Ein Trilogieauftakt, dessen Bewertung sich für mich nicht einfach gestaltet. Justin Cronin kann fesselnd und lebendig erzählen. Er schafft es ausgezeichnet, Bilder in meinem Kopf entstehen zu lassen.
Schwer getan habe ich mich jedoch besonders mit der erzählten Zeit. Teilweise wird ein Tag im Leben der Protagonisten mit enormer Detailverliebtheit vom Morgen bis zum Abend erzählt, dann gibt es plötzlich wieder Zeitsprünge über Wochen oder sogar Jahrzehnte hinweg. Besonders heftig empfand ich dabei den Sprung zwischen der Flucht von Wolgast und Amy zum Leben in der Kolonie etwa Hundert Jahre später und das Ende,
als Peter und Co. in wenigen Sätzen in die Kolonie zurückkehren und dabei so gut wie unbehelligt von den Virals bleiben
.
Diese Sprünge haben zudem zur Folge, dass Charaktere über hunderte Seiten nicht mehr auftauchen oder ganz von der Bildfläche verschwinden. Figuren, die mein Interesse geweckt haben wie etwa Wolgast, Grey oder Carter (John Coffey aus "The Green Mile" lässt grüßen ) waren somit plötzlich raus aus dem Spiel, bzw bekommen möglicherweise erst in den Nachfolgebänden wieder größere Auftritte. Irritiert hat mich, dass die Lebensgeschichte einiger Charaktere wie Sanjay, Galen etc. so lang ausgebreitet wurde, obwohl sie für die eigentliche Handlung kaum eine Rolle spielen. Demgegenüber blieben andere Charaktere, die eine größere Rolle einnehmen wie Hollis oder Theo recht blass. Selbst Amy geht über weite Strecken der Handlung unter und schwankt von Kapitel zu Kapitel zwischen Kind und Superfrau. Nicht ganz begreifen konnte ich, wieso ihr besonderer Einfluss auf Tiere, den sie im Zoo demonstriert, später nicht mehr aufgegriffen wurde ("Harry Potter" meets "Der Schwarm" )
Zudem baut Cronin einige Male durch Vorausdeutungen Spannung auf, die dann letztlich nicht erfüllt wird ( Bsp Dunkle Nacht in der Kolonie). Dies liegt auch an seiner Vorliebe dafür, zunächst das Ergebnis und dann die Entwicklung dorthin zu schildern.
Auch wenn Vieles so wirkt, als habe sich Cronin munter bei "I am Legend" und Co. bedient, konnte mich der Stil des Autors und die Geschichte an sich begeistern. Die düstere Atmosphäre hat mich in den Bann gezogen und so lasen sich die über tausend Seiten erstaunlich flott. Für den zweiten Band erhoffe ich mir mehr über Amys Innenleben zu erfahren und die eine oder andere Begegnung mit den von mir geschätzten Charakteren. Außerdem sehe ich, was den Gruselfaktor im Bezug auf die Konfrontationen mit den Virals angeht, noch etwas Luft nach oben.
Insgesamt war "Der Übergang" (den Titel finde ich nicht unbedingt ideal gewählt) definitiv ein Lesevergnügen für mich. Dennoch glaube ich, dass im Hinblick auf die Nachfolger noch Potenzial für mehr da ist.