Beiträge von ink-heart


    "Jede hinreichend fortgeschrittene Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden." (Arthur C. Clarke)


    Schönes Zitat! :smile:



    Kapitel 29


    Ich finde, dass der Garten eine tolle Manifestation dessen ist, womit er es im Netz zu tun hat – wie realistisch allerdings, sei dahingestellt.
    Einige Infos und Andeutungen zu Sellars gibt es hier auch noch.


    Kapitel 30
    Na endlich geht es weiter mit Paul – nach x Kapiteln!
    Ich habe ja schonmal gesagt, dass ich finde, Mensch und Maschine bzw. Mensch und Simulation sind hier manchmal kaum zu unterscheiden. – Wenn doch, ist es wie hier oder wie bei Orlando, als er sich entschließt weiterzuleben -



    Die Sache mit den Pankies


    Kapitel 31
    Geniale Netfeed-News! Eine Kürzestsatire auf BSE sozusagen: Mad Krill Disease! :breitgrins:
    Ansonsten: Sehr spannend, vor allem auch durch Martines Perspektive.


    Kapitel 32
    Auch hier wieder tolle Netfeed-News (die beginne ich immer mehr zu mögen):

    Zitat

    He lived like a programmer, he died like a programmer. It’s lucky the cleaners were handprinted for the door, or we might still not know …


    Die Frauenstimme, die Orlando in der Wüste hört



    Wie in Band 1 kommen am Schluss wieder einige (nicht alle) der Gefährten zusammen.


    Bis zum nächsten Band ist es ja nun einige Zeit. Auf der einen Seite finde ich es ganz schön, jetzt den Kopf für ein paar andere Bücher frei zu haben, auf der anderen juckt es mich richtig in den Fingern, mir den nächsten Band zu greifen (aber ich werde mich beherrschen). Die Leserunde war jedenfalls eine schöne Idee, Illy, und ich freue mich schon auf die nächste Station! :smile:

    Die grässlichen Zwillinge


    Interessant fand ich die Netfeed-News vorm Kapitel 23: Wieviel Prozent der heutigen Erwachsenen wohl ähnliche Anklagen gegen ihre Eltern vorbringen könnten?


    Für Yacoubian wird es zum Problem,

    Bestätigt wird das in Kapitel 27,





    Mit den Simulationen und Maschinen ist das ja hier so eine Sache. Bei der fortgeschrittenen Otherland-Technik sind beide ja kaum noch zu unterscheiden, und das ist es auch, was das Buch so interessant und etwas beängstigend macht. Ist eine fast 200-jährige Masse, die maschinen- und medikamentenunterstützt in einem Tank schwimmt, wirklich menschlicher als Beezle (den ich inzwischen richtig gern habe)? Ganz besonders gruselig fand ich in diesem Zusammenhang die Tinto-Kopie, die Eleanora zu befragen versucht – da bevorzuge ich doch hungrige Rieseninsekten (als Leserin jedenfalls :zwinker:). Hart ist auch der Kontrast zwischen Orlando, der mit seinen 14 Jahren sozusagen Auge in Auge mit dem Tod lebt, und den alten Grals-Leuten, die meinen, Leben und Tod und andere Menschen nach ihrem Belieben und ihren Bedürfnissen lenken zu können.


    Auch in Venedig

    Ich hasse diese Cliffhanger zum Kapitelende – jetzt geht es wieder ewige Kapitel lang um ganz andere Dinge, und ich kann das Buch einfach nicht weglegen.



    Ja, da wissen wir wieder, warum wir lesen :breitgrins:


    Das Zusammentreffen

    hat mir auch besonders gut gefallen – das war sowas von Tolkien. :D




    Wenn man Upauts (unauthentische) Geschichte ernst nimmt, sieht es so aus, als hätten

    Buch 2 – bis Kapitel 21 – ist geschafft. :klatschen:


    Das kurze Nemesis-Kapitel war in meinen Augen beste SF – dass sich dabei das Gehirn verrenkt, liegt, denke ich, in der Natur der Sache. :zwinker:


    Die Dread-Handlung bleibt ein echter Thriller. Dulcie ist ja immerhin auch ein ziemlich eiskalter Killer – wenn auch ein Neuling -, aber sehr viel „menschlicher“ als Dread, so dass man fast Mitleid mit ihr und Angst um sie bekommt.


    An zwei Stellen hatte ich das Gefühl, dass die kleinen gelben Äffchen vom „Treehouse“ wieder auftauchen. Sind sie es, die sich um die Vogelscheuche kümmern? Es gibt so viele Querverbindungen zwischen den Handlungssträngen und den Otherland-Welten, dass mir manchmal ganz schwindlig wird. Auf jeden Fall helfen die kleinen Viecher unseren Helden unter eigenen Opfern, sich gegen die ‚tiktoks‘ zu behaupten, bleiben letztlich allerdings doch solidarisch mit der Vogelscheuche. Und sind sie nicht auch bei der Crew des Piratenkapitäns in der Comic-Küche dabei? – Ich glaube, letztlich bleibt das offen, ihr Schlachtgesang weist aber stark in die Richtung.


    Die Küchenhandlung ist ehrlich gesagt nicht gerade mein Favorit (ist wahrscheinlich anders, wenn man die Comic-Vorlage kennt). Der Häuptling heißt in der Übersetzung „Starke Marke“? Ist ja ziemlich plakativ. :breitgrins: Im Original ist der Name „Strike Anywhere“ – das lässt immerhin ein paar mehr Deutungsmöglichkeiten.


    Schön fand ich die Stelle, an der Jeremiah an sich selbst denkt als an jemanden, der in einem Buch immer in zweiter Reihe stehen würde – ein netter Dreh von Williams, uns die Figur näher zu bringen – und was mich betrifft, ein gelungener.


    Azador ist auch eine interessante Figur, die allein aufgrund ihrer Heldenhaftigkeit auch nicht ganz „real“ wirkt, es aber doch zu sein scheint. Die Oz-Story ist seltsam vermischt mit anderen SF-Geschichten. Mich hat es an P.D. James‘ „The Children of Men“ erinnert – eine ganz schön düstere Geschichte.


    Durch Nandi und Kunohara werden die politischen Fronten jetzt etwas deutlicher geklärt –


    Unsere Vermutungen hinsichtlich Jongleurs werden ja so ziemlich bestätigt.


    wenn ich mal dran bin, kann ich das Buch kaum aus der Hand legen, und ich komme nicht so schnell raus bei den vielen Handlungssträngen ;)


    Gerade bei diesem Buch kann ich das ziemlich gut verstehen. :zwinker: Ich lese jetzt zwar gleich weiter, werde aber wahrscheinlich doch etwas länger brauchen, weil am 1. April eine Konkurrenz-Leserunde startet. Ich versuche, dranzubleiben. :winken:

    Hallo, ihr beiden :smile:,


    ich klinke mich endlich mal ein. Valentine ist ja inzwischen uneinholbar, aber immerhin habe ich es jetzt bis Ende des ersten Buches (Kapitel 12) geschafft.


    Wieder gibt es jede Menge literarische Anspielungen (Der Zauberer von Oz, Krieg der Welten), die aber nie bei einer bloßen Kopie der Vorlage stehen bleiben. Neue interessante Figuren sind Ramsey, der Anwalt der Fredericks‘, dessen Leidenschaft für seinen Beruf wunderbar beschrieben wird, und Olga Pirofsky aka Uncle J. Ich denke, von beiden werden wir noch mehr hören. Die Uncle-J.-Show hatte ja von Anfang an etwas sehr Abstoßendes und subtil Unheimliches, so dass Olga sicher recht hat, wenn sie Chloes Aussage bezweifelt, keines der Kinder mit ähnlichen Symptomen wie Olga sei in der Show gewesen. Eigentlich bin ich ziemlich sicher, dass die Krankheit der Kinder (auch Stephens) unmittelbar damit zusammenhängt (Williams legt ja auch eine ziemlich deutliche Fährte in diese Richtung), wie allerdings ist mir noch überhaupt gar nicht klar.


    Die Gefährten werden so schnell, wie sie zusammengekommen sind, wieder getrennt. Nett ist das, wenn man Orlandos „Elrond“-Metapher aus dem ersten Band weiter verfolgt: er und Fredericks als Frodo und Sam (!) - sind die nicht auch auf einem Fluss von den anderen weggetrieben? Der Rest der Truppe hat den Verräter/Spion allerdings noch bei sich. Da gibt es bestimmt noch böse Überraschungen …


    Neben Paul und !Xabbu ist Orlando eine meiner Lieblingsfiguren. Seinen Kampf auf Leben und Tod – gleichzeitig im VR und RL -, der gleich am Anfang des Bandes geschildert wird, fand ich ziemlich eindrucksvoll. Sein Wunsch zu sterben ist nur zu verständlich, aber die Verantwortung ruft ihn zurück – mind over matter – DAS nenne ich Idealismus! (Und das mit 14! :zwinker:)


    Eine Sache hat mich noch etwas grübeln lassen: Set, der dunkle Bruder, „the burned one“, den Jongleur fürchtet – ist das Sellars? Wenn ja: Warum hat er dann als vermutlich ehemaliges Mitglied der Bruderschaft nicht deutlich mehr Wissen und Einsichten in das, was da geschieht?


    :winken:

    Hallo illy und MitleserInnen! :winken:


    Meine Pause ist doch etwas länger geworden und ich hinke euch ziemlich hinterher – aber ich bleibe dran. Den ersten Teil habe ich jetzt geschafft und den zweiten angefangen, und nach wie vor langweile ich mich auch nicht eine Minute dabei.


    Gallys Welt ist ja ziemlich eindeutig ein Schachspiel - aber wer sind die Spieler, die das ganze steuern oder (wilde Theorie)


    Aber nicht nur irgendein Schachspiel, sondern das aus Alices Wunderland. Die literarischen Anspielungen, die immer mal wieder auftauchen, finde ich ganz spannend. Und deine Spoiler-Vermutung hat vieles für sich, auf jeden Fall scheint nach meiner Vermutung


    Paul springt von einer Welt in die andere, und die Suche nach seiner Identität (und dem „Heiligen Gral“?), die unter der Oberfläche immer spürbar ist, macht das Ganze wirklich spannend. Wenn man genau liest (beim ersten Mal habe ich das, glaube ich, nicht so getan), bemerkt man mehr und mehr Hinweise darauf, dass er sich in einer virtuellen Umgebung befindet – offensichtlich ohne es zu wissen. Z. B. ist da der Marsianische Markt mit seinen wiederkehrenden Mustern: „A vast crowd, primarily Martian, swirled in and out beneath them. Paul watched it, amazed by the vitality and activity. He almost thought he could see patterns in the ebb and flow of the marketers, repeating designs, spontaneous shared movements like a flock of birds on the wing.” Bagwater spricht erstmals aus, was dem Leser seit einiger Zeit klar ist, Paul Jonas aber anscheinend nicht: Er befindet sich in einer Simulation.


    Renies Handlungsstrang entwickelt sich zwischendurch zu einem richtigen Krimi – sogar ihr Ex-Lover scheint jetzt ihre Spur zu verfolgen. Die Vorstellung von den riesigen Tanks, in denen man Stunden und Tage verbringen kann, erinnert mich an „Matrix“. Das RL lässt sich tatsächlich fast komplett durch VR ersetzen. Und ich stimme dir zu, illy: Weniger realistisch ist es mir deutlich lieber. :zwinker: Buch 4 beginnt mit einem Gedächtnisverlust Renies, der dem von Paul sehr ähnlich ist.


    Was Orlando betrifft, ist trotz aller Tragik die Entwicklung mit Fredericks tatsächlich ein bisschen witzig. Klasse, wie Williams die Vierzehnjährigen glaubwürdig darstellen kann, ohne dass man als älterer Leser je ein Gefühl von Überlegenheit oder Distanz entwickelt!


    Endlich treffen sich die Beteiligten – außer Paul Jonas, der ein Teil ihrer weiteren Mission zu sein scheint. Orlandos Vergleich mit Elronds Rat ist ziemlich treffend und nimmt gleichzeitig dem überschlauen Leser, der da längst diverse Parallelen bemerkt zu haben meint, den Wind aus den Segeln. Beim ersten Lesen hat mich der „Cliff-Hanger“ unglaublich geärgert. Ich war im Urlaub, hatte am Anfang wirklich mit dem Buch gekämpft (auch aufgrund des Vokabulars), fand es aber trotzdem ziemlich klasse. Und dann war ich so richtig angefixt – und auf einmal war Ende und kein zweiter Teil in Reichweite… Auf lange Sicht hat es nicht dazu geführt, dass ich Williams boykottiere, sondern dass ich nach kurzem Anprüfen möglichst immer alle Folgebände bereithalte. :breitgrins:


    Ich freue mich schon auf den zweiten Teil mit euch - es geht ganz bald los!

    Huhu illy!



    Im Moment kann ich noch nicht einmal mehr zählen, wieviele Handlungstränge das wohl sind und bin mir teilweise auch nicht sicher was RL und was VL ist. :breitgrins:


    So geht es wohl sogar den Charakteren selbst :breitgrins:, und ich finde, das macht einen ziemlichen großen Teil des Reizes des Buchs aus.


    Ich bin inzwischen mit Teil 2 fertig und finde, dass es sich zwar wirklich gut und spannend liest, aber auch irgendwie anstrengend. Ich bin deutlich langsamer als bei den meisten anderen Sachen, die ich so lese. Da ich mir keine Notizen gemacht habe, nur ein paar unverbundene Einzeleindrücke aus diesem Teil:


    [li]Auch in der zukünftigen Gesellschaft, in der Renie lebt, scheint Rassismus noch nicht wirklich der Vergangenheit anzugehören. In mancher Hinsicht ist der Fortschritt halt langsamer als in der Technik.[/li]
    [li]Renies Vater ist ein Egozentriker wie er im Buche steht. Hut ab, dass sie in halbwegs mit Fassung ertragen kann.[/li]
    [li]Die goldene Stadt taucht ein zweites Mal auf (oder ein drittes? da bin ich nicht ganz sicher). Obwohl sie offensichtlich virtuell ist, hält Renie sie für "echt" (siehst du, ist gar nicht so einfach :zwinker:) und

    [/li]
    [li]Gally ist eine neue und auch wieder eine sympathische Figur. Hier bin ich auch durcheinandergekommen und habe mich gefragt,

    [/li]
    [li]!Xabbu gefällt mir immer noch gut, obwohl Williams immer ein bisschen an der Grenze zum Klischee des "edlen Wilden" balanciert - seine (!Xabbus) Intuition scheint einfach in jeder Hinsicht ungeheuer treffsicher zu sein.[/li]
    [li]Fasziniert hat mich die Fast-Begegnung von Renie und Orlando (in meinen Augen neben Paul die wichtigsten Figuren) im TreeHouse (heißt das in der Übersetzung auch so oder hat es einen deutschen Namen bekommen?). Sie sehen sich (oder ihre "Sims"), ohne es zu wissen. Und auch der Titel des Buches wird nun zum ersten Mal erwähnt. Otherland scheint ein virtueller Raum zu sein, um den sich eine Menge politischer Intrigen spinnen.[/li]
    [li]Ziemlich kultig finde ich die gelben Äffchen. Mit denen würde ich auch gerne mal durchs Netz huschen (aber nicht zu lange wahrscheinlich :zwinker:).[/li]


    Ich mache jetzt eine kurze Otherland-Pause und schiebe ein anderes Buch ein. Warte aber trotzdem gespannt auf alles, was du so schreibst. :zwinker: :winken:
    [/list]

    Hallo ihr! :winken:


    Viel los ist hier ja momentan nicht :breitgrins:, aber ich komme selbst auch nicht wirklich schnell weiter. Momentan stecke ich mitten in dem sehr langen zwölften Paul-Kapitel.


    Die Goldene Stadt ist das erste Mal - sehr spektakulär - aufgetaucht, hat zu Thargors Tod beigetragen und wird für Orlando zu einer Mission, fast so wie die bei Paul erwähnte Suche nach dem Heiligen Gral, an die er sich nur bruchstückhaft erinnert. Ziemlich ironisch finde ich die Erwähnung der Götter, die anfangs immer etwas nebenbei erfolgt, bis die "Götter" selbst dann auftauchen und sehr bedrohlich und unheimlich wirken. Mit Dread-Anubis kommen richtige Thriller-Elemente ins Spiel. Ich finde diesen Genre-Mix ja ziemlich klasse.


    Auch bedrohlich und unheimlich sind Finch und Mullet, die anscheinend alles andere sind als einfache Schützengraben-Kameraden und Paul sogar in "andere Welten" folgen. Mit Gally und seiner Mannschaft (da bin ich noch ziemlich am Anfang) taucht hier auch das Motiv der verlorenen Kinder auf, das die Paul- mit der Renie-Handlung verbindet. Und noch ein Bindeglied zwischen den diversen Handlungssträngen scheint es zu geben: den seltsamen Gelbäugigen, der in verschiedenen Gestalten und entscheidenden Situationen auftaucht. Seine Identität kann man inzwischen ja erahnen, aber was seine Motive betrifft, ist noch eine ganze Menge unklar - bisher scheinen seine Interventionen allerdings eher auf Hilfe und Rettung ausgelegt.


    Ich genieße es sehr, den Band wiederzulesen und habe auch das Gefühl, dass mir eine Menge mehr auffällt als beim ersten Mal. Spricht deutlich für ein Buch, wenn es sich gut mehrfach lesen lässt, finde ich. :zwinker:

    Ich bin jetzt mit Kapitel 2 fertig geworden und bin schon wieder völlig in Otherland angekommen. Band 1 kenne ich schon, finde ihn aber mindestens so spannend wie beim ersten Lesen, nicht nur, weil ich immer so viel Gelesenes vergesse :redface:, sondern weil Williams einfach ein toller Erzähler ist.


    Ich kann mich noch gut erinnern, dass mich beim ersten Lesen die Geschichte mit Paul Jonas auch ziemlich verwirrt hat, zumal sie so gar nichts mit dem, was auf dem Klappentext steht, zu tun zu haben scheint. Die Mischung zwischen Schützengrabenatmosphäre und Märchenwelt (die ja noch beängstigender ist als der Schützengraben) ist ziemlich atemberaubend und wird noch spannender durch die kleinen Andeutungen zu Pauls Erinnerungslücken, durch den Gelbäugigen, durch die Feder, die sich im Schützengraben wiederfindet.


    In Renies Welt scheint Bürgerkrieg fast schon zum Alltag zu gehören. Man merkt deutlich, dass die virtuelle Realität zumindest für Stephen, zunehmend aber auch für viele andere, genau das ist: Realität. !Xabbu, den ich eine ziemlich interessante Figur finde, hinterfragt die Sinnhaftigkeit der VR ja ziemlich deutlich und so tauchen einige recht philosophische Fragen auf: Was ist real? Wann ist etwas real? Wenn ich es spüre? Wenn es konkrete Auswirkungen auf mich hat?



    vor allem stört mich wie sehr sich da Bezahlangebote und Leute, die es sich leisten können vom Rest abgegrenzt zu sein. Zurzeit ist das Internet eher ein gleichmachendes Medium und ich sehe meinem Gegenüber nicht an, ob er am einzigen Computer seines Dorfes im kenianischen Dschungel oder in einem Penthouse in New York oder in einem Palast im Oman sitzt. Es gibt keine gezielte Abgrenzung hinter der sich die oberen 10.000 verstecken und sicher sein können, dass keiner reinkommt, der nicht illegal über den Zaun geklettert ist. (OK, der Anteil der "ärmeren" in einem LearJet-Besitzer-Forum dürfte sich in Grenzen halten :zwinker: )


    Na ja, ein bisschen kann kostspielige Hardware ja auch heute schon ausmachen: Geschwindigkeit, besseres Bild, erleichterte Bedienung etc. Und sind nicht einige Seiten wie z. B. Second Life schon ziemlich kommerzialisiert? Grundsätzlich hast du natürlich recht: Momentan sind wir im Netz vermutlich "gleicher" als im wirklichen Leben, aber unrealistisch ist Williams' Entwurf für die Zukunft vermutlich auch nicht.


    Sellars wirkt ziemlich zwielichtig, finde ich, und was seine Absichten bei den Treffen mit Christabel sind, wird überhaupt nicht klar. Interessant ist, dass er Christabel die Geschichte von "Jack and the Beanstalk" erzählt (Wie ist der Titel ins Deutsche übersetzt?) - hmmm, das erinnert doch an etwas. Und gelbe Augen hat er auch - bisher sind das die einzigen Hinweise, dass es doch irgendwelche Verbindungen zwischen den so unterschiedlichen Handlungssträngen gibt.


    Ich freu mich, dass wir zusammen lesen können. Vielleicht fällt es mir so leichter, tatsächlich bis Band 4 durchzuhalten. :winken:


    Es wird wirklich Zeit, dass ich den Werther mal lese, statt immer nur verblüfft davon zu lesen, wo überall Anspielungen auftauchen. :rollen:


    Über das beste Werther-Alter bist du zwar hinaus :breitgrins:, aber trotzdem solltest du's irgendwann nachholen. :zwinker:


    Ich hab's jetzt auch zerbissen und fand bis zum Schluss, dass es sich angenehm unanstrengend und unterhaltend liest. Und um mal was ansatzweise Kritisches zu sagen: Auch inhaltlich ist es eher leichte Kost geblieben, finde ich. Da gibt es einige interessante Wendungen, mehrere Erkenntnisse und Wahrheiten, die im Laufe der Zeit so ausgesprochen werden, aber ganz, ganz wenig, woran ich mich in vier Wochen noch erinnern werde, und nichts, was einen wirklich bleibenden Eindruck hinterlassen hat (so wie bei Hustvedt, die ich bis heute nicht wieder losgeworden bin).


    Maureen und ihre Situation entwickeln sich in diesem Teil gewaltig, was natürlich auch mit ihren bescheidenen Ansprüchen zusammenhängt, die für meinen Geschmack etwas zu oft etwas zu sehr betont werden. Ganz stark zum Beispiel ihr Gespräch mit Jess' Mutter, das ja tatsächlich einiges leichter zu machen scheint für Jess. Deren Idee der Zusammenkunft aller Beteiligten ist auch ganz schön schräg und ein witziger Einfall (nicht nur von Jess, auch von Hornby). Überhaupt finde ich, dass die Frauen die deutlich interessanteren Figuren sind, vielleicht allerdings auch ein bisschen zu klischeehaft extrem gezeichnet. Auch JJs Perspektivwechsel ist gewaltig, allerdings nicht sehr realistisch. Mit sowas kämpfen die meisten Leute vermutlich Jahrzehnte lang. :zwinker: Einzig Martin bleibt ein Idiot und Unsympath bis zum Ende, das ja eigentlich gar keins ist. Und irgendwie ist es ja auch schön, dass er trotz all seiner Verkorkstheit ganz selbstverständlich dazugehört.


    Auch die Schlussmetapher mit dem Millenium Wheel mag ich gerne und finde, dass sie wunderbar zum Roman passt: leicht verständlich, ein bisschen poetisch und resignativ-hoffnungsvoll.


    Übrigens war dieses (vielleicht zusamen mit 'About a Boy", aber da ist das Lesen schon ganz lange her) das Buch von Hornby, das mir bisher am besten gefallen hat. In den anderen (vor allem "Fever Pitch" und "High Fidelity") sind mir die männlichen Hauptfiguren, denen man sehr viel weniger gut entrinnen konnte als JJ und Martin, furchtbar auf den Wecker gefallen.


    Es hat Spaß gemacht mit euch zu lesen. :smile: Wenn du mich nicht angeschubst hättest, Breña, würde das Buch wahrscheinlich in zehn Jahren noch meinen SUB zieren. Hoffentlich klappts bald mal wieder! :winken:

    Hallo ihr Lieben,


    nur eine kurze Meldung: Ich bin weiterhin wild entschlossen mitzulesen, muss aber noch ein paar Altlasten abbauen, bevor ich richtig einsteige. Kann also noch ein paar Tage dauern. Zum Glück sind die Zeiträume ja großzügig gesetzt. :winken:

    Hallo ihr! :winken:


    Jetzt habe ich den zweiten Teil auch durch (was für ein schreckliches Ende; bei allem Leichten und Schnodderigen wohl auch eine Erinnerung, dass es hier um endgültige Dinge geht) und finde die Mischung der Charaktere, die uns hier geboten wird, weiterhin ziemlich interessant.


    Was Martin betrifft, kann ich euch nur zustimmen. In seinem Selbstmitleid und elitärem Gehabe wird er immer unerträglicher. Scheint wirklich ein hoffnungsloser Fall zu sein.


    JJ ist deutlich sympathischer, hat aber ähnliche Probleme, Selbstbild und Wirklichkeit übereinander zu bringen. Als unverstandenes Genie hat er ziemlich deutliche Werther-Züge, und ich vermute, dass Hornby hier auch wirklich bewusst Parallelen gezogen hat, vor allem dort, wo JJ von seiner "Krankheit zum Tode" redet.


    Maureen ist diejenige, die sich innerlich am meisten verändert, ihr bisheriges Leben am stärksten in Frage stellt. Bei aller Naivität ist sie wahrscheinlich diejenige, die am ehrlichsten auch sich selbst gegenüber ist.


    Jess' Familiensituation ist in der Tat komplexer, als man am Anfang der Geschichte annehmen konnte. Schrecklich dieser Vater voller Ideale, guter Absichten und schlechten Gewissens. Und kein Wunder, dass Jess diejenige ist, der die "Ersatzfamilie" am wichtigsten zu sein scheint. Ganz häufig ist sie es, die die Fäden in der Hand hält und es gerade dadurch, dass sie sich weniger um Konventionen schert als die anderen, schafft, die Verbindung zwischen ihnen zu halten.


    Im Zusammenhang mit Jess ist mir übrigens ein Abschnitt zu der anfangs angesprochenen Erzählsituation aufgefallen (S. 108 in der englischen Ausgabe):

    Zitat

    Oh, and one more thing - especially if you're reading this in the future, when everyone's forgotten about us and how things turned out for us: don't sit around hoping for her to pop up later on, to rescue me. She doesn't come back, OK? ... It's not that sort of story.

    Die Figuren selbst erzählen also nicht nur ihre Geschichte, sondern schreiben ihren eigenen Roman. - Ich hätte gerne etwas "Runderes" gehabt, aber gut - das Lesevergnügen stört es nicht nachhaltig. :zwinker:


    A propos Lesevergnügen: Sehr interessant fand ich die Überlegungen von Jess und JJ nach der gescheiterten Lesegruppe. Beide zeigen aus unterschiedlichen Perspektien, wie das Lesen auf Nichtleser wirken kann: beängstigend, weil es da eine ganze Welt gibt, an der sie keinen Anteil haben und von der sie sich ausgeschlossen fühlen.


    Liebe Grüße von der weiterhin hinterherhechelnden Leserin! :breitgrins:

    Hallo, Ihr Lieben!


    momentan bin ich wohl am schneckigsten hier - sorry. :redface: In den letzten Tagen hatte ich Computerumbau; das war ein ziemlicher Zeit- und Gelassenheitsfresser. Dafür hab ich jetzt aber das Gefühl, ich sitze an einem Porsche. :zwinker:


    Ich bin inzwischen immerhin auch am Ende von Teil 1 gelandet und habe so viel Neues gar nicht zu berichten. Im wirklichen Leben hätte ich wohl mit allen vieren so meine Probleme, aber hier ist die Mischung der 'Musketiere' und die Tatsache, dass es eine so völlig unwahrscheinliche Mischung ist, nicht nur sehr unterhaltsam, sondern auch irgendwie rührend.


    Ich gehe davon aus, dass sich die vier jetzt regelmäßig sehen werden. Der Valentinstag war ja nur als Datum benannt, vor dem ehrenhalber keiner einen neuen Selbstmordversuch unternehmen sollte. Vermutlich werden wir dann ja auch noch einige Hintergründe erfahren. Das, was du über Jess sagst, Doris, klingt ja interessant. Bei ihr habe ich immer gleichzeitig ganz viel Mitleid und bin schrecklich genervt. Warum ist es bloß so, dass (fast) alle Teenies denken, sie seien der Nabel der Welt? :rollen:


    Ich versuche gleich noch etwas weiter zu lesen. :winken:

    Hallo, ihr Lieben,


    und danke für den Thread, Saltanah! :klatschen:


    "A Long Way Down" ist ja wirklich die ultimative Silvesterlektüre (wenn auch nicht unbedingt für Silvesterliebhaber :breitgrins:). Inzwischen bin ich ganz gemächlich bis Seite 50 der englischen Ausgabe gediehen:


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    Wie ich das von Hornby erwartet habe, liest es sich leicht und unanstrengend, im lockeren Plauderton. Trotzdem und bei aller Lockerheit wird hier immerhin das Tabuthema Suizid in den Mittelpunkt gestellt, und bei aller Schnodderigkeit der erzählenden Charaktere hatte ich den Eindruck, dass es hier - unter der Oberfläche - vielleicht ernster genommen wird als in vielen anderen Romanen, die sich damit beschäftigen.


    Die Erzählsituation, vier Charaktere, die aus sehr unterschiedlichen Perspektiven über ihre sehr unterschiedlichen Schicksale und über die Reaktionen auf die Schicksale der anderen berichten, finde ich interessant, und es gelingt Hornby auch tatsächlich, sehr unterschiedliche "Tonarten" zu finden. JJ ist, soweit ich Hornby kenne, sicher der typischste Charakter für ihn, irgendwie ein Peter-Pan-Typ, der mir aber am stärksten die Autor-Perspektive zu übernehmen scheint. Martin - na ja, die erste Reaktion auf ihn ist natürlich: selbst schuld (aber immerhin kapiert er, was schief gelaufen ist). Jess hat das Pech in einem echten Mistalter zu sein, aber das anfängliche Mitleid und die Kenn-ich-Haltung gewöhnt sie ihrem geneigten Leser ja schnell ab :zwinker:. Maureen ist sicher der "ernsteste" Fall, sehr anrührend geschildert, finde ich. Ob hier Hornbys eigene Erfahrungen mit seinem autistischen Sohn einfließen?


    Trotz der sehr unterhaltsamen und interessanten Komposition merke ich übrigens zwischendurch immer wieder, dass ich etwas irritiert bin von der Erzählsituation. Wem erzählen die vier eigentlich wann und warum ihre Geschichte? Manchmal scheint es ja klar zu werden, dass das tatsächlich wir, die Leser des Romans, sind (z. B. wenn Jess sich über die "alten Säcke" auslässt), aber irgendwie finde ich das unbefriedigend unfiktional.

    Unter Vorbehalt meld ich mich auch mal an. Die ersten Bände kenne ich zwar, erinnere mich aber an vieles nicht mehr und würde gerne noch einmal ganz von vorne anfangen, bevor ich den Rest lese. Ich hoffe, es klappt zeitlich. :winken:

    Hallo, ihr Lieben!


    Ich bin jetzt durch, und auch wenn ich das Buch durchgehend gut fand, bin ich gar nicht böse drum, denn es war wirklich anstrengend und ich hatte immer wieder das Gefühl, dass es auch irgendwie Kräfte (nicht nur Lesekräfte) bindet.


    Interessant fand ich Leos Reflexionen über Wahrnehmung zu Beginn des dritten Teils. Er denkt darüber nach, wie der Betrachter selbst aus dem Bild verschwindet - und das ist ja auch auf die Erzählsituation übertragbar. Als er in einem der Hotels vergeblich auf Mark wartet, redet er sogar in der dritten Person von sich, spaltet sich sozusagen in Beobachter und Beobachteten. An dieser Stelle hat das auf mich berührend gewirkt, weil hier die Distanz und Reflexion Leos einzige Möglichkeit sind, sich vor der Verzweiflung zu schützen.


    Leo gibt die reine Beobachterrolle in diesem Teil auf. Um Violet kümmert er sich nach Bills Tod zunächst essenstechnisch, dann auch, indem er ihre Sorgen um Mark teilt. Leo wird auf fast schon absurde Weise („quixotic“ ist das Wort, das meine Ausgabe benutzt) aktiv, weil er das Gefühl hat, etwas wiedergutmachen zu müssen. Die Jagd von einem Hotel ins andere hat einige Krimielemente und wirkt sehr herausgehoben aus den anderen, reflektierenden Passagen.


    Nicht nur in der Beziehung zwischen Leo und Violet scheint Bill, zumindest für eine lange Zeit, immer noch anwesend zu sein. „He meant the world to me“, sagt Leo und macht damit Bills Bedeutung für sich klar. Dass er sich in gewisser Weise mit ihm identifiziert, wird an einigen Stellen deutlich: Als er Giles wegen des Kunstwerks zur Rede stellt und plötzlich im Plural („wir“) redet, als Mark im Krankenhaus ist und Leo die Interaktionen seiner beiden Mütter beobachtet, auch seine Auseinandersetzung mit Bills Werk, die noch einmal zeigt, wie hellsichtig Bill zumindest in seiner Kunst war.



    Auf die Schnelle finde ich die entsprechende Stelle leider nicht, ich sehe aber in Ruhe nochmal nach, falls dich das noch interessiert.


    Das wäre prima, weil ich die Theorie nach wie vor ziemlich wichtig finde, nicht nur für die Beziehung zwischen Leo und Bill, sondern auch für viele andere Beziehungen; sogar von Giles behauptet Lazlo, er sei auf Bill fixiert.


    Der Focus liegt zunächst auch weiterhin auf Teddy Giles und auf Mark, dessen Persönlichkeit die "Künstlernaturen" intuitiv viel besser zu erfassen scheinen als die meisten anderen: Dans Gedicht über Mark, Bills "Wechselbalg", Matts "Ghosty boy" mit dem Taschenmesser.


    Was Giles zusätzlich zu seinen Perversitäten zu einer durch und durch unangenehmen Figur macht, ist sein wenig subtiler Blick auf die Gesellschaft: Er behauptet, dass heute alles, von den Nachrichten bis zur Kunst, wie Shopping für die kurze Aufmerksamkeitsspanne behandelt werde - und das Schlimmste ist, dass er womöglich gar nicht so unrecht hat.


    Das Spiel, das Mark und Giles mit Leo treiben, ist gruselig. Die Verkleidungen, das Jonglieren mit Fakten, die inszenierte Verfolgungsjagd - in jeder Hinsicht verschwimmen hier fast alptraumartig die Grenzen zwischen Realität und Fiktion, vielleicht sogar für die beiden selbst.


    Der Fund des Taschenmessers zeigt deutlich, dass die Persönlichkeitsstrukturen und Handlungsmuster, die bei Mark so beängstigend sind, auch schon vor Matts Tod existiert haben. Das Sterben seiner Haustiere, das im Nachhinein eine ganz andere Bedeutung bekommt, zeigt, dass er schon früh auch mit Gewalt „gespielt“ hat. Das Gemälde, das Giles für eines seiner Werke benutzt und das Mark in direkten Zusammenhang mit einem Mord setzt, wirkt beklemmend und unheilverkündend, auch wenn Giles selbst die Ansicht verficht, dass Kunstwerke keine Aussage haben. Und der Mord an ‚Me’ (über die vielen zusätzlichen Bedeutungen dieses Namens könnte man auch eine Menge spekulieren) ist tatsächlich geschehen, ohne dass Mark in seiner Beziehung zu Giles Konsequenzen daraus gezogen hätte.


    Mark scheint keine „Substanz“ zu haben, ist so, wie es von ihm erwartet wird, aber nur äußerlich und ohne emotionale Beteiligung. Viele Parallelen mit Lucille werden deutlich, die ebenso manipulativ ist wie Mark, ohne Wahrnehmung der Gefühle anderer und ohne eigene tiefere Gefühle zu sein scheint. Wie Cuddles schon schreibt, nennt der Roman ASP (antisocial personality - wie genau dieser Begriff auch immer definiert sein mag) als eine Bezeichnung für Marks Persönlichkeitsstörung, und in diese Richtung gehen auch die wissenschaftlichen Werke, die Hustvedt im Anhang nennt. Violets neues Werk beschäftigt sich unter anderem auch hiermit, also wieder mit einer zeittypischen Krankheit. Auf ihre Weise tut sie das gleiche wie Bill: Sie versucht in ihrer Arbeit sich selbst und ihrem Leben auf die Spur zu kommen.


    Violet meint auch, den „Wendepunkt“ in Marks Entwicklung ausgemacht zu haben, als er aufgrund seines schwierigen Verhaltens als Sechsjähriger zwischen seinen Eltern hin- und hergeschickt wird. „Was war das, was ich liebte?“, fragt sie sich jetzt, wo sie sie Hass und Angst Mark gegenüber fühlt, und muss sich eingestehen, dass auch sie seine „falsche“ Außenseite geliebt hat.


    Diese Frage, „Was ist das, was ich liebte?“, die ja auch der Titel aufnimmt, rückt hier noch einmal ins Zentrum, nicht nur in Violets Liebe zu Mark, sondern auch in ihrer Liebe zu Bill, an dem sie immer etwas Unerreichbares gespürt hat, das sie aber gerade an ihn gebunden hat, in Leos Liebe zu Violet, zu Bill, zu Matt und zu Mark. Dass diese Liebe immer erst in der Vergangenheitsform Klarheit zu erlangen scheint, macht einen großen Teil der Melancholie dieses Romans aus.


    Der Erzähler Leo wirkt zum Schluss abgeklärt, resigniert, die Erinnerungen scheinen den größten Schmerz verloren zu haben. Mich hat die Atmosphäre unheimlich an die in Viscontis „Gewalt und Leidenschaft“ mit Burt Lancaster erinnert: Das Leben ist zwar über den alten Mann hereingebrochen, aber dann weitergezogen, und alles ist genauso still wie vorher ... - Wenn ich’s mir recht überlege, gibt es da sogar noch eine Menge mehr Parallelen. Ich glaube, den Film muss ich demnächst nochmal sehen.


    Vielen Dank an euch für die interessante Leserunde, die mich dazu gebracht hat, sehr viel genauer hinzusehen, als es trotz des tollen Buches wahrscheinlich sonst der Fall gewesen wäre! :winken:

    Huhu Mitleserinnen!


    Ich bin jetzt am Ende von Teil 2 gelandet, und das Buch beschäftigt mich sehr, selbst wenn ich es notgedrungen häufiger weglegen muss.


    Hier wird deutlich, wie sehr Bill an Matt hing und wie sehr er sich dessen Eigenschaften für seinen eigenen Sohn wünscht. - Das ist schon eine (für beide Seiten) reichlich bittere Vorstellung, in diesem Fall aber auch durchaus verständlich.


    Leos Schublade finde ich immer seltsamer und bedrückender. Das stundenlange Herumrücken der 'Reliquien', die er da aufbewahrt, zeigt immer deutlicher seine Distanz und seine Unfähigkeit. am Leben teilzunehmen. Auch als Mark und andere finstere Gestalten mit Teenie vor der Tür stehen, die sichtlich nicht mehr fähig ist, allein auf sich aufzupassen, bringt es Leo nicht über sich, mehr als eine höflich-formale Frage an sie loszuwerden, bevor er sie gehen lässt.


    Teddy Giles und sein 'Werk' wirken unglaublich abstoßend und angsteinflößend. Natürlich ist der böse Hassebrog Teddys Mentor (da wird's ein wenig klischeehaft). Leo erklärt, dass eher die Perspektive des Betrachters bestimme, was Kunst sei, nicht so sehr die Aussage der Werke, und ein paar Seiten später scheint es, als gelte diese Regel auch für die Einschätzung von Menschen: Leo dreht so lange an seiner Sicht von Mark, bis alles stimmt - und er wieder einmal aller Verantwortung und Aktivität enthoben ist.


    Mark ist mindestens so unheimlich wie Teddy, vielleicht durch sein täuschend offenes und sympathisches Auftreten sogar noch mehr: seine Lügen, der unverständliche Biss, die Bankkarte. Er scheint keine Bindungen und Verpflichtungen zu empfinden und unfähig zu sein, sich in die Lage anderer zu versetzen. Dass der finanzielle Verlust Leo zum ersten Mal aus seiner Starre weckt, hat ihn mir nicht unbedingt näher gebracht. Immerhin gelingt es ihm, Mark zu einem Geständnis, wenn auch nicht zur Einsicht zu bewegen. - "What is he?", fragt sich Leo - als rede er von einem Alien - und genau dieses Gefühl bekommt man immer mehr bezüglich Mark.


    Noch ein Satz, den ich bezeichnend für den Roman fand: "There is nothing ordinary in the world." - "Es gibt nichts Gewöhnliches/Normales auf der Welt." Das ist es wahrscheinlich, was den Roman bei allem Sog, den er entwickelt, so anstrengend macht: Selbst die (scheinbar) kleinste Banalität kann - je nach Betrachtungsweise - unglaublich mit Bedeutung aufgeladen sein.


    Mark ist durch alle Versuche Bills und Violets, die richtiggehend um ihn kämpft, nicht dauerhaft in 'normale' Bahnen zu lenken. Was er und Giles auf ihren nächtlichen Streifzügen so tun, versuche ich mir lieber nicht vorzustellen. Im Gespräch über seine Vergehen, wirkt er manchmal wie eine gespaltene Persönlichkeit auf Leo. Mich würde interessieren, ob sein Verhalten, wie es hier dargestellt wird, irgendeinem bekannten Krankheitsbild entspricht.


    Bills "Hundertundeine Tür" hat mich deutlich weniger angesprochen als die Beschreibungen der vorangegangenen Werkreihen. Hier aber, in der Krise mit Mark, ist es wieder erstaunlich, wie er alles in Kunst verwandelt, was ihn bewegt, anscheinend ohne die Realität zu vernachlässigen. Vermutlich fühlt sich Bill mitschuldig am Zustand seines Sohnes, da seiner Meinung nach die Trennung Mark in ganz besonderem Maße mitgenommen hat.


    Bills Tod kam für mich unvorbereiteter als Matts (der war durch die ausführliche Abschiedsszene in Teil 1 irgendwie schon vorbereitet), nicht so lähmend und alptraumartig, aber fast noch trauriger. Violet ist nach und nach zu einer immer stärkeren Figur geworden, finde ich, und verhält sich auch hier bewundernswert: Ihr gelingt es, ihren Schmerz zu leben, und den Anforderungen des 'weiterlaufenden' Lebens trotzdem gerecht zu werden.

    Ich habe gestern Abend noch ein wenig weitergelesen und ebenfalls bei Seite 239 (wie bei bane77 zitiert) Schluss gemacht.


    Matts Tod, wohl das schlimmste Ereignis, das man sich als Elternteil vorstellen kann, wird ganz undramatisch und fast banal beschrieben, wirkt aber gerade darum unglaublich eindringlich. Ich habe mich mit Leo gelähmt gefühlt, und die schwere Atmosphäre, die von Anfang an zu spüren war, hat nun eine Ursache.



    Ich finde es toll wie sich Bill und Violet um die beiden kümmern. Solche Freunde kann man sich nur wünschen.


    Das fand ich auch. Und wie eng die beiden Familien in allem, was geschieht, miteinander verflochten sind, wird auch daran deutlich, wie alle an der Auswahl des Feriencamps und damit an der entscheidenden Schicksalswende mitgewirkt haben.


    Leo gewinnt jetzt erstmals mehr Profil. Seine Unfähigkeit zu trauern und schließlich der Zusammenbruch vor dem Gemälde mit dem Glas Wasser, auch die veränderte Beziehung zu Erica und die vorläufige (?) Trennung sind sehr glaubwürdig beschrieben.


    Mark rückt jetzt mehr ins Zentrum. Die Feier zu seinem dreizehnten Geburtstag schien mir ja nicht wirklich angemessen für das Alter. Da mag Bill seine eigenen Bedürfnisse mit denen seines Sohnes verwechselt haben.


    Leos Schublade hat mir einiges zu denken gegeben. Dass er Erinnerungsstücke an Mark verwahrt, ist nur zu verständlich, dass er dasselbe mit Erica tut, sobald sie durch die Tür ist, irgendwie noch nachvollziehbar, aber bei der angekohlten Doughnut-Box hätte ich ihn am liebsten geschüttelt. Er entzieht sich einfach der Verantwortung, etwas zu tun, ist vollkommen passiv, ist immer nur Beobachter seiner selbst und seiner Umgebung, und schon mitten im Geschehen scheint für ihn alles in Vergangenheit verwandelt zu sein. Matts Tod mag hierfür der Auslöser gewesen sein, aber Leo macht keinerlei Anstrengungen, den Lebenden noch irgendwie gerecht zu werden. Auch dass er Mark Matts Zimmer anbietet, ist nur eine Art Verbindung mit der Vergangenheit für ihn; es entwickelt sich keine echte Beziehung, und der Junge macht, was er will. Gegen Ende dieser Passage wird deutlich, wie sehr er die 3 'Elternparteien' gegeneinander ausspielt, ohne dass ihm jemand Einhalt gebietet. Einzig Violet scheint (nicht nur) in dieser Hinsicht ziemlich hellsichtig zu sein, hat aber wenig Möglichkeiten einzugreifen.


    Leos Beziehung zu Bill wird auch immer seltsamer und undurchsichtiger für mich. Seine erotischen Fantasien gelten Violet - aber immer in Dreierkonstellationen - und in diesen Zusammenhang wird dann auch der von bane zitierte letzte Satz des Abschnitts gestellt.


    :winken:

    Hallo, ihr Lieben,


    na, habt ihr in den letzten Tagen ein bisschen Sonne mit Buch genießen können? Ich komme leider nicht so viel zum Lesen wie ich gerne würde, aber bin jetzt immerhin am Ende von Teil 1 gelandet.


    Gleich am Anfang eine Frage: Violet entwickelt da eine Theorie, mit der sie die seltsame Begegnung mit Monsieur Renasse und auch die Beziehung zwischen sich, Mark und Lucille erklärt. Im Englischen heißt der Schlüsselbegriff ganz simpel 'mixing'. Was sagt die deutsche Übersetzung? Ich selbst fände 'Verschmelzung' am passendsten, bin aber nicht ganz sicher.


    Leos Seitensprung mit Lucille wirkt irgendwie seltsam und untypisch für ihn. Er scheint also auch seine geheimnisvollen, dunklen Seiten zu haben, die aber weniger im Zusammenhang stehen als bei den anderen Charakteren - vermutlich, weil er sich selbst weniger leicht reflektieren kann. Natürlich wirkt das Ganze (oder wird von Leo so dargestellt?) wie eine Manipulation Lucilles, und Leo vermutet, dass das, was sie von ihm wollte, mit Bill zusammenhängt. Das deutet auf ein 'mixing' von Leo und Bill hin, oder?


    An der Stelle, als Leo über den Kuss nachdenkt, den er Erica gibt, nachdem er Jack und Sarah in flagranti erwischt hat, und über die Vorgeschichte dieses Kusses, dachte ich nur: Na, hoffentlich sind die wesentlichen Menschen in meinem Leben etwas weniger komplex und kompliziert. :zwinker: Klar: Es ist eine Reflexion aus längerer zeitlicher Distanz, aber auch 'spontan' schöne Erinnerungen kann man so rationalisieren und sich von ihnen distanzieren.


    Leo 'mixt' auch die Kunst/Arbeit der anderen in seine eigene und hat (auch hier) Schwierigkeiten, sich abzugrenzen.


    Interessant fand ich, was er über Bills Erinnerungen sagt:

    Zitat

    Bill talked about that period in his life with increasing gloom, as if in hindsight it had grown darker and more painful than when he was actually living it. Like everyone, Bill rewrote his life. The recollections of an older man are different from those of a young man.

    Das kann man auch als Warnung des Erzählers lesen, seinen Standpunkt ohne weiteres zu übernehmen ...

    Jetzt bin ich auf S. 90 der englischen bzw. S. 114 der deutschen Ausgabe gelandet (danke für die Sätze :bussi:). Nach wie vor gefällt mir das Buch richtig gut. Breña, deiner Zartbitter-Schokoladen-Beschreibung kann ich mich absolut anschließen. :smile:


    Die Charaktere sind klasse dargestellt, auch wenn Erica und Leo selbst bisher etwas blass bleiben. Violet finde ich besonders interessant - genauso wie ihre Studien über Hysterie und später über Essstörungen. Die Art, wie sie Bill durch ihre Briefe zurückgewinnt, wirkt berechnend, macht sie seltsamerweise aber nicht unsympathisch. Vermutlich liegt das auch an Leo als Erzähler, der viel beobachtet und erklärt, aber wenig wertet.



    Die Beschreibung der Arbeiten Bills ist so genial. Ich durchwandere die Installationen wie Leo. Man sieht alles wirklich vor seinem inneren Auge!


    Das ging mir auch so, und das, obwohl ich in Sachen bildender Kunst so ein Banause bin. Wie im Leben der Figuren ist auch in Bills Kunstwerken alles eindrucks-, geheimnis- und bedeutungsvoll. Ich habe die ganze Zeit versucht herauszufinden, woher diese 'schwere' Atmospäre kommt. Vielleicht liegt es daran, dass die Charaktere alle irgendwie gefährdet zu sein scheinen. Wie gesagt: Bei Erica und Leo ist es mir noch nicht so deutlich, aber Lucille wirkt übermäßig angestrengt und unwirklich, Violet hat durchaus auch ein ganz persönliches Interesse an den Themen, an denen sie arbeitet, und Bill "arbeitet, um zu leben", um nicht zu enden wie Dan. Matt macht ganz sicher eine schwierige Kindheit durch, auch wenn wir bisher nicht allzuviel über ihn wissen, und Mark wirkt keinesfalls wie ein 'normales' Kind: in vielen Bereichen entwickelt er sich extrem langsam, in anderen ist er übersensibel, hat ganz erstaunliche intuitive Einsichten in die menschliche Psyche und produziert bereits erstaunliche Kunstwerke (das hätte man ja eigentlich eher von Bills Sohn erwartet, andererseits reflektiert es natürlich Leos Wahrnehmungsvermögen). Ob die Wahl der Namen - Matt und Mark - eine weitere Bedeutung hat? Mir sind spontan die Evangelisten eingefallen, aber das ist wahrscheinlich zu weit hergeholt? Dass Hustvedt grundsätzlich auch hierfür sensibel ist, zeigt allerdings die Reflexion über 'Blom' und 'Wechsler'.


    Als ganz zentral kristallisiert sich immer mehr das Vater-Thema heraus. Seien es Matt und Mark in ihrer Beziehung zu ihren Vätern, Bill und Syd, Hänsel und Gretel ...

    Hallo Ihr! :winken:


    Ich freue mich, dass ich endlich wieder mal Zeit für eine Leserunde finde, und bisher habe ich auch das Gefühl, dass wir da ein ziemlich gutes Buch erwischt haben.



    Anscheinend hat das Buch keine Kapitel, sondern besteht nur aus drei Teilen, die in viele Absätze unterteilt sind. Können wir das so machen, das jeder am Anfang seines Beitrags schreibt, bis zu welcher Seite man gelesen hat? Dann weiß jede von uns, welche Beiträge sie schon lesen kann und welche nicht. Spoiler setze ich nicht so gerne, wenn es sich vermeiden lässt. Die Ausgaben, die Seychella angegeben hat, haben beide 480 Seiten, also nehme ich mal an, dass sie sich nur durch das Cover unterscheiden.


    Ich lese eine englische Taschenbuchausgabe (die es bei amazon anscheinend nicht gibt, daher kein Link) mit 391 Seiten, und bin jetzt auf S. 50 gelandet. Falls ihr nach Seiten einteilen wollt, wäre es toll, wenn ihr die jeweiligen Anfangs- oder Endsätze zitieren könnt, dann habe ich einen Anhaltspunkt. Solange versuche ich meine Anmerkungen mal allgemein zu halten, um nicht zu spoilern.



    Die Geschichte wird aus der Sicht von Leo erzählt, was ich sehr interessant finde. Ich glaube, bisher ist mir noch kein Buch untergekommen, in der eine Autorin aus der Sicht eines männlichen Hauptprotagonisten erzählt


    Ja, das fand ich auch interessant, genauso wie das Alter des Erzählers: Er müsste ja zu diesem Zeitpunkt schon um die siebzig sein. Hustvedt war, als das Buch erschien, noch nicht einmal fünfzig; überzeugend aus der Perspektive eines so viel Älteren zu schreiben, stelle ich mir auch nicht ganz einfach vor.


    Was mir schon auf den ersten Seiten ganz besonders aufgefallen ist, ist die Stimmung, die Atmosphäre - ich weiß nicht so genau, wie ich's nennen soll. Alles wirkt irgendwie 'schwer' und bedeutsam. Der Erzähler ist ein Mensch, der sehr viel an anderen wahrnimmt, der die Menschen, die er trifft, sehr detailliert beschreibt und ihr Verhalten auch deutet. Von sich selbst allerdings scheint er (bisher) sehr wenig preiszugeben.


    Ich bin schon gespannt aufs Weiterlesen und eure Kommentare. :smile: