Beiträge von Dietrich

    Hallo Kathrin,


    ich gebe zu, die Rezi ist vielleicht etwas abschreckend. Den Absatz über die formalen Systeme hätte ich vielleicht doch weglassen sollen, aber dieses Thema geht immerhin über ein Drittel des Buchs - deshalb habe ich es etwas ausführlicher gebracht. Sprachlich ist das Buch eigentlich nicht schwer, allerdings muss man sich für die Kapitel über "formale Systeme" viel merken, da da einige Symbole definiert werden, z.B.: ein Symbol für "es gibt eine Zahl, die" usw. Die Formeln selbst sind leicht (abgesehen von dem einen Kapitel, in dem Gödels Aussage G konstruiert wird), man muss allerdings schon mitdenken, um das alles zu verstehen.


    Du kannst aber auch Teile, die dich überhaupt nicht interessieren, überblättern (vielleicht mit Ausnahme der formalen Systeme). Ich habe z.B. die beiden Kapitel über das Gehirn nur überflogen. Sehr interessant fand ich dagegen Douglas Überlegungen zur Genetik. Lies am besten zunächst nur die Einleitung. Da steht schon eine Menge über das drin, was im Buch folgt und wie es aufgebaut ist.


    Ich fand das Buch absolut faszinierend - abgesehen von den Kapiteln über das Gehirn. Das ist aber nur ein kleines Manko. Deshalb gibt's von mir knappe


    5ratten

    Zitat von "Saltanah"

    Renie denkt über Komplexitätstheorie nach. Ihr zufolge kann es bei zunehmender Komplexität eines Systems zu einem Sprung in einen neuen Zustand (oder so ähnlich) kommen


    Das stimmt! Ein einfaches Beispiel: Das Leben selbst! Wir wissen zwar, dass wir alle letztendlich nur aus Elementarteilchen wie Atomen, Elektronen, Quarks oder noch kleineren Teilchen wie Strings bestehen, aber wie sich diese Teilchen zu Molekülen, Einzellern, Tieren und Menschen zusammenfinden und warum ein Lebewesen überhaupt "funktionieren" kann, obwohl es doch "nur" aus primitiven Teilchen besteht, wissen wir nicht. Es sieht so aus, als ob sich Teilchen zu immer größeren Verbünden zusammenschließen können und ab einer bestimmten Komplexität so ein Verband plötzlich zu "leben" beginnt und sich der Teilchen aus denen es besteht, auch gar nicht mehr bewusst ist. Diese Überlegungen kann man auch analog in die Computertechnik übertragen (z.B. Künstliche Intelligenz).


    Allerdings hat das wenig mit der Komplexitätstheorie aus der theoretischen Informatik zu tun. Da geht's nämlich darum, ein Problem mit Hilfe eines möglichst schnell arbeitetenden Berechnungsverfahrens (Algorithmus, Computerprogramm) zu lösen. :rollen:


    Es gibt ein tolles populärwissenschaftliches allerdings nicht ganz leichtes Buch, das sich unter anderem mit diesen Themen anhand von vielen Beispielen beschäftigt: Gödel, Escher, Bach von Douglas Hofstadter. Hier meine Rezi dazu.

    Kapitel 3: Sehr verwirrend. Ich hatte eigentlich gehofft, mehr über den Anderen zu erfahren.
    Kapitel 4: Hmm, wenn ein Fadenspiel reicht, ein G. zu öffnen, ist womöglich gar nichts besonderes am Feuerzeug dran; es dient wohl nur als Medium.
    Kapitel 5: Ramsey in Mittland. Der Arme, so richtig mithalten kann er als Erwachsener da nicht.
    Kapitel 6: Wer ist diese Lichterscheinung? Die Böse Bande? Es sieht ganz so aus, als würden in diesem Buch Ilias und Odyssee eine größere Rolle spielen, so wie Alice im 1. Band und Oz im 2. Band. Immerhin scheint Paul allmählich die Regeln in Otherland zu begreifen. Hoffentlich wird er im weiteren nicht immer nur ständig rumgeschubst.
    Kapitel 7: K-Zyklus, Apep-Sequenz, Nacht der Scherben??? Immer mehr Puzzleteile. Hoffentlich gibt's noch in diesem Band ein paar mehr Infos. Ich warte immer noch auf die Erklärung von "Sangreal" aus dem 1. Buch...


    @Über den Wolken: Martine war eine Freundin von Susan, glaube ich. Del Ray sollte Renie nur Infos über Mr. J's und Tree House oder so verschaffen.


    "Der Eine, der Anders ist und dies alles träumt" ist ja nun schon häufiger aufgetaucht. Meine (noch dünne) Spekulation dazu sieht derzeit so aus:


    Der Andere ist das Sicherheitsprogramm von Otherland, hat sich allerdings mit Hilfe der GB unter Kontrolle von Osiris (oder gar selber) weiterentwickelt. Jeder der nach Otherland kommt, muss den Anderen "passieren". Das waren bisher Renies Truppe, die Austernhauskinder (aus dem Alice-Szenario in Band 1) und die Kinder in der "Höhle der Verlorenen" (aus Band 2). Alle haben den Übertritt nach Otherland als Schwärze kennengelernt - die Kinder als "Schwarzen Ozean". Osiris hat den Anderen beauftragt, Kinder aus dem Netz nach Otherland zu locken, wodurch sie im RL das Tandagoresyndrom bekommen. Der Kreis hat als Gegenmaßnahme die Kindersendung "Onkel Jingle" unterwandert und alle daran teilnehmenden Kinder konditioniert, damit sie gegen den Anderen immun sind (mittels Strahlen o.ä.). Eine Nebenwirkung ist allerdings, dass die Onkel Jingle-Darsteller wie Olga Pirofsky davon Kopfschmerzen bekommen. Gleichzeitig "übernimmt" der Andere nach und nach Otherland, um es für das Gralsprojekt vorzubereiten, so dass er schließlich ganz Otherland "träumen" wird - oder der Andere (the Other) ist gar Otherland selbst. Fragt sich nur, wie weit die GB den Anderen noch kontrollieren kann, denn schließlich scheint sich auch Nemesis - jetzt in Form von Nemesis.2 - nach und nach selbstständig zu machen.
    Ob hinter dem Anderen eine Person steckt, ist mir völlig unklar. Es könnte sich vielleicht um den Programmierer des Sicherheitssystems handeln - oder um die "böse" Hälfte von Paul, an die er sich nicht mehr erinnern kann. Der Andere könnte in dem einzelnen Tank neben dem von Jongleur in dessen Turm bei New Orleans stecken ...

    Danke, Saltanah - das war echt ein dicker Brocken. So lange habe ich noch nie für ein Buch gebraucht.
    Entschuldigt, dass ich hier für die zweite Hälfte keine Postings mehr abgegeben habe, aber ich wollte mich nicht ständig wiederholen und über den zweiten Teil meckern.

    Dieser Schluss war mir zu abrupt, da er nicht zur Ausführlichkeit des restlichen Romans passt. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass Tolstoi keine Lust mehr hatte und das Buch jetzt (endlich) zum Abschluss bringen wollte.


    Die erste Hälfte des Buchs bis zu Beginn des Russland-Feldzugs (die ersten 8 Teile) ist spannend geschrieben und vermittelt einen tollen Einblick in die damalige russische Gesellschaft. Danach kommt die Handlung nur noch sehr langsam vorwärts, da sich Tolstoi ständig zu geschichtsphilosophischen Äußerungen hinreißen lässt. Am Anfang war das ja durchaus interessant - ich habe die Gelegenheit genutzt, zwei Bücher über Napoleon zu lesen - aber Tolstoi wiederholt sich ständig, wodurch das ganze langweilig wird und sich die Lektüre bei mir lange hinzog. Hier hätte sich Tolstoi deutlich kürzer fassen können. Wie ich inzwischen weiß, hat Tolstoi den Roman mehrmals revidiert: Im Handel gibt es eine deutlich kürzere "Urfassung". Das hätte ich eher wissen müssen. Immerhin habe ich über drei Monate an Tolstois Mammutwerk gelesen.


    Pierre und Andre sind ausgesprochen widersprüchliche Persönlichkeiten. Wie ich kurz vor Weihnachten aus einem Tolstoi-Abend auf Arte erfahren habe, hat Tolstoi hier in diesen beiden Figuren seine eigenen Lebenserfahrungen und Ansichten verarbeitet.


    Ich habe auch die amerikanische Verfilmung mit Audrey Hepburn gesehen. Wider Erwarten fand ich die sehr gut. Die Handlung war zwar stark gekürzt und auch verfälscht (Pierre und Andre kennen sich von Anfang an und Petersburg spielte keine Rolle), aber alle Persönlichkeiten - vor allem Pierre und der alte Kutusow - waren sehr treffend dargestellt.


    Eine Bewertung des Romans fällt mir schwer: Wegen der sehr guten ersten Hälfte finde ich drei Ratten zuwenig, vier sind mir aber wegen der Überlängen in der zweiten Hälfte zu viel. Macht also drei Ratten und eine Maus.


    3ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    Ich bin auch dabei. Zwar habe ich die Ilias und die Odyssee schon mal vor zwei Jahren gelesen, aber ich finde, gute Bücher sind es wert, mehrmals gelesen zu werden :smile:
    Auch ich möchte nur ganz langsam lesen - ein Gesang pro Woche ist mir ganz recht.


    So viel ich weiß, ist es auch hilfreich, die Odyssee zu kennen, bevor man sich an Ulysses heranwagt ...

    Hallo zusammen,


    ich habe heute auch mit Otherland 3 angefangen. Eigentlich wollte ich nur die Zusammenfassung lesen, aber der geniale Schreibstil von Williams hat mich wieder so gefesselt, dass ich gleich noch den Vorspann verschlungen habe: Paul versucht, im Odyssee-Szenario mitzuspielen, was ihm mangels Kenntnis der homerischen Epen Probleme bereitet. Vielleicht sollte er an der Homer-Leserunde ab April teilnehmen :zwinker:


    Ich hoffe, dieser Band wird besser als der letzte, der zwar durchaus spannend und witzig geschrieben war (man erinnere sich an Häuptling "Starke Marke" und die abenteuerliche Reise durch die Küche), aber die Handlung nur wenig voranbrachte. Deshalb ist auch mir vom ersten Band mehr im Gedächtnis geblieben. Es gab im zweiten Band zwar einige Erklärungen, aber die ganze Geschichte ist mittlerweise so konfus, dass ich ab-so-lut keine Idee habe, wie das alles zusammenhängen könnte - mal abgesehen davon, dass die GB ewig leben will.


    Ein spannendes Leseerlebnis wünscht
    Dietrich

    Dieser Teil passt eigentlich gar nicht so richtig ins Buch: Hier wird zum ersten Mal das Familienleben der Rostows geschildert und nicht nur der Ablauf irgendwelcher Abendgesellschaften. Und die Diener bekommen endlich auch mal etwas Gesicht, bisher waren die ja quasi unsichtbar.


    Die vier Kapitel über die Jagd fand ich auch langweilig, da hätte sich Tolstoi deutlich kürzer fassen können.


    Überraschend fand ich, dass Nikolai sich jetzt doch für Sonja entschieden hat. Früher (im 1. Teil?) war er doch von Julie ganz angetan. Und dass er Sonja nicht heiraten kann, hatte er auch schon eingesehen. Die Gräfin hat sich allerdings in Kapitel 8 aber auch ungeschickt benommen, als sie vom "Opferangebot" ihres Sohnes, Julie zu heiraten, nichts wissen will und es so darstellen will, als sei sie es, die ein Opfer bringt.


    Zitat von "Aeria"

    Ich habe das Gefühl, Natascha und der Fürst bilden sich ein, verliebt zu sein und handeln so, wie sie glauben, dass Verliebte handeln müssen.


    Natascha weiß wohl selbst nicht, ob sie Andrei liebt oder nicht. Und Andrei ist ein Mensch, der sich ständig etwas Neues sucht, aber nach einiger Zeit stets das Interesse verliert: Erst seine Frau Lisa, dann das Militär, dann die Arbeit an liberalen Reformen und nun Natascha. Das wird wohl nicht gut ausgehen - wenn die Heirat überhaupt zustandekommt: Ein Jahr ist eine lange Zeit ...


    Zitat von "Saltanah"

    Elagin hat einen hervorragenden Jagdhund gegen 3 leibeigene Familien eingetauscht :entsetzt:


    Im ersten Teil stand, dass Pierres Vermögen aus "vielen Millionen und 40000 Seelen (=Leibeigene) bestand"!


    Zitat von "Saltanah"

    Aber eine Kombination von ökonomischer Sicherheit und Zuneigung ist mMn doch erstrebenswert.


    Das sehe ich ganz genauso! Schon deswegen, weil heutzutage (in Deutschland) die Hälfte aller Ehen geschieden werden. Deshalb sollten beide Ehepartner auch in der Lage sein, auf eigenen Füßen zu stehen!


    Zitat von "tina"

    also bei mir sind die Bücher und Kapitel ganz anders aufgeteilt. Dieses Buch und dieser Teil sind bei mir Buch 3 Teil 1. Naja, egal.


    Die Buchaufteilung ist ganz unterschiedlich, ich habe Ausgaben mit 2, 4 und 6 Büchern gesehen. Die Erstauflage von 1869 hatte noch 6 Bücher, die gekürzte von 1873 4 Bücher. Später hat man dann die Erstauflage in 4 Bücher aufgeteilt. Und meine Ausgabe hat überhaupt keine Aufteilung in Bücher, nur 15 Teile.

    Zitat von "Saltanah"

    Das war ja nicht nur in der Verwaltung sondern auch bei der Armee so....


    Klar, auch beim Militär war das so. Die Befehlshaber sind ja alle irgendwelche Fürsten. Wenn die Adligen normale Soldaten wären, könnten sie ja im Krieg ganz schnell sterben - und dann wäre Russland womöglich ohne Adel und Regierung. Sowas geht natürlich nicht! Ich kann schon ganz gut in den damaligen Verhältnissen denken, nicht wahr? :zwinker:


    Eigentlich ist mein Kommentar zu dem Zitat gar nicht angebracht, denn schließlich waren die Adelsprivilegien damals ja etwas völlig normales - nur aus heutiger Sicht eben nicht. Und wer weiß, vielleicht habe unsere Nachfahren in 200 Jahren ein echte Demo-Kratie, in der (wichtige) Gesetze per Volksabstimmung und nicht vom Parlament beschlossen werden. Dann würden sie auf unsere heutige "Parlamentokratie" zurückblicken und sich erstaunt fragen, wieso wir so etwas Wichtiges wie die Gesetzgebung ganz den Politikern überlassen. :zwinker:

    Mir gefällt Krieg und Frieden nach wie vor sehr gut, da Tolstoi neben seiner Story auch viel über die damalige Gesellschaft und das Leben erzählt und ich mich auch für Geschichte interessiere. Ich finde, Tolstois Buch ist eigentlich kein richtiger Roman, sondern eher eine Aneinanderreihung von Erzählungen (um die Adelsfamilien Bolkonski, Rostow und Besuchow). Das Buch hat kein erkennbares Ziel - ganz anders als etwa "Otherland" oder "Der Graf von Monte Christo".


    Kapitel 1: Ja, da schau an. Andrei führt die Ideen Pierres auf seinen eigenen Gütern aus. Das hätte ich nicht erwartet, nachdem er Pierres Absichten doch recht abschätzig burteilt hat. Schöner Zug von ihm!
    Kapitel 4: Interessant, ich wusste gar nicht, das schon zu Napoleons Zeiten erste liberale Reformen in Russland geplant waren. Lesen bildet eben! :breitgrins:
    Kapitel 5: Diese Stelle hier finde ich ja köstlich:

    Zitat

    "Ich frage Sie, Graf, wer kann denn überhaupt noch Vorsitzender einer Behörde werden, wenn alle erst ein Examen machen müssen?" "Die, welche das Examen bestehen, denke ich"


    Also, dass man das überhaupt diskutieren kann. Obwohl; auch heute werden sicher wichtige Stellen in der Verwaltung nicht nach Eignung, sondern eher nach Parteibuch vergeben :rollen:
    Kapitel 7: In meinem Kommentar steht, dass mit Pierres "gefährlichen, aufklärerischen Absichten" gemeint ist, dass die anderen Freimaurer den Verdacht haben, Pierre sei Anhänger der Illuminaten. Nach Wikipedia zu urteilen kommen die Ziele der Illuminaten denen Pierres auch ziemlich nahe.


    Herrlich diese kommunikative Diskrepanz zwischen Männlein und Weiblein. Da sieht man's mal wieder. Eigentlich passen Mann und Frau gar nicht zusammen.


    Im Gegenteil, Berg und Vera passen sehr gut zusammen: Sie halten sich einander gegenseitig überlegen, fallen sich ständig ins Wort und sind beide mit ihrer perfekt inszenierten Abendgesellschaft zufrieden :zwinker:. Köstlich, diese beiden Kapitel!


    Zitat von "tina"

    Bei Kapitel 22 hört mein zweites Buch auf. Es gibt auch keinen Teil 4 oder 5 sondern es geht mit dem dritten Buch weiter. ... Nirgends steht in meiner Ausgabe etwas von gekürzt oder ähnlichem.


    Tja, da habe ich auch schon schlechte Erfahrungen gemacht. Klassiker kaufe ich inzwischen nicht mehr, ohne sie kurz angelesen und darin geblättert zu haben. Wie sandhofer mal schrieb, sollten die Verlage wenigstens die Anzahl der Wörter veröffentlichen, damit man solch drastischen Kürzungen sofort erkennen kann! Von Krieg und Frieden gibt es übrigens zwei verschiedene Ausgaben, eine von 1869 und eine von Tolstoi selbst gekürzte von 1873!


    Zitat von "Saltanah"

    Ist in euren Ausgaben irgendwie gekennzeichnet, dass der Ausdruck im Original auf deutsch da steht?


    Nein, bisher tauchten bei mir nur einzelne französische Sätze oder Wörter auf.


    In diesem Teil wird wieder deutlich, dass Pierre und Andrei Gemeinsamkeiten haben: Beide sind nahezu verzweifelt auf der Suche nach dem Sinn oder Ziel ihres Lebens. Während Pierre zwar Ideen hat bzw. bekommt, aber unfähig ist, diese auch umzusetzen, entdeckt Andrei immerzu neues, das ihn aber nach einiger Zeit nicht mehr fesseln kann: Erst seine Frau Lisa, dann das Militär und nun die Arbeit an liberalen Reformen. Mit Natascha wird es nach Marjas Meinung wohl auch nicht gut ausgehen :rollen:

    Hier kurz meine Eindrücke zu diesem Teil:


    Kapitel 3-4: Das Aufnahmezeremoniell der Freimaurer scheint zu stimmen, ich habe kürzlich im Fernsehen was darüber gesehen. War Tolstoi etwa auch Freimaurer oder woher kennt er das?
    Kapitel 9: Wieder eine Glosse von der Armee: Da tritt ein Oberbefehlshaber zurück, weil er keinen Brief vom Kaiser bekommen hat und deshalb die beleidigte Leberwurst spielt. :totlach:
    Kapitel 10: Pierre ist immer noch völlig hilflos. Er ist zwar ein guter Mensch und könnte mit seinem Reichtum einiges bewirken, kommt aber mit der Gesellschaft überhaupt nicht zurecht. Langsam wird er zu einer tragischen Figur. Immerhin zeigt er hier zum ersten Mal Initiative.
    Kapitel 11-12: Andrei kommt mir ziemlich deprimiert vor: Zu spät hat er erkannt, dass er Anerkennung und Zuneigung auch in der Familie finden kann anstatt im Krieg. Immerhin scheint Pierre ihn mit seinen freimaurerischen Gedanken aus seiner Lethargie zu reißen.
    Kapitel 19: Boris ist nun so wie Wassili Kuragin geworden. Er hat etwas Macht und Einfluss und wird nun seinerseits um Gefallen (hier von Rostow) gebeten. Solange er nicht anderen schadet, finde ich das ganz in Ordnung.
    Kapitel 21: Für Rostow ist der Kaiser tatsächlich ein Gott: Alles was der Kaiser entscheidet, ist richtig - auch wenn Rostow das eigentlich anders sieht. Das kommt mir reichlich komisch vor. Übertreibt Tolstoi hier nicht etwas?


    Saltanah: In meiner Ausgabe heißt es auch "ungeschriebene Subordination" (wie im 3.Teil, Kapitel 9).


    Ein Drittel des Buchs habe ich nun durch. Bei meinem Lesetempo werde ich für den Rest wohl noch 2 Monate brauchen :rollen:

    Hallo,


    mit diesem recht kurzen Teil bin ich nun auch durch.


    Pierre und Andrei haben in gewisser Weise das gleiche Problem: Sie können nicht mit anderen über ihre Gefühle sprechen. Pierre frisst seine Wut in sich herein, bis er irgendwann einmal explodiert, aber das hilft ihm auch nicht weiter. Darüber hinaus kommt er allerdings auch mit dem Leben selbst nicht zurecht, er bräuchte mal jemanden, der ihm zeigt, wo's langgeht. Andrei scheint durch den Tod seiner Frau sehr traurig zu sein, was er aber für sich behält. Immerhin hat er jetzt wohl eingesehen, dass man auch in der Familie Anerkennung finden kann, statt nur durch Ruhm im Krieg.


    Zitat von "Saltanah"

    Habt ihr das Ende des 14. Kap. auch so aufgefasst, dass Dolochow bereit ist, auf seinen Gewinn zu verzichten, wenn er statt dessen Sonja bekommt? Ich hatte den Eindruck, dass er Nikolai diesen "Tausch" vorschlagen wollte, der aber dies im Keim erstickt.


    Ich habe es wie Tina so verstanden, dass Dolochow sich rächen und deshalb ganz deutlich machen wollte, weshalb er Nikolai abgezockt hat. Ob er sich auch noch an Pierre rächt?


    Zitat von "Saltanah"

    Liest jemand von euch übrigens eine kommentierte Ausgabe, in der vielleicht steht, welches Kartenspiel sie spielen? Nicht dass das wichtig wäre, aber interessieren würde es mich schon.


    In meinem Kommentar steht darüber nichts, aber ich würde sagen, es handelt sich um Pharo - in Deutschland ist (war) es auch unter "Meine Tante, Deine Tante" bekannt. Das ist ein im 18. und im beginnenden 19. Jahrhundert in Europa weit verbreitetes simples Glücksspiel. Pharo-Regeln aus Wikipedia
    In vornehmen Kreisen wurde zu dieser Zeit das altehrwürdige L'Hombre und Boston gespielt. Boston ist eine Whist-Variante, die im 1. Teil mehrfach kurz erwähnt wurde.


    Zitat von "tina"

    Was ich nicht verstehen kann, wenn man kein Geld zur Verfügung hat, es dann auch noch zu verspielen.


    Das kann ich sehr gut nachvollziehen! Nikolais Motiv ist ja auch, seinen Verlust wettzumachen, in dem er weiterspielt und immer größere Einsätze bringt. Auch heute gibt es ja haufenweise Leute, die Lotto spielen, obwohl sie genau wissen, dass sie auf lange Sicht verlieren werden, da der Staat einen großen Anteil der Einsätze kassiert. Und je häufiger man verliert, desto größer ist die Verlockung weiterzumachen, da man ja mit einem einzigen Einsatz theoretisch den Hauptgewinn machen kann.


    P.S.: Wo seid ihr denn? Bin ich der einzige, der noch liest?

    So, nun habe auch ich die Schlacht von Austerlitz hinter mich gebracht. Andrei hat mich überrascht, er ist doch noch zum Helden mutiert. Aber ich denke, nun er hat vom Krieg endgültig genug. Boris finde ich immer noch ganz in Ordnung, er nimmt einfach alle Gelegenheiten und Vorteile wahr, die sich ihm bieten, um vorwärtszukommen.


    Zitat von "tina"

    Diese Schwärmerei für den Zaren ist ja gräßlich. Mir kommen die Soldaten wie kreischende Fans von Pop-Idolen vor.


    Die heutigen Popstars sind mir auch eingefallen, als ich das gelesen hatte. Tja, diese unbegrenzte Schwärmerei für Idole gibt es auch heute noch, das ist also ganz menschlich. Irgendwann muss ich wohl mal in ein Popkonzert oder Fussballstadion gehen, um so eine Atmosphäre mal mitzuerleben. :zwinker:


    Die Planungssitzung der Generäle in Kapitel 12 ist ja grotesk: Kutusow - immerhin der Oberkommandierende - schläft einfach, während der Österreicher seinen komplizierten Plan vorträgt. Ich habe den Eindruck, Tolstoi will damit sagen, dass detaillierte Planungen vor einer Schlacht eigentlich zwecklos sind. Es kommt nur darauf an, was der Gegner in der Schlacht macht. Das ist wie beim Pokern: Wer die Absichten des Gegners richtig errät, hat die besten Chancen.


    Nach Wikipedia zu urteilen, hat Tolstoi die Schlacht von Austerlitz richtig beschrieben. Es fehlt eigentlich nur der Grund, weswegen die Russen mit der linken Flanke angegriffen haben, mämlich um die Franzosen vom Nachschub aus Wien abzuschneiden. Eine Skizze der Schlacht ist ganz hilfreich, um sich Tolstois Beschreibungen vorstellen zu können.


    Hier noch ein Zitat aus Wikipedia:

    Zitat von "Wikipedia"

    Die mangelnde Abstimmung zwischen den Koalierten lieferte ihm (Napoleon) eine ideale Gelegenheit: Österreich und Russland hatten bei ihren Aufmarschplänen die unterschiedlichen Kalender in Österreich und Russland ignoriert (12 Tage Differenz), so dass die Österreicher (voreilig) nach Bayern vorpreschten ...


    :totlach: Woran Feldzüge so scheitern können ...

    Der dritte Teil gefällt mir bis jetzt (Kapitel 7) besonders gut, denn hier charakterisiert Tolstoi seine Figuren wieder ausgiebig.


    Kapitel 1-5: Oh je, eigentlich hatte ich gedacht und gehofft, Pierre würde sich mit seinem Reichtum nun ändern, aber nein, er ist immer noch völlig passiv. Darin ähnelt er Marja, die ständig nur um das Wohl anderer besorgt ist, sich allen unterordnet (Bourienne, ihr Vater) und nie auch mal an sich denkt. Im Gegensatz zu Pierre hat sie aber ihr grenzenloses Gottvertrauen, an das sie sich halten kann. Pierre ist dagegen noch auf der Suche nach einer Richtschnur fürs Leben:

    Zitat von "Kapitel 2"

    Pierre gehörte zu jenen Menschen, die nur dann stark sind, wenn sie sich vollkommen rein fühlen.


    Zitat von "Saltanah"

    Enttäuscht bin ich allerdings von Rostow. Ich hatte angenommen, er hätte bei seiner letzten Begegnung mit dem Feind etwasgelernt ...


    Und in Kapitel 7 erzählt er in heroischer Weise von der Schlacht bei Schöngrabern - und lügt sich dabei selbst was vor, weil es so von ihm erwartet wird:

    Zitat

    Außerdem hätte er, wenn er wirklich alles der Wahrheit gemäß hätte berichten wollen, sich einen wahren Zwang antun müssen ... Die reine Wahrheit zu erzählen ist sehr schwer...


    Tolstoi macht hier sehr schön deutlich, auf welche Weise Kriegserlebnisse schöngefärbt werden und der Krieg verherrlicht wird.

    Cait: Natürlich habe ich eine Karte aus meinem Geschichtsatlas genommen :zwinker: da sind auch alle fraglichen Orte der Schlachten Napoleons eingezeichnet. Kann allerdings sein, dass die Karte nicht ganz genau ist ...


    Ich bin jetzt mit dem 2. Teil durch. Auch dieser Teil hat mir gut gefallen, denn Tolstoi gelingt es, den Krieg unter vielen Gesichtspunkten zu schildern: Auf der einen Seite die Begeisterung der Soldaten vor dem Kampf und die Planung der Generäle, auf der anderen Seite dann das wirkliche Gefecht mit der Todesangst der Soldaten und totalem Durcheinander während des Kampfes.


    Andrei ist mir nach der Verteidigung Tuschins vor dem ungerechtfertigten Vorwurf Bagrations richtig sympathisch geworden. Und vom Krieg ist er nun auch ernüchtert: "Ihm war schwer und traurig zumute. Dies alles war so sonderbar und gar nicht so, wie er gehofft hatte." Sieht so aus, als wäre er vernünftig geworden. Bei Nikolai bin ich mir da nicht so sicher ...

    Ich bin bei Kapitel 15 des 2. Teils angekommen. Das Buch gefällt mir weiterhin außerordentlich gut, vor allem die Ausformung der Charaktere hat Tolstoi toll hinbekommen!


    Kapitel 1:
    *lach* Das hat ja was komisches. Erst putzen sich die Soldaten fein raus, und dann will Kutusow sie im Dreck sehen, um eine Ausrede vor dem Österreicher zu haben. Nach Tolstois Spitzen auf das Hofleben ist nun die Armee dran :zwinker:


    Kapitel 7 und 8:
    Was für ein Durcheinander! Die Husaren sind dreimal über die Brücke geritten. Man bekommt den Eindruck wie zeitaufwendig und schwierig die Befehlsübermittlung damals war: so eine Art "Stille Post". Heutzutage gibt's Funk, da ist das kein Thema mehr und Rückfragen sind jederzeit möglich.


    Kapitel 15: Den Weg von Kutusows Heer habe ich mir mal auf der Landkarte angeschaut, um mir das besser vorstellen zu können. Da sind Tolstoi ein paar Fehler unterlaufen: Nach meiner Karte sind es von Krems nach Znaim (nördlich von Wien) nicht 100 sondern nur 60 km. Und der Weg von Wien nach Znaim ist länger, nicht kürzer als der von Krems nach Znaim.


    Mit den militärischen Bezeichnungen (wie Regiment, Kompanie, Division) hatte ich auch ein paar Probleme (nein, ich war nicht bei der Bundeswehr!). Aber es gibt ja Wikipedia :zwinker:


    Andrei ist ja offenbar ein sehr erfahrener Offizier. Aber ober er - im Gegensatz zu den fröhlichen Soldaten - gerne im Krieg ist? Ich habe eher den Eindruck, er ist beim Militär, um Karriere zu machen und dem aus seiner Sicht langweiligen Hofleben zu entkommen.


    Zitat von "Saltanah"

    Mir stellt sich bei diesem Teil immer mehr die Frage, wie jemand freiwillig in den Krieg ziehen kann.


    Ich nehme an, das ist dem Zeitgeist geschuldet: Damals spielte das Militär in allen Gesellschaften Europas eine sehr bedeutende Rolle. Wer etwas werden wollte, musste "gedient" haben. In Deutschland war das vor 100 Jahren auch noch der Fall. Schließlich wissen die Soldaten vor dem ersten Gefecht auch gar nicht, was Krieg wirklich bedeutet - wie der junge Nikolai. Sie kennen ja nur Berichte über "heldenhafte" Schlachten. Nach dem ersten Gefecht gibt es dann kein Zurück mehr; wer fahnenflüchtig wird, wird ja sicherlich hart bestraft. Im heutigen Deutschland kann ich mir allerdings nicht mehr vorstellen, dass jemand "gerne" in den Krieg zieht.