Ja, ich knabbere schon auch an diesem unbefriedigenden Ende - fürchte nur aber, dass das Ende eines Dramas nicht dazu da ist, um uns zu "befriedigen".
Der Ausgang von "Othello" ist vorgegeben, eine gewisse "Adaptation" war hier aber sicher sinnvoll. Die genauen körperlichen Folgen für Mimi (Emilia stirbt im Original durch Jagos Hand) und Osei (er begeht dort Selbstmord) bleiben bei "Der Neue" offen, Dee ist zwar nicht gestorben, aber sicherlich ist "etwas in ihr gestorben". Im Original wird Jago am Ende durch Cassius "gerichtet" - Casper ist hier beim Schlussgeschehen zumindest anwesend und wird den Ablauf später bezeugen können.
Delena und @Isa: Ihr fandet die "Verhaltensänderung" von Osei zu heftig; auch ich fand sie drastisch, aber dann doch zumindest (unter der Heftigkeit der aufgewühlten Emotionen) nachvollziehbar. Auch bei Shakespeare ist Othello als "sehr edler Charakter" beschrieben, der dann doch unter "feigen" Umständen seine Frau erdrosselt - in meiner konsultierten Inhaltsangabe (nein, ich hab auch nicht das ganze Ding gelesen.. ) heißt es: "In Raserei".
In der "modernen" Gesellschaft sind die brutalsten Waffen aber eben oft Worte.
Ich hatte zum vorigen Abschnitt geschrieben, dass ich die Ausführungen zum Thema "Wut" interessant fand - hier lag wohl schon ein deutlicher Fingerzeig auf das Ende.
Weil es mir am Ende dann doch sehr bedeutsam erscheint, zitiere ich doch hier noch mal aus Kapitel 4 (S. 145):
"Er selbst geriet nicht so leicht in Zorn. Sein Vater hatte recht, wenn er sagte, Wut sei der bequeme Weg. Viel schwieriger sei es, sein Temperament zu zügeln und ein Problem mit maßvollen Worten und wohlüberlegten Taten zu lösen. ...
Umso mehr wunderte sich Osei, als er merkte, dass nun die Wut in ihm hochstieg wie Wasser in einem Fluss. ... dann war das Wasser plötzlich überall, man konnte es nicht umlenken, wurde es nicht los."
(Bezeichnenderweise merkt Osei auch genau an diesem Punkt, dass ihm seine Schwester Sisi, hier repräsentiert durch das "Erdbeermäppchen", aufgrund der längeren gemeinsamen Geschichte doch noch wichtiger ist als Dee..)
Ich denke, dieses (Ur)Gefühl der Wut und das Geschick, mit dem Jago auf diesem Instrument spielt, indem er scharfsichtig alle schwachen Punkte ausnutzt, sind das Zentrum beider Dramen und führen sie zu ihren jeweils eigenen kulminierenden Katastrophen. Bei Shakespeare ist das ein Blutbad - bei Tracy Chevalier die zumindest weitgehende "Beschädigung" zweier vorher integerer (und dem Leser beide sehr sympathische, wie wir gemerkt haben..) Charaktere sowie der (momentane?) Sieg des "Bösen".
Wenn ich also hier so schriftlich darüber nachdenke, muss ich zugeben, dass das Ende wohl doch nicht so unpassend ist, gerade, weil es uns so.. verletzt.