Beiträge von Tamlin

    Der eigentliche Witz an der Sache ist, daß alle Bücher in sich geschlossen sind und eben gerade nicht zusammenhängen oder aufeinander aufbauen. :zwinker:


    Ich kenne zwar "Conrad's Fate" und "Pinhoe Egg" nicht, aber chronologisch lassen sich direkte Bezüge nur zwischen "Charmed Life" und "The Lives of Christopher Chant" erkennen. Letzteres Buch schildert die Jugend von Chr. Chant, der in "Charmed Life" dann DER amtierende Chrestomanci ist, obwohl der Held der Geschichte sein entfernter Verwandter Eric Chant ist.


    :elch:

    Ergänzend zu den bereits hier genannten Büchern (Miniserien) von John Christopher ließe sich von ihm auch noch "Der Fürst von Morgen" nennen, das zwischen Fantasy und Dystopie anzusiedeln ist. England ist in eine Art kriegerisches Mittelalter zurückgefallen, in dem die christliche Religion ein Randdasein führt. Aus den Wissenschaftlern sind Priester geworden, die in ihren versteckten Enklaven als einzige noch Zugang zu technischen Errungenschaften haben. In der Geschichte, die teilweise auch eine Adaption des Sagenstoffs von Tristan & Isolde ist, geht es dann u.a. darum, durch Wiedereinführung der Technik von gestern die Kriege des mittelalterlichen heute zu gewinnen.


    Was ein klein wenig an "Ein Yankee aus Connecticut an König Artus Hof" erinnert, aber da es Mark Twain weder um Fantasy noch Science Fiction, sondern um verkappte Sozialkritik an bestehenden Verhältnissen ging, ist das eher keine leichte Kost.



    Zum Thema Utopie/Dystopie/SciFi fällt mir jedoch als leichte Kost noch das Jugendbuch von Robert Westall, "Ein Leben mit Laura" ein. Es handelt in einem England der Zukunft, in dem die Oberschicht in geschützten Enklaven lebt, es abgesperrte Landesteile gibt, die aus rätselhaften Gründen menschenleer sind sowie Regionen, in denen das Leben rustikalen, ländlichen Idyllen entspricht. Die Menschen (v.a. Jugendliche), die in den heruntergekommenen Städten leben und zum großen Teil arbeitslos sind, setzen alles daran, sich in verschiedenen, riskanten "Karrieren" zu beweisen, um Zugang zu einem besseren Leben zu bekommen. Überwacht wird alles durch einen gigantischen Computer, nämlich besagter "Laura" und der technischen Elite der Gesellschaft, die zu ihrer Betreuung abgestellt ist. Der Held der Geschichte macht sich dann auf die Reise, den Grund für alles herauszufinden und sinnt nach Wegen, ein Leben ohne "Laura" zu führen.


    :teufel:

    Das Buch, das von Kim Novak und ihrem Nichtbaden im See Genezareth handelt, wollte ich schon immer mal lesen. Ich denke, ich werde es demnächst nachholen - vielen Dank für die Erinnerung... :breitgrins:



    Bei der Bedeutung von "Piccadilly Circus" habt ihr wahrscheinlich mit der Interpretation Recht, daß es eine poetische Umschreibung des Umstands ist, daß diese Straßenkreuzung als Nabel der Welt den diametralen Gegensatz zum "Kuhkaff" Kumla darstellt. Einerseits.


    Andererseits handelt das Buch u.a. von der Pop- und Rockmusik der 60er/70er Jahre und deren Bedeutung für das jugendliche Lebensgefühl auf dem platten Land. Rund um den "Piccadilly Circus" liegen mehrere Aufnahmestudios und Musiktheater, der Platz war in jedem Film(bericht) über die Beatles zu sehen, weil er bei jedem ihrer Auftritte in London von Fans überquoll und abgesperrt werden mußte. Songs der Beatles und Titel ihrer Alben spielen in dem Buch eine wichtige Rolle.


    In dem Roman geht es um Mord, Mädchen & Musik... und in der Popmusikgeschichte ist "Piccadilly Circus" mehr noch als "Abbey Road" ein klingender Begriff, der für London als DER Stadt steht, in der das Leben kocht und der Bär steppt. Der Bezugspunkt ist stimmig, weil "Piccadilly Circus" als Zentrum jugendlicher Weltvorstellung untrennbar mit der Popmusik verbunden ist.


    Anders gesagt - der Name rockt und ist ein Synonym für coole Mukke ... :bang:


    :elch:

    @ Melima & Saltanah:


    Um das Chaos noch ein bißchen anzuheizen...


    ... "Charmed Life" (Neun Leben für den Zauberer) erschien - mit zahlreichen Illustrationen versehen - 1988 bei dtv unter dem Titel "Wir sind aufs Hexen ganz versessen".


    Und ich meine mich trübe zu erinnern, daß "Witch Week" (Sieben Tage Hexerei) in Deutschland schon einmal (als HC) unter dem Titel "Hexenwoche" erschienen ist.




    @ Liandra:


    Die Begründung für den Angriff auf die Stadt resultiert erstens daraus, daß es sich ja um das Ergebnis einer aktuellen Intrige des weißen Teufels handelt, zweitens wird immer mal wieder angedeutet, daß Caprona seit Jahren von anderen Stadtstaaten bedrängt wird und Territorium an sie verliert. Kurzum, es ist die militärische Eskalation einer Dauerfehde.
    Ohne darauf konkret Bezug zu nehmen, reflektiert Jones hier stillschweigend die reale, historische Struktur der italienischen Stadtstaaten im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit und setzt als bekannt voraus, daß deren beständige Rivalitäten wiederholt auch mit kriegerischen Mitteln ausgetragen wurden.


    Chrestomanci spielt deshalb keine herausragende Rolle, weil diese "Serie" im Grunde gar keine Serie ist. Wer alle Bücher kennt, in denen diese Figur auftritt, wird feststellen, daß es genau so ist, wie in den einzelnen Büchern immer mal wieder behauptet wird. Chrestomanci ist keine bestimmte Person, sondern ein Amt - wenn ich mich nicht irre, kommen über die verschiedenen Bücher verteilt mindestens drei unterschiedliche Personen vor, die jeweils dieses Amt bekleiden. Jones benutzt diesen Amtsträger in ein oder zwei Büchern lediglich als eine Art Deus-ex-machina und Katalysator. Im Grunde ist es nur dem seriensüchtigen deutschen Verlagswesen zu verdanken, daß alle Bücher, in denen irgendein "Chrestomanci" vorkommt, zur Pseudoserie "Die Welt(en) des Chrestomanci" mutiert sind.


    :elch:

    @ Saltanah:


    Ich kenne (und habe) alle drei Bücher, aber "Schlafende Hunde" ist m.E. mit Abstand das beste davon. Der Roman ist nach dem Eisberg-Prinzip geschrieben - Hemmingway wäre von diesem Buch begeistert gewesen. Allein für "Schlafende Hunde" hat Sonya Hartnett den Literaturpreis doppelt und dreifach verdient.


    "Schlafende Hunde" ist ein phantastisches Buch - unprätentiöse Sprache, kristallklar und ungeheuer intensiv geschrieben. Jeder Satz knapp und exakt auf den Punkt gebracht, kein Wort zuviel, keins zu wenig. Keine ausschweifenden Beschreibungen, keine überflüssigen Erklärungen, sondern präzise, nüchterne Darstellung mit einfachen Stilmitteln, die dem Leser dennoch Raum läßt, sich seine eigenen, zutreffenden Vorstellungen vom Geschehen und seinen Hintergründen zu machen. Die Protagonisten sind treffend charakterisiert, die Geschichte ist flüssig zu lesen und die Handlung wirkt allein durch den konsequent durchgehaltenen Präsensstil sowie den Verzicht auf Erläuterungen zum "richtigen" Verständnis des Inhalts ungeheuer realistisch.
    Der Titel des Buches spielt auf das Sprichwort von den schlafenden Hunden an, die man nicht wecken soll, um kein Unheil heraufzubeschwören. Doch das geschieht, als ein Fremder Einblick in den in sich geschlossenen Mikrokosmos einer Familie bekommt, die auf ihrer abseits gelegenen Farm einen Campingplatz betreibt. Die Geschichte handelt von den Folgen, die aus eigentlich belanglosen Ursachen entstehen können, wenn mißverständliche Informationen in falsche und rachsüchtige Hände gelangen. Geschildert am Beispiel der platonischen Beziehung zweier erwachsener Geschwister, die unter der Knute eines Familienpatriarchen leben, der über seine Familie und seine Kinder wie Gottvater herrscht. Hartnett rührt hier am christlichen Inzestverbot, gleichwohl es allein dem Leser überlassen bleibt, ob er zu dieser Interpretation gelangen will.



    "Teuflische Stimmen" ist weniger konsequent und schonungslos geschrieben, die Handlungsstränge sind vielschichtiger angelegt und spielen mit der Thematik, welchen Grad an Wirklichkeit subjektive und objektive Wahrheiten haben können. Man ist sich als Leser niemals wirklich sicher, ob die Handlung nun real im Rahmen der Geschichte ist oder nur jene emotional begründete Variante der Realität ist, die derjenige als real empfindet, dessen erzählerische Perspektive gerade zum Tragen kommt. In der Intention der Autorin lag es offensichtlich, Wahnvorstellungen nacherleb- und dadurch begreifbar zu machen. Das ist ihr bis zu einem gewissen Grade sehr gut gelungen, aber letztendlich betrachtet man den Wahn des Protagonisten zwangsläufig doch nur wie durch einen milchigen Rauchvorhang.
    Hartnett erzählt hier auf ihre eigene Weise die Liebesgeschichte zwischen einem Mädchen und dem Jungen aus dem Nachbarhaus, der von seinem Großvater, einem Familientyrann, solange gequält wurde, bis ihm völlig unerwartet "jemand" zu Hilfe kommt, der ihm in gewisser Weise einen Ausweg aus seiner Misere anbietet, aber auch Gelegenheiten, sich an seinem Quälgeist zu rächen. Die Geschichte handelt von familiärer Gewalt in verschiedenen Erscheinungsformen, ihren möglichen Folgen sowie davon, was Liebe vermag und wo ihre Grenzen liegen.



    Das literarische Spiel mit unterschiedlichen Ebenen von Realität, Wirklichkeit und Wahrheit spielt auch in "Prinzen", dem dritten und einem m.E. ziemlich grausamen Buch, die zentrale Rolle. Geschildert werden die psychischen Interaktionen von Zwillingsbrüdern, deren Leben sich in einer gleichsam von der Realität der Außenwelt abgetrennten Seifenblase abspielt. Die Geschichte ist in Bewußtseinsstromtechnik geschrieben und die erzählerische Perspektive wechselt ständig, so daß man als Leser sehr schnell die Übersicht verliert, durch die Augen wessen der beiden Brüder man die Welt und den anderen gerade sieht. Was in der Intention der Autorin gelegen haben muß, denn sie spielt bewußt und sehr gekonnt mit den Themen Identität, Identitätskrise und den psychischen Grundlagen multipler Persönlichkeiten. Zugleich ist der Roman eine facettenreiche, moderne Adaption der biblischen Geschichte von Kain und Abel, den beiden feindlichen Brüdern sowie diversen anderen Bibelmotiven - kombiniert mit mehr als nur einer Prise der Thematik von Oskar Wildes Erzählung des Bildnisses von Dorian Gray.



    :teufel: :kaffee: :engel:

    Als ich es zum ersten Male las, erschien mir "Das Haus der Treppen" zwar als äußerst beängstigend, aber als zu weit hergeholt ab ungefähr dem Punkt, an dem die autodidaktische Konditionierung der Gruppeninteraktion sich zu aggressivem Verhalten mit Folgeschäden steigert. Immerhin handelte es sich um das Verhalten von Kindern...


    ... wohingegen mir damals aufgrund der Literatur u.a. über das Leben in Konzentrationslagern zugleich durchaus klar war, wozu sich Erwachsene ggf. zwingen lassen, resp. was sie unter bestimmten Voraussetzungen mehr oder weniger freiwillig bereit sind, einander anzutun.



    *Manjulas* Vergleich mit den Realityshows finde auch ich sehr interessant. Neben den bei uns geläufigen "Unterhaltungsformen" Dschungelcamp und Wohncontainer gibt es nämlich meines Wissens z.B. in Japan (??) "Spielkonstrukte", die noch viel, viel weiter gehen als bei uns und zahlreiche psychisch und physisch aggressive Interaktionen der Spielgruppenmitglieder einschließen - zum Gaudium und auf Verlangen der Zuschauer.


    Die konzeptionelle Idee von "Das Haus der Treppen" könnte teilweise auf den Versuchsanordnungen beruht haben, die in dieser Zeitphase in der zoologischen und psychologischen Wissenschaft geläufig waren, u.a. um die Intelligenz von Tieren festzustellen. Es war auch die Zeit des Vietnamkriegs - in diesem Zusammenhang stellte sich in den folgenden Jahren mehr als ein Autor die Frage, inwiefern sich durch psychologische Konditionierung der "perfekte Soldat" erschaffen ließ. Allerdings gab es lange vorher schon Orwells "1984", in dem es ja bereits um Kontrolle durch Konditionierung geht.


    An Realityshows á la "Big Brother" und daran, daß Menschen freiwillig vor Kameras und (ihren) Lichtern tanzen würden, lebendige Würmer essen und einander á la Selbsterfahrungsgruppe mobben würden, um dafür materielle Belohungen einzuheimsen oder Strafen zu empfangen, dachte damals noch niemand. Andererseits ist das menschliche Begehren, als Statist oder als Saalzuschauer an einer Fernsehshow teilzunehmen, mindestens so alt wie das Fernsehen selbst.



    :teufel: :engel:

    Naja...


    ... das Buch wäre an sich ganz nett, hätte der/die "Autor/in" nicht versucht, der frei erfundenen Geschichte einen pseudorealistischen Anstrich zu verpassen. In bester Erzähltradition alter Gespenstererzählungen sowie moderner Legenden vom A-friend-of-a-friend-told-me-Typus wurde nichts ausgelassen, um die Tatsache zu vernebeln, daß die tragische Geschichte der Idilia Dubb reine Fiktion ist.


    Pate standen hier wohl alte Legenden oder Sagen aus verschiedenen Teilen Europas, die sich alle um dasselbe Thema ranken - die Braut, die am Tage ihrer Hochzeit auf dem Gelände eines alten Gemäuers spurlos verschwindet und erst Jahrzehnte später (tot) aufgefunden wird. Die Geschichte der Idilia Dubb ist eine moderne und ins 19. Jahrhundert transferierte Adaption dieses alten Sagenstoffs.


    Eigentlich ist diese Verschleierungstaktik schade, denn trotz einzelner historischer Anachronismen und manchmal leicht unglaubwürdiger Schilderungen zum Ablauf sämtlicher Handlungsstränge ist die Geschichte gut geschrieben und spannend zu lesen. Sieht man von den kleinen Holprigkeiten ab, ist dem/der (angeblichen) Autor/in das Spiel mit den Erwartungen und dem unterschwelligen Wunsch der Leser, die Geschichte für wahr zu halten, recht gut gelungen. Man fragt sich aufgrund der Fülle an Details und der geschickten Kombination verschiedener authentisch aufgemachter "Quellmaterialien" (Amtsberichte, Zeitungsmeldungen, Tagebuch, Vorwort zur (angebl.) Entstehungsgeschichte etc.) unwillkürlich, ob nicht doch ein Fünkchen Wahrheit.....


    :rollen:


    .

    @ Alle:


    Ohne Tolkien gäbe es gar keine Vielfalt der deutschen Fantasy, also liegt wohl so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit darin, wenn die Mittelerdisierung den Ast der deutschen Fantasy absägen wird. Irgendwann wird die Völkerschlacht geschlagen sein, weil auch der letzte Leser begriffen hat, daß in einer Elbenserie á la Tolkien NICHT Tolkien drin ist, sondern daß es sich nur um gedruckte Fan-Fiktionen, sprich tolkieneske Adaptionen und Interpretationen seiner Stoffwelten handelt. Irgendwann werden diese immer neuen Aufgüsse von Splittern des Altmeisterkonzepts langweilig werden, die Verlage werden auf ihren Zwergenfluten sitzenbleiben und sich nach neuen Suchtmitteln umschauen, mit denen sie die fantasyhungrige Leserschaft anfixen können.


    Doch sie werden sich nicht in Deutschland umschauen, denn der deutsche Markt ist viel zu klein und verlagstechnisch gesehen viel zu unbedeutend, als daß es - von Ausnahmeerscheinungen mal abgesehen - deutschen Autoren gelänge, tatsächlich den Sprung auf den englischsprachigen Buchmarkt zu schaffen. Erfolg bei der englischsprachigen Leserschaft ist jedoch seit Jahrzehnten der einzige, wirklich bedeutsame Gradmesser für Fantasy im Verlagswesen.


    Insofern ist es egal, ob deutsche Autoren sich gerade Äste absägen, weil es ohne die vielen Völker Tolkiens ohnehin keinen Ast gäbe, auf dem sie sitzen können. Wenn die Elben, Orks und Zwerge ins Altersheim geschickt, sprich im Dutzend billiger verramscht werden, geht für die meisten dieser neuen deutschen Fantasy-Autoren ohnehin das Licht wieder aus - qualitativ ambitionierte Mittelerdevergangenheit hin oder her. Verlage werden sich erneut dem zuwenden, was sie ohnehin all die Jahrzehnte zuvor getan haben - sie werden jene Autoren ins Deutsche übersetzen, deren Bücher bereits auf dem englischsprachigen Markt erfolgreich waren/sind.


    Der Lesehunger auf Fantasy IN Deutschland wird nicht enden, aber der Lesehunger auf Fantasy AUS Deutschland wird früher oder später enden, unabhängig davon, ob sich diese Fantasy auf Mittelerde festlegt oder nicht. Wahrscheinlich ist es ein zwangsläufiger Teufelskreis. Neue deutsche Autoren haben als Mittelerdeautoren eine Chance, bei großen Verlagen herauszukommen, die ansonsten nur eingeführte Autoren verlegen und neue Autoren nur dann, wenn deren Bücher schon auf dem englischsprachigen Markt Erfolg hatten. Diese deutschen Autoren würden bei großen Verlagen nicht angenommen werden, wenn sie KEINE Mittelerdedestillate verfassen würden.


    .

    @ BigBen:


    Ich stimme Dir zu und auch wieder nicht. Das Buch zerfällt m.E. in zu viele Geschichten. Die zwar alle interessant sind, aber was fehlt, das ist die Klammer, die alle Teile zu einem als harmonisches Ganzes empfundenem Werk macht. Winchester wollte unbedingt über das OED schreiben, hatte aber das Problem, das schon viel über das OED geschrieben worden war - u.a. die Biographie über Murray. Die Gelegenheit, trotzdem über das OED zu schreiben, kam für ihn, als er auf das Schicksal des Dr. Minor stieß und Zugang zu den Bergen an Aktenmaterial über dessen Leben in der psychiatrischen Anstalt erhielt, die ihn jahrzehntelang beherbergte. Was diesen geisteskranken Mörder zu etwas Besonderem macht, ist jedoch nicht sein Leben, sondern seine Mitarbeit am OED. Im Grunde hat das eine mit dem anderen überhaupt nichts zu tun und genau das stört mich an dem Buch ein bißchen.


    Es ist natürlich schwierig, Lesern zu vermitteln, was für ein gewaltiges Unterfangen das erste OED war. Es ging um nichts mehr und nichts weniger als die komplette Erfassung und systematische Katalogisierung der geschriebenen und gesprochenen englischen Sprache. Samt Variationen und Dialekten sowie bis dahin nur mündlich tradierten Wortbedeutungen. Und es ging darum, herauszufinden, von welchem Autor bestimmte Wortbedeutungen geschaffen oder bestimmte Formulierungen zum ersten Mal schriftlich verwendet wurden. Hier kamen jene Mitarbeiter ins Spiel, die - wie Dr. Minor - Zugang zu möglichst alten, in englischer Sprache verfaßten Büchern hatten. Hier kamen aber auch alle Mitarbeiter ins Spiel, die fähig waren, mit manischer Akribie sämtliche, in einem Buch vorkommenden Wörter zu listen und im Kontext zu katalogisieren und korrekt zu zitieren - und das nicht nur bei einem Buch, sondern bei dutzenden und hunderten. Eine Arbeit, die nicht in Stunden getan war, sondern für die man letztendlich bereit sein mußte, sukzessive Tage, Wochen, Monate und Jahre aufzuwenden.


    Für meine Begriffe hat Winchester ein grandioses Thema verschenkt. Sein Buch handelt zwar von Genie, Wahnsinn und der Liebe zu den Wörtern, aber eben nur demonstriert an einer einzigen Person. Dr. Minor war jedoch nicht der einzige, etwas skurrile Mitarbeiter am OED, sondern es müssen derer dutzende, wenn nicht hunderte gewesen sein. Winchester streift immer mal wieder den Zusammenhang zwischen Obsession für Sprache und komplizierten Persönlichkeiten unter den Mitarbeitern, aber er traute sich wohl nicht recht, diesen Pfad weiterzuverfolgen und zum Generalthema zu machen. Statt sich auf einen, wenn auch schillernden, Mitarbeiter zu konzentrieren, wäre eine Geschichte aller freien Mitarbeiter am OED m.E. jedoch die passende, eigenständige Klammer gewesen, um dem Stoff eine harmonische Dimension zu verleihen.


    :belehr:

    @ Alle:


    Ist die Sprache eines Buches allein wegen der Verwendung zeitgenössischer Ausdrücke altmodisch? Renate Feyl pflegt einen sehr eigenwilligen, präzisen, darstellenden Stil, den sie in diesem Roman ins Beschreibende ausufern läßt und hin und wieder mit altertümlichen Formulierungen verbrämt. Sie schreibt stur im Präsens, mitunter im Perfekt und so gleicht der Roman weniger einer Erzählung denn einer aktuellen Reportage. Das erweckt den Anschein, aufgrund gründlicher Recherche im Besitz exakter Informationen zu sein und so beginnt man sich erst bei späterem Nachdenken zu fragen, wieviel von der sehr gefühlsbetonten und äußerst detailreichen, präzisen Beschreibung des Empfindungslebens der "Gottschedin" denn überhaupt authentisch sein kann?


    Im Rahmen der feyl'schen Sichtweise ist Viktoria Adelgunde Kulmus eine Frau, deren Schicksal dem vieler Frauen mit wissenschaftlichen Ambitionen und Meriten gleicht - ihr Nachruhm verblaßt gegenüber dem der, bzw. ihrer Männer, selbst wenn jene zu Lebzeiten unbedeutender waren als ihre Frauen. Auch wirklich bemerkenswerte Frauen, die von ihren eigenen Zeitgenossen anerkannt, geachtet und bewundert wurden, sind heute unverdientermaßen so gut wie vergessen. So gilt auch der gottsched'sche Nachruhm in erster Linie dem Wirken von Herrn Gottsched und nicht den Werken der "Gottschedin". Daß sich die Literaturgeschichte heute wieder für sie und ihre Werke zu interessieren beginnt und sie der Vergessenheit zu entreißen bemüht, ist u.a. Renate Feyl zu verdanken.


    Dennoch fragt man sich eben, inwieweit die Lebensbeschreibung der "Gottschedin" jenseits der historischen Eckdaten und der nachweislich vorliegenden Zeugnisse ihres Wirkens authentisch ist? Haben die geschilderten Erlebnisse so stattgefunden, den einen oder anderen wahren Kern oder sind sie Phantasie und auf der Basis der feyl'schen Analyse der Persönlichkeit der "Gottschedin" und ihrer Werke frei erfunden? Hat Viktoria wirklich so gefühlt, wie es beschrieben wird oder würde nur Frau Feyl sich so fühlen, wenn sie an ihrer Stelle wäre? War Herr Gottsched wirklich in jeglicher Hinsicht der bornierte Kleingeist und ein immer gleichgültiger werdender Haustyrann oder ist er so nur in den Augen von Frau Feyl, der es darum zu tun ist, ihn als Typus zu überzeichnen und eine Karikatur aus ihm zu machen, um im Kontrast dazu die "Gottschedin" als um so angenehmeren Menschen und wirklich bedeutende Wissenschaftlerin hervortreten zu lassen?


    Sofern sich keine Tagebücher der "Gottschedin" als Quellen erhalten haben, die Auskunft über ihr Gefühlsleben geben könnten, ist dessen Beschreibung wohl eher als nachempfindende und darum weitgehend moderne Interpretation zu betrachten. Es ist eine Theorie, daß sich die emanzipatorischen Bestrebungen einer Person auf germanistischem Felde auch in einer Veränderung ihres Beziehungslebens und ihrem Rollenselbstverständnis gespiegelt haben müssen und daß sich ein Mann, der sich im gemeinsamen Beruf von den Erfolgen seiner Frau überflügelt sah, durch boshafte Eifersüchteleien, Kleingeistigkeit und amouröse Affären an ihr gerächt hat. Vom heutigen, psychologischen Standpunkt aus betrachtet, erscheint es glaubwürdig, daß es so gewesen sein kann, aber - wie gesagt - was sagen die Quellen? Vielleicht gibt es sie gar nicht und vielleicht steht deswegen nicht "Biographie", sondern "Roman" auf dem Vorsatzblatt?


    Feyl steigert sich sehr in eine Täter-Opfer-Systematik hinein, die ins Karikaturhafte überzogen ist und damit bei genauerer Betrachtung etwas an Nachvollziehbarkeit einbüßt. Auf der einen Seite der selbstsüchtige Popanz von eigenen Gnaden, dessen feierliche Erhabenheit ihm zum alleinigen Selbstverständnis wird und der nicht zu begreifen scheint, wie peinlich und lächerlich er sich damit vielerorts macht. Und auf der anderen Seite die ambitionierte Literaturwissenschaftlerin und humorvolle Stückeschreiberin, die sich strebend bemüht, zugleich eine gute Hausfrau und Beziehungsgefährtin zu sein, an dieser Doppelrolle aber mangels Unterstützung durch den Ehegemahl und durch seinen zunehmenden Mangel an Respekt und Achtung ihren Gefühlen und ihrer Person gegenüber zerbricht. Doch war Frau Gottsched wirklich so häuslich, einsam, äußeren Dingen eher abgewandt und wenig selbstbewußt und selbstbestimmt, wie sie teilweise erscheint?


    Das Buch befaßt sich im Grunde nur mit der Beziehung zwischen Herrn und Frau Gottsched und der emotionalen Interaktion zwischen ihnen vor dem Hintergrund beider literaturwissenschaftlicher Ambitionen und Erfolge, ihrem Wirken und ihren Werken. Die "Gottschedin" muß jedoch eine wesentlich selbstbewußtere, eigenwilligere und tatkräftigere Frau gewesen sein, als sie im Buch dargestellt wird. Ein Element ihres wirklichen Lebens, das zudem in den gleichen Zeitraum fällt, in dem die Geschehnisse des Romans angesiedelt sind, glänzt durch vollständige Abwesenheit. Renate Feyl sind die zusätzlichen Facetten der "Gottschedin" selbstverständlich bekannt gewesen, schreibt sie doch andernorts: "... Adelgunde Kulmus, engagierte Übersetzerin und Dramatikerin, gründet 1744 in Königsberg eine "Frauenzimmer-Akademie", überschreitet damit kühn die Grenzen des Gewohnten und führt vor, was zwar längst noch nicht allgemein wirklich, wohl aber schon vereinzelt möglich ist. ..."
    Quelle: Renate Feyl, Der lautlose Aufbruch. Frauen in der Wissenschaft. (Verlag Neues Leben - Berlin 1981)
    Das besagte Werk behandelt die Rolle von Frauen in der Wissenschaft anhand von 11 Einzelbiographien, die den Zeitraum zwischen dem 17. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts abdecken. Wer Renate Feyl in Höchstform erleben möchte, dem sei dieses Buch zur Lektüre anempfohlen! Es ist ungeheuer intensiv geschrieben, sachlich, informativ und präzise, doch bei aller bissigen Ironie und Unversöhnlichkeit, die der männerzentrierten Wissenschaft gilt, überaus erfrischend zu lesen.


    Es ist ein zentrales Thema von Feyl, den Wissenschaften sowie der wissenschaftlichen Nachwelt vorzuwerfen, männerzentriert zu sein. Sie wird dessen nicht müde, die vielfältigen Hindernisse zu beklagen, denen Frauen sich in der Welt der Wissenschaft auf dem Weg zur Emanzipation immer wieder gegenübersahen - nicht immer, aber eben auch in Gestalt von Ehemännern. Womit Feyl zwar durchaus Recht hat, aber ihre Überzeugung der grundsätzlichen Benachteiligung von Frauen in der Wissenschaft scheint sie teilweise blind dafür zu machen, daß viele dieser bemerkenswerten Frauen - wie die "Gottschedin" ja auch - von ihren eigenen Zeitgenossen weit über die Grenzen der wissenschaftlichen Welt hinaus geschätzt, bewundert und anerkannt wurden.
    Die Autorin scheint sich nie so recht entscheiden zu können, was sie stärker gewichten und kritischer bewerten will - die Anerkennung und Achtung, die diesen Frauen zu Lebzeiten gezollt wurden oder den ausbleibenden Nachruhm und ihr späteres Fastanheimfallen der Vergessenheit, während selbst weniger bedeutenden männlichen Kollegen post mortem Denkmäler gesetzt wurden und sie bis heute unvergessen sind?
    .

    @ HoldenCaulfield:


    Mein Freundes- und Bekanntenkreis las mit Begeisterung Terry Pratchett und war voll des Lobes über seinen Schreibstil und seine phantastischen Einfälle. Mir war Pratchett bislang als Autor entgangen, weshalb ich mich in die Buchhandlung begab, um der Wissenslücke abzuhelfen.
    Das einzige Buch, das mir dabei in die Finger fiel, war "Strata". Ich las es und war schwer enttäuscht, denn weder am eher langweiligen Stil noch an den verkrampft auf "Wuhaha-Humor" gedrillten Einfällen war irgendetwas Besonderes, das den Autor über Kollegen heraushob, die gleich ihm auf dem Feld der parodistisch überhöhten Fantasy/SF mit Bezügen zur Gegenwart gründeln.


    Seither habe ich noch ein, zwei andere Bücher von Pratchett gelesen und sie als "ganz nett" empfunden - und insofern für wesentlich besser als "Strata". Und mir wurde von Freunden ans Herz gelegt, dem Autor neue Chancen zu geben. Was ich vielleicht auch tun werde, aber andererseits weiß nicht so recht. Ich kenne eine Erzählung von Pratchett, die wirklich amüsant geschrieben ist, aber in seinen Romanen erinnert mich zu vieles an die gleichsam prägende Strata-Erfahrung. Schade, aber es ist vielleicht doch so, daß das erste Buch, das man von einem bestimmten Autor liest, einem diesen Autor auf Dauer verleiden kann, wenn es so langweilig und einfallslos geschrieben ist wie - in diesem Fall - "Strata". :rollen:

    @ Teyla:
    Sind Dir vielleicht ein paar Namen aus dem Buch (halbwegs) erinnerlich - von Pferden, Hunden, Personen, Orten? War das Cover ein Photo oder eine Zeichnung?


    IRGENDWELCHE Namen! Das könnte vielleicht schon reichen, damit bei einem von uns der Groschen fällt. :zwinker:

    @ Wetterhexe:
    Dreililien... das könnte der Name gewesen sein, aber gelesen habe ich es nicht. :redface:


    @ Wannabe:
    Dein Vorschlag klingt zumindest ganz danach, als wäre es das. :zwinker:



    Anm.:
    Das Problem ist ja nicht nur, daß es so unglaublich viele Pferdebücher (für Mädchen) gab/gibt - die Sparte für Jungs ist überschaubarer - sondern auch, daß viele Verlage (z.B. der *Schneider Verlag*) immer schon außerordentlich großzügig darin waren, die Schauplätze von Handlungen gewaltsam einzudeutschen und sie ggf. in späteren Auflagen - oder wenn der Autor den Verlag wechselte - erneut zu ändern.

    Farley (Blitz) ist es keinesfalls, da stimmt allein "Deutschland" schon nicht. Aber das trifft ohnehin auf die meisten Serien zu, insbesondere auf die von Lauren Brooke und Bonnie Bryant (Amerika oder England).


    Soweit ich mich an die Bücher in den Regalen meiner Schwestern erinnere, klingt die Beschreibung wie eine Mischung aus verschiedenen Serien. War es denn der Teilband einer Serie? (@ Teyla)


    SH würde auf B&Z passen, aber da stimmt der Rest nicht.
    Reiterhof, Fuchsjagd, Freund, da würde "Britta" passen, wenn es statt dem Hovawart auch ein Schäferhund sein kann. Aber Eltern und Deutschland (SH) stimmen nicht, denn die Serie spielte m.W. in Schweden oder Norwegen.


    Es gibt eine Serie, die m.W. in Süddeutschland spielt. Ein Reitstall, der nach irgendeiner Blume benannt ist. Ansonsten fallen mir nur Autorinnen wie Lise Gast oder Ursula Bruns ein - aber deren Bücher sind sicher zu alt, um in Frage zu kommen, mal abgesehen davon, daß bis auf "Reiterhof" und "Deutschland" der Rest nicht stimmt.


    gaehn

    Wenn man Literatur geschlechtlich klassifizieren will, könnte man sich der offenbar recht problematischen "Männerliteratur" auch aus anderer Richtung nähern. Zunächst bestimmen, was "Frauenliteratur" ist - und alles andere ist dann automatisch..... :rollen:


    Der Schundroman Marke "Nackenbeißer", bei dem der männliche Leser jaulend in die Tischkante beißt und die weibliche Leserin vor Rührung und Sehnsucht zerschmilzt, gehört natürlich zur "typischen" Frauenliteratur. Weil männliche Überlegenheit ja sooo romantisch ist, wenn der Held den Drachen erschlägt und die Jungfer herrisch in seine Arme reißt, statt den Drachen mit einem pädagogisch wertvollen Vortrag davon zu überzeugen, seine Eßgewohnheiten neu zu definieren und der Jungfer nüchtern darzulegen, welches finanziell und beziehungstechnisch entwicklungsfähige Potential er repräsentiert - der Held, nicht der Drache.


    Aber Stop - ohne die Überzeichnung entspräche ersteres auch jenem Männer- und Frauenbild, das einst die für eine männliche Zielgruppe bestimmte Fantasy dominierte, was Autorinnen wie Zimmer-Bradley dann dazu bewog, zum Stift zu greifen und u.a. die "Frauen von Isis" zu schreiben.
    Es gibt "typische" Mädchenliteratur. Dazu wären "Hanni und Nanni", Bücher über Erste Liebe sowie Pferdebücher zu zählen. Bei letzterem bekäme man schnell wegen Walter Farley Probleme, der über Pferde schrieb, aber als Zielgruppe Jungs und keine Mädchen vor Augen hatte. Wogegen dann aber sofort alle Frauen protestieren würden, die Farleys Bücher gelesen haben und denen nicht bewußt war, daß es Jungensbücher waren.....


    Während ich Zweifel habe, ob man so etwas wie spezielle "Männerliteratur" überhaupt definieren kann, ist es bei "Frauenliteratur" einfacher:
    Schriftstellerinnen (a), die vom (b) einseitig positiv gewichteten weiblichen Standpunkt aus, (c) für Frauen als Zielgruppe über Frauen schreiben (d).
    Frauen als positiv gezeichnete Hauptpersonen, Männer bis auf Protagonisten mehrheitlich als Staffage und Punchingbälle, resp. lächerliche Gestalten. Kennzeichen ist überdies, daß Männer stets irgendwie vorgeführt werden. Während selbst hochneurotische Frauen mit emotionalem Tiefgang angenehm überraschen, werden der wehleidige Softie und der chauvinistische Macho als frauenfeindlich entlarvt, worauf Frau in die Arme des hartzarten, sensiblen Charmachos sinkt, der als DAS männliche Rollenvorbild propagiert wird.


    Zur "Frauenliteratur" gehört die Buchecke "Frauenliteratur" im Bücherladen. Sofern es nicht um Superfrauen wie Hera Lind und Nackenbeißer geht, könnte man vielleicht zur besseren Standortbestimmung der "Frauenliteratur" auch danach gehen, was "Frauenbuchläden" im Angebot führen. Allerdings müßte sich eine Feldforscherin mit ihrem Notizbuch dorthin auf den Weg machen, denn Männer könnten dort höchstens herausfinden, was es bedeutet, wegen ihres Geschlechts diskriminiert zu werden.


    :belehr:

    O grausame Jugend - oder wie-unterschiedlich-man-doch-ein-Buch-lesen kann... :rollen:


    Meiner Erinnerung nach ist nicht Gwendolyn die Hauptfigur, sondern Cat, denn die Geschichte wird aus seiner Perspektive erzählt. Und die biestige, opportunistische Gwendolyn, die zwar eine hervorragende Hexe ist, aber nur hexen kann, weil sie sich eines bösen, hinterhältigen Tricks bedient, ist auch nicht lange mit von der Partie, sondern verschwindet von der Bildfläche, was aber außer Cat niemand auffällt.


    Cat hat im Gegensatz zu Gwendolyn ein riesiges Problem, denn er lebt in einem Haushalt, in dem jeder zaubern kann - nur er nicht. Es passieren zwar eine Menge seltsamer Sachen, die ihm in die Schuhe geschoben werden, aber er kann nicht an ihnen schuld sein, denn er kann ja nicht zaubern. Oder vielleicht doch?


    Von Tag zu Tag häuft Cat, nachdem Gwendolyn verschwunden ist - was niemand wissen darf - mehr Ärger auf sein Haupt und weiß schließlich nicht mehr ein noch aus. Um sich von seinen Nöten zu befreien, trifft er folgenschwere Entschlüsse, die um ein Haar nicht nur sein Leben kosten, sondern die ganze bestehende Weltordnung in Gefahr bringen.


    Der kleine Drache mit seiner drolligen, altklugen Art ist zwar auch eine meiner Lieblingsfiguren, aber käme er öfter vor, wäre es ein Drachenbuch geworden.


    .

    @ Marypipe:
    "Populärwissenschaftliche Bücher" ja, aber im allerbesten Wortsinne von Sachbuch.


    Es gibt bei Sachbüchern ein Mittelfeld und einen Buchsumpf, deren Vertreter ebenfalls "populärwissenschaftlich" genannt werden, deren Fakten aber oft gründlicher, vorheriger Überprüfung bedürfen, wollte man ernsthaft mit ihnen arbeiten. "Populärwissenschaftlich" ist inzwischen ein so inflationär gebrauchtes Prädikat geworden, daß ich seine Verwendung deswegen oben absichtlich vermieden hatte.


    :elch:

    @ Doris & Schokotimmi:


    Meine Äußerungen sollten nicht so ankommen, daß ich die *Kurze Geschichte...* und die diversen Reiseberichte vergleichen würde oder das auch nur wollte.


    Die Gemeinsamkeit ist lediglich der Autor. Aber wenn sein Schreibstil bei einer Art Lexikon ebenso brilliant und amüsant ist wie es auf viele seiner Reiseberichte zutrifft, dann ist das eben ein zusätzlicher Anreiz, das Lexikon zu lesen, selbst wenn die Art der Inhalte nicht vergleichbar ist.


    Wenn man denn überhaupt vergleichen wollte, könnte man eher in umgekehrter Richtung vergleichen. Die Qualität der bryson'schen Reiseberichte besteht neben seinen drollig geschilderten Erlebnissen vor allem in seiner erfrischenden Art, Sachinformationen aus offiziellen (amtlichen) Reiseführern sowie sonstiger Fachliteratur in seine Erzählungen einzuflechten.



    Direkt vergleichen könnte man die *Kurze Geschichte...* höchstens mit ähnlich angelegten Büchern, also mit solchen, in denen sich Autoren darum bemühen, die Forschungsgeschichte und den Erkenntnisstand verschiedener Wissenschaften in verständlicher Form einem breiten Publikum zugänglich zu machen.


    Aus meinem angelesenen SUB könnte ich da nennen:
    (1) Isaac Asimov, Die exakten Geheimnisse unserer Welt. Kosmos, Erde, Materie, Technik. (New York 1984; München 1985 (1988/1993)).
    (2) John Gribbin, Schrödingers Kätzchen und die Suche nach der Wirklichkeit. (London 1995; München/Frankfurt 1996 (1998)).


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