Beiträge von Alice


    ..und auch wenn er auf die Strudlhofstiege zu sprechen kommt, geht er ins Detail. An einer Stelle, die ich natürlich nicht mehr weiß :redface:, kam sie mir vor wie der Übergang zwischen zwei Welten. Leider kann ich nicht mehr sagen, wodurch ich diesen Eindruck hatte, aber das kam sehr deutlich bei mir an.


    Auf den Seiten 330-331(2) betrachtet Melzer die Stiege und macht sie durch in-Zusammenhang-Setzen mit der Handlung quasi zu einer Art Hauptakteurin; auch endet der 2. Teil mit einer Bemerkung über die Stiege und deren "genius loci".
    An die Sache mit der (nicht nur räumlichen) Trennung von oben und unten durch sie kann ich mich auch erinnern - das steht aber anderswo genau so ausdrücklich, glaube ich.


    Sehr gut gefallen hat mir z.B. auch der Gedanke vom Cafehaus als Rest der Idee des Römischen Forums einige Seiten weiter.


    Aber auch wieder so ein bildlicher Vergleich, der so überhaupt nicht "meins" ist, weil er mMn mehr Effekthascherei als wirkliche bildliche Vorstellungshilfe ist:


    ".. einen Querschnitt etablierend, der gleichsam mit einer Nagelschere aus der wallenden Wand der Zeit geschnitzelt war.."


    (Ich kann aber iwie auch nachvollziehen, wenn jemand so was gerade "toll" findet - das fällt wohl einfach unter "Geschmacksunterschiede", denke ich.. ;) )

    (War eine Woche weg, hab aber wohl glücklicherweise den Anschluss nicht verloren.. :zwinker:)


    Tja, das ist wohl das Thema des Buches. Mehr oder weniger eindeutige Beziehungen, gerade unter den jungen Leuten. Sie kosten aus, was in der damaligen Zeit vielleicht sogar gesellschaftsfähig wurde, nämlich ein zunehmendes Maß an Freiheiten, die ihnen solche Liebschaften ermöglichten. Wenn auch die Eltern etwas dagegen hatten. Aber die begleitende Tante als Anstands-Wau-Wau hatte ausgedient.


    Da habe ich mich oben wohl ein wenig zu ungenau ausgedrückt; nicht die Tatsache, dass amouröse Verwicklungen das Thema sind, "nervt" mich, sondern die Art, wie sie beschrieben werden.
    Mein Hauptproblem mit dem Buch ist, dass sich kaum glaubhaft beschriebene echte Zuneigung zwischen irgendwelchen der beschriebenen Personen findet - alles bleibt auf kalte Weise sehr.. abstrakt. So tauchen zwar mal die Worte "geschwisterlich zugeneigt" auf - wirklich "rübergebracht" wird da aber nix (für mich jedenfalls..), es wird nur.. ausgesagt.


    Von Doderer scheint Probleme mit zwischenmenschlichen Beziehungen zu haben - seine Figuren jedenfalls kreisen meist nur um sich selbst. (Eine gewisse Ausnahme sind für mich einige Passagen über Paula.)


    Auch Andere sahen ja die "starken" Stellen eher bei den Beschreibungen - das geht mir genauso.

    Ok - gerade versöhnt. Hat ja ziemlich geknirscht bei mir, der Leseanfang.. ;) - aber die zweite Hälfte des 2. Teils fügt die Dinge für mich jetzt allmählich zusammen. Das Buch wächst für mich erst jetzt zu einer Einheit zusammen, und viele Szenen, die mir beim Lesen zunächst wie eine willkürliche Aneinanderreihung erschienen sind, "fallen an ihren Platz".
    Keine Ahnung, woran das liegt - eher am Buch oder an mir und meiner Ungeduld?? - aber halte das hier nur mal fest, um eventuell erfahren zu können, ob es noch jemandem so geht!?
    Spezielle Dinge, die mir aufgefallen sind oder die mir gefallen haben, hebe ich mal auf, bis ich mich hier nicht mehr so vorwitzig allein fühle und pausiere erst mal am Ende des 2. Abschnitts.
    (Hab gerade relativ viel Zeit zum Lesen, da krank, muss aber zwischendurch auch immer mal andersartige Lesekost einschieben..)

    Wenn dieses Stilmittel eingesetzt wird, dann doch meist schon am Anfang. In dem Zusammenhang frage ich mich, ob das Buch autobiografische Züge hat. Ist euch dahingehend etwas bekannt?


    Hab dazu das hier gefunden..
    Fand's auch auffällig, dass bei René öfters Szenen beschrieben werden, bei denen er allein seinen Gedanken nachhängt und frage mich, ob sich das Geschehen denn später noch mehr auf den Major Melzer fokussieren wird, um den Untertitel zu rechtfertigen..?!

    So - ich befinde mich jetzt ziemlich genau in der Mitte des 2. Abschnittes. Habe mein Lesetempo etwas gezügelt, um die guten (subjektiv natürlich..) Stellen nicht zu verpassen und mir durchaus auch bewusst zu machen, was mir gefällt - und was nicht. Was gar nicht so einfach ist - denn manchmal schrammt der Autor da hart über von mir gefühlte stilistische Grenzen.. und manchmal ist der Inhalt der Aussagen die Emphase wert und manchmal (zumindest in meinen Augen..) auch nicht so sehr..
    Im Versuch, mich verständlich zu machen, ein paar Textbeispiele dazu:


    "Nicht eigentlich wohlhabend, verfügte er so unter den jungen Leuten am meisten über Geld, auf jeden Fall über weit mehr wie [sic] die Söhne der reichen und großen Häuser, die ja nie welches kriegen. Denn dort ist das Geld ja sozusagen schon in seinem Höhepunkte überschritten und gilt als etwas Schädliches, ja fast Unanständiges, was offenbar mit den Erfahrungen zusammenhängen muß, die man beim Bergaufgehen gesammelt hat."
    gute Beobachtung - unaufdringliches Bild. :smile:.


    "Ingrid, wie sie da vor dem Bücherkasten stand, erschien Asta plötzlich wie eine aufgeweichte Semmel. Gewissermaßen um einer Art geistesabwesender Hartnäckigkeit zu begegnen, welche auch aufgeweichte Semmeln in paradoxer Weise manchmal zeigen, fragte sie jetzt ihrerseits dazwischen..."
    geistesabwesende Hartnäckigkeit bei Kleingebäck?? Der Vergleich damit allein hätte auch genügt, der Rest erscheint mir dann doch etwas.. überzogen..?! :-/


    "Die Mama Schmaller hatte es auch längst aufgegeben oder eigentlich nie versucht. Sie war eine jener zerflossenen Patzen von Ergebenheit, wie solche Männer ihn eben im reiferen Alter zurücklassen als Rest der Frau ihrer einstigen Wahl und Umwerbung, eine dickliche Sauce mit wenigen kleinen Brocken des längst zertrümmerten Charakters, die man ungerechterweise solchen Damen leicht übelnimmt, einfach deshalb, weil diese noch relativ festeren Stellen jetzt schon als etwas ganz und gar Sinnloses und ohne Zusammenhang sich präsentieren."
    Ja! Ja, wir wissen, was Du meinst, Heimito (auch wenn's ein wenig unbarmherzig ist - aber Dein Blick ist ja eher nie "liebevoll") - hier scheiden sich wahrscheinlich die Geister; vor allem die letzte Aussage ist ja recht hellsichtig, aber das verwendete Bild doch fast ein wenig.. sehr/zu? konkret?? Inmitten des ganzen.. Wortgestrud(e)ls??


    Meine ganz private Wortliste enthält dann auch sehr verschiedene Wörter: Neben den "geschliffenen" lateinisch oder französisch basierten Vokabeln auch eine Reihe sehr bildhaft-volkstümlicher Ausdrücke ("dasig", "verplahzt", und eben diese "Patze"..).
    Dazu auch der zweitletzte Absatz hier.. (Überhaupt ist der ganze Artikel ganz interessant als Background, finde ich..)


    Langsam differenzieren sich ja die Personen ein wenig - aber bis auf eventuell Asta und Paula (gewöhnungsbedürftig auch die nicht nur etwas arrogante Art der Betrachtung von Standesunterschieden, die sich ab und zu (schon mal??) andeutet.. zeitgeistig..) erscheinen eigentlich alle weiblichen Charaktere durchaus unsympathisch (oder??). Die schon eingangs von mir empfundene innere Distanz des Autos zu all seinen Charakteren setzt sich fort..


    Die amourösen Verwicklungen nerven (mich?) eher ein wenig - dabei besteht eine ziemliche Diskrepanz zwischen "offizieller Wahrnehmung" und dem, was sich, mehr oder weniger direkt "angedeutet", wirklich abspielt.. Zeitgeist wahrscheinlich.
    Also - ein Lese-Sog entsteht jedenfalls nicht bei mir - weder in Bezug auf Emotionales noch in Bezug auf irgendeine Handlung. Lag aber wohl auch nicht in der Absicht des Schöpfers dieses literarischen Kunstwerkes (im wörtlichen Sinne??).


    (Spoiler entfernt)

    Ja - ist schon eine exklusive kleine Gesellschaft, diese Gruppe von oft müßigen jungen Herren (ist ja auffällig, dass mindestens 2/3 der auftretenden Personen männlich sind??) der besseren Gesellschaft. Und die paar Damen, um die sie sich drehen..


    Interessant an den beiden Zeitebenen ist, dass der Erste Weltkrieg völlig ausgeklammert wird (obwohl Majore u.Ä. eigentlich zuhauf auftreten.. ;) ) - ein einziges Mal habe ich bis jetzt die kurze Anspielung "nach seiner Gefangenschaft" gelesen..


    Kandida, Doris: Vielen Dank für das Herausstellen der Szenen, die Euch gefallen haben. Das bringt mich zu mehr "Achtsamkeit".. ;)


    schokotimmi: Ja - genau wegen des Bildes der Wiener Gesellschaft zu dieser Zeit möchte ich das Buch auch lesen.


    Allein schon die Nationalitäten innerhalb der Gruppe "ausgesuchter" junger Männer ist wahrscheinlich typisch: Ein Rumäne, ein Pole und ein "halber" Ungar.. (jaaa, Österreich war größer damals..), dazu die Schweizerin und all diejenigen, die ich wahrscheinlich überlesen habe.. *g* - soviel dazu, dass wir uns heute für "weltläufig" halten.. ;)

    Ich habe zwar (bis jetzt 3) Bücher von Ortheil sehr gerne gelesen, muss aber gestehen, dass mich dieses hier genervt hat.
    Vielleicht liegt das auch an der Form des fiktiven "Interviews", bei der der Gesprächspartnerin (naturgemäß?) nur die Rolle der blassen Bewunderin zufällt und dem Autor die des Selbstdarstellenden auch bis in äußere Details?!
    Irgend jemand benutzte das Wort "Selbstbeweihräucherung" - genau so habe ich es auch empfunden.


    Ansonsten ist es natürlich interessant, zu erfahren, was jemand liest, dessen Bücher man gelesen hat.. :)

    Ich muss sagen, dass mich die 2. Hälfte des 1. Teiles ein wenig.. ermüdet hat - aufgefallen ist mir dennoch, dass der Autor den Leser gern mit einer neuen Person in ein neues Setting wirft und dann erst später erklärt, wer und was eigentlich ist..? Muss ich das als "Kunstgriff" verstehen oder darf ich es als "Ärgerlichkeit" bezeichnen?
    Versteht eigentlich jemand, wieso einige Personen immer nur mit abgekürztem Namen auftauchen (Mary K., Kajetan von S.(?)), während andere ihn vollständig behalten dürfen? Soll das Diskretion&Authenzität suggerieren (an echte glaub ich jetzt erst mal nicht?!) - ich find es ein wenig.. nervig.


    Liebe Mitleser - helft mir auf. Auch die entzückenden örtlich/zeitlich besonderen Wörter sind in der 2. Hälfte deutlich zurückgegangen (oder sind sie mir im ermüdeten Zustand nur weniger aufgefallen?) - hab mal eine kleine Liste gemacht:
    zulänglich
    Schafblattern (für Windpocken.. ;) )
    Geweid
    vindicieren
    dieserhalb
    Perorierung
    Ritornelle
    voiliert...
    ganz entzückend.. :smile:


    Inzwischen geht es mir aber so, dass ich gerade reduzierte Motivation für die weiteren 700 Seiten verspüre..
    Ich hab' wenig Probleme mit langen Sätzen oder gewundener Ausdrucksweise, wenn beides passend ist und nicht Selbstzweck - ich bin ein großer Fan von passender Sprache.
    Je älter ich werde, desto mehr stelle ich allerdings fest, dass mir eine scheinbar einfache, in Wirklichkeit aber sehr überlegte Sprache oft besser gefällt - hier erscheint mir Vieles einfach manieriert.
    Zwischendurch gibt es immer mal wieder eine Aussage, die das Ganze rausreißen könnte - wenn man sie denn im allgemeinen Gedränge der Wörter wirklich wahrnimmt.


    Wie ich es zuweilen tue, hab ich auch diesmal in die a..-Leserrezensionen geschaut (finde immer, die interessantesten sind oft die sehr unterschiedlich bewerteten Bücher.. ;) - hier mal, falls erlaubt, ein Link zu den 3 "mittelmäßigen" Rezensionen (etwas runterscrollen..), in denen Einiges steckt, was ich im Augenblick auch schon so empfinde, aber mich nach nur 200 Seiten noch nicht ganz traue, in Worte zu fassen. Wie gesagt: Vielleicht könnt Ihr ja auch "meinen Blick schärfen".. :


    Externe Rezis ganzes Buch

    O ja, oje - ich werd' Euch brauchen, liebe Mitleser! :smile:


    Ich will diesen Roman lesen - wegen der Beschreibungen des Wiens der 1920er in Ort, Lebensgefühl und Geschichte (vorher) und nach Lesen der ersten Hälfte des 1. Teils (bin ca. auf Seite 80..) auch wegen der stilistischen und inhaltlichen Erzählideen*, die mir bis jetzt schon in einiger Zahl begegnet sind.


    Der Stil erscheint mir (auch nach damaliger Mode??) ein wenig verschwurbelt-eloquent - laaange Sätze und viele Einschübe in den Sätzen - damit komme ich zurecht und mitunter bereitet das "Kunstvolle" daran ja auch Freude. Hat was Thomas-Mann-artiges zuweilen, wenn ich mich recht erinnere (ist schon eine Weile her..).
    Womit ich als jemand, der Bücher gern "mit Kopf und Herz" liest, bei einem Roman weitaus schlechter zurechtkomme, ist die spöttisch-sezierende innere Distanz, die der Autor gegenüber allen seinen Protagonisten einnimmt, obwohl es ja sehr oft um "Gefühle" geht. Die dann auch oft sehr genau und analysierend auf eine Art beschrieben sind, die für mich von vorne herein klarmacht, dass alle Charaktere immer vor allem "Prototypen" sind und nicht Individuen.
    Das macht es für mich (oder generell?) sehr schwierig, irgendeiner der Personen gegenüber eine "empathische" Haltung einzunehmen. Ich fürchte, das wird sich im Laufe des Romans nicht ändern - und da eben dieses Mitfühlen einen oft geradezu durch einen Roman "zieht", werde ich Euch unbedingt brauchen!!


    *

    Mir hat's im Gegenteil wirklich sehr gut gefallen - stimmt, in der "Handlung" ist nicht andauernd wahnsinnig viel "Action", aber es handelt sich ja auch um die Annäherung und Analyse zweier sehr zurückhaltender Personen..
    Für eine genauere Besprechung (könnte ich bei Interesse an einer alternativen Bewertung nachholen) müsste ich mehr aus meinem "Hinterkopf" holen, kann aber sagen, dass sie für mich sicher bei
    4,irgendwas Ratten läge.