Beiträge von allegra

    Inhalt (Klappentext)


    Berlin, 1896: Für die junge Fabrikantentochter Amely bricht eine Welt zusammen, als sie erfährt, dass ihr Vater sie mit einem deutlich älteren Verwandten verheiraten will. Kilian Wittstock ist märchenhaft reich – und er lebt am anderen Ende der Welt. Als einer der mächtigsten Kautschukbarone beherrscht er das Amazonasgebiet. Schweren Herzens macht sich Amely auf die Reise über den Ozean. In Manaus erwartet sie ein fremdes, exotisches Leben voller Luxus und ein ebenso exzentrischer wie brutaler Ehemann. Erst als ein dramatisches Ereignis sie mit dem Indianer Aymáho zusammenführt, erfährt Amely, was Liebe bedeutet. Aymáho weckt in ihr tiefe Gefühle und nie geahnte Leidenschaft. Doch ihr gemeinsames Glück ist bedroht durch ein Geheimnis, das Aymáho in sich trägt.



    Eigene Meinung


    Der Roman ist neben einem Prolog und einem Epilog gegliedert in drei größere Abschnitte. Im ersten Teil lernt der Leser die Berliner Fabrikantentochter Amely kennen und begleitet sie von Berlin quer durch den tropischen Dschungel in die laute und schrille Stadt Manaus, die zur Blütezeit des Kolonialismus das „Paris der Tropen“ genannt wird. Die Autorin zeigt mit sehr bildhaften Beschreibungen die Schönheit und Intensität des tropischen Amazonasgebietes und im Kontrast dazu die Auswüchse einer unglaublichen Dekadenz der gehobenen Kreise, die sich durch den unermesslichen Reichtum der Kautschukbarone entwickelt hat. Amely spürt sehr schnell den Widerspruch von Sein und Schein. In der besseren Gesellschaft kommt es nur darauf an, seinen Reichtum möglichst aufdringlich zu präsentieren, während menschliche Werte eine unbedeutende Rolle spielen. Isabel Beto ist in diesem Teil des Buches sehr gesellschaftskritisch und zeigt die unwürdigen Lebensbedingungen der ärmeren Bevölkerung schonungslos auf, die im Dienste der Kautschukbarone ausgebeutet werden und ein Sklavendasein fristen.


    Im Mittelteil des Romans werden wir entführt zu einem Indiostamm der im Dschungel im Einklang mit der Natur lebt. Aber auch da ist nicht alles erfreulich, manche Eigenheit oder mancher Ritus erscheint uns sehr brutal und auch unmenschlich. Im Nachwort schreibt Beto, dass die geschilderte Alltagskultur des fiktiven Stammes der Yayasacu dem Stamm der Yanomani nachempfunden ist mit nur wenigen Ergänzungen, die der schriftstellerischen Freiheit entspringen.
    Dennoch hatte ich beim Lesen den Eindruck, dass dieser Indiostamm sämtliche Klischees erfüllt, die ich irgendwann mal über Indios aus dem Amazonas gehört oder gelesen habe. Das ist allerdings mein rein subjektives Empfinden.
    Ich habe mich beim Lesen dieses Teiles etwas schwer getan. Einerseits empfand ich viele Abschnitte als sehr langatmig aufgrund ausschweifenden „Liebesgesäusels“, andererseits war mir manches einfach zu abgefahren.


    Im dritten Teil kehrt Amely zu ihrem Ehemann „in die Zivilisation“ zurück. Leider konnte dieser Teil nicht mehr an die Glaubwürdigkeit und die Atmosphäre des ersten Teils anknüpfen. Die Dialoge wirkten für mich aufgesetzt und unnatürlich. Das für Amely und ihre große Liebe glückliche Ende konnte mich nicht wirklich überzeugen.


    Sprachlich hat mir der Roman sehr gut gefallen. Er ist angenehm flüssig und abwechslungsreich geschrieben. Manchmal schockiert die Autorin mit Ausdrücken wie „Neger“ und „Wilde“, andererseits beschwört sie fast märchenhafte Bilder herauf, die aber gleich wieder kontrastieren mit Gewalt und Brutalität. Mit sehr viel Sorgfalt wird die Geräuschkulisse aufgebaut. So meint man im Hintergrund Grillenzirpen oder Aras zu hören und fühlt förmlich das bedrohliche Rascheln im undurchdringlichen Unterholz.


    Die Charakterisierung der Personen hat mir leider weniger gut gefallen. Amely macht zwar durchaus eine Entwicklung durch, sie blieb mir aber bis zum Schluss unnahbar und ich fand ihr Handeln teilweise nicht nachvollziehbar. Das gleiche gilt für die männlichen Protagonisten, die für mich mit Ausnahme meines Lieblingscharakters, des Herrn Oliveira, zu eindeutig auf der Schwarz/Weiß Skala einzuordnen sind.


    Obwohl ich mich nach dem ersten Drittel etwas durch dieses Buch durchkämpfen musste, haben mir einzelne Aspekte sehr gut gefallen. Mir wurde ein weiterer Mosaikstein der deutschen Kolonialgeschichte eindrücklich näher gebracht. Einen Extrapunkt gibt es für die gesellschaftskritischen Aspekte, die mich zum Nachdenken gebracht haben. Ich sehe bei der ausbeuterischen Gewinnung des Rohkautschuks durchaus Parallelen zu heutigen menschenunwürdigen Zuständen in Coltan-Minen im Kongo, bei der Produktion von Billigkleidung in Asien und in manch anderem Bereich.


    Von mir eine eingeschränkte Leseempfehlung mit 3ratten und :marypipeshalbeprivatmaus:


    allegra
    Es bleibt leider so - das ist der mystische Teil, der scheinbar momentan in keinem Buch fehlen darf - zumindest kommt es mir so vor


    Danke. Das kann gut sein. Vermutlich verspricht man sich dann auch mehr Leser unter der jüngeren Lesergemeinde. Schade, ich finde nämlich die wortgewandte Sprache und die Beschreibungen der Leute und Orte so gut, dass es sowas doch nicht nötig hätte. Aber ich hoffe, es geht irgendwann auch etwas um Gewürze. Deshalb habe ich mich nämlich dafür interessiert.

    Danke für die informative Rezi. :winken:


    Ich habe gerade begonnen mit dem Buch. Insgesamt hat es alles, was ein gutes historisches Buch braucht, aber

    Mir schwirrt jetzt grad ein bisschen der Kopf nach den vielen Seiten und teilweise Anpassungen der Regel. Ich denke nicht, dass ich allzu viele Beiträge schaffe, finde es aber gut, dass es so einen Anreiz gibt.


    Kann man irgendwo, die nun geltenden Regeln nachlesen? Oder sind sie schon irgendwohin gepinnt und ich war nur zu blond, um sie zu finden? :gruebel:


    lg,
    allegra

    Im Roman „Das Amulett der Wölfin“ erzählt Marion Henneberg die Geschichte der jungen Adolana, einer fiktiven Figur, die durch ihre Liebe zum geheimnisvollen Ritter Berengar zwischen die Fronten der Welfen und Staufer gerät. Eingebettet in die historisch bewegende Zeit zwischen 1133 und 1140 erlebt der Leser sowohl mittelalterliches Leben bei Hofe als auch Belagerungen, Schlachtszenen und viel Freundschaft und Liebe. Die wichtigste historisch verbürgte Person im Roman ist Richenza, die Frau Lothar III von Süpplingenburg, der jedes Mittel recht ist, wenn es um das Wohl ihrer Familie und den Erhalt ihres Geschlechts geht. Ebenso begegnet man eher am Rande vielen wichtigen Personen wie den Staufern Konrad III sowie Friedrich II aus dessen Ehe mit der Welfentochter Judith Friedrich Barbarossa hervorgeht. Der spielt aber in diesem Roman für einmal keine Rolle.


    Die Beschreibungen der Wohngebäude sowie der Landschaften sind sehr anschaulich, Liebesszenen sind vorwiegend dezent beschrieben, was ich sehr angenehm empfinde. Ich konnte mir die wichtigsten Personen gut vorstellen und ihre Handlungen meist nachvollziehen.

    Vom Sprachstil her hat mir das Buch ausgezeichnet gefallen. Die verschiedenen Handlungsstränge und Schauplätze sind immer klar voneinander abgesetzt.
    Da meine historischen Kenntnisse aus dieser Zeit jedoch etwas dürftig sind, hatte ich einige Mühe mit dem Verständnis. Vor allem in der ersten Hälfte war ich oft nicht sicher, wer jetzt zu wem gehört, weil unheimlich viele historische Fakten im Buch miteinander verwebt sind.


    Als Ergänzung befindet sich vorne im Buch eine Stammtafel mit den wichtigsten Welfen und Staufern und hinten eine chronologische Auflistung der historischen Ereignisse. Das war zwar hilfreich, allerdings hätte ich mir ein ausführlicheres Personenverzeichnis gewünscht, aus dem die Zugehörigkeit ersichtlich ist, sowie ob es sich um eine fiktive oder historische Figur handelt. Ebenfalls etwas vermisst hatte ich eine historische Karte.


    Für mich war das Buch recht anspruchsvoll, dennoch oder gerade deswegen, habe ich sehr viel davon profitiert. Durch meine unterstützenden Recherchen ist mir die Herkunft Friedrich Barbarossas nun nicht mehr schleierhaft und ich bin um eine herrliche Geschichte aus Baden-Württemberg reicher: Im nächsten Sommer werde ich bestimmt mal einen Ausflug nach Weinsberg machen und mir den Schauplatz der wunderbaren Geschichte um die Burg Weibertreu anzuschauen.


    Kein Buch für zwischendurch, aber sehr empfehlenswert für Mittelalterfans!


    Ich vergebe 4ratten

    Der Thriller setzt ein mit der Rückkehr von Carina Kyreleis aus Mexiko in ihre Heimatstadt München. Er ist eingeteilt in die ersten 7 Tage nach ihrer Ankunft, eingerahmt von Prolog und Epilog, jeweils aus einem größeren zeitlichen Abstand. Die einzelnen Tage werden eingeleitet durch ein literarisches Zitat, das sich jeweils einen zentralen Aspekt des jeweiligen Abschnitts aufgreift, das man aber erst im Nachhinein wirklich verstehen kann. Es lohnt sich manchmal zurück zu blättern.


    Die Geschichte spielt auf zwei verschiedenen Zeitebenen. Einmal wird in Rückblenden die Erlebnisse von Rosa erzählt, einer Sekretärin des bayrischen Innenministeriums die in den letzten Jahren der DDR einen so genannten Romeoagenten der Stasi mit brisanten Informationen versorgt. Dabei geht es um das bis heute ungeklärte Attentat auf Alfred Herrhausen, dem Chef der Deutschen Bank im November 1989.


    In der Gegenwart wird uns Carinas Familie näher gebracht. Ihr Vater ist Polizeihauptkommissar in München und klärt den Fall eines Serientäters auf, der seinen Opfern das Gesicht abzieht. Da Carina Spezialistin für Gesichtsrekonstruktionen ist, packt ihr Vater die Gelegenheit beim Schopf, um mit seiner Tochter zusammen zu arbeiten.


    Ich hatte den Thriller innerhalb weniger Tage durchgelesen. Für mich war er durchweg spannend, auch wenn mir der absolute Gänsehauteffekt dann doch etwas gefehlt hat. Die eingeführte Gerichtsmedizinerin als Ermittlerin zusammen mit ihrem Vater, dem granteligen, in persönlichen Gefühlsdingen fast etwas trotteligen Polizisten finde ich eine viel versprechende Konstellation für weitere Folgen. Obwohl, das Buch in München spielt, ist es keineswegs überfrachtet mit Lokalkolorit, was mir persönlich sehr entgegenkommt. Teilweise hätte ich mir sogar etwas mehr Erklärungen gewünscht. So musste ich mich erst etwas vertraut machen mit einigen Schauplätzen, z.B. der „Glyptothek“ und dem alten botanischen Garten. Ich hätte den Inhalt auch ohne Recherchen verstanden, ich finde es jedoch immer angenehm, wenn ich mit Hilfe von Bildern oder Beschreibungen etwas mehr von der Atmosphäre mitbekomme.
    Dieser für mich erfrischend moderne Thriller ist sprachlich angenehm flüssig geschrieben. Die Ausdrucksweise hat auf mich teilweise etwas einfach gewirkt, dennoch ist das Buch durchwegs sauber formuliert. Der sorgfältig konstruierte Plot führt am Ende die einzelnen Erzählstränge zu einem für mich unerwarteten Ganzen zusammen, sodass die Spannung bis zuletzt da ist.
    Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt und bin auf ein spannendes zeitgeschichtliches Thema, der DDR-Spionage im Westen, aufmerksam gemacht worden.


    Gerne empfehle ich diesen Thriller weiter und vergebe 4ratten

    Der 13 jährige Connor wird von einem wiederkehrenden Alptraum geplagt. Immer genau 7 Minuten nach Mitternacht taucht ein Monster auf, das Connor über die schwierigsten Tage seines Lebens hinweg begleitet. Seine Mutter hat Krebs und muss schwer belastende Chemotherapien über sich ergehen lassen. Connor hat große Schwierigkeiten damit zurecht zu kommen. Das Monster, das ihn nachts heimsucht führt ihn tief in seine Seele und geht mit ihm gemeinsam den schweren Weg des Abschiednehmens.


    Patrick Ness nimmt eine Idee von Siobhan Dowd auf, die ihr Buch leider nicht mehr vollenden konnte, da sie an Krebs gestorben ist. Es gelingt dem Autor von der ersten Seite hinweg den Geist dieser Frau aufzufangen und die Geschichte so authentisch zu erzählen, dass man immer wieder innehalten muss zum Nachdenken.


    Das Buch ist mit vielen großflächigen schwarz weiß Zeichnungen von Jim Kay illustriert, die die beklemmende Atmosphäre der ohnehin schon bildstarken Worte noch unterstreichen.
    Mich hat das Buch sehr in seinen Bann gezogen. Es ist eigentlich ein Kinder- und Jugendbuch. Ich würde es allerdings von Kindern nicht unbetreut lesen lassen. Es ist absolut wichtig, dass man über die belastenden Inhalte sprechen kann und ich würde es auch nicht jedem Kind empfehlen, weil es durchaus Angst machen kann. Ich könnte mir gut vorstellen, dass man das Buch auch in Jugendgruppen oder im Religions- oder Ethikunterricht lesen könnte.


    Das Buch behandelt ein sehr wichtiges Thema, das allzu oft ein Tabu in unserer Gesellschaft darstellt. Es ist ansprechend gestaltet, sprachlich angenehm formuliert und durch den hohen Bildanteil auch von Weniglesern zu bewältigen. Ich kann es für Kinder jedoch nur empfehlen, wenn es mit der nötigen Sensibilität geschenkt, vorgelesen und besprochen wird; d.h. eine Empfehlung mit Einschränkung.


    4ratten

    Ich habe die Mitgliedschaft vor einiger Zeit ebenfalls gekündigt. Ich hatte schon häufiger wirklich Mühe, etwas zu finden, was mich freut. Meistens konnte ich dann aber doch irgendeinen Vernunftkauf tätigen, halt etwas, das ich ohnehin früher oder später gebraucht hätte.
    Dann ging aber unsere Filiale zu und die nächstentfernte gerade ebenfalls. Da ich kein Auto habe, müsste ich nun eine Dreiviertelstunde S-Bahn und Bus fahren mit 2 mal umsteigen. - Das müsste schon ein Bombenangebot sein, bis sich das lohnen würde. Aber bei diesem mikrigen Preisvorteil bringt es das nicht. :sauer: :rollen:

    Der Thriller „Bleicher Tod“ von Andreas Winkelmann hat mich gleich vom Prolog an bis zum Schluss gefesselt.


    Das Ermittlerduo Nele Karminter und Anouschka Rossberg wurden bereits in "Tief im Wald und unter der Erde" eingeführt. Im Laufe dieses Thrillers wird immer wieder Bezug darauf genommen. Ich fand es für das Verständnis nicht störend, dass ich den ersten Teil der Serie nicht gelesen habe. Allerdings wäre es sicher von Vorteil, wenn man die Bände in der richtigen Reihenfolge lesen würde, da mir das Ergebnis des ersten nun vorweg genommen wurde.


    In diesem Buch geht es um einen oder mehrere Täter, die junge Frauen entführen und auf grausame Weise langsam umbringen. Die Protagonisten und ihr Umfeld werden in einzelnen Handlungssträngen auf sehr klare Weise eingeführt. Durch immer schnellere Perspektivwechsel werden die einzelnen Stränge im Laufe des Geschehens miteinander verwoben und finden zu einem unerwarteten Ganzen. Dabei bleiben der oder die Täter bis zum Schluss unerkannt. Andreas Winkelmann beschreibt schonungslos, was der brutale Täter seinen Opfern angetan hat. Für schwache Nerven würde ich das Buch deshalb eher nicht empfehlen. Es fließt reichlich Blut, aber wesentlich beklemmender empfand ich die Ängste der jungen Frauen sowie die Ungewissheit der Ermittler und Angehörigen, die der Autor sehr eindrücklich zu vermitteln mag.


    Die Charaktere im Buch empfinde ich als sehr glaubwürdig in ihren Handlungen. Sie zeigen Schwächen, aber auch Entwicklungen. Ebenfalls in der Beziehung von Nele und Anouschka lässt sich eine Entwicklung feststellen, die neugierig auf den nächsten Teil macht.


    Das Buch ist inhaltlich keineswegs als seichte Lektüre zu verstehen. Unaufdringlich wird man mit Fragen konfrontiert, die einen durchaus mal innehalten und grübeln lassen: Häusliche Gewalt, problematische Eltern-Kind Beziehungen, Gefahren in den Medien sowie wirklich beklemmende Informationen über Erscheinungsbild und die Häufigkeit von Soziopathen. Dabei kommt das Buch keinesfalls moralisierend daher, sondern regt ganz subtil zum Denken an.


    Ein Thriller mit klassischen Krimiqualitäten zum Mitraten. Bitte mehr davon!!


    Ich vergebe 5ratten

    In diesem Roman wendet sich Camilla Läckberg, im Gegensatz zu ihren früheren Bänden einem düstereren Stil zu, wie er für Krimis aus dem skandinavischen Raum typisch ist. Dennoch ist die Leichtigkeit aufgrund des Privatlebens des Ermittlerteams immer noch da, auch wenn diese Aspekte etwas zugunsten des eigentlichen Plots in den Hintergrund rücken.


    Auf zwei zeitlichen Ebenen, die im Laufe der Entwicklungen mehr und mehr zusammen finden, wird die Geschichte von vier Freunden erzählt, die von ihrer Vergangenheit eingeholt werden. Drei davon sind zusammen in Fjällbacka aufgewachsen und der Bibliothekar Christian, der soeben seinen Debütroman veröffentlichte, hat den Freundeskreis später vervollständigt. Der Titel von Christians Buch heißt „Meerjungfrau“ und es von Anfang klar, dass dieses Buch oder die Figur der Meerjungfrau in der Geschichte eine Rolle spielen wird. Das Motiv „Wasser“ wird immer wieder aufgegriffen, sei es beim Baden am Strand, dem bedrohlich dargestellten Springturm von Fjällbacka und an manchen anderen Stellen, die ich an dieser Stelle nicht verraten möchte.


    Aus verschiedenen Perspektiven kommt man den Hauptcharakteren auf der Opfer/Täterseite und ihren Familien schrittweise näher. Psychologisch sehr geschickt und subtil lässt Camilla Läckberg den Leser in die Psyche der Protagonisten schauen. Dazwischen sind, kursiv gedruckt, kurze Einschübe aus der Vergangenheit, die mir anfangs rätselhaft vorkamen, die aber immer mehr mit den aktuellen Geschehnissen in Verbindung traten.


    Ich empfand den Krimi als sehr sorgfältig konstruiert, mit viel Liebe zum Detail, was die Ausarbeitung der Personen betrifft und am Ende als Ganzes abgerundet - selbstverständlich mit einem Cliffhanger ausgestattet, so dass ich jetzt schon weiß, dass ich beim nächsten Band wieder dabei sein werde.


    Der Roman ist aufgrund des ausgereiften Sprachstils der Autorin auf jeden Fall ein Gewinn. Inhaltlich lebt er von der Ungewissheit und der Spannung. Für mich war die Auflösung des Falles unerwartet.


    Ich vergebe 4ratten


    Na wenn da so viele Leseratten vergeben werden überlege ich es mir vielleicht noch und lese "Isenhart" doch. Als ich den Film gesehen hatte, war ich mir sicher, dass ich das nicht haben muß. Der war für mich eher zum abgewöhnen ... Jeanette Biedermann etc. ohje ohje. :rollen:


    Den Film fand ich auch unterirdisch. Streckeweise zum Fremdschämen...............gerade wenn ich so an das Gefauche von Konrad denke. Das war keine gute Idee, beides gleichzeitig zu produzieren. :sauer:

    Inhalt: (Verlagsinfo)


    Südengland, 1127: Die junge Aline flieht vor ihrem grausamen Dienstherrn in den Wald. Dessen Knechte spüren sie bald wieder auf, doch bevor Aline zurückgebracht und schwer bestraft werden kann, wird sie von einer adeligen Dame gerettet: Matilda, Tochter und Thronerbin des englischen Königs Henry I. Aline bleibt fortan an Matildas Seite, zuerst als loyale Dienerin, dann auch als Vertraute. Am Königshof lernt sie den jungen Ethan kennen, und die beiden verlieben sich ineinander. Doch Ethan gehört zum Gefolge von Matildas Rivalen um den Thron, und bald wird das Paar auseinander gerissen in den Wirren eines grausamen Bürgerkrieges.



    Autorin: (Verlagsinfo)


    Beate Sauer wurde 1966 in Aschaffenburg geboren. Sie studierte Philosophie und katholische Theologie in Würzburg und Frankfurt am Main. Sie lebt und arbeitet als freie Autorin in Bonn.



    Eigene Meinung:


    Im vorliegenden Buch kann der Leser die geschichtlichen Entwicklungen zwischen 1127 und 1143 am Hofe Matildas sowie im Gefolge von König Stephens miterleben. Wie die Inhaltsangabe zeigt, beinhaltet der historische Roman eine gute Prise an Liebesgeschichte. Die Entwicklungen und Ränkespiele zwischen Stephens Anhängern und Matilda stehen für mich jedoch klar im Zentrum.
    Als Leser bleibt man bei den Liebesszenen jeweils draußen, was ich als sehr angenehm empfunden habe. Man sucht in diesem Roman vergebens nach „drallen Mägden“ und außer einer Passage, wo sich Matilda auf der Flucht als Mann verkleidet, um nicht aufzufallen, bleibt man vor Frauen-in-Hosen Rollenspielen verschont.


    Der Roman ist recht nüchtern und geradlinig aufgebaut. Die entscheidenden Schlachten können wunderbar mitverfolgt werden wobei ausführliche Beschreibungen von Gefechtsszenen und blutigen Verletzungen sehr sparsam eingesetzt sind. Teilweise werden die kriegerischen Fortschritte oder Verluste an den jeweiligen Höfen bei Gesprächen erzählt. Erst im letzten Drittel erlebt man die Belagerung Matildas Burg sowie Schwertkämpfe an der Seite Alines relativ hautnah.


    Matilda wird als launische, bisweilen streitsüchtige, aber auch sensible Frau dargestellt. Aline ist sehr wissbegierig und darf mit Matildas Erlaubnis bei einem Heiler Kenntnisse in Heilkunde erwerben, was sie dann in der Betreuung Matildas und der Behandlung von Verletzten anwenden kann. Sie ist so gutherzig, fleißig und treu dargestellt, dass es mir schon fast wehtut. Aber sie zeigt ihre Ecken dann doch auch in der sich entwickelnden Liebesbeziehung zu Ethan.


    Der Roman ist durchwegs in moderner Sprache verfasst. Es kommen kaum Ausdrücke vor, die man üblicherweise für mittelalterlich authentisch hält. Wenn man sich einmal mit den Personen vertraut gemacht hat und sich bewusst ist, wer zu wem gehört, dann lässt sich das Buch ohne weiteres Nachschlagen lesen, weil es sich selber erklärt.


    Die historischen Gegebenheiten sind zeitlich teilweise etwas zugunsten der Dramaturgie angepasst, was aber in einem informativen Nachwort erläutert und begründet ist.
    Was mir fehlt ist ein Stammbaum oder wenigstens eine Liste der historisch verbürgten Persönlichkeiten sowie eine kleine Karte. Das würde den Einstieg und das Nachvollziehen der Handlung erleichtern und man könnte sich bestimmt auch länger an den Inhalt erinnern.


    Für den historisch interessierten Leser bietet das Buch eine unaufdringliche und ansprechende Geschichtslektion. Als Einstieg in diese spannende Epoche würde ich das Buch auf jeden Fall empfehlen. Wer in der Thematik um die Thronstreitigkeiten zwischen Stephen und Matilda schon sehr bewandert ist, wird jedoch nicht allzu viel Neues erfahren.


    Ich vergebe 4ratten

    Inhalt: (Verlagsinfo)


    Ein schauriges Ende eines schwülheißen Sommertages: Die junge Polizistin Renée wird an ihrer Wohnungstür überfallen und brutal niedergestochen. Sie überlebt mit knapper Not. Ein paar Tage später findet man eine Studentin in einem Keller, ermordet. Die Frauen scheinen wenig gemeinsam zu haben - bis auf ihre roten Haare. Inspector Paul Vegter stürzt sich in diesen Fall, denn er hegt für Renée mehr als nur kollegiale Gefühle. Bald ahnt er, dass der Mörder erneut zuschlagen wird. Auch Galeristin Vivienne ist rothaarig. Als sie ihren Mann immer wieder beim Lügen ertappt, wird sie von quälendem Misstrauen erfasst: Ist er der Killer? Ist sie sein nächstes Opfer?



    Eigene Gedanken:


    Mit „Vor dem Regen kommt der Tod“ ist Lieneke Dijkzeul ein sehr guter Start auf dem Krimi/Thriller Buchmarkt gelungen. Ich fühlte mich gleich ab der ersten Seite von der, aus verschiedenen Perspektiven erzählten Geschichte angezogen.


    Der Roman setzt mit einer eindrücklich beschriebenen Kampfszene ein zwischen der Polizistin Renée Petterson und dem Täter. Danach flacht die unmittelbare Spannung etwas ab und verlagert sich subtil auf eine psychologische Ebene zwischen der Galeristin Vivienne und ihrem Ehemann John, der zusammen mit seinem Partner seine eigene Werbeagentur führt.


    Vivienne und Renée entwickeln sich in gewisser Weise in entgegen gesetzter Richtung. Renée, die selbstbewusste, Nahkampf erprobte Polizistin wird durch den Überfall verletzlich und vorübergehend von ihrem Kollegen Paul Vegter abhängig, während Vivienne an Selbstvertrauen und Kraft gewinnt und sich von der weinerlichen Kindfrau, wie sie ihr Mann John einmal beschreibt, zur überlegenen Gegnerin entwickelt.


    Es handelt sich bei diesem Buch um keinen typischen „whodunit“-Krimi. Der Leser kennt die Identität des Täters sehr früh und es wird auch sehr bald klar, wer das finale Opfer sein wird. Für mich ist das Buch gar nicht eindeutig in ein Genre einzuordnen. Für einen Thriller fehlt mir die durchgehend hohe Spannung, für einen Krimi habe ich nicht genügend Unsicherheiten zum Mitraten. Ich würde es eher als ein Psychodrama sehen, das für mich sehr angenehm zu lesen war.


    Die Handlung verläuft sehr geradlinig, es gibt keine unnötigen Nebenschauplätze. Die wenigen Personen sind sehr genau beschrieben und glaubhaft charakterisiert. Mir hat auch sehr gut gefallen, wie die Autorin mit dem Wetter spielt. Der Ablauf des Dramas reflektiert sich im schwülwarmen Sommerwetter, das sich am Ende in einem Gewitterregen entlädt.


    Ein spannender Psychothriller der leiseren Töne - ich vergebe 4ratten

    Mit Operation Blackmail hat Jenk Saborowski einen rasanten, spannenden Thriller vorgelegt, der an sehr unterschiedlichen Schauplätzen in Europa spielt. Dabei verknüpft der Autor auf geschickte Weise Elemente eines klassischen Spionagethrillers, indem er einen Ex-KGB-Agenten auftreten lässt mit hochmodernen technischen Möglichkeiten einer postulierten gemeinen europäischen Eliteeinheit (ECSB) und greift sogar neue Medien in Form eines Multiplayer-Onlinerollenspiels auf.


    Die ECSB wird auf Veranlassung der Bundeskanzlerin tätig in einem gravierenden Erpressungsfall. Eine international agierende deutsche Großbank wird zur Zahlung von 500 Millionen Euro erpresst. Die Dringlichkeit ist sehr hoch, weil die Erpresser bereits Mitarbeiter der Bank umgebracht haben und damit drohen, dass die gesamte Belegschaft von 60000 Personen bedroht ist.


    Die junge attraktive Solveigh Lang ist Agentin der ECSB und wird auf den Fall angesetzt. Sie arbeitet eng zusammen mit Eddy, einem Ermittler, der an den Rollstuhl gefesselt ist, in der Zentrale arbeitet und Solveigh ständig übers Internet und Mobiltelefon mit entsprechenden Informationen versorgt, Reisen plant und die Versorgung mit Spezialausrüstung veranlasst.
    Diese Konstellation an Ermittlern ist für mich neu und sehr interessant. Da Solveigh viele Züge einer Superheldin aufweist, leidet die Glaubwürdigkeit für mich etwas darunter. Dieser Eindruck wird durch eine gesundheitliche Schwäche - sie leidet an Clusterkopfschmerzen - für mich noch verschärft. Ebenso schwer nachvollziehbar war für mich die Tatsache, dass ein Polizist, dessen Beine zertrümmert worden sind, sich nur kurze Zeit nach einer stundenlangen Operation mit Rollstuhl selbst aus dem Krankenhaus entlässt und gleich weiter ermittelt. Vermutlich hätte er sich noch nicht mal eine Hose anziehen können. Es hätte dem Tempo und der Spannung keinen Abbruch getan, wenn man ihn noch ein wenig hätte auskurieren lassen.


    Der Autor macht in dem Buch aufmerksam auf die Probleme der Verfolgung von Straftaten zwischen einzelnen EU-Staaten. Obwohl innerhalb des Schengenraumes die Grenzen offen sind, gibt es keine unkomplizierte Zusammenarbeit der Polizeiorgane der verschiedenen Staaten. Jenk Saborowski ruft deshalb in diesem Thriller die ECSB ins Leben, eine geheime Polizeieinheit, die über die Grenzen hinweg ermitteln kann und die auf Veranlassung von 7 Staats- und Regierungsschefs der Europäischen Union tätig wird.
    Abgesehen davon, dass man aufgrund des Textes annehmen müsste, dass die Europäische Kommission aus den Regierungsschefs der Mitgliedstaaten besteht, was nicht der Fall ist, wirkt es doch etwas befremdlich, wenn die Bundeskanzlerin telefonisch ein sich in der Luft befindendes Flugzeug umkehren lässt. Das hätte vielleicht noch etwas mehr Recherchearbeit benötigt, damit dieser abrupte Schluss es etwas runder hätte ausgearbeitet werden können.


    Ich habe mich bei der Lektüre dieses rasanten und modernen Thrillers sehr gut unterhalten, aber mir fehlt noch etwas der Feinschliff. Mit der Ermittlerkonstellation um die Agentin Solveigh Land hat der Autor auf jeden Fall eine interessante Ausgangslage geschaffen für die Verfolgung weiterer innereuropäischer Straftaten, auf die man gespannt sein kann.


    Ich vergebe 4ratten

    Isenhart wird im Winter des Jahres 1171 geboren. Seine Mutter stirbt bei der Geburt und auch bei dem kleinen Jungen kann die Hebamme keinen Herzschlag spüren. So wird er beiseite gelegt, während sich die Hebamme um den Leichnam der Mutter kümmert.
    Doch es passiert etwas völlig Unerwartetes: Ein Fremder stürmt ins Haus, nimmt das tote Kind in seine Arme und haucht ihm seinen Atem und damit einen Teil seiner Seele ein. Er hinterlässt der Hebamme einige Münzen für die Betreuung des kleinen Jungen und flieht ins Unterholz kurz bevor sein Verfolger, Walther von Ascisberg vorbeikommt. Auch er haucht dem Baby seinen Atem und damit einen Teil seiner Seele ein, auf dass diese in Widerstreit trete mit derjenigen des geheimnisvollen Fremden. Er nimmt das Neugeborene mit und bringt es seinem Freund, Sigimund von Laurin, wo es in der Familie des Schmieds aufwachsen kann.
    Da der kleine Junge sehr zäh ist und wider Erwarten den Frühling erlebt wird er auf den Namen Isenhart getauft. Walther von Ascisberg veranlasst, dass Isenhart gemeinsam mit Sigimunds Sohn Konrad unterrichtet wird in Latein und in Kenntnissen, die man später mit Naturwissenschaften bezeichnen wird.


    Isenhart spürt sehr bald, dass er in der falschen Zeit lebt. Sein Geist verlangt nach Freiheit und lässt sich nicht in ein enges Glaubenskorsett zwängen, wie es für die Zeit des Hochmittelalters zu erwarten wäre. Walther von Ascisberg fördert Isenhart in Naturbetrachtungen und sät den Samen der Neugierde nach Erkenntnis, der in Isenhart auf fruchtbaren Boden fällt.


    Die Idylle nimmt ein jähes Ende durch den gewaltsamen Tod von Anna von Laurin, der Tochter Sigimunds. Walther ermittelt gemeinsam mit Isenhart und es kommt zu einer Verhaftung mit Todesurteil eines Händlers. Doch sehr bald wird es zur Gewissheit, dass ein Unschuldiger hingerichtet worden ist, da es zu weiteren Todesfällen kommt.


    Die Ermittlungen, die Isenhart und Konrad von der Rhein/Neckar Region über Spira (das heutige Speyer) quer über die Alpen nach Toledo an den Bazar des Wissen führen werden, bilden den Rahmen dieses 800 Seiten starken Erstlingswerk von Holger Karsten Schmidt.
    Das Buch beinhaltet aber weit mehr als nur einen historischen Krimi. Isenhart ist ein unruhiger Geist und stellt viele Überlegungen und wissenschaftliche Experimente an, so dass man auch eine Menge lernen kann über die Entwicklung der Technik im Hochmittelalter. Interessanterweise sind die Araber in vielen Belangen, was Medizin aber auch Fliegen betrifft, sehr viel weiter als die Europäer. Neben wissenschaftshistorischen Kenntnissen vermittelt das Buch auch sehr viele Anregungen zu philosophischen Überlegungen.


    Sprachlich lässt sich das Buch sehr leicht und angenehm lesen. Teilweise hätte ich mir etwas mehr Beschreibungen gewünscht über das Aussehen der Figuren. Aber die interessanten und abwechslungsreichen Landschaftsbeschreibungen und philosophischen Spaziergänge machen das locker wett.


    Ich vergebe 5ratten

    Ein Leben zwischen den Kulturen


    Inhalt (Klappentext)


    Die Luft erfüllt vom Duft der Blüten und Gewürze, endlose Tage in herrlichen Gärten und prunkvollen Gemächern, umsorgt und geliebt von der Familie – Salimas Leben könnte schöner nicht sein. Doch die unbeschwerten Jahre der Tochter des Sultans von Sansibar finden ein jähes Ende, als sie dem deutschen Kaufmann Heinrich begegnet. Die beiden verlieben sich, und schon bald wird die junge Frau schwanger. Für eine muslimische Prinzessin ist ein uneheliches Kind undenkbar, einen Ungläubigen zu heiraten kommt allerdings auch nicht infrage. So bleibt als Ausweg nur die Flucht nach Hamburg, in Heinrichs Heimat. Doch was erwartet Salima in dem kalten, fremden Land?



    Autorin (Verlagsinfo)


    Nicole C. Vosseler wurde 1972 in Villingen-Schwenningen geboren und studierte nach dem Abitur Literaturwissenschaft und Psychologie in Tübingen und in Konstanz, wo sie heute lebt. Ihre Vorbilder sind M. M. Kaye und Margaret Mitchell. 2007 wurde Nicole Vosseler für ihren Roman „Der Himmel über Darjeeling“ mit dem "Konstanzer Förderpreis", in der Sparte Literatur, ausgezeichnet.



    Eigene Eindrücke


    Auf Grund des äußeren Erscheinungsbildes und des Klappentextes würde ich den Roman auf den ersten Blick ins Genre ‚Liebesromane vor exotischer Kulisse’ einteilen. Erst durch etwas Recherche auf der Homepage der Autorin, wurde mir bewusst, dass es sich bei Sayyida Salima bint Sa'id um eine historisch verbürgte Figur handelt. Sie ist als Tochter des Sultans von Sansibar im Jahre 1844 geboren und floh 1866 mit ihrem Geliebten, dem Kaufmann Heinrich Ruete in Richtung Hamburg. Noch auf der Reise in Aden ließ sich Salima auf den Namen Emily taufen und heiratete Heinrich Ruete. Später schrieb sie in Deutschland als erste Muslima ihre Autobiografie.


    Der Roman von Nicole C. Vosseler stellt sehr einfühlsam Salimas (Emilys) inneren Kämpfe und Zwiespälte dar, die sich in jedem Lebensabschnitt neu manifestieren. In den Jugendjahren geht es vor allem darum, wie sich Emily im kalten Hamburg einlebt und in der Familie ihres Ehemannes integriert wird. Später rückt die Situation der Kinder mehr in den Mittelpunkt, die zwischen den Kulturen gefangen, ihren persönlichen Weg finden müssen. Im Alter erlebt Emily eine lange und tiefe Phase der Nostalgie und wird sich ihrer Herkunft wieder vermehrt bewusst. Sie versucht, an einst abgebrochene Beziehungen anzuknüpfen, was ihr nur teilweise gelingt und was sie auch bis zu einem gewissen Grad verbittert.


    Emily Ruetes Leben ist sehr stark beeinflusst durch die deutsche und die englische Kolonialgeschichte. So wendet sich ihr Mann und später sie selber unter anderem an den Reichskanzler Bismarck, um ihre Rechte in Sansibar durchzusetzen. Diese Briefe sind in den Roman geschickt eingearbeitet, sowie andere historische Quellen, wie Briefe, die Emily an eine Halbschwester gerichtet hat.


    Der Roman ist aus der Sicht eines allwissenden Erzählers geschrieben. Dabei werden typische Merkmale des Schauplatzes so selbstverständlich eingebaut, dass sie einem erst bei genauerer Analyse auffallen, aber sicher ihren Teil zur harmonischen Komposition des Buches beitragen. Zum Beispiel ist in Sansibar der Kalender nicht so wichtig wie in Deutschland. So orientiert man sich als Leser in den Teilen, die in Sansibar spielen, am Alter der Protagonisten, während die späteren Kapitel aus Hamburg mit Jahreszahlen versehen sind. Ebenso ist die Sprache in Sansibar deutlich bunter und blumiger, als in Hamburg. Durch innere Monologe und kurze Gedanken, erfährt man sehr viel über das Innenleben der Hauptfigur. Das ist jedoch durchaus nicht immer nur positiv, die Grautöne sind sehr glaubwürdig herausgearbeitet.


    Am meisten begeistert war ich bei diesem Buch von der sprachlichen Ausdruckskraft. Die Autorin malt förmlich mit Worten. Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr anschaulich, dazu eine kurze Leseprobe, eine Beschreibung der Stadt Aden:


    Die Häuser hier kamen Salima seltsam niedrig vor, was ihr zusammen mit den großzügig angelegten Straßen einen Eindruck von Weite und Unendlichkeit vermittelte. In krassem Gegensatz dazu stand, dass Aden doch ringsum durch eine karstige schwarze Felswand begrenzt war, „Krater“ genannt, die die Stadt in ihrer überwältigenden, hoch aufragenden und unbeweglichen Umarmung einschloss. Jenseits der sich dahinschlängelnden Mauern und vor der wie von der Hand eines Riesen in den Krater geschlagenen Kerbe, durch die man ein vorgelagertes nacktes Inselchen im schillernden Meer sehe konnte, erstreckte sich der andere Teil der Stadt. …(S.269 f.)


    Obwohl ich bei Liebesromanen meistens froh bin, wenn die Bücher nicht allzu dick sind, hätte ich bei diesem Buch gerne noch weitere 100 Seiten ausgehalten. Die geschichtlichen Hintergründe sind zwar sehr klar eingefügt, aber ich hätte hie und da gerne noch etwas genauere Ausführungen gelesen. Wenn man wenig informiert ist über die Umbrüche im Deutschen Kaiserreich nach 1870, ist der ein oder andere diplomatische Schachzug gerade im letzten Drittel des Buches eher schwer nachzuvollziehen. Auf ihrer Autorenhomepage (http://www.nicole-vosseler.de/) bietet die Autorin jedoch reichlich Bonusmaterial zum Buch an. Begleitend durch den Roman kann man hier zeitgenössische Bilder, Karten und erläuternde Texte finden. Dieses Material hat für mich den Roman wunderbar abgerundet.


    Für mich ist dieses Buch sehr ausgewogen gelungen. Es ist spannend und gefühlvoll für Liebhaber von Liebesromanen und bietet sicher auch historisch interessieren Lesern gute Unterhaltung.


    Ich vergebe 5ratten

    Nele Neuhaus behandelt mit diesem Krimi ein sehr aktuelles Thema. Mit der 180 ° Wende der deutschen Regierung in Sachen Energiepolitik nach dem Erdbebenunglück in Japan ist die Diskussion um erneuerbare Energien aktueller denn je.
    Das Unternehmen WindPro möchte im Taunus einen großen Windpark bauen. Da die Windverhältnisse nicht optimal sind, werden Gutachten gefälscht, um das Projekt zu retten. Eine Gruppe von Umweltaktivisten um einen ehemaligen Mitarbeiter von WindPro, Jannis Theodorakis wehrt sich gegen den Windpark. In kurzen Einschubkapiteln wird die Geschichte einer jungen Frau erzählt, von der man erst nach und nach erfährt, dass es sich um eine namhafte Wissenschafterin handelt, die auf dem Gebiet der Klimaforschung schon große Erfolge feiern konnte und sich nun aber vor ihrem ehemaligen Chef Prof. Eisenhut verstecken muss.


    Die häufigen Perspektivwechsel halten die Spannung hoch, verbreiten aber auch Hektik, weil dadurch auf die sehr zahlreichen Personen nicht so tief eingegangen werden kann, wie man es als Leser an der ein oder anderen Stelle wünschen würde.


    Die Person der Annika ist am Ende immer noch schleierhaft. Es ist nicht wirklich klar, ob es sich bei ihr um einen Cliffhanger handelt oder ob der Leser mit dem offenen Ende leben muss. Etwas verwirrend ist die Tatsache, dass sie eine alte Bekannte von Jannis´ Freundin Ricky ist. Dennoch wohnt sie bei den beiden, ohne dass sie ihre Identität offen legt. Jannis ist als schillernde, interessante Persönlichkeit dargestellt, bei mir erscheint er aber nicht wirklich glaubwürdig. Dabei helfen die derben und unnötigen Sexszenen auch nicht wirklich.


    Oliver von Bodenstein verliert etwas an Glanz, was mir recht gut gefällt. Allerdings ist er gleich allzu leichtfertig, weil er sich verliebt. Dafür läuft Pia zu Hochform auf. Da sich am Ende auch noch ihr Wohnproblem aufs Angenehmste löst, ist für sie die Welt perfekt. Das einzige Problem könnte ihr Partner Christoph darstellen, der sich sehr große Sorgen macht wegen gefährlichen Einsätzen. Davon wird man bestimmt in der Fortsetzung noch mehr lesen.


    In diesem 550 Seiten dicken Schmöker werden eine Vielzahl von Themen in unterschiedlicher Tiefe angeschnitten: Globale Erwärmung, erneuerbare Energie, Umweltaktivisten (Wutbürger), Massenpanik, sexueller Missbrauch an Schulen, Korruption, Liebe, Eifersucht, Rache….und noch viele mehr. Diese Anhäufung an Motiven und Themen hat leider eine gewisse Oberflächlichkeit zur Folge, weil manches nur gestreift werden kann. Der Plot wäre glaubwürdiger, wenn das ein oder andere weggelassen würde. Z.B. wäre Ricky genau so glaubwürdig, wenn sie beruflich und privat nicht so übermenschlich engagiert wäre. Die Massenpanik wurde polizeilich nicht aufgearbeitet und erscheint deshalb als aufgesetzt.


    Inhaltlich hat sich Nele Neuhaus vermutlich durch Nachrichtenmeldung inspirieren lassen, als 2009 Hacker die East Anglia's Climatic Research Unit (CRU) gehackt haben und eine Vielzahl von kompromittierenden E-Mails und Datenmaterial im Internet gelandet ist.


    Darüber darf man sich natürlich Gedanken machen. Dennoch wäre es natürlich fatal, daraus zu schließen, es gäbe keinen menschlichen Beitrag am CO2 Problem und zur globalen Erwärmung oder die globale Erwärmung wäre eine reine Erfindung. In diesem Fall würde sich auf jeden Fall die Autolobby freuen, wenn sie es nicht schon tut durch die laufende Erwähnung von tollen Autos. Ich hoffe jedoch, Nele Neuhaus wollte den Leser lediglich dazu anregen, kritisch und offen zu sein im Bezug auf die Interpretation von Forschungsresultaten und Nachrichtenmeldungen.


    Das Cover finde ich sehr passend; der Rabe auf dem Strommast. Der Wiedererkennungswert mit einem Bild bei düsterer Witterung mit Blutspritzern ist auf jeden Fall da und hebt sich positiv vom Durchschnitt ab. Mir gefällt das sehr gut. Was mir weniger gefällt, ist das Format. Auch wenn das Buch diese Klappen hat (wozu sind die eigentlich da?) und ein Lesebändchen, das an die letzte Seite geklebt war (leider hat es sich bei mir sehr schnell gelöst), so handelt es sich dennoch nur um ein Taschenbuch, für das ich keine 15.- € bezahlen würde. Das ist aber eine generelle Entwicklung einiger Verlage und darf der Autorin nicht angelastet werden.


    Fazit:


    Trotz einiger kleinerer Schwächen hat mir „Wer Wind sät“ sehr gut gefallen, ich habe mich gut unterhalten gefühlt und habe Inhalte gefunden, über die es sich nachzudenken lohnt. Im Vergleich zu „Schneewittchen muss sterben“ empfand ich diesen Krimi weniger oberflächlich und würde ihn emfehlen mit:


    4ratten

    Der Roman „Unter der Asche“ ist buchstäblich tief schürfend. Er handelt vom Graben: Einerseits im wörtlichen Sinne vom Graben in der Erde durch christlich orientierte Siedler, die sich der Allgemeinheit gehörendes Land urbar machen und von den Früchten der Erde in einer Gemeinschaft im Sinne der Bibel leben möchten. Andererseits soll im übertragenen Sinne nach der Wahrheit gegraben werden.


    Im Prolog erhält der 13 Jahre alte Geoffrey Ingram von seinem Lehrer den Auftrag seine Erlebnisse vor dem großen Brand Londons zu Papier zu bringen. Dabei wird die Familiengeschichte der Familie Ingram aufgerollt. Der Leser wird aus verschiedenen Perspektiven durch ein Geflecht von Beziehungen geführt, größtenteils von Menschen auf der Schattenseite des pulsierenden Londoner Lebens.


    Die verschiedenen Blickwinkel aus denen die Entwicklungen, die zum großen Brand geführt haben, beleuchtet werden, haben mich an einzelne Bühnenbilder erinnert, vor denen das große Theater des Lebens teilweise schonungslos aufgeführt wird.


    Gleich von Anfang an schafft es der Autor sowohl die Atmosphäre des schmuddeligen Southwark einzufangen als auch die ländliche Gegend in Surrey anschaulich vor dem inneren Auge entstehen zu lassen.


    Die Lektüre dieses Romans erfordert vom Leser einiges an Aufmerksamkeit und Geduld. Streckenweise empfand ich den Roman als recht sperrig, weil bei manchen Sachverhalten recht lange unklar ist, in welchem Zusammenhang sie zueinander stehen. Die zahlreichen Figuren und die Zeitsprünge waren für mich manchmal etwas verwirrend, obwohl eine Liste vorne im Buch die Hauptfiguren vorstellt und die zeitliche Entwicklung eigentlich auch klar aus dem Text hervorgeht.
    Obwohl die Geschichte mit großer Sorgfalt konstruiert ist, blieben mir hin und wieder Zweifel, ob ich alles mitgekriegt habe. Wie im realen Leben, weiß man bei vielen Figuren nie wirklich, woran man ist. Die Hauptpersonen sind sehr vielschichtig gezeichnet, so dass man zwischen Bewunderung und Verachtung schwankt und sie nicht unbedingt als Sympathieträger erlebt. Somit blieb der Identifikationsfaktor für mich für einmal aus, was ich aber nicht als nachteilig empfunden habe.


    Dieses Buch hebt sich für mich sehr angenehm von der Vielzahl historischer Roman ab. Es ist sorgfältig recherchiert, konstruiert und formuliert und ist für mich eine sehr angenehme Abwechslung, weil für einmal die ausschließlich positiv besetzten weiblichen Heldinnen ausbleiben. Deshalb empfehle ich es gerne weiter.


    4ratten