Beiträge von Alice

    Dieses Abdriften in die sexuelle Schiene hat mir nicht gefallen.

    Man darf das glaube ich nicht ganz im gleichen (konkreten) Sinn verstehen, den solche Äußerungen bei Erwachsenen haben.

    Ich denke, es geht einfach darum, maximal beleidigend zu sein, und Kinder bekommen schon sehr früh mit, mit welchen Worten da die meiste Aufregung zu erzielen ist, nämlich mit Ausdrücken aus dem sexuellen Themenkreis (in den USA noch einmal mehr, so viel ich weiß..).

    Man höre nur mal in einen Kindergarten hinein - in unserer (traditionell ländlich-katholischen) örtlichen Einrichtung war das beliebteste Schimpfwort unter den kleinen Jungs vor 20 Jahren: "Doppelwichser". (Was auch immer sie darunter verstanden.)

    Natürlich ist das Verständnis bei 11Jährigen schon etwas weiter fortgeschritten, aber es ist doch bezeichnend, dass O erst mal genau das selbe Wort benutzt, das kurz vorher so viel "Erfolg" gezeigt hatte: "Hure".

    Ja, ich knabbere schon auch an diesem unbefriedigenden Ende - fürchte nur aber, dass das Ende eines Dramas nicht dazu da ist, um uns zu "befriedigen".

    Der Ausgang von "Othello" ist vorgegeben, eine gewisse "Adaptation" war hier aber sicher sinnvoll. Die genauen körperlichen Folgen für Mimi (Emilia stirbt im Original durch Jagos Hand) und Osei (er begeht dort Selbstmord) bleiben bei "Der Neue" offen, Dee ist zwar nicht gestorben, aber sicherlich ist "etwas in ihr gestorben". Im Original wird Jago am Ende durch Cassius "gerichtet" - Casper ist hier beim Schlussgeschehen zumindest anwesend und wird den Ablauf später bezeugen können.


    Delena und @Isa: Ihr fandet die "Verhaltensänderung" von Osei zu heftig; auch ich fand sie drastisch, aber dann doch zumindest (unter der Heftigkeit der aufgewühlten Emotionen) nachvollziehbar. Auch bei Shakespeare ist Othello als "sehr edler Charakter" beschrieben, der dann doch unter "feigen" Umständen seine Frau erdrosselt - in meiner konsultierten Inhaltsangabe (nein, ich hab auch nicht das ganze Ding gelesen.. ;) ) heißt es: "In Raserei".

    In der "modernen" Gesellschaft sind die brutalsten Waffen aber eben oft Worte.


    Ich hatte zum vorigen Abschnitt geschrieben, dass ich die Ausführungen zum Thema "Wut" interessant fand - hier lag wohl schon ein deutlicher Fingerzeig auf das Ende.

    Weil es mir am Ende dann doch sehr bedeutsam erscheint, zitiere ich doch hier noch mal aus Kapitel 4 (S. 145):

    "Er selbst geriet nicht so leicht in Zorn. Sein Vater hatte recht, wenn er sagte, Wut sei der bequeme Weg. Viel schwieriger sei es, sein Temperament zu zügeln und ein Problem mit maßvollen Worten und wohlüberlegten Taten zu lösen. ...

    Umso mehr wunderte sich Osei, als er merkte, dass nun die Wut in ihm hochstieg wie Wasser in einem Fluss. ... dann war das Wasser plötzlich überall, man konnte es nicht umlenken, wurde es nicht los."

    (Bezeichnenderweise merkt Osei auch genau an diesem Punkt, dass ihm seine Schwester Sisi, hier repräsentiert durch das "Erdbeermäppchen", aufgrund der längeren gemeinsamen Geschichte doch noch wichtiger ist als Dee..)


    Ich denke, dieses (Ur)Gefühl der Wut und das Geschick, mit dem Jago auf diesem Instrument spielt, indem er scharfsichtig alle schwachen Punkte ausnutzt, sind das Zentrum beider Dramen und führen sie zu ihren jeweils eigenen kulminierenden Katastrophen. Bei Shakespeare ist das ein Blutbad - bei Tracy Chevalier die zumindest weitgehende "Beschädigung" zweier vorher integerer (und dem Leser beide sehr sympathische, wie wir gemerkt haben..) Charaktere sowie der (momentane?) Sieg des "Bösen".


    Wenn ich also hier so schriftlich darüber nachdenke, muss ich zugeben, dass das Ende wohl doch nicht so unpassend ist, gerade, weil es uns so.. verletzt.

    (Gemäß meinem großen Vorbild Dodo oben.. : )

    Der Lieblings-Familien- Kuchen zu allen Feiertagen ist wohl Apfelkuchen; aber für Familien wird es in Deutschland bekanntlich finanziell immer enger..

    Damit hätte ich hier zumindest schon mal einen Fuß in der Tür und melde einstweilen an:


    Michael Tietz - Apfeldiebe

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Ich habe gerade auch das 3. Kapitel gelesen und finde die Struktur interessant: Passenderweise beschreibt bisher jedes der (insgesamt) 5 Kapitel ("Othello" hat ebenfalls 5 Akte - hab nachgeschaut.. ;)) das Geschehen in Zeitspannen außerhalb des Unterrichts, den Pausen, in denen sich das "Sozialgeschehen" ungehemmt von irgendwelchen Lehrkräften entfalten kann; wirklich eine Art "Miniatur-Othello" in vieler Hinsicht.


    Beeindruckend fand ich in diesem Teil die Beschreibung von Oseis Reaktion auf das Zurückbleiben seiner Schwester in New York. Hier wird völlig klar, dass die Mobbing-Aktionen an den diversen Schulen den Jungen lange nicht so unberührt lassen, wie er nach außen erscheinen mag, sondern ihn doch sehr belasten.

    Ohne dass Dee etwas davon mitbekommt, beginnt vor dem Hintergrund dieser Unsicherheit das ihm von Ian eingepflanzte Misstrauen zu wirken - in (wiederum verkleinerter..) Shakespeare'scher Parallele..

    Ich merke, wie ich mich selbst immer wieder daran erinnern muss, dass die Handlung in den 1970er Jahren spielt, wo Rassismus noch in keinster Weise subtil war. Die Gestalt von Oseis Schwester, die sich in der Black Power-Bewegung engagiert, finde ich ein interessantes zeitgenössisches Detail, das wohl keine Entsprechung bei Shakespeare hat (?!).

    Und wieder mal ein Buch mit sehr interessanten und detaillierten "Inneren Monologen" (wie viel lernen wir doch über die Charaktere genau daraus!) - wir hatten vor Kurzem mal eine Diskussion über Frank McCourts "Die Asche meiner Mutter": Genau diese Komponente hatte mir in dem Buch gefehlt.

    Ja - dass die Rufnamen der Hauptpersonen einfach ihre Initialen "D" und "O" sind, fand ich auch sehr gelungen!

    Die Schulhof-Sozialstruktur mit all ihren Prototypen ist sehr gekonnt und glaubhaft dargestellt, finde ich; ein Mikrokosmos wie ein Bühnenensemble, der sich, wie Ian voraussieht, in seinen Machtverhältnissen durch das Hinzutreten einer neuen Figur verschieben könnte..

    Meine Antworten wären im Augenblick (diskutiere noch.. ;):(

    - Jedenfalls nicht für 11-13-Jährige..

    - Nein, nicht unbedingt.

    - Ich denke, dass der Autor durchaus bestimmte Adressaten beim Schreiben im Kopf hat, ja, und darum die Komplexität anpasst - aber der Übergang von "jugendlich" zu "erwachsen" erfolgt ja auch nicht in einem einzigen Schritt, und Köpfe sind auch altersunabhängig verschieden, daher sind Überschneidungen sinnvoll.


    (Steckt noch nicht wirklich viel Reflexion hinter aber..)

    Hallo liebe Mitleser! :) (Soo schönes Wetter..)

    Nach Lesen der "Exposition" führt mein Kopf immer mal wieder eine Diskussion mit sich selbst:

    Ist das ein Jugendbuch (in der Beschreibung ist nichts vermerkt)?

    Inwieweit ist ein Buch mit jugendlichen Protagonisten (11? 12? 13? Jahre alt) immer (auch?) ein Jugendbuch?

    Was macht überhaupt (genau) den Unterschied aus - oder ist die Grenze (heutzutage) verschwommen??

    Für mich war die "männliche" Form (aarme Männer, haben keine eigene..;)) gleichzeitig auch immer die neutrale und hat so weibliche Personen eingeschlossen. Ich gebe auch meine Berufsbezeichnung immer schon so an.

    Diese Art von Sprachgefühl erodiert leider langsam durch die ständig ausdrückliche Verwendung der "-in"-Form und wird so wohl allmählich verschwinden.. ich bin allmählich eine Art Dinosaurier und frage mich dennoch, ob diese Veränderung aber wirklich produktiv ist - die englische Sprache verwendet meist auch nur die "Hauptform" und damit wird keinerlei "sprachliche Unterdrückung" assoziiert..