konzept der Aufführung besser, als das was ich über das Original gelesen habe ... aber gleichzeitig drängt sich die Frage auf: wie war es vom Autor gemeint? Hatte er eine bestimmte Interpretation vor Augen (die, die ich aus den Zusammenfassungen herausgelesen habe), oder wollte er sowieso mehrere Möglichkeiten für unterschiedliche Inszenierungen offen lassen?


    Ich jedenfalls wurde noch nie von meiner eigenen Inszenierung beim Lesen von einem (guten) Drama enttäuscht.:breitgrins:


    :breitgrins: :daumen:

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  • Aloha,
    ich wollte auch noch meinen Senf dazugeben :D
    Macbeth ist mein absolutes Lieblingswerk von Shakespeare.
    Wenn man seine Werke liest, kommen sie einem oft aus der Luft gegriffen, unmodern und überholt vor (ich persönlich liebe diese Art Buch/Theater). Aber wenn man Macbeth mal im Nachhinein auf sich wirken lässt, merkt man, dass Shakespeare auf wunderbare Art und Weise menschliche Gefühle beschreibt, bzw. seine Figuren so herrlich nachvollziehbar handeln lässt.
    Wie die Macbeths zerfallen und sich selbst zerstören, ach, das muss man einfach gelesen haben! :)

  • Ich schliesse mich der Mehrheitsmeinung mal an: Macbeth ist einfach genial! :klatschen:


    Also mir gefallen ja die Hexen besonders gut, die geben so einen mystischen, okkulten Faktor. Ausserdem wird das Thema der selbsterfüllenden Prophezeihung sehr gut dargestellt, wie ich finde, obwohl dieser Begriff so wahrscheinlich noch nicht existiert hat, als es geschrieben wurde. Aber das zeigt auch, dass die Menschen zu Shakespeares Zeit nicht dumm oder ungebildet waren, sondern einfach noch nicht diese Begriffe und Hintergrundinformationen hatten, wie wir sie heute kennen. Dass gewisse Dinge im menschlichen Gehirn einfach vorgehen und gewisse Themen (wie z.B. das schlechte Gewissen oder die Habgier) uns nunmal beschäftigen, hat man offenbar schon damals erkannt (und verwendet). Das finde ich ganz spannend... Es ist einfach eine Geschichte voller Wahrheiten über das menschliche Wesen.


  • Nachdem was ich hier lese muss ich mir das Stück wohl wirklich mal zulegen .. :)


    Nein, alle! :zwinker:

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