Beiträge von Vandam

    PS: Mir war nicht klar, dass ich hier beim Thema nur den Haupttitel und keinen Untertitel nennen darf. Das hab ich dann ja wohl gefühlte 20 Jahre falsch gemacht. :D Danke, liebe Valentine, fürs Ändern. Ich werde die Vorgaben beherzigen, Oder, sagen wir, ich werde mich bemühen.

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    Johan Eklöf: Das Verschwinden der Nacht. Wie künstliches Licht die uralten Rhythmen unserer Umwelt zerstört, OT: Mörkermanifestet. Om artificiellt ljus och hotet mot en ursprunglig rytm, aus dem Schwedischen von Ulrike Strerath-Bolz, München 2022, Droemer Verlag, ISBN 978-3-426-27882-6, Hardcover mit Schutzumschlag, 237 Seiten, Format: 13,2 x 20,9 x 2,4 cm, Buch: EUR 22,00 (D), EUR 22,80 (A), Kindle: EUR 18,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    „Wenn wir unsere Abende und Nächte heller machen, verwirren wir nicht nur den zirkadianen Rhythmus der Tiere, sodass sie nicht mehr wissen, wann sie sich verstecken und wann sie auf die Jagd gehen sollen. Wir nehmen darüber hinaus sowohl den Beutetieren als auch den Räubern die Möglichkeit, ihre Verstecke zu tarnen.“ (Seite 126)


    Es ist ja schön für uns Menschen, dass vor rund 150 Jahren jemand die Glühbirne erfunden hat. Für die Natur ist das allerdings weniger gut. Hätten wir auf damaligem Niveau weiter vor uns hingefunzelt, wären die Auswirkungen vermutlich nicht so dramatisch verlaufen. Aber wir haben uns lichttechnisch enorm weiter entwickelt, fast überall auf der Welt die Nacht zum Tag gemacht - mit gravierenden Folgen für die Tier- und infolgedessen auch für die Pflanzenwelt.


    1/3 aller Wirbeltiere und 2/3 aller Wirbellosen sind nachtaktiv. Wir Menschen sind in der Dunkelheit nicht zu Hause sondern eher „zu Besuch“. Und weil uns die Dunkelheit fremd, unheimlich und lästig ist, beleuchten wir den Planeten, ohne Rücksicht auf Risiken und Nebenwirkungen.


    Kunstlicht verwirrt die Tierwelt


    Lebewesen haben einen „zirkadianischen Rhythmus“, eine innere Ernährungs- und Schlafuhr. Und dieser Rhythmus folgt dem Rhythmus zwischen hell und dunkel. Das war schon bei den ersten Mehrzellern vor Millionen von Jahren so, Und seitdem erwarten die Körper der Lebewesen „Licht und Dunkelheit in sich wiederholenden kurzen und längeren Rhythmen.“ (Seite 20). Schlafen, wach sein, Beute machen, sich fortpflanzen, all das richtet sich danach. Künstliches Licht, das es draußen zur Unzeit hell werden lässt, bringt dieses System durcheinander.



    Das Timing stimmt nicht mehr


    Künstliches Licht kann bei Insekten auch die Bildung von Pheromonen hemmen oder bewirken, dass potenzielle Partner einander nicht mehr sehen und erkennen können, wenn sie dabei auf Dämmerung oder Dunkelheit angewiesen sind wie z.B. die kreideweiße Geistermotte oder die Glühwürmchen. Wie sollen die in einer zu hellen Umgebung zueinanderfinden? Das geht den Heuschrecken ganz ähnlich: Die zirpen aufgrund von zu viel Helligkeit überhaupt nicht mehr oder zur falschen Zeit. Dadurch locken sie keinen Partner an, sondern Fressfeinde. Und manche Insekten denken, es sei dauernd Vollmond und trauen sich aus Angst davor, gesehen und gefressen zu werden, gar nicht mehr vom Boden weg.



    Selbst Pflanzen kommen durcheinander


    Sogar Bäume können durch künstliches Licht durcheinanderkommen und „vergessen“, ihre Blätter abzuwerfen, weil sie „glauben“, dass noch immer Sommer sei. Die globale Erwärmung plus die Lichtverschmutzung verstellen die innere Uhr vieler Pflanzen, so dass das Timing zwischen den Blüten und denen, die die Blüte brauchen, nicht mehr stimmt.


    Frisch geschlüpfte Meeresschildkröten, die eigentlich dem Mondlicht folgen und vom Strand ins Meer eilen sollten, halten die hell erleuchtete Stadt für ihr Ziel und wuseln in die falsche Richtung. Ihr Todesurteil. 200 Millionen Jahre alte Instinkte werden durch unser künstliches Licht mal eben außer Kraft gesetzt.


    Borstenwürmer, Seefedern, Fische, Krabben und Weichtiere, die abhängig vom Zu- und Abnehmen des Mondes sind, um zu wissen, wann es Zeit ist, eine neue Lebensphase einzuleiten, werden verwirrt, und nichts klappt mehr, wie es soll. Aber auch im Wasser gibt’s Profiteure: Orcas folgen Fischerbooten und können so ohne Sonar in deren Scheinwerferlicht jagen.


    Damit schaden wir uns selbst


    Für alle, die jetzt meinen, das sei ja nur ein Problem „einiger Viecher“, haben Biologen und Ökonomen den Begriff der „Ökosystemdienstleistungen“ geschaffen. Damit bewerten sie das, was Tiere in freier Natur „leisten“ in Euro und Cent. Es ist erstaunlich, was allein die „Arbeit“ der Fledermäuse für uns wert ist. Schließlich betreiben sie Schädlingsbekämpfung, bestäuben Pflanzen, verbreiten Samen, produzieren Dünger und weil sie die Anopheles-Mücken vertilgen, die Malaria verbreiten, sind sie auch noch in der Gesundheitsvorsorge tätig. Wenn wir also Tieren wie den Fledermäusen das Leben schwer machen, schaden wir auch uns selbst.


    Aber tun wir das nicht sowieso? Durch „Festbeleuchtung“, Schichtarbeit und Medienkonsum stören wir unseren eigenen Melatoninzyklus. Wir werden nicht zur richtigen Zeit müde und bekommen zur falschen Zeit Hunger – und das kann zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen.


    Was können wir tun?


    Wir können nicht 150 Jahre zurückgehen und der Welt ihre Nacht zurückgeben. Aber es gibt technische Mittel, die die Auswirkungen der künstlichen Beleuchtung auf die Natur etwas abmildern. Vereinzelt setzt ein Umdenken ein. Es gibt „Dark Sky Parks“ – und es gibt mancherorts gesetzliche Bestimmungen, die die Lichtemission in die Atmosphäre regeln. Und wir erfahren auch, was jeder einzelne von uns tun kann, um die Lichtverschmutzung zu verringern.


    Ein Freund der Finsternis 😉


    Wissenschaftlich fundiert und aus eigenem Erleben erzählt der Autor – Zoologe und Fledermausforscher – anschaulich von der gefährdeten Dunkelheit. Das macht er spannend und mitreißend. Man hat regelrecht das Gefühl, man begleite ihn auf seinen nächtlichen Streifzügen durch die Natur. Gut, gegen Schluss hatte ich ein bisschen den Eindruck, dass jetzt noch ein paar Seiten gefüllt werden mussten. Er macht das mit astronomischen, philosophischen und architektonischen Betrachtungen der Dunkelheit. Das hatte ich hier nicht erwartet und ich habe diese Kapitel auch eher quergelesen. Bei „dunkler Materie“ und dergleichen steige ich intellektuell sowieso aus. Ich war ja auch in erster Linie an der Wirkung des Kunstlichts auf die Biologie interessiert und daran, ob und wie noch was zu retten ist.


    In seinem zweiseitigen MANIFEST FÜR DIE DUNKELHEIT appelliert Eklöf an uns und unsere Mitwirkung. Ich werde mich bemühen, so viel wie möglich davon zu beherzigen.


    Der Autor


    Johan Eklöf (*1973) ist promovierter Zoologe und einer der profiliertesten schwedischen Fledermausexperten. Er lebt im westlichen Teil Schwedens, arbeitet als Naturschützer und berät Behörden, Stadtplaner und Organisationen zu den Themen Nachtökologie und naturfreundliche Beleuchtung.


    Die Übersetzerin


    Ulrike Strerath-Bolz übersetzt seit mehr als 30 Jahren Sachbücher und Romane aus dem Englischen, Französischen und den skandinavischen Sprachen. Zu „ihren“ Autor*innen gehören u. a. Richard Rohr, Terry Eagleton und Mike Wiking, aber auch Barbara Erskine und Mary Higgins Clark.

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    Gloria Gray: Grüße aus Bad Seltsham. Vikki Victorias zweiter Zwischenfall. Krimi, München 2022, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3 423 22019 4, Klappenbroschur, 384 Seiten, Format: 12 x 3,5 x 19,2 cm, Buch: EUR 11,95 (D), EUR 12,30 (A), Kindle: EUR 9,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    Politisch korrekt war die Künstlerin Vikki Victoria (42 ½) ja noch nie. Tatsächlich ist die attraktive Trans-Frau ziemlich genervt von manchen Entwicklungen, die sie für übertrieben hält. Wieso entscheiden nicht die Betroffenen selbst darüber, was sie als verletzend empfinden, sondern irgendwer? Sie zum Beispiel juckt es wenig, dass Adi Dietz, der Chef des Teleshopping-Senders, für den sie jetzt arbeitet, sie in einem privaten Chat mit dem Kollegen Kreischke als „Quotentranse“ bezeichnet hat. Privat kann jeder meinen, was er mag. Da steht die Vikki drüber.


    Mit einem Sh*tstorm fängt alles an


    Blöd nur, dass Olaf Kreischke diesen privaten Chat ins Internet stellt. Das gibt einen Sh*storm vom Feinsten. Alle Welt regt sich darüber auf – vor allem über Vikki Victoria, die nicht den taktlosen Dietz als Bösewicht sieht, sondern den indiskreten Kreischke. Eine private Nachricht, und sei sie noch so dämlich, hat privat zu bleiben, basta. Dazu steht Vikki auch ganz öffentlich in einer TV-Talkshow. (Das dort talkende Gruselkabinett ist der Brüller. Sie schildert den Verlauf der Sendung aber auch ohne jede Selbstzensur!)


    Als sie am nächsten Arbeitstag in den Sender kommt und mit Olaf Kreischke über die Talkshow reden will, kommt sicherheitshalber ihr guter Kumpel und Ex-Lover Wolf mit – der kultivierte Antiquitätenhändler und Chef der Rockergang „Switch Blades“. Wie’s der Teufel will, finden die beiden „den Olaf“ tot in seinem Büro – brutal ermordet!


    Leichenfund und Mordverdacht


    Obwohl sie alles richtig machen und sofort den Portier und die Polizei alarmieren, geraten sie unter Verdacht. Schließlich ist es ja durch alle Medien gegangen, dass Vikki nicht gut auf Olaf Kreischke zu sprechen war. Aber so wichtig, dass sie wegen dieser geleakten Beleidigung jemanden umgebracht hätte, war der Vikki die Sache doch gar nicht. Sie ist schon vor Jahren zu dem Schluss gekommen, dass es manchmal gescheiter ist, nichts zu unternehmen und eine Sache einfach auf sich beruhen zu lassen. (Wobei sie sich manchmal die Frage stellt, was eigentlich aus den Problemen wird, um die sich keiner schert.)


    Des Mordes verdächtigt zu werden, kann man natürlich nicht schulterzuckend ignorieren. So viel, dass sie Vikki und Wolf dabehalten können, hat die Polizei zum Glück nicht gegen sie in der Hand, und so können die beiden, unterstützt von Vikkis junger Influencer-Nachbarin Kathi und den Switch-Bladern, der Sache selbst nachgehen. Warum war Kollegin Mindy gar so erschüttert über Olafs Tod? Und wieso glaubt sie plötzlich doch, dass Vikki etwas mit dem Mord zu tun hat, obwohl sie einander schon ewig kennen? – Wie erwartet richten die Amateure mit ihren „Ermittlungen“ ein heilloses Chaos an.


    Ein befremdliches Angebot



    So gerne Vikki sich aus allem heraushält: In diesem Fall geht das nicht! Ein paar verlogene Zeugen und unerwartete Querverbindungen später wird ein Tatverdächtiger festgenommen, den niemand auf dem Schirm gehabt hat. Und genau den wollen nun ein paar dubiose Gestalten freipressen, die alles andere als zimperlich sind. Sie nehmen Vikkis Lebensgefährten, den depressiven Kriminalkommissar Pascal Herzberg, als Geisel und verlangen von ihr, ihnen den wahren Mörder Kreischkes frei Haus zu liefern, wenn ihr das Leben ihres Lovers lieb ist. Wie soll, bittschön, eine kriminalistisch nicht vorgebildete Künstlerin das schaffen, was die Polizei nicht hinkriegt? Aber hat sie eine Wahl?


    Die Spur führt nach Bad Seltsham


    Eine Spur führt nach Bad Seltsham, dem Firmensitz von Vikkis Arbeitgeber, und eine andere in die Schweiz. Das Ganze gipfelt in einer haarsträubenden Massenkeilerei zwischen Wolfs Rockergang und einer Fan-Convention der besonderen Art, alles gefilmt von der unerschrockenen Influencerin Kathi. Ja, das ist rohe Gewalt, aber so, wie Vikki dieses „Event“ beschreibt, ist es schlichtweg zum Schreien. Das würde ich ebenso gerne in einem Film sehen wie die Talkshow am Anfang der Geschichte.


    Ja, und wer hat jetzt den Olaf Kreischke umgebracht? Und warum? Wieso liegt die Schwamminger auf einmal in einer Klinik in Basel? Sie hat doch eben noch in ihrer „Biene-Maja“-Wohnung in Bad Seltsham herumgekramt? Ist Vikkis Freund jetzt wieder frei? Und wie geht’s Switch-Blader Knut, bürgerlich Dr. jur. Knut Borchert, dem „Hausjuristen“ der Gang?


    Wer war’s denn jetzt?


    Das alles erzählt uns Vikki im letzten Kapitel, das vier Monate nach den geschilderten Ereignissen spielt. Bei einem „normalen“ Krimi würde mich das stören. Bei den Vikki-Viktoria-„Zwischenfällen“ ist mir das Wurst. Die Krimihandlung ist hier nur der Aufhänger für unfassbar chaotische Aktionen und gnadenlos „sezierte“ Persönlichkeiten und deren Lebensgeschichte. Es ist nicht immer schmeichelhaft, was Vikki über ihre Mitmenschen denkt aber dafür umso treffender. Und sie sagt’s ja nicht öffentlich, sie erzählt es uns ganz im Vertrauen. 😉


    Auch wenn ich nicht in allen Punkten mit Vikkis Ansichten übereinstimme und für meinen Geschmack ein bisschen zu häufig betont wird, was sie vom „Anwanzen“ der woken Community an Minderheiten hält (nämlich nix!), habe ich mich mit Vikkis zweitem „Zwischenfall“ bestens amüsiert: irrwitzige Situationen, ein wildes Durcheinander, köstliche Dialoge und die biestigen „Psychogramme“ der Nebenfiguren, das ist einfach zu Klasse!


    Alle kriegen hier ihr Fett weg: Die Influencer, die Fernsehleute, die Dörfler, die Polizei, die Fans, egal wovon … Und wir lernen sogar etwas aus diesem überkandidelten Zirkus: Dass man niemanden unterschätzen sollte …


    Ich könnte mir vorstellen, dass sich das Muster, nach dem diese Krimis gestrickt sind, irgendwann totläuft, aber den ein oder anderen „Vikki-Zwischenfall“ würde ich schon noch gerne lesen!


    Die Autorin


    Gloria Gray ist in Zwiesel im Bayerischen Wald geboren und aufgewachsen. Mit 18 flüchtete sie von dort, um sich als Frau und Künstlerin verwirklichen zu können. Über 27 Jahre in München wohnhaft und international als Performerin tätig, kehrte sie 2010 in ihre alte Heimat zurück und ist seither im Landkreis Regen u.a. als Unternehmerin, Kreisrätin und Botschafterin tätig. Als Entertainerin ist sie jedoch weiterhin aktiv und überregional unterwegs. Mit ›Zurück nach Übertreibling‹ legt sie ihr fulminantes Debüt vor. http://www.gloriagray.com


    Der Co-Autor


    Robin Felder lebt und arbeitet in München als Komponist, Texter und Schriftsteller. Bislang sind von ihm vier Romane erschienen. www.robinfelder.com

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    Heike Abidi: Scheißegal, ich mach das jetzt! Mitten im Leben neu durchstarten, Igling 2022, echtEMF, Edition Michael Fischer GmbH, ISBN 978-3-7459-1269-2, Softcover, 272 Seiten, Format: 13,2 x 3,7 x 20,1 cm, Buch: EUR 13,00 (D), EUR 13,40 (A), Kindle: EUR 11,99.


    „Früher dachte ich immer, wenn man erwachsen ist, dann ist man fertig. Aber das ist man zum Glück nie. Man hört nie auf, sich zu entwickeln. Und das ist großartig! (Seite 254)


    Als Kind wunderte sich die Autorin darüber, dass Udo Jürgens sang „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“. Was sollte bei Menschen wie ihren Großeltern noch anfangen? Das waren doch alte Leute, da kam nichts mehr Neues! Die Großeltern sahen das zum Glück anders und verblüfften die Familie mit überraschenden Aktivitäten und Projekten.


    Dass sich Umstände, Prioritäten und Interessen in jedem Lebensalter ändern können, ist der Autorin natürlich längst klar geworden. Sie ist ja selbst ein gutes Beispiel dafür. Obwohl sie von sich behauptet, eher langweilig zu sein, hat sie mit Mitte 40 den Sprung von der Werbetexterin zur Bestseller-Autorin geschafft. Und sie kennt, nicht erst seit der Recherche für dieses Buch, einige Menschen, die im mittleren Alter aus ganz unterschiedlichen Gründen eine radikale Kehrtwende in ihrem Leben vollzogen haben.


    Keine Sorge! Von uns Leser:innen verlangt niemand, es Heike Abidis Interviewpartner:innen gleichzutun. Wir müssen nicht Wohnort, Partner oder Beruf wechseln oder mit ganz neuen Freizeitbeschäftigungen beginnen. Aber wir könnten, wenn wir wollten – wie die Menschen in diesem Buch, die uns von ihren Erfahrungen berichten.


    Neue Lebenssituationen

    Wohnst du noch dort oder lebst du schon anders?


    Als ihre Kinder erwachsen sind, überlegen sich Tom und Lena, ihr Haus zu verkaufen und sich eine barrierefreie Eigentumswohnung fürs Alter zuzulegen. Aber dafür fühlen sie sich eigentlich noch zu jung. Stattdessen erwerben sie ein baufälliges historisches Gemäuer und stürzen sich mit Feuereifer in dessen aufwändige Sanierung. – Nadja sucht sich den Wohnort für ihren Neuanfang nach einer sehr rationalen Checkliste aus. – Angelika reduziert radikal ihren Besitz, zieht vom Reihenendhaus in einen Camper und ist glücklich damit. Dieses Immer-mehr-haben-Wollen brauche sie nicht mehr, erklärt sie.


    Andere wechseln zum Wohnort gleich noch den Partner, sei es, weil die „Midlife-Crisis“ zugeschlagen hat oder weil sie nicht mehr gewillt sind, unhaltbare Zustände weiter hinzunehmen. So wie Simone, die einsehen muss, dass die Ehe mit ihrem alkoholabhängigen Partner nicht mehr zu retten ist und er nicht bereit ist, sich helfen zu lassen. – Uli verschlägt der Zufall nach Indien, wo er eine Familie gründet und bleibt. – Stefan hat schon als Schüler vom Auswandern geträumt und zieht mit 43 Knall auf Fall nach Schweden.


    Die Menschen aus diesen Beispielen haben vielfach den Vorteil, ihre Arbeit überall auf der Welt ausüben zu können, manche brauchen dazu nicht mehr als einen Computer und einen Internetanschluss. Ihre gesicherte Existenz nehmen sie also an ihren neuen Lebensmittelpunkt mit. Da haben es andere schwerer.


    Da geht noch was: Neuer Job, neues Business

    Bist du schon das, was du immer werden wolltest?


    Auch beruflich kann man sich mit 40+ durchaus noch einmal neu erfinden und ganz neue Seiten an sich entdecken. Das zeigen die Beispiele in diesem Kapitel.


    Alles, was mit Zahlen und Finanzen zu tun hat, war dem Filmemacher Anton stets von Herzen zuwider. Als er sich mit Ende 40 selbstständig macht, kann er sich nicht länger vor diesem Themenbereich drücken und stellt erstaunt fest, dass ihm Buchhaltung nicht nur liegt, sondern sogar Spaß macht! Und auch in anderen Lebensbereichen sagt der seiner bisherigen Vermeidungsstrategie den Kampf an. „Menschen, die pausenlos neue Dinge tun, bleiben jung“, findet er. (Seite 119)


    Annette und Tanja, beide 50+, hatten gar nicht die Absicht, eine Firma zu gründen, schon gar nicht miteinander. Es hat sich einfach so ergeben. Bei der gemeinsamen Organisation einer Veranstaltung haben sie gemerkt, dass sie nicht nur ein tolles Team sind, sondern dass ihr Service sehr gefragt ist. Sie haben sich zusammengetan und es läuft prima. Immer wieder stehen sie vor neuen Herausforderungen. In dem Zusammenhang fand ich Tanjas Aussage klasse: „Wir arbeiten beide nach dem Pippi-Langstrumpf-Motto: Das hab ich ja noch nie gemacht, das wird bestimmt toll.“ 😊 (Seite 129)


    Warum sollte eigentlich jeder Chef werden wollen?


    Und wenn so eine berufliche Veränderung schiefgeht? Ilona hat das erlebt. Ihr hat Corona einen dicken Strich durch ihren Neustart gemacht und sie hat eine Menge Geld verloren. Das ist natürlich äußerst unerfreulich, aber sie sagt, sie habe viel aus ihrem Scheitern gelernt. Sollte sie noch einmal ein eigenes Business aufziehen, dann kennt sie die Fallstricke und weiß, was sie anders machen muss.


    Ich habe mich mein Berufsleben lang gefragt, warum eigentlich jeder Chef werden wollen soll. Ich hätte es als Strafe empfunden, nicht mehr das machen zu dürfen, was ich gut kann, sondern mich in Besprechungen und mit Mitarbeiterführung herumplagen zu müssen. Auch Paul fragt sich in diesem Kapitel: „Warum sollte ich vorankommen, wenn ich schon genau da bin, wo ich sein will?“ (Seite 138) Er hat das mit der Beförderung probiert, aber nach zwei Jahren wieder rückgängig gemacht. Es war einfach nicht sein Ding. Auch wenn das in seinem Umfeld nicht alle verstanden haben: Meinen Respekt hat er!


    Es gibt hier noch viele weitere hochinteressante und inspirierende Beispiele für berufliche Neuorientierung. Und alle Beweggründe und Entwicklungen kann man nachvollziehen. Die Dozentin Sonja – die als zahnmedizinische Fachangestellte ins Berufsleben gestartet ist –, bringt die Sache meines Erachtens auf den Punkt:


    „Grundsätzlich finde ich, man ist nie zu alt für eine Veränderung. […] Da gibt es kein Limit. Schwierig wird es, wenn man Verantwortung für andere trägt, sprich Kinder. Die von einem abhängig sind und nicht für sich selbst sorgen können. […] Vielleicht ist das der Grund dafür, dass das mittlere Alter für Veränderungen besonders prädestiniert ist.“ (Seite 191)


    Arabisch, Boxen, Cosplay? Neue Leidenschaften

    Es muss nicht immer ein Kreuzworträtsel sein


    Dass man kaum je zu alt ist, um mit etwas Neuem zu beginnen, schließt auch die Freizeitgestaltung ein. Im letzten Kapitel sehen wir mit Staunen, welche Hobbys und Leidenschaften manche Menschen mit 40+ ganz neu für sich entdecken: Laufen, Musizieren, Fotografieren oder die Mitarbeit bei Tierschutzprojekten in Afrika … Ich hatte ganz vergessen, dass ich mich zu dem Thema auch geäußert hatte und habe überrascht festgestellt, dass mir und meiner Tiergeschichten-Seite eine ¾ Seite gewidmet wurde.


    Das Schöne ist, dass einem niemand vorschreiben kann, wie man seine Freizeit verbringen soll. Oder, wie Heike Abidi es formuliert: „Ach, mach doch einfach, was du willst! Hauptsache, du hast Spaß“. (Seite 264)


    Inspiration, Mut und Bestätigung


    Ich hatte nie Zweifel daran, dass man sich im Leben jederzeit verändern kann und darf, wenn man dies möchte. Manchmal bleibt einem ja auch gar nichts anderes übrig. Wer mit dem Gedanken spielt, etwas Neues anzufangen und noch ein paar Denkanstöße oder ein bisschen Mut und Inspiration braucht, wird das in diesem Buch finden. Heike Abidi stellt die richtigen Fragen, die einen zum Nachdenken bringen … über das eigene Leben, über Wünsche, Träume, Ziele, Pläne, Sorgen, Hoffnungen, Bedenken …


    Unterhaltsam ist diese Lektüre auch. Ich entdecke ja gerne, wie andere Menschen ihr Leben leben und freue mich, wenn ich auf verwandte Geister treffe oder von Personen, die völlig anders ticken als ich, etwas Neues lerne.


    Wirklich und wahrhaftig dachte ich dieser Tage bei einem Gespräch über eine wichtige Entscheidung an den Titel dieses Buchs: „Scheißegal, ich mach das jetzt!“ Gesagt habe ich’s nicht. Aber ich werde mein Vorhaben durchziehen.


    „Es ist unsere Entscheidung, ob wir offen für neue Dinge bleiben und noch etwas erleben wollen. Und eins kannst du mir glauben: Solange wir das tun, sind wir nicht alt. Jedenfalls nicht so richtig.“ (Seite 13)


    Die Autorin


    Heike Abidi (*1965) lebt in der Pfalz bei Kaiserslautern, wo die studierte Sprachwissenschaftlerin als freiberufliche Werbetexterin und Autorin arbeitet. Die mehrfache SPIEGEL-Bestsellerautorin schreibt vor allem Unterhaltungsromane und erzählende Sachbücher für Erwachsene sowie Geschichten für Jugendliche und Kinder.

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    Elly Sellers, Karl Backforth: Paul und Marie. Du schreibst so schön, Briefroman, Norderstedt 2022, BoD Books on Demand, ISBN 978-3-75620681-0, Softcover, 142 Seiten, Format: 12 x 1,1 x 19 cm, Buch: EUR 9,99, Kindle: EUR 2,99.


    München, 2015: Hier beginnt der rund sechs Jahre währende Brief- und Mailverkehr zwischen der Rechtsanwältin Marie-Celeste Schlumberger und ihrem Ex-Mann Paul. Er treibt sich wieder irgendwo in der Weltgeschichte herum und sie hat ihm etwas nachgesandt, das er beim Scheidungstermin liegen gelassen hat.


    Man spürt noch eine starke Verbundenheit und Anziehung zwischen den beiden. Ich habe mich aber die ganze Zeit gefragt, wie die zwei es so lange miteinander ausgehalten haben. Sie ist bodenständig, ordentlich und organisiert und er ist doch eine irgendwie dubiose Existenz.


    Die Anwältin und der Abenteurer


    Ich habe nicht herausgefunden, womit Paul eigentlich sein Geld verdient. Er scheint Teilhaber einer britischen Firma zu sein, für die er in der Welt herumreist, um irgendwas zu machen, das ihn immer wieder in brenzlige Situationen bringt.

    Oder denkt Paul sich all die wilden Geschichten nur aus, von denen er berichtet? Das wirkt alles so rauschhaft und actionreich, dass es fast nicht real sein kann. Und mir scheint, dass er auch nicht immer nüchtern ist, wenn er an Marie-Celeste schreibt. Würde ihr ihr sonst von seinen erotischen Abenteuern berichten? Seiner eigenen Ex-Frau? Ich weiß ja nicht …! Manchmal habe ich gar nicht kapiert, was er gerade erzählt und gedacht, na ja, Marie-Celeste kennt ihn, für sie wird das schon einen Sinn ergeben.


    Marie-Celeste muss sich um alles kümmern


    Weil Paul so unstet und chaotisch ist und seinen Kram nicht geregelt bekommt, bleibt er öfter den Unterhalt für seine beiden Kinder schuldig. Seine Ex fackelt nicht lange und lässt den Unterhalt pfänden. Paul nimmt das erstaunlich gelassen hin. Wenn Celeste das regelt, muss er sich schon um nichts kümmern.


    Kümmern muss sich vor allem Marie-Celeste: um Tochter Lisa, die nach ihrem Schulabschluss ihre Zeit vertrödelt statt sich endlich für eine Ausbildung zu entscheiden … um Sohn Robin und dessen Schulprobleme … um die nervige Schwiegermutter und um Schwägerin Susan, die weder ihre Finanzen noch ihr Liebesleben im Griff hat. Marie-Celeste hat die ganze Care-Arbeit zu leisten und der unzuverlässige Paul ist einfach nicht greifbar.



    Poetisch aber unzuverlässig


    2017 will Tochter Lisa ihren Vater in Mexiko besuchen. Aber das klappt genau so wenig wie das geplante Familientreffen in Marokko. Paul lässt seine Sippe grandios auflaufen. Der traut sich was! Und dann haut er in einem seiner Briefe auch noch in einem Nebensatz ein seit zwei Jahrzehnten gut gehütetes Familiengeheimnis raus und geht wieder auf Tauchstation. Soll die Familie in München zuschauen, wie sie mit der Wahrheit klarkommt!


    Der Kerl ist unmöglich! An den hätte ich keine Briefmarke mehr verschwendet. Ja, er schreibt wunderschöne, geradezu poetische Briefe und mit ihm war es Marie-Celeste bestimmt nie langweilig – aber ein verlässlicher Partner war er doch sicher nie!


    Dann gerät Marie-Celestes Leben plötzlich in Schieflage und sie könnte Hilfe gebrauchen. Vielleicht ist Paul doch nicht ganz so ein hoffnungsloser Fall, wie es bisher den Anschein hatte.


    Zwei Welten prallen aufeinander


    Dass bei Marie-Celeste und Paul Welten aufeinanderprallen, wird in diesem Briefroman sehr deutlich. Das liegt sicher auch daran, dass die Briefe von zwei verschiedenen Autoren verfasst worden sind. Elly Sellers schrieb den Part der sachlich-nüchternen Marie-Celeste, Karl Backforth übernahm die Rolle des verpeilten Weltenbummlers Paul. Wie war das: „Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus“? Man könnte es glatt meinen!


    Die Lektüre macht Spaß, aber manchmal hätte ich schon gerne mehr erfahren. Ich hatte mitunter den Eindruck, tatsächlich die Korrespondenz fremder Menschen zu lesen, die einander nicht alles erzählen und vieles als bekannt voraussetzen.


    Es ist vielleicht ein Nachteil von Briefromanen, dass man als Leser:in keine Vorgeschichte kennt und nur das weiß, was Menschen einander in Briefen anvertrauen.


    Robin, Rex und Rocky


    Etwas verwirrt war ich bezüglich der Bekanntschaften der Schlumberger-Frauen. Über den Herrn, mit dem Marie-Celeste befreundet ist, schreibt Lisa im Dezember 2017 an ihren Vater: „Er heißt Rex – wie ein Hund – und ist, Du wirst es nicht glauben, Bodybuilder oder Personal Trainer oder sowas“ (Seite 95). Im selben Brief erwähnt sie, dass sie selbst auch einen Freund habe. Er heißt eigentlich Robert, wird aber Rocky genannt“ (Seite 97). Ein halbes Jahr später schreibt Lisa über ihren Bruder Robin: „Bodybuilder Rocky fand er nett, vor allem, weil der ihm Hanteln in mehreren – niedrigen – Gewichtsklassen geschenkt hat“ (Seite 111). Ich will jetzt mal nicht davon ausgehen, dass die Mutter was mit ihrem „Schwiegersohn“ Robert/Rocky angefangen hat, sondern dass hier der „Rex“ gemeint ist, von dem im Dezember die Rede war.


    Ich hätte da noch Fragen …


    Auf 142 Seiten kann man eine Menge erzählen – über zwei Menschen und ihre Beziehung zueinander. Mir haben die zwei grundverschiedenen Blickwinkel gefallen, aus denen dieses ungleiche Ex-Ehepaar die Welt sieht. Ich hätte aber noch ein paar Fragen gehabt, weil manches eben nur angedeutet blieb.


    Für die Beziehung zwischen Marie-Celeste und Paul, die hier geschildert werden sollte, sind diese fehlenden Details im Grunde nicht wichtig, aber für mich hatte die Geschichte dadurch ein bisschen was Skizzenhaftes. Das muss kein Nachteil sein. Ich bin für dezent Angedeutetes und Unausgesprochenes einfach nicht der Typ. (Ich schätze, jetzt werden alle laut lachen, die mich persönlich kennen!)


    Die Autoren


    Elly Sellers ist Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Familienrecht. Von ihr sind bereits die beiden Romane Die kleine Kanzlei am Markt Die kleine Kanzlei entdeckt Neues erschienen. Sie lebt mit ihrer Familie in München.


    Karl Backforth ist Wissenschaftler, hat verschiedene Forschungsprojekte in Afrika und Südamerika geleitet und ist als Autor von wissenschaftlichen Publikationen in Erscheinung getreten. Er lebt in Südwest-Deutschland.



    https://www.amazon.de/Herbstgezwitscher-Herbstfrühling-Pubertät-andere-Überraschungen/dp/B0BMT436N1/ref

    (Diese Darstellung ist eine Notlösung, weil weder ISBN noch ASIN hier funktionieren,)


    Angelika Godau: Herbstgezwitscher. Roman (Bd. 4), Zweibrücken 2022, ‎Independently published, ISBN 979-836269900-0, Softcover, 280 Seiten, Format: 12,7 x 1,68 x 20,32 cm, Buch: EUR 10,95, Kindle: EUR 4,99.


    Noch leiden Inge Berger (78) und ihre turbulente Patchwork-Familie unter den Nachwirkungen von Enkelin Laras letzten Eskapaden. Die Vierzehnjährige ist ja generell nicht ohne: pampig, egoistisch, rücksichts- und respektlos, doch da hat sie sich was geleistet, das sie und ihre quasi-Stiefschwester in Lebensgefahr gebracht hat!


    War’s wirklich eine gute Idee, Lara dafür nicht zu bestrafen und sie stattdessen mit einem Mutter-Tochter-Wellness-Wochenende zu „belohnen“? Diese schräge Idee stammt von Stefan Ruttig, dem Lebensgefährten von Laras Mutter. Da fragt man sich doch, ob der Kerl spinnt.

    Eifersüchtig auf den Hund?


    So friedlich bleibt’s nicht lange. Bei Inge und ihrem Lebenspartner Jonathan Brinkmann (66) gerät der Haussegen in Schieflage. Jonathan fühlt sich vernachlässigt, weil sich bei Inge auf einmal alles um Hund Georg dreht. Inge findet das lustig. Wie kann ein intelligenter, vernünftiger Erwachsener nur eifersüchtig auf ein Haustier sein? Natürlich braucht ein tierischer Neuzugang erst einmal viel Aufmerksamkeit! Aber vielleicht sollte sie ihr Verhalten doch mal hinterfragen. Wenn sie nur dazu käme! Denn die nächste Katastrophe lässt nicht lange auf sich warten.


    Tochter Sarah, die jetzt mit Stefan Ruttig endlich mal einen Partner an ihrer Seite hat, der ihr guttut, schmiedet Zukunftspläne und treibt die Scheidung von ihrem Noch-Ehemann Alex voran. Zur Erinnerung: Alex hatte sie wegen einer Jüngeren verlassen. Jetzt ist die aktuelle „Bitch“, wie Teenie Lara die Freundinnen ihres Vaters zu nennen pflegt, weg. Alex kommt wieder bei Sarah angekrochen und verlangt, dass sie ihn zurücknimmt. Wenn’s nur nach ihr ginge, würde sie ihren Noch-Ehemann in hohem Bogen rausschmeißen. Aber er wanzt sich bei den Kindern an und versucht, Sarah ein schlechtes Gewissen zu machen. Sie könne Lars und Lara doch nicht den Vater vorenthalten!


    Ein Ex mit einem fiesen Plan



    Und dann wird auch noch die gute Seele des Hauses Brinkmann/Berger schwer krank: Haushälterin Else, die mit ihrer patenten und pragmatischen Art das häusliche und familiäre Chaos stets zuverlässig in Schach hält. Wer wird sich jetzt um Jonathan und Inge kümmern und um Sarah, Lara und Lars, die derzeit bei den beiden wohnen? Und vor allem: Wer kümmert sich um Else? Sie gehört ja fast zur Familie!



    Doch jetzt stellt sich heraus, dass Jonathan und Inge eigentlich gar nichts über ihre Angestellte wissen.

    Aus welchem Grund wehrt sie sich so verzweifelt gegen eine Einweisung ins Krankenhaus? Und warum nennt der Hausarzt sie „Frau Siebert“? Sie heißt doch Richter? Irgendwas stimmt hier ganz und gar nicht!


    In der Tat! Die unprätentiöse und geradlinige Else erweist sich als eine Frau mit düsteren Geheimnissen. Die Sache wächst sich zu einem veritablen Krimi aus. Ex-Polizist Jonathan und sein noch aktiver Kollege Stefan lassen nicht locker. Für wen das gut und für wen das schlecht ist, wird sich zeigen …


    Friedvolle Weihnachten? Eher nicht!


    In all diesem Durcheinander träumt „Oma Inge“ von einer gemütlichen traditionellen Weihnachtsfeier mit der gesamten Großfamilie: Jonathan und sie, ihr Sohn mit Frau und Kindern, Tochter Sarah mit Lara und Lars, ihr Partner Stefan mit seinen Töchtern. Und seine Schwester kann Stefan auch noch mitbringen. Else ist bis dahin hoffentlich wieder fit und hat ihre Probleme im Griff.


    Klingt super, sieht aber nicht so aus, als könne das Realität werden. Selbst wenn Inge alle an einen Tisch brächte, würde doch Lara, der Teenager aus der Hölle, aus purer Bosheit den ganzen Abend stänkern und sich aufführen wie der Rotz am Ärmel, nur um allen anderen Weihnachten zu vermiesen.


    Ein Biest kriegt Gegenwind


    Wird diesem kleinen Biest denn niemand Herr? Anscheinend nicht, auch wenn Else, Jonathan und Stefan es immer wieder versuchen.

    Lisa macht ihr klar, was für eine beschissene Freundin sie ist. Das bringt Lara doch ein wenig ins Grübeln …


    Lara mault und zickt, Papa Alex spinnt Intrigen, Mama Sarah sitzt zwischen zwei Stühlen und Haushälterin Else steckt immer noch bis zum Hals im Schlamassel. Die stimmungsvolle Weihnachtsfeier im Kreise ihrer Lieben wird Inge sich wohl abschminken können. Oder?


    Das Familienchaos geht weiter!


    Ha! Es gibt noch einen fünften Teil der Reihe! Und wenn alles so kommt, wie ich vermute, dann wird das Lara mächtig stinken. Das geschieht ihr recht! :D Ich freu mich schon darauf! Aber vielleicht lernt sie ja noch dazu und wird ein bisschen umgänglicher. Sicher: Aus einem Ochs‘ wird kein Esel, aber ein Pubertier wird ja irgendwann mal erwachsen und verliert dann hoffentlich ein bisschen was von seiner rücksichtslosen Egozentrik.


    Und bei Haushälterin Else hatte ich den richtigen Riecher. 😉 Ich dachte immer, die wird doch fast wie ein Familienmitglied beschrieben und behandelt, kennt jedermanns Sorgen und hilft, wo sie nur kann, aber sie selbst ist überhaupt nicht greifbar. Irgendwie erschien mir das seltsam. Tja …


    Ich verfolge die „Herbst“-Reihe um Oma Inge und ihre nervenaufreibende Sippe vom ersten Band an und habe mich jedes Mal bestens unterhalten gefühlt – auch, oder vielleicht gerade weil ich „die zwei Weiber“, Sarah und Lara, oft am liebsten an die Wand klatschen würde. Ohne die zwei wär’s nur halb so interessant. (Für die Älteren unter uns: DALLAS ohne JR? Undenkbar!)


    Jetzt sehne ich den fünften und letzten Band herbei, weil ich wissen will „wie’s ausgeht“. Gleichzeitig tut’s mir jetzt schon leid, mich von Inge & Co. verabschieden zu müssen. So ist das eben mit Serienfiguren, die einem mit der Zeit ans Herz wachsen: Man lässt sie ungern gehen.


    Die Autorin


    Angelika Godau, geboren in Oberbayern, hat in verschiedenen Regionen Deutschlands gelebt und fast 10 Jahre lang in der Türkei. Sie hat als Journalistin gearbeitet, Psychologie studiert und in Mannheim eine eigene Praxis betrieben. Heute lebt sie mit ihrem Mann, zwei Hunden und einer Katze in Zweibrücken, schreibt Bücher und engagiert sich im Tierschutz.

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    Felicitas Fuchs: Hanne. Die Leute gucken schon, Band 2 der Mütter-Trilogie, Roman, München 2023, Wilhelm Heyne Verlag, ISBN 978-3-453-42620-7, Klappenbroschur, 599 Seiten, Format: 13,7 x 4,6 x 20,6 cm, Buch: EUR 15,00 (D), EUR 15,50 (A), Kindle: EUR 9,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    „[Hanne] war in Ruinen aufgewachsen […]. Sie hatte Flammenhöllen gesehen […], Angst, Hunger und Kälte hinter sich. All das war in ihr. Vielleicht war sie deshalb oft so hartherzig ihren Kindern gegenüber. […] Sie hatte nie gelernt, tiefe Bindungen zu Menschen aufzubauen. Wie auch? In den Lungenheilstätten hatte sie immer nur für ein paar Monate dieselben Leute um sich gehabt, und wenn sie wieder nach Hause gekommen war, war sie unter den anderen Kindern eine Fremde gewesen.“ (Seite 504/505)


    Minden 1951: Endlich! Der Krieg ist nur noch eine verdrängte Erinnerung. „Nach vorne schauen“ heißt die Devise, auch für Minna Volkening, Mitte 40, und ihre Tochter Hanne. Von Männern hat die zweifach geschiedene Schneiderin Minna erst einmal die Nase voll. Wenn es für ihre Tochter und sie wieder aufwärts gehen soll, wird sie mit ihrer Hände Arbeit dafür sorgen müssen.


    Wirtschaftswunder – doch nicht für alle


    Minna fängt nicht das erste Mal von vorne an. Wenn ich richtig mitgezählt habe, ist das jetzt das dritte Mal. Eine bescheidene Mietwohnung und eine kleine Änderungsschneiderei müssen für den Anfang reichen. Wer Band 1 gelesen hat, weiß, was die Schneiderin auf dem Kasten hat und welche Erfolge sie einst bei Düsseldorfs Reichen und Schönen gefeiert hat.


    Ganz allein steht Minna zum Glück nicht da. Sie hat ihren Bruder Karl Wolf, den dichtenden Arbeiter, und ihre Freundin Fannie Winter, eine Sinteza, die im KZ ihre gesamte Familie verloren hat. Fannie verbietet sich, zurückzublicken und steckt all ihre Kraft in ihren beruflichen Erfolg. Und den hat sie – als Schaustellerin auf Jahrmärkten mit immer größeren und spektakuläreren Fahrgeschäften. Doch nie wird sie vergessen, wie Minna ihr in der Nazizeit geholfen hat. Wenn bei den zwei Volkening-Damen Not an der Frau ist, können sie stets auf Fannie zählen.


    Jetzt müsste es eigentlich für Minna bergauf gehen. Die Leute haben wieder ein bisschen Geld und einen enormen Nachholbedarf in allen Lebensbereichen. Doch es kommt anders.


    Eine Krankheit mit weitreichenden Folgen


    Hanne, die ohnehin nie besonders kontaktfreudig war und seit dem Tod ihrer Schwester Luise geradezu unnatürlich brav und angepasst ist, um niemandem Kummer zu bereiten, verliert durch die ständigen Klinikaufenthalte den Anschluss in der Schule und versäumt in ihrer Jugend entscheidende Entwicklungen. Freundschaften? Ausgehen? Spaß haben? Flirten? Gegen die Mutter rebellieren? Alles Fehlanzeige! Für ihr Alter wirkt sie sehr bieder und naiv.


    1960: Das verklemmte Getue der damaligen Zeit ist da auch nicht hilfreich. Da kann die lebenserfahrene Fannie sagen, was sie will: Mehr Aufklärung als die Drohung: „Komm mir bloß nicht mit einem Kind nach Hause!“ lässt Minna ihrer Tochter nicht angedeihen. Mit dem verklausulierten Geschwurbel in den Bibliotheksbüchern kann das Mädchen nichts anfangen. Freundinnen, die sie fragen könnte, hat Hanne nicht und „Tante“ Fannie wird sich hüten, sich einzumischen. So ist es kein großes Wunder, dass Hanne dem erstbesten Kerl auf den Leim geht, der sich für sie interessiert.


    Minna lässt sich nichts gefallen


    Was soll ich drumherum reden? Wir haben ja im ersten Band schon erfahren, dass es Romy gibt, Hannes Tochter. Deren Erzeuger macht sich nach vollbrachter Tat aus dem Staub und Hanne verschweigt aus Scham seinen Namen. Das bedeutet, das Kind muss ohne väterliche Unterhaltszahlung auskommen, das Geld wird knapp und die Volkenings haben permanent das Jugendamt im Nacken. Aber nicht mit Minna! Mit detektivischem Spürsinn begibt sie sich auf die Suche nach dem Kindsvater …



    Ein brisantes Familiengeheimnis


    Was wird erst los sein, wenn eines Tages herauskommt, wer Romys leiblicher Vater ist? Hanne wird den Teufel tun und ihr das sagen. Minna nimmt zwar immer wieder Anlauf, traut sich dann aber doch nicht. Doch auf Dauer wird sich dieses Familiengeheimnis nicht bewahren lassen.


    Das ist kein Thriller, hier gibt’s keine Mordfälle aufzuklären – hier passiert „nur“ das pralle Leben. Doch die Story um die Volkening-Frauen entwickelt einen derartigen Sog, dass man einfach nicht aufhören kann zu lesen.


    Felicitas Fuchs macht kein Geheimnis daraus, dass die Mütter-Trilogie auf der Geschichte ihrer eigenen Familie basiert. Und weil hier mehrheitlich real existierende Menschen agieren, treffen die auch mal zweifelhafte bis haarsträubende Entscheidungen, die sich aber stets durch ihre Vorgeschichte erklären lassen. Als Leser:in möchte man oft schreien: „Nein, tu‘s nicht!“ Doch für die handelnde Person fühlt es sich gut und richtig an, genau das zu machen, was wir für bekl*ppt halten. Ja, und dann macht sie’s halt. So ist das Leben. Da ist die Autorin nicht schuld.


    Eine Zeitreise mit enormer Sogwirkung


    Wie wird es nun weitergehen mit Romy und Hanne? Ich bin gespannt! Vor allem wüsste ich gerne, was noch hinter dem „Pakt“ steckt, den Minna mit einer anderen Person geschlossen hat. Ihr Bruder Karl wird ja nicht müde zu betonen, dass sie sich damit strafbar gemacht hat. Ich sehe nur ein bisschen Gemauschel aber keinen Gesetzesverstoß, vermute jedoch, dass wir Leser:innen nicht alles darüber wissen. Was da wohl noch ans Licht kommt …?


    Die Autorin hat intensiv recherchiert – familiengeschichtlich und zeitgeschichtlich – und großen Wert auf kleine Details gelegt. Für mich, die ich im selben Alter bin wie Romy und die Autorin, war das eine tolle Zeitreise zurück in die 1960er und 1970er-Jahre. Ob das jetzt die Trockenhaube war, die Mode, das Fernsehprogramm, die Einrichtung oder die Haartönung, ständig dachte ich: „Ja, genau! So war das bei uns daheim auch!“


    Das wird im nächsten Band, wenn wir Romy auf ihrem weiteren Lebensweg begleiten, vermutlich genauso sein. Das will ich erleben! Und natürlich will ich dabei sein, wenn Hanne & Co. das Familiengeheimnis krachend um die Ohren fliegt.


    Die Autorin


    Felicitas Fuchs ist das Pseudonym der Erfolgsautorin Carla Berling, die sich mit Krimis, Komödien und temperamentvollen Lesungen ein großes Publikum erobert hat. Schon bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete, war sie als Reporterin und Pressefotografin immer sehr nah an den Menschen und ihren Schicksalen. In ihrer dramatischen Familiengeschichte verarbeitet sie autobiografische Elemente zu einer packenden Trilogie über drei starke Frauen.

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    Lisa Graf: Dallmayr. Der Glanz einer neuen Ära. Roman (Dallmayr-Saga, Band 2), München 2022, Penguin-Verlag, ISBN 978-3-328-60223-1, Klappenbroschur, 541 Seiten, Format: 13,7 x 4,2 x 20,7 cm, Buch: EUR 16,00 (D), EUR 16,50 (A), Kindle: EUR 12,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    „Als Geschäftsmann darfst du nicht immer nur auf die Zahlen schauen. Du musst auch Visionen haben, sonst bist du lediglich ein Verwalter des Status quo und irgendwann des Stillstands.“ (Seite 105)


    München 1905 bis 1920: Visionen hat Theresa Randlkofer, die verwitwete Chefin des Feinkostgeschäfts Dallmayr, genügend. Sie träumt davon, die Nachbargebäude dazuzukaufen, das Geschäft zu erweitern und ihrer Kundschaft das Lebensgefühl der modernen Warenhäuser zu bieten: leicht, elegant, weltmännisch und luxuriös.


    Einsame Entscheidungen


    Sie ist schon so lange „Alleinherrscherin“ in ihrem Unternehmen, dass sie nicht einmal auf die Idee kommt, ihre erwachsenen Kinder um Zustimmung zu bitten oder sie auch nur über ihre Pläne zu informieren. Sie hat eine Idee, plant, organisiert und stellt den Rest der Familie vor vollendete Tatsachen.


    Tochter Elsa ist das egal. Sie ist Juristin, lebt in Zürich und will mit den Familienangelegenheiten nicht behelligt werden. Paul, der jüngste Sohn, macht eine Ausbildung in Frankfurt und hat eigene Probleme, Stieftochter Balbina hat einen Hotelier geheiratet und sich von der Sippe losgesagt. Als uneheliche Tochter des verstorbenen Patriarchen Anton Randlkofer ist sie nie wirklich akzeptiert worden und fühlt sich insbesondere durch Hermann, den ältesten Sohn des Hauses, unfair behandelt.


    Hermann ist es auch, der sich über Thereses geschäftliche Alleingänge am meisten aufregt. Er fühlt sich übergangen, nicht für voll genommen und ist vom Mut und der Unternehmungslust seiner Mutter überfordert. Sie riskiert gerne was, um ihre Ziele zu erreichen, Hermann dagegen ist ein vorsichtiger Kaufmann. Mutter gibt Gas, Sohn bremst. Kein Wunder, dass das zu Problemen führt!


    Intrigante Verwandte


    Onkel Max, Anton Randlkofers jüngerer Bruder, ist der neidische Intrigant aus Band 1 geblieben und schreckt vor keiner Gemeinheit zurück, um einen Fuß in die Tür vom Dallmayr zu bekommen oder, wenn das schon nicht klappt, wenigstens seiner Schwägerin maximal zu schaden. Doch um es mit Therese aufzunehmen, müsste der alte Fuchs schon deutlich früher aufstehen!


    Elsas verwegener Umgang


    Die interessantesten Kontakte hat wohl Elsa Randlkofer. Als Schülerin schon ins Künstlermilieu hineingerutscht, umgibt sie sich jetzt mit verwegenen Revolutionären, Sozialisten und Friedensaktivisten wie z.B. Sonja Lerch (Sarah Sonja Rabinowitz) und dem Russen Alexej Droschin. Elsa ist finanziell und auch sonst unabhängig, in Zürich weit weg von den kontrollierenden Blicken ihrer Angehörigen und kann tun und lassen was sie will. Die Szene, in der sie ihrem „kleinen Bruder“ Zweck und Funktion von „Granvilles Hammer“ erklärt, ist der Brüller!


    Wie so oft in Familiensagas, in denen die Personen eine Entwicklung durchmachen, wechseln mit der Zeit die Sympathien der Leser:innen. Mir zumindest geht das so. In Band 1 habe ich Elsa noch für einen arroganten, verzogenen Fratz gehalten, in Band 2 hat sie sich zu einer selbstbewussten und weltoffenen Frau entwickelt. Dafür nervte mich auf einmal Hermann. War der immer schon so spießig?


    Harte Zeiten


    Der Leser ahnt natürlich, dass die Randlkofers und die Firma Dallmayr bald Rückschläge erleiden werden, denn im Ersten Weltkrieg ist es vorbei mit luxuriöser internationaler Importware und zahlungskräftiger Kundschaft. Paul gerät in Kriegsgefangenschaft


    Politische, gesellschaftliche und technische Entwicklungen sind elegant in die Familiensaga eingeflochten. Ja, und natürlich möchte man die Köstlichkeiten, die Lisa Graf so beschreibt, dass man sie zu sehen, zu riechen und zu schmecken meint, am liebsten an Ort und Stelle verkosten!


    Gibt’s eigentlich einen dritten Teil der Saga? Oder steht und fällt die Reihe mit der starken Führungspersönlichkeit Therese Randlkofer? Die Söhne wirken ja weit weniger charismatisch als die Mutter. Und die Töchter, Elsa und Balbina, sind weitgehend aus dem Familienbusiness raus. Ich würde dieser Familien- und Firmengeschichte gerne noch ein Weilchen folgen.


    Roman, keine Biographie


    Natürlich ist mir bewusst, dass das keine Biographie ist, sondern ein Roman, der sich an reale Personen und Ereignisse anlehnt. Therese und Anton Randlkofer gab‘s wirklich, genau wie ihre Kinder Hermann, Elsa und Paul. Halbschwester Balbina dagegen ist eine fiktive Figur. Ich habe mich dann bei jeder Nebenfigur, von der ich noch nie zuvor gehört hatte, gefragt, ob die nun real oder erfunden ist. Gab’s den Onkel Max und war er wirklich so ein unangenehmer Zeitgenosse? Wie ist das bei Alexej Droschin? Und was wurde aus Elsa? Ich habe mich dann in den unendlichen Weiten der Internetsuche verloren. Das sind die bekannten Nebenwirkungen eines Romans, in dem historische und fiktive Menschen und Ereignisse vorkommen.


    In diesem Zusammenhang würde mich interessieren, wie es die reale Familie Randlkofer aufgenommen hat, dass es eine Romanreihe über ihre Familie gibt. Wenn die Nachkommen an solchen Buchprojekten mitwirken, mit dem Autor sprechen und ihm Informationsmaterial über ihre Familiengeschichte zukommen lassen, sind sie oft stolz darauf, dass jemand ihren Vorfahren auf diese Weise ein Denkmal gesetzt hat. Meines Wissens gab es hier keine familiäre Mitwirkung und die Randlkofers haben sich auch nie zu der Reihe geäußert.


    Wie würde ich es wohl finden, wenn jemand die Geschichte meiner Familie romanhaft aufbereiten würde, ohne mich zu (be-)fragen? Ich glaube, ich wäre nicht so begeistert. Aber gut: Das ist, wenn überhaupt, das Problem der heutigen Familie Randlkofer und nicht das der Leserinnen und Leser. Als historischer Roman ist die Dallmayr-Saga unterhaltsam, spannend und man lernt noch was dazu.


    Die Autorin


    Lisa Graf ist in Passau geboren. Nach Stationen in München und Südspanien schlägt sie gerade Wurzeln im Berchtesgadener Land. Als Hobbybäckerin hat sie eine Schwäche für Trüffelpralinen und liebt Zitronensorbet mit Champagner. Mit ihrem grandiosen Familiensaga-Auftakt »Dallmayr. Der Traum vom schönen Leben« eroberte sie sowohl die Herzen ihrer Leserinnen als auch die Bestsellerliste.

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    Erna Pinner: Curious Creatures. Seltsame Geschöpfe der Tierwelt, OT: Curious Creatures, aus dem Englischen von Erna Pinner, Bonn 2022, Weidle Verlag: ISBN 978-3-949441-05-9, Hardcover, 300 Seiten mit 152 s/w-Illustrationen von Erna Pinner, Format: 13 x 2,4 x 20,4 cm, EUR 30,–.


    „Jetzt schreibe ich das Buch „Curious Creatures“ wirklich selbst und es frißt mich vollkommen auf. Bin bei Kapitel sieben. Das ist fast die Hälfte, etwa achtzig Seiten und siebzig verschiedene Tiere, darunter die Schnecke und ihr Hermaphroditismus … und alles auf Englisch!“, schreibt Erna Pinner 1946 an einen Freund. (Seite 294)


    „One-Woman-Show“ aus den 50er-Jahren


    Doch, es stimmt, was da oben in den bibliographischen Angaben steht: Text, Zeichnungen und Übersetzung sind von Erna Pinner. Dieses Buch ist quasi eine One-Woman-Show. Die deutsche Künstlerin Erna Pinner (1890-1987), die in London gelebt hat, hat es nicht nur illustriert, sondern, weil der Autor, der dafür im Wort war, seine Texte nicht geliefert hat, schließlich auch selbst geschrieben. Auf Englisch! Und ohne Zoologin zu sein! Sie schreibt zwar an einer Stelle, sie habe Biologie studiert, aber ob sie wirklich auf einer Universität war oder sich ihr umfangreiches Wissen über die Tiere, die sie so gerne und meisterhaft zeichnete, nur angelesen hat, ist heute nicht mehr nachzuvollziehen.


    1951 ist CURIOUS CREATURES in Großbritannien erschienen. In den 50er-Jahren hat die Autorin ihr Werk selbst ins Deutsche übersetzt. Paul Zsolnay hat es dort 1955 unter dem Titel WUNDER DER WIRKLICHKEIT herausgebracht. Dass der Text ein paar Jahre auf dem Buckel hat, merkt man ihm schon an. Dass die Autorin überwiegend Englisch sprach, „hört“ man ebenfalls ein bisschen. Ihre Übersetzung wurde für diese Ausgabe nur behutsam korrigiert. Ich denke, das sollte man wissen, ehe man drauflos liest.


    Vielleicht wäre es hier wirklich angebracht, auf Seite 273 mit dem Lesen zu beginnen – mit Barbara Weidles hochinteressantem Nachwort über das Leben Erna Pinners. Ich will ja nicht behaupten, dass die Entstehungsgeschichte des Buchs faszinierender ist als das Buch selbst. 😉 Aber beim Lesen der Lebensgeschichte dieser außergewöhnlichen Frau dachte ich manchmal, Erna Pinner könnte glatt eine Figur aus einem Roman von Ulrike Renk sein.


    Eigenartiges aus der Welt der Tiere


    Jetzt sollte ich aber langsam zum Inhalt kommen, oder? Es geht hier also um seltsame Geschöpfe der Tierwelt und um Merkwürdigkeiten der Natur. Einige dieser Tiere hat Erna Pinner sicher bei ihren Reisen durch die Welt zu sehen bekommen, andere hat sie in Zoos studiert und manchmal stammt ihr Wissen wahrscheinlich auch aus zweiter Hand.


    Wir begegnen Spinnen, die Falltüren bauen, sogar mit Scharnieren, um an ihre Beute zu kommen, Krabben, die auf Bäume klettern und Käfern, die in Gemeinschaftsarbeit tote Tiere wie Vögel oder Kleinsäuger regelrecht beerdigen. Wir sehen, wie Fische und Amphibien Beutetiere fressen können, die größer sind als sie. Am Stück, wohlgemerkt!


    Wir entdecken Spinnennester, die wie Taucherglocken funktionieren, Tiere, die mit dem Hinterteil atmen und solche, bei denen die Männchen den Nachwuchs austragen. Wir sehen Vögel, die ihre Eier von der Sonne oder der Wärme in einem selbst gemachten Komposthaufen ausbrüten lassen und Wesen, die ihr Leben lang im Larvenstadium verharren und sich standhaft weigern, erwachsen zu werden. Solche kennen wir sicher alle, aber im diesem Fall ist der Axolotl gemeint, ein mexikanischer Lurch.


    Sonderbare Arten der Fortpflanzung


    Wir erfahren einiges über die gegenseitige Abhängigkeit von Tieren und Pflanzen, über Tiere, die Pflanzen fressen – und über Pflanzen, die Tiere fressen. Gibt’s auch. Nicht zu vergessen, Tiere, die erfolgreich Mimikry betreiben und zu ihrer Tarnung aussehen wie Blätter, Zweige oder Blüten. – Faszinierend sind natürlich Exoten wie Schnabeltier und Schnabeligel, also Säugetiere, die Eier legen. Und Schnecken haben eine bemerkenswerte Art der Fortpflanzung. Was alles nix ist gegen manche Stabschreckenarten, die ganz ohne Männchen auszukommen scheinen.


    Wir treffen auf fliegende Säugetiere, von denen die meisten nur gleiten und eigentlich nur eine Art richtig fliegen kann, und wir begegnen den Giganten der Tierwelt. Wale und Gorillas, okay. Aber bei Insekten, die die gewohnte Größe überschreiten, bin ich doch froh, dass sie hier sicher zwischen zwei Buchdeckeln aufgehoben sind!


    Warum manche Vogelarten das Fliegen aufgegeben und es irgendwann „verlernt“ haben, erfahren wir ebenfalls. Manche leben sehr gut damit, anderen wurde diese Entwicklung irgendwann zum Verhängnis. Wie das alles zusammenhängt, zeigt und erklärt uns Erna Pinner. Und es gibt tatsächlich keine Kaiserpinguine in Zoos?


    Der lauteste Vogel der Welt und andere Merkwürdigkeiten


    Im letzten Kapitel, EINE PARADE DER KURIOSITÄTEN, werden noch ein paar Tierarten vorgestellt, die nicht in die vorigen Themenbereiche gepasst haben. Tatsächlich ist mir da ein Vogel untergekommen, von dem ich noch nie etwas gehört habe. Was durchaus erstaunlich ist, weil er als lautester Vogel der Welt gilt: der Glockenvogel. Ich habe mir sein Geschrei im Internet angehört. Na, servus! Gut, dass der in Südamerika wohnt! :D


    Aus dem Inhaltsverzeichnis: Der Kampf um Nahrung • Allerlei Nester • Väterliche Brutpflege • Wassertiere, die Luft atmen • Tiere und Pflanzen • Was nicht alles aus einem Ei schlüpft • Vierfüßler, die fliegen • Giganten der Tierwelt • Das Oberste zuunterst • Camouflage • Symbiose und Parasitentum • Insekten mit sonderbaren Körperformen und Lebensgewohnheiten • Vögel, die nicht fliegen können • Eine Parade der Kuriositäten


    Wundern und staunen


    Für mich waren nicht alle Erkenntnisse neu, ich beschäftige mich ja auch schon seit Jahrzehnten mit den Skurrilitäten der Tierwelt. Doch so, wie uns die Autorin im lockeren Plauderton vor Augen führt, was die Natur alles Seltsames hervorgebracht hat, kann man nicht umhin, sich zu wundern und zu staunen. Und man liest’s ja nicht nur – man sieht die Wunder ja auch in den Illustrationen.


    Normalerweise würde ich meckern, weil die verschiedenen Beiträge oft ohne Leerzeilen oder Zwischenüberschriften aneinander geklemmt sind. Eben ging’s noch um Kormorane, zack, sind wir beim Pinguin. Da haben wir heute andere Seh- und Lesegewohnheiten. Wir sähen die Seiten gern ein bisschen lockerer gestaltet. Also ich zumindest. Aber ich gehöre ja selbst zu den „Buch-Machern“ 😉 und verstehe, warum hier maximal Platz für einen Absatz war.


    In einer Pressemitteilung erklärt der Verleger Stefan Weidle:

    „Wir hatten keine Originalzeichnungen und mußten aus der englischen Ausgabe scannen (…) Da diese (…) gerastert sind, konnten wir sämtliche Abbildungen nur in 100 % Größe drucken, um jeglichen Anflug von Moiré zu bannen. Das im deutschen Text, der ja länger läuft als der englische, hinzukriegen, war nicht immer einfach, stundenlang saßen wir bastelnd (…) am Rechner.“


    Abbildungen wegzulassen, wie Zsolnay es in den 50er Jahren gemacht hat oder dem Buch mehr Seiten zu geben, war für den Verlag keine Option.


    CURIOUS CREATURES ist eine unterhaltsame und informative Entdeckungsreise durch die Wunder der Tierwelt aber auch durch das außergewöhnliche Leben der Autorin. Und einen kleinen Einblick ins Büchermachen gab‘s obendrein.


    PS: Auf den Seiten 202/203 scheinen mir die Bildunterschriften vertauscht zu sein.


    Die Autorin, Illustratorin und Übersetzerin


    Erna Pinner (1890-1987) war als Zeichnerin, Illustratorin und Autorin in den 1920er Jahren eine bekannte Künstlerin. Gemeinsam mit dem Schriftsteller Kasimir Edschmid unternahm sie zahlreiche Reisen: in Europa, Palästina, Syrien, Libanon, Südamerika, Südost- und Südwestafrika. 1931 erschien ihr Buch „Ich reise durch die Welt“. Zu ihrem Freundeskreis gehörten u.a. Else Lasker-Schüler, Renée Sintenis, Gabriele Tergit und Gottfried Benn.


    Im Herbst 1935 emigrierte die Frankfurterin aus jüdischer Familie nach London. Dort begann sie ab 1936, beruflich als Illustratorin Fuß zu fassen.

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    Markus Bennemann: Böse Bäume. Wie sie töten, stehlen, Feuer legen – die dunkle Seite unserer liebsten Waldbewohner, München 2022, Wilhelm Goldmann Verlag, ISBN 978-3-442-31676-2, Klappenbroschur, Format: 13,4 x 2,4 x 21,1 cm, 269 Seiten mit s/w-Zeichnungen von Janine Czichy, Buch: EUR 18,00 (D), EUR 18,40 (A), Kindle: EUR 14,99.


    Ein Buch über DAS GEHEIME LEBEN DER BÄUME gibt es schon. Das ist der Bestseller von Peter Wohlleben, von dem wir sicher alle schon gehört haben. Jetzt hat Markus Bennemann ein Buch über das GEMEINE Leben der Bäume geschrieben.


    Selbstverständlich ist ihm klar, dass die Natur nicht vorsätzlich fies ist. Lebewesen tun, was ihnen für ihr Überleben von Nutzen ist und der Erhaltung ihrer Art dient. Dabei sind sie nicht zimperlich und das gilt auch für Bäume.


    „Ein Baum, der wie die Feige […] andere Bäume erwürgt, ist verblüffend. Einer, der wie die Walnuss den Boden vergiftet, noch mehr. Die Zusammenarbeit von Akazien und Ameisen ist faszinierend. Die Perfektion, zu der es die Buche im Kampf um Licht gebracht hat auch. Doch ein Baum, der auf irgendeine Weise zu Waldbränden beiträgt, kann das wirklich sein?“ (Seite 86)


    Seitdem ich dieses Buch gelesen habe, traue ich unseren Bäumen so ziemlich alles zu! Auch wenn sie einander vor Fressfeinden warnen und ihren Nachwuchs über das Wurzelgeflecht mit Wasser und Nahrung versorgen können: Sie haben auch ihre dunklen Seiten. Im Wald geht’s zum Teil zu wie im Krimi! Und so schildert der Autor das auch. Die Fakten, denke ich, werden schon stimmen, auch wenn er sie auf locker-flockige Art präsentiert. Auch vor einem gepflegten Kalauer schreckt der Autor nicht zurück, und so lesen sich die Verbrechen der kriminellen Bäume amüsant und spannend.


    Würger im Wald


    Würgefeigen winden sich wie riesige Schlangen um Bäume und rauben ihnen Wasser, Nahrung und Licht. Nicht selten stirbt der Baum im Inneren des Parasiten-Geflechts ab und nur das Feigenkorsett bleibt stehen. Das ist okay für die Feige und schlecht für den Baum. Pech gehabt! Das scheint ein sehr altes Erfolgsrezept der Natur zu sein. Feigen gibt’s schon seit mindestens 60 Millionen Jahren.


    Ich bin davon ausgegangen, dass sich die Würgefeigen vom Boden aus an ihren Opfern emporranken, aber es funktioniert ganz anders. Raffiniert, wie die Feigen sich vom harmlosen Untermieter zum parasitären Alptraum entwickeln! Das nehme ich der Pflanze nicht übel, das ist halt ihre Natur. Aber ob ich jetzt, da ich weiß, wie Feigen bestäubt werden, noch eine essen möchte, ist fraglich …


    Gnadenlose Giftmörder


    Der Walnussbaum hält sich Licht- und Nährstoff-Konkurrenten mittels Chemie vom Leib. Er bildet in Wurzeln, Fruchthüllen, Blättern, Rinde und Walnussschalen einen giftigen sekundären Pflanzenstoff, der dafür sorgt, dass rund um den Baum nichts gedeiht, nicht einmal die eigene Saat.

    Bissige Bodyguards


    Akazien schrecken ihre Fressfeinde mit Dornen und bitteren Pflanzen-Sekundärstoffen (Tanninen) ab. Es gibt sogar Arten, die hochgiftige Blausäure produzieren. Andere halten sich eine eigene „Killerbrigade“: Sie leben in symbiotischer Beziehung mit Ameisen. Nicht mal Ziegen, die nahrungstechnisch wirklich nicht wählerisch sind, mögen Akazienblätter mit bissiger Ameisenbeilage. Natürlich haben die Ameisen auch was von diesem Deal. Aus reiner Baumfreundlichkeit machen sie den Bodyguard-Job nicht!


    Rücksichtslose Rabauken


    Gäbe es keine Forstwirtschaft, würden Buchen nach und nach 75 Prozent der deutschen Waldfläche bedecken. Da stellt sich die Frage:

    „Wieso gelang es der Buche trotz ihrer späten Ankunft in Europa, fast überall besser dazustehen als der Rest der Bäume? Welche geheime Kraft oder Fähigkeit erlaubt es ihr, diese so einfach aus dem Weg zu räumen?“ (Seite 73)


    Buchen sind extrem erfolgreich im Kampf ums Licht. Sie selbst brauchen wenig davon, lassen aber, wenn sie erst mal groß sind, kaum Helligkeit nach unten durch. Jedenfalls zu wenig für andere Baumarten. Nur ihrem eigenen Nachwuchs macht das nichts aus. Buchen brauchen ja, wie gesagt, nicht so viel Licht. Und ruckzuck sind alle anderen Arten verdrängt und es gibt ringsherum nur noch Buchen. Rücksichtslos aber wirksam.


    Fiese Feuerteufel


    Bäume, die Feuer legen? Das wäre doch Selbstmord, oder? Und doch macht der australische Eukalyptus genau das. Gut, er stellt sich jetzt nicht hin und sagt: „So, jetzt zündeln wir ein bisschen“, aber weil ¾ der australischen Wälder aus Eukalypten bestehen und es dort sehr trocken ist, brennt so ein Wald wie Zunder, sobald der Blitz in einen ausgetrockneten Eukalyptusbaum einschlägt. Der Baum explodiert dann regelrecht und verteilt Funken und Feuer großzügig in der Umgebung.


    Was bringt den Eukalypten das? Nun: Ihnen selbst macht das Feuer nicht viel aus. Sie treiben nach dem Brand wieder aus und nach fünf Jahren sieht alles wieder aus wie vorher. Nur die Konkurrenz ist dezimiert. Die Tierwelt allerdings auch.


    Die Frage ist, ob im Zuge der Klimaerwärmung der Eukalyptuswald nicht in immer kürzeren Zeitintervallen abfackeln wird. Irgendwann haben die Eukalypten dann nicht mehr genügend Zeit, um sich zu regenerieren, und dann funktioniert das ganze System nicht mehr. Auch wenn der Autor sie hier wie menschliche Pyromanen hinstellt: Sie können ja nicht beschließen, mit dem Feuerlegen aufzuhören, sobald es ihnen mehr schadet als nutzt.


    Grausame Götterbäume und andere Baum-Bösewichte


    Wir lernen noch viele weitere kriminelle Subjekte aus dem Reich der Bäume kennen. So erfahren wir, auf welch hinterhältige Art chinesische Götterbäume – eine in Europa und Amerika invasive Art – ihre kurze Lebensdauer wettmachen, warum es verboten ist, solche Bäume zu pflanzen und wieso man weibliche Ginkgo-Bäume oft schnellstmöglich fällt.


    Wir begegnen „weißen Vampiren im Monsterwald“: Das sind Albino-Exemplare der amerikanischen Küstenmammutbäume, die über kein Chlorophyll verfügen und damit eigentlich gar nicht überlebensfähig wären. Wer oder was hält sie am Leben? Und warum? Freiwillig oder unfreiwillig?


    Wir treffen auf schmarotzende Sandelhölzer, zu denen auch die Mistel gehört, die wir vom Weihnachtsmarkt oder aus den Asterix-Comics kennen. Also, das sind ja besonders fiese Gesellen! Da kann das Sandelholz noch so gut duften, die Kerle sind bei mir unten durch! :D


    Es ist einfach unfassbar, was es da für Tricks und Gemeinheiten gibt:

    • Bäume, die eine Art eingebaute hölzerne Gartenschere haben, mit der sie anderen Pflanzen die Wurzeln abknapsen.,
    • Bäume, die das Salz aus dem Grundwasser in den oberen Erdschichten ablagern und so anderen Baumarten den Boden versalzen,
    • Bäume an denen buchstäblich alles giftig ist, selbst für uns Menschen,
    • Bäume, deren reife Früchte mit einem lauten Knall explodieren und ihre Samen mit bis zu 250 km/h in alle Richtungen schießen. Da möchte man nicht in der Nähe sein!
    • Und was war eigentlich genau mit dem „Baum der Erkenntnis“ in der Bibel …?


    Ich mag diese Art der flapsigen Wissensvermittlung und hätte noch ewig so weiterlesen können. Natürlich ist mir klar, dass Markus Bennemann hier die Pflanzen „in unzulässiger Art und Weise“ vermenschlicht. Für ein unterhaltendes Sachbuch kann man das aber schon mal machen. Solange alles sachlich korrekt ist – und davon gehe ich angesichts des umfangreichen Quellenverzeichnisses aus – ist das für mich in Ordnung.


    Der Autor


    Markus Bennemann konnte sich während des Studiums nicht zwischen Literatur und Biologie entscheiden. Schließlich ist er bei der Literatur geblieben und schreibt heute Bücher über – Biologie. Mehrere Sach- und Kinderbücher sind bereits von ihm erschienen und wurden in verschiedene Sprachen übersetzt. Er lebt in Wiesbaden.


    Die Illustratorin


    Janine Czichy, geboren 1986 in Jena, schließt gerade ihren Master of Arts mit Schwerpunkt Illustration an der HAW Hamburg ab. Sie ist Illustratorin mehrerer Kindersachbücher, Böse Bäume ist ihr erstes Buch für Erwachsene. Janine Czichy lebt mit ihrer Familie in Hamburg.

    Weil weder ISBN noch ASIN funktionieren, mache ich es wieder mal so:




    https://www.amazon.de/Liebe-Mord-Schürzenjäger-Krimi-Südtirol/dp/B0BL52F47K/ref


    Viola Eigenbrodt: Liebe, Mord und Schürzenjäger. Ein Krimi aus Südtirol, Leonberg 2022, Independently published, ISBN 979-8-36164011-9, 250 Seiten, Softcover, Format: 12,7 x 1,47 x 20,32 cm, Buch: EUR 14,99, Kindle: EUR 3,99.


    Meran im Vorfrühling 2022: Ein bisschen neugierig ist sie ja schon, die Antiquarin Florentine Senoner. Als in ihrem Laden ein Blatt Papier aus einem alten Kinderbuch fällt, liest sie das Schreiben mit großem Interesse durch. Es ist ein Testament, das vor 42 Jahren verfasst worden ist.


    Fundsache „Altes Testament


    Der Verfasser dieses Testaments kann altershalber nicht mehr am Leben sein. Ob seine Nachkommen jemals von dem Dokument erfahren haben? Der Inhalt ist brisant: Der Landwirt aus dem Ultental enterbt darin seine Söhne und vermacht seinen gesamten Besitz seiner unehelichen Tochter. Wenn das Testament vier Jahrzehnte lang in dem Buch geschlummert hat, hat die Tochter vielleicht nie was von ihrem Erbe gesehen!


    Was tut man in so einem Fall? Das Testament schulterzuckend wegschmeißen und sich sagen: „Nicht mein Zirkus, nicht meine Affen?“ – Das wäre gar keine schlechte Idee gewesen. Aber Florentine Senoner recherchiert im Internet, macht die designierte Erbin tatsächlich ausfindig und sucht sie auf.


    Die Erbin fällt aus allen Wolken


    Anneliese „Lies“ Kußtatscher, 66, hat 35 Jahre lang im Ausland gelebt und ist erst im Rentenalter wieder nach Südtirol zurückgekehrt. In Partschins betreibt die ehemalige Schäferin jetzt einen kleinen Käseladen. Sie ist fassungslos, als ihr die Antiquarin das Testament aushändigt.


    Lies ist völlig durcheinander und Florentine bereut schon, sich überhaupt in die Geschichte eingemischt zu haben.


    Jetzt wär’s gescheit gewesen, Lies Kußtatscher wäre mit dem Testament zu einem Anwalt gegangen und hätte sich erkundigt, ob und wie sie ihre Ansprüche jetzt noch geltend machen kann. Aber auf die Idee kommt sie nicht. Das ist nicht ihre Welt.


    Eine Leiche im Teich


    Anders als geplant verläuft auch der Besuch der Hotelchefin Dorothee Konrad im Schloss Trauttmannsdorff in Meran. Statt entspannt auf Kaiserin Sisis Spuren zu wandeln, findet sie im Schlossteich eine Leiche. Hier kommen die Polizisten ins Spiel, die man vielleicht schon aus den vorigen Bänden der Reihe kennt:


    Die Polizeibeamten haben dieses Mal nicht ganz so viele ablenkende private Probleme an der Backe wie sonst. Dafür haben die Carabinieri zusätzlich zu ihren Revierkatzen jetzt auch noch einen Vogel: einen geschwätzigen und sangesfreudigen Bergpapagei. Der ist von einem früheren Fall „übriggeblieben“, sollte eigentlich nur vorübergehend bei ihnen Quartier nehmen und stellt sich nun als schwer vermittelbar heraus.


    Auch wenn sich die Carabinieri durch ihre Menagerie zum Gespött der ganzen Stadt machen: Ihren Job verstehen sie. Es dauert nicht lange, und sie haben die tote Person identifiziert. Es war kein Unfall, da hat jemand nachgeholfen! Man ertrinkt nicht einfach so in einem flachen Teich.


    Weit und breit kein Mordmotiv


    Womit sie sich schwertun, ist das Motiv:

    Die gute alte Polizeiarbeit, ein gerüttelt Maß an Internetrecherche und ein Quäntchen Klatsch und Tratsch bringen jedoch Erstaunliches ans Licht.


    Eine ahnungslose Zeugin


    Es gibt eine Person, die viele offene Fragen mühelos beantworten könnte: Die neugierige Antiquarin vom Anfang der Geschichte. Wir wissen ja, dass sie gerne mit den Leuten redet und dass die ihr alles Mögliche erzählen. Nur hat sie keine Ahnung, dass etwas, das sie am Rande einer Vernissage erfahren hat, zur Aufklärung dieses Mordfalls beitragen könnte …


    Für Kenner:innen der Reihe: Dieses Mal sind die Reporter gar nicht dabei! Die haben mir direkt ein bisschen gefehlt. Aber es sind auch so schon genügend Personen im Spiel. Für die zwei wichtigsten Familien in der Geschichte habe ich mir eine Art Stammbaum skizziert: Wer ist wie mit wem verwandt, wer verfolgt mit wessen Hilfe welche Interessen – und wem passt was warum nicht in den Kram? Man weiß ja nie, welches Detail später noch wichtig wird …


    Es gibt eine ganze Reihe von Verdächtigen und verschiedene denkbare Motive. Ich habe gespannt mit der Polizei mitgerätselt und jedem alles zugetraut, nicht nur den offensichtlich Fiesen. Man hätte mir jederzeit mit entsprechender Begründung eine beliebige Romanfigur als Täter:in „verkaufen“ können. Ist der Druck groß genug, ist der Mensch zu allem fähig, und wenn er noch so nett und freundlich daherkommt.


    Tragische Lebensgeschichten, befreiende Komik


    Das private Geplänkel zwischen den Polizisten, die einander lange und gut kennen, bietet eine willkommene Abwechslung zu den tragischen Lebensgeschichten, mit denen wir hier konfrontiert werden. (Unappetitliche Details muss man in den Büchern von Viola Eigenbrodt zum Glück nicht befürchten.) Was manche Menschen mitgemacht haben, ist schon starker Tobak! Da tut’s gut, wenn auch mal über ganz alltägliche Themen gesprochen wird und es ein bisschen befreiende Komik gibt.


    Man muss sich weder in Meran auskennen noch die vorigen Bände der Reihe gelesen haben, um der Handlung folgen zu können. Wobei ein bisschen Vorwissen das Lesevergnügen durchaus steigern kann.


    Ich werde der Reihe weiter treu bleiben. Jetzt will ich wissen, wie es weitergeht, nachdem sich bei der Polizei das Personalkarussell gedreht hat … wie sich die neue Kollegin macht … wie die Carabinieri Patti Mayrhofer und Carmine Losso sich einigen und ob Revierkatze Molly wieder in ihre Zelle zieht. Ja, irgendwie sind das für mich schon alte Bekannte. 😊 Und als Krimi-Fan interessiert mich natürlich vor allem, welchen neuen Fall sie zu lösen haben werden und bei welcher Berufsgruppe wir dieses Mal hinter die Kulissen blicken dürfen.


    Die Autorin


    Viola Eigenbrodt ist Journalistin, Dozentin für Kreatives Schreiben und Schriftstellerin. Mit ihrer Familie hat sie einige Jahre in Meran gelebt und gearbeitet. Sie kennt Land und Leute gut. Heute lebt sie mit ihrem Mann in der Nähe von Stuttgart und schreibt Cozy-Krimis, die allesamt in Meran angesiedelt sind, sowie Familienkomödien.

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    Marc Voltenauer: Wer hat Heidi getötet? Kriminalroman, OT: Qui a tué Heidi?, aus dem Französischen von Franziska Weyer, Köln 2022, Emons-Verlag, ISBN: 978-3-7408-1536-3, Klappenbroschur, 416 Seiten, 14,1 x 3,3 x 21,6 cm, Buch: EUR 18,00 (D), EUR 18,50 (A), Kindle: EUR 13,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    Der Held, der Schweizer Kriminaloberkommissar Andreas Auer (40) liebt seine Familie und hat ein Herz für Tiere. Davon abgesehen finde ich den Kerl ziemlich unausstehlich – selbstverliebt, eitel und snobistisch –, weshalb ich die ersten hundert Seiten nur zähneknirschend überstanden habe.



    Weil ich aber weiß, dass der Autor düster-spannende Geschichten konstruieren und erzählen kann, bin ich am Ball geblieben.


    Vom Dienst suspendiert


    Gryon/Schweiz, Frühjahr 2013: Vor rund einem Jahr hat Kommissar Andreas Auer in einer Mordserie an seinem neuen Wohnort, dem waadtländischen Bergdorf Gryon, ermittelt und eine Tatperson laufen gelassen.


    Auers Fehlverhalten ist zwar nie ans Licht gekommen, aber er hat ein moralisches Problem damit. Darüber schlittert er in eine handfeste Krise, die in einem Eklat an seinem Arbeitsplatz gipfelt. Jetzt ist er vom Dienst suspendiert und weiß nichts mit sich anzufangen.


    Tödlicher Konkurrenzkampf?


    Aus Langeweile lässt der Kommissar a.D. sich darauf ein, einem befreundeten Landwirt bei den Vorbereitungen für eine Rinder-Zuchtschau zu helfen. Er, der pingelige Stadtmensch, der von Landwirtschaft keine Ahnung hat, putzt und striegelt nun Kühe.


    Auer hätte nur im Leben nicht gedacht, dass die Landwirte den Schönheitswettbewerb ihrer Kühe so todernst nehmen. Am Tag der Veranstaltung kommt es zu einem schockierenden Zwischenfall – und am nächsten Tag liegt einer der örtlichen Bauern erschlagen in seinem Stall. Der Fall scheint klar zu sein. Der Konkurrent wird verhaftet. Nur Andreas Auer glaubt, dass es sich seine Kolleg:innen hier ein bisschen zu einfach machen.


    Jetzt hat er ja Zeit, jetzt kann er privat ermitteln. Zusammen mit seinem Lebensgefährten, dem Journalisten Mikael Achard (35) geht er der Sache auf den Grund. Und tatsächlich passt hier so manches nicht zusammen.


    Männer mit Geheimnissen


    Wir Leser:innen wissen, was der Polizei noch verborgen bleibt: Ein professioneller Auftragsmörder ist unterwegs und räumt für einen nicht näher bezeichneten Auftraggeber gezielt Personen aus dem Weg.


    Und noch etwas wissen wir, was der Gryoner Neubürger Auer noch nicht mitgekriegt hat: Die Kumpels von Antoine Pagets Sohn Vincent sind ganz schön verkorkste Typen: Probleme mit Frauen, Drogen und Alkohol, Spätfolgen traumatischer Erfahrungen in der Kindheit und Jugend, Schwierigkeiten in der Familie und am Arbeitsplatz … selbst Vincent hat seine Geheimnisse.


    Ein junger Mann entwickelt sich vor unseren Augen vom harmlosen heimlichen Crossdresser zum Entführer und Frauenmörder. Nur wissen wir nicht, wer das ist, weil der Autor ihn nicht mit Namen nennt.


    Ein Fall, zwei Fälle – oder drei?


    Als die erste Frau gefunden wird, kennen sich Andreas und Michael gar nicht mehr aus: Wurden der Landwirt und die Frau Opfer desselben Täters oder sind das zwei voneinander unabhängige Fälle? Gute Frage! Je weiter ihre unautorisierten Ermittlungen fortschreiten, desto schwieriger lässt sie sich beantworten. Irgendwann kommt der unerschrockene Mikael bei seinen Recherchen der Wahrheit gefährlich nahe. Lebensgefährlich nahe …


    Die Geschichte ist so packend und clever konstruiert, dass man unbedingt wissen will, wie das alles zusammenhängt und vor allem, wie es ausgeht. Gut, vielleicht ist das persönliche Umfeld des Kommissars ein bisschen zu stark in die Fälle involviert. Aber darüber vergeht ihm wenigstens die ewige Angeberei. :-D. (Wenn nur ein Funken Ironie in dieser permanenten Selbstbeweihräucherung läge, fände ich es ja amüsant. Aber so …!)


    Die Handlung ist komplex, doch Auer und sein Partner dröseln die Verwicklungen in ihren Gesprächen so auf, dass man garantiert alles mitbekommt. Als routinierter Krimileser fühlt man sich da fast schon ein bisschen überbetreut. Den einen oder anderen Schluss hätten wir auch selbst ziehen können.


    Der Showdown ist der Hammer!


    Der dramatische Showdown lässt einen sprachlos zurück. Das ist der Hammer! Wenn jemals rauskommt, was da wirklich passiert ist, wird das dermaßen übel ausgehen …!



    Trotz nervigem Held: Ich will Band 3!


    So sehr mich der selbstgefällige Held nervt: Wenn es einen dritten Band geben sollte, werde ich auch den lesen und mich wieder über Auers Angeberei aufregen. Ich kann mir nicht helfen: Mich faszinieren einfach Marc Voltenauers düstere Geschichten.


    Es wäre sinnvoll, Band 1 zu kennen, um in diesem Band die Hauptfiguren verstehen zu können und das Problem zu begreifen, das Auer mit der Pfarrerin hat. Das wird zwar alles kurz angesprochen, bleibt aber doch etwas diffus.


    PS: Ab und zu mal ist von einem „Alphalet“ die Rede. Ich vermute, dass ein „Alp-Chalet“ gemeint ist und lediglich ein Buchstabe fehlt. Die Formulierung „eine Frau aus Haut und Knochen“ (Seite 384) ist auch ein bisschen seltsam. Das sollte wohl „aus Fleisch und Blut“ heißen.


    Der Autor


    Marc Voltenauer, geboren 1973 in Genf, studierte zunächst Theologie und arbeitete dann im Bankwesen und in der Pharmaindustrie. Seine Romane gewannen in der Schweiz renommierte Literaturpreise. Er lebt mit seinem Partner in dem kleinen Dorf Gryon in den Waadtländer Alpen, das ihm als Inspiration für seine Romane dient. http://www.marcvoltenauer.com (Internetseite auf Französisch).

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    Sabine Bode: Sorgen sind wie Nudeln, man macht sich immer zu viele. Noch mehr Lesekonfetti für problemgebeutelte Postjugendliche. Humoriges Sachbuch, München 2022, Wilhelm-Goldmann-Verlag, ISBN 978-3-442-31675-5, Klappenbroschur, 190 Seiten mit s/w-Graphiken, Format: 13,7 x 1,5 x 21,6 cm, Buch: EUR 14,00, Kindle EUR 9,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    Ein humoriges Sachbuch ist das also. So steht’s auf Seite 4. Macht es uns schlauer? Och, das nicht unbedingt. Aber es bringt uns zum Schmunzeln und führt zu der beruhigenden Erkenntnis, dass andere „Postjugendliche“, so im Alter von 50+, ihr Leben auch nicht so super im Griff haben. Die schlagen sich mit ähnlichen Problemen und Problemchen herum wie wir selbst. Jetzt kommt man sich zwar noch immer unzulänglich vor, auf einmal fühlt sich das normal an anstatt schlimm.


    „Prepper“ und andere Katastrophen

    Muss man sich in der Lebensmitte wirklich auf Leistungsvergleiche nach dem Muster „mein Haus, mein Auto, mein Boot“ einlassen? Oder liefert manchmal das, was man vergeigt, verpasst und stattdessen gemacht hat, die viel besseren Geschichten? Lethargisch soll man natürlich nicht werden, aber Erlebnisse zu sammeln wie Trophäen bringt’s einfach nicht. Das ist nur anstrengend.


    Die Autorin stellt sich vor, wie wohl ein Bilderbuch konzipiert sein müsste, in der die Heldinnen in die Wechseljahre kommen. Das Resultat ist ziemlich schräg. Sie macht sich über „Prepper“ lustig, die auf alle erdenklichen Katastrophenfälle vorbereitet sein wollen, was auf den Rest der Welt meist ziemlich verbissen und übertrieben wirkt.


    Wie es ist, im (Büro-)Job älter zu werden, dürften ihr viele Altersgenossinnen nachfühlen können. Ich kann’s! Hat man mit Mitte 20 noch heimlich über die älteren Kolleg:innen gegrinst oder den Kopf geschüttelt, die mit dem Computerkram nicht zurechtkamen und zum Teil schreckliche Angst davor hatten, sind jetzt wir diejenigen, die manches nicht mehr verstehen und/oder für total bescheuert halten. Dieses Kapitel hat mir am meisten aus der Seele gesprochen. Unter anderem Sabine Bodes Versuch, herauszufinden wo der Kipppunkt ist, an dem aus Erfahrung Ballast wird.


    Wir sollten nicht alles glauben …

    Die Autorin fragt sich ferner, warum uns selbsternannte Expert:innen verstärkt mit albernen Vorschriften und ungebetenen Ratschlägen auf den Zeiger gehen, sobald wir mittleren Alters sind. Wieso wird permanent davon ausgegangen, dass unser Liebesleben des Aufpeppens bedürfe? Und wen, zum Geier, geht das überhaupt was an? – Sie befasst sich mit der Nestflucht-Panik, die unter Umständen eintritt, nachdem die Kinder erwachsen und aus dem Haus sind. Außerdem geht’s in diesem Buch um Kleidergrößen, die ebenso unrealistisch sind wie die Erwartung, man müsse mit 52 noch in dieselben Klamotten passen wie mit 25.


    Sabine Bode träumt von „Einer Welt, in der man Bauch, Beine und Po haben darf, wie sie gewachsen sind, statt sie auf Kirschkerngröße zu minimieren oder auf Melonenstatus aufzupumpen. […].“ (Seite 99)


    Das alles kann ich gut verstehen. Auch habe ich mich, genau wie die Autorin, schon gefragt, warum man für die Bedienung moderner Haushaltsgeräte ein Luft- und Raumfahrtstudium zu benötigen scheint. Und ist es eigentlich nötig, dass man im Freundinnenkreis stets über seine Beziehung reden muss? Was ist, wenn man zu dem Thema gar nichts Spektakuläres beizutragen hat? – Wie viel Vergesslichkeit ist mit 50+ normal? Und wie konnte es nur passieren, dass die rebellischen Stars unserer Jugend auf einmal Werbung für ziemlich spießige Produkte machen?


    Wir haben das Recht auf Macken und Schwächen

    Wir erfahren, warum Scheitern auch okay ist … wieso man keine mehr Zeit mit Ar***l*chern verschwenden sollte und wie man das am besten anstellt … weshalb exzessives Grübeln nichts bringt und es einen nur unglücklich macht, wenn man sich mit anderen vergleicht. – Warum wir ein Recht auf Schwächen und Macken haben und nicht immer stark sein müssen, erfahren wir ebenfalls. Und wir lernen die tiefe Weisheit des polnischen Sprichworts „Nicht mein Zirkus, nicht meine Affen“ kennen. 😊


    Das ist jetzt alles nicht neu, aber sehr unterhaltsam geschrieben und man fühlt sich in der eigenen Unvollkommenheit nicht mehr so allein. Manches war mir ein bisschen zu comedymäßig überdreht, aber das ist Geschmackssache.


    Nicht neu, aber schön boshaft

    Die kurzen Statements, die in kleinen Boxen stehen, als „Sorgenfrei in zwei Minuten“ oder „Notfalltipps zum Ausschneiden“ daherkommen, sind zum Teil von exquisiter Bosheit. (Vor meinem Bücherregal würde die Autorin schon mal nicht schreiend weglaufen!)


    Es juckt einen ja schon, den einen oder anderen Spruch mal im wahren Leben auszuprobieren. Aber ich glaub‘, ich trau mich nicht. Der Vorschlag mit dem Buchcover auf Seite 158 wäre jedoch umsetzbar. Vielleicht hilft mir ja eine Kollegin. Das wäre womöglich sogar eine Geschäftsidee. 😊


    Wie gesagt: Dieses Buch kann man locker zwischendrin zur Unterhaltung lesen. Es bringt einen aber nicht wirklich weiter. Das allerdings hätte ich von einem Sachbuch, auch von einem humorigen, schon erwartet. Ich habe das eher wie eine Sammlung von Glossen konsumiert. Und dann passt’s.


    Die Autorin

    Sabine Bode arbeitete nach dem Studium der Anglistik, Germanistik und Publizistik als Journalistin und Übersetzerin sowie als Gagschreiberin für das Who’s who der deutschen Comedyszene. Inzwischen ist sie selbst als Komikerin und Autorin erfolgreich und hat mit ihrem Buch »Älterwerden ist voll sexy, man stöhnt mehr« einen Megabestseller geschrieben. Sie zählt sich zur Randgruppe »verheiratet, zwei Kinder, kein Weber-Grill« und lebt mit ihrer Familie in Bochum. www.fraubode.de

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    Martine Lestrat: Kleine Geschichten, die guttun, Chemnitz 2022, Elvea Verlag, ISBN 978-3-347-72368-9, Softcover, 88 Seiten, mit farbigen Fotos, Format: 17 x 0,6 x 17 cm, Buch (Softcover): EUR 12,99, Hardcover: EUR 16,99.


    Will man gut über das Geschehen in der Welt informiert sein, wird man tagtäglich mit einer Vielzahl von schlechten Nachrichten konfrontiert. Da sehnt man sich manchmal nach Abwechslung und möchte etwas Positives, Erfreuliches und Aufbauendes lesen. So etwas muss es doch geben! Es kann doch nicht immer alles nur schlecht sein!


    Martine Lestrat hat Geschichten und Gedichte geschrieben, die uns das Gute und Schöne in unserem Alltag vor Augen führen. Das gibt’s nämlich tatsächlich noch. Man muss nur die Augen aufmachen – und vielleicht auch mal selbst aktiv werden.


    Welle der Herzlichkeit

    Was passiert, wenn man Fremden spontan ein ehrlich gemeintes Kompliment macht? Wenn man freundlich grüßt, statt muffelig am anderen vorbeizulatschen? Das Echo darauf ist rundweg positiv, hat die Autorin erfahren. Freude und Freundlichkeit strahlen sogar auf Personen aus, die von der netten Geste gar nicht unmittelbar betroffen waren. Es ist, als ginge eine Welle der Herzlichkeit durch die Menschen.


    Sogar die Natur kann „herzlich“ sein, wenn auch nur im übertragenen Sinne. Auf ihren Spaziergängen entdeckte Martine eines Tages, dass es da draußen jede Menge Steine, Blätter oder Rindenstücke gibt, die wie Herzen geformt sind. Die Hobbyfotografin begann, diese Herzmotive festzuhalten und erfreute fortan ihre Follower in den Sozialen Medien damit. Inzwischen gibt’s die Motive auch als Postkarten und eine Auswahl davon illustriert dieses Buch.

    Abb.: © M. Lestrat, Foto: E. Nebel


    Mitunter macht es auch glücklich, ungebetene Ratschläge von Mitmenschen zu ignorieren. Hat doch tatsächlich eine erwachsene Frau vor Jahren zur sehr jungen Martine gesagt, sie solle nicht so viel lachen, davon bekäme sie später Falten. Diesen Tipp habe ich auch mal bekommen, da war ich Anfang 20. Ich dachte, nee, was wäre das für ein trostloses Leben, wenn man nicht mehr lachen dürfte! Da habe ich nicht mitgemacht.


    Nachahmenswert

    Nachahmenswert finde ich die Methode, mit der sich Martines allein lebende Nachbar:innen umeinander kümmern. Was sie sich ausgedacht haben, ist genial einfach und verhindert auf unaufdringliche Weise, dass irgend jemand hilflos allein in seiner Wohnung liegt.


    Genial ist auch der Trick mit der Lesebrille für einen gemütlichen Lese-Sonntag im Bett! :D Hier kann man echt noch was lernen. Zum Beispiel auch über den Umgang mit der Routine. Obwohl das auch Typsache ist. Mir gibt Routine Sicherheit, Martine dagegen hat manchmal den Eindruck, in Eintönigkeit zu ersticken. Dann muss sie was Neues beginnen.

    „Für mich ist jeder Moment der richtige, um das eigene Leben Revue passieren zu lassen und zu überlegen: Wie ist es jetzt? Bin ich zufrieden? Kann ich etwas ändern?“, schreibt sie (Seite 64).

    Vielleicht sollte man tatsächlich öfter mal innehalten und darüber nachdenken, wie man lebt und ob sich das noch richtig anfühlt. Einfach weiterwursteln ist natürlich bequemer. Aber dadurch wird auch nichts besser.


    Sprudelnde Ideen

    Und wann kommt man zum Nachdenken? Nicht mitten im dicksten Alltagsstress, sondern dann, wenn man sich gerade langweilt. Es ist also nicht empfehlenswert, sofort etwas gegen Langeweile zu unternehmen. Wenn man einfach nur tatenlos herumsitzt und vor sich hin denkt, kann das die Ideen regelrecht zum Sprudeln bringen. Also sollte man Langeweile eigentlich willkommen heißen – als Kreativitäts-Booster und Motivationsschub.


    Ob’s um Menschen geht, um die Natur allgemein oder die Liebe zum Meer – die kurzen Geschichten lassen den Leser mit einem Lächeln und einem guten Gefühl zurück.


    Herzmotive und „Elfchen“

    Aufgelockert wird die Folge der Geschichten durch Farbfotos von Herzmotiven aus der Natur – und durch Gedichte. Diese Gedichte gehören alle der Spezies der „Elfchen“ an. Mir ist die Art vertraut – ich habe fast 600 davon auf unserer Internet-Seite (Tiergeschichten.de) gesammelt. Für alle, die das Prinzip nicht kennen, nach dem diese Gedichte verfasst werden, erklärt die Autorin es mit Hilfe eines Wikipedia-Zitats:

    „Ein Elfchen ist ein kurzes Gedicht mit einer vorgegebenen Form. Es besteht aus elf Wörtern die in festgelegter Folge auf fünf Verszeilen verteilt werden.“ (Seite 11)


    Ich denke, es ist in Ordnung, wenn ich eines davon beispielhaft herausgreife (Seite 39):


    Buchstaben

    Buchstaben
    Bilden Wörter
    Erzählen tausende Geschichten
    Lassen uns schön weiterträumen
    Zauberwelt


    Mit diesem Buch können wir uns in eine positive „Zauberwelt“ zurückziehen, wenn wir mal eine Pause brauchen von der Schlechtigkeit der Welt. Die Schattenseiten des Lebens werden hier nicht geleugnet, aber der Fokus liegt auf dem, was uns Menschen Freude macht, motiviert und guttut.


    Die Autorin

    1984 zog Martine Lestrat von Frankreich nach Deutschland – der Liebe wegen. Schnell lernte sie die Sprache ihrer neuen Heimat und konnte ein Studium der Sozialpädagogik beginnen.


    Nach ihrer Ausbildung zur Gesundheitsberaterin fing sie an, ihre Erfahrungen mit den Deutschen und der deutschen Sprache aufzuschreiben. Ende 2017 erschien ihr erstes Buch "Bonjour Deutschland!", Ende 2022 ihr zweites: "Kleine Geschichten, die guttun". Nach mehreren Umzügen innerhalb Deutschlands lebt die Autorin seit 1999 in Schleswig-Holstein, wo sie sich sehr wohl fühlt.

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    Viveca Sten: Kalt und still. Ein Polarkreis-Krimi. Der erste Fall für Hanna Ahlander, OT: Offermakaren, aus dem Schwedischen von Dagmar Lendt, München 2022, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-423-26338-2, Klappenbroschur, 510 Seiten, Format: 13,6 x 3,45 x 21 cm, Buch: EUR 16,95 (D), EUR 17,50 (A), Kindle: EUR 12,99. Auch als Hörbuch und Multimedia-CD lieferbar.


    „Das Vertrauen, das Harald sein ganzes Leben lang in seine Mitmenschen gesetzt hat, liegt in Trümmern. Er hat von Menschen gelesen, die widerwärtige Taten begangen haben. Er hat nur nie geglaubt, dass es ihn selbst treffen könnte.“ (Seite 343)


    Dezember 2019: Hanna Ahlander, 34, Ermittlerin im Distrikt Stockholm-City, ist eine fähige Polizistin, wenn es ihr auch manchmal an professioneller Distanz mangelt. Aber sie hat ein belastendes Lebensthema: die Angst, „nicht gut genug“ zu sein. Und das wird manchmal zum Problem.


    In den Augen ihrer Eltern war Hanna immer unzulänglich. Sie hätten auf diesen Nachkömmling gut verzichten können. Mit ihrer klugen und erfolgreichen „großen“ Tochter Lydia (44) waren sie vollauf zufrieden. Hanna konnte ihr in keiner Weise das Wasser reichen und war ihnen hauptsächlich lästig. Ein Wunder, dass die beiden Schwestern sich trotzdem so gut verstehen!


    Hannas Leben gerät aus den Fugen

    Als Hannas Leben aus den Fugen gerät, weil sie praktisch im selben Moment ihren Job, ihren Lebensgefährten und ihr Zuhause verliert, bietet Lydia ihr Unterschlupf in ihrem luxuriösen Ferienhaus in Åre an, einem beliebten Wintersport-Ort in Nordschweden.

    Hanna fühlt sich nutzlos und unverstanden. Das ändert sich erst, als an ihrem vorübergehenden Wohnort die 18jährige Abiturientin Amanda Halvorsson verschwindet. Sie ist von einer Party nicht mehr nach Hause gekommen. Wenn sie da draußen irgendwo herumirrt, zählt jede Minute, denn die Temperaturen liegen derzeit bei minus 20 Grad.


    Neustart in Åre

    Um sich von ihren Problemen abzulenken, schließt Hanna sich der ehrenamtlichen Organisation „Missing People“ an, deren Ortsgruppe die vermisste junge Frau sucht. Dabei schnappt sie so einiges auf, das den ermittelnden Beamten vielleicht weiterhelfen könnte. Sie fasst sich ein Herz und bittet um einen Gesprächstermin. Tatsächlich sind manche ihrer Infos für die örtliche Polizei von Nutzen.



    Die verschwundene Amanda hat offenbar viele Geheimnisse – vor allem vor ihren konservativen Eltern. Von ihrer Beziehung zum vorbestraften Viktor hatten der Lokalpolitiker und die Physiotherapeutin zum Beispiel keine Ahnung.


    Eine Familie mit Geheimnissen


    Amandas Vater, Harald Halvorsson, ist auch nicht ganz der Saubermann, den er seinem Umfeld vorspielt. Wollte ihm jemand was heimzahlen und hat deshalb seiner Ältesten etwas angetan? Er traut sich nicht, mit seinem Verdacht zur Polizei zu gehen. Zu viel steht auf dem Spiel. Da unternimmt er lieber selbst etwas. Und das ist, wie erfahrene Krimileser:innen wissen, nur selten eine gute Idee.


    Was ist mit Amanda passiert?

    Mit der Zeit beschleicht Hanna das Gefühl, dass in dieser noblen Gemeinde so einiges faul ist. Auch mit einer Person, die hier für ihre Schwester Lydia arbeitet, scheint etwas nicht zu stimmen. Hanna geht der Sache aus rein privatem Interesse nach. Es wäre vielleicht nicht schlecht gewesen, wenn sie ihre Kollegen davon in Kenntnis gesetzt hätte …


    Was ist mit Amanda passiert? Wo ist sie nur hineingeraten? Und in welchem Wespennest stochert die ortsfremde Hanna gerade herum?


    Nicht ausschließlich deprimierend

    Mit den skandinavisch-düsteren Kriminalromanen habe ich es eigentlich nicht so, aber einem mysteriösen Vermisstenfall kann ich nicht widerstehen. Deshalb habe ich mir diesen Krimi geholt. Spannend ist er und nachvollziehbar ist er auch. Ich habe ihn in einem Rutsch ausgelesen. Die Personen haben zwar alle Probleme, aber die Stimmung ist zum Glück nicht pausenlos deprimierend. Hannas kindische Racheaktion an ihrem Ex-Partner hat schon wieder komische Momente, und ich mag die „große Schwester“ Lydia, die jedem noch so aufgeblasenen Wichtigtuer völlig unbeeindruckt klarmacht, wo der Frosch die Locken hat.


    Ob meine Begeisterung ausreicht, um diese Reihe weiter zu verfolgen, kann ich noch nicht sagen. Der Roman ist packend und unterhaltsam, das „kann man lesen“, es ist aber, wie gesagt, nicht ganz mein Genre.


    Ach ja: Kennt sich zufällig jemand mit schwedischem Namensrecht aus? Ich frage mich, wie der italienischstämmige Kommissar zu seinem schwedischen Familiennamen kommt. Hat er den von seinem Vater, mit dem seine italienische Mutter nie verheiratet war? Von seiner Ehefrau? So etwas beschäftigt mich!


    Die Autorin

    Viveca Anne Bergsted Sten, geb. 1959 in Stockholm, ist Juristin und eine der bekanntesten schwedischen Krimiautorinnen der Gegenwart. Mit ihrer Familie lebt sie nördlich von Stockholm. Seit ihrer Kindheit verbringt sie jeden Sommer auf Sandhamn in den Schären. Im Winter aber reist sie zum Skifahren nach Åre - dem Schauplatz ihrer neuen Reihe. Viveca Stens Sandhamn-Serie gehört zu den erfolgreichsten Krimiserien aus Skandinavien und lieferte den Stoff für den TV-Serienhit Mord im Mittsommer. Ihre Bücher sind in 24 Sprachen übersetzt.


    PS: Eine befreundete Schweden-Kennerin hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass die Reihe unter falscher Flagge segelt: Der Untertitel „Ein Polarkreis-Krimi“ stimmt nicht. Der Handlungsort liegt nicht am Polarkreis, und die Handlung der Folgebände führt laut ihrer Recherche auch nicht dort hin. Ich sag's nur.

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    Deborah Wilde: Jezebel Files, Band 2, Todesengel lügen nicht. Urban Fantasy, OT: Death & Desire, übersetzt von Julia Schwenk, Steinbach-Hallenberg 2022, Second Chances Verlag, ISBN 978-3-96698-716-5, Klappenbroschur, 412 Seiten, Format: 13,2 x 3,4 x 20,3 cm, Buch: EUR 18,00, Kindle: EUR 6,99.


    „Ich hatte so gehofft, dass diese Magiesache rein zufällig passiert ist, weißt du? Also dass ich Trägerin eines rezessiven Gens bin, das aktiviert wurde, und plötzlich eröffnet sich mir eine berufliche Welt, von der ich vorher nicht mal zu träumen gewagt habe. Dann finde ich heraus, […] dass meine Kräfte einem bestimmten Zweck dienen. […] Ich will das nicht. Ich will die Wahl haben.“  (Seite 137)


    Vancouver, Kanada: Ashira „Ash“ Cohen, Ende 20, hat sich bis vor kurzem noch für eine Weltige gehalten – also für jemanden, der keinerlei magische Kräfte besitzt. Nach einem Unfall werden ihre Kräfte überraschend aktiviert, und jetzt ist sie eine Nefesh, eine Magierin, die ihre neu entdeckte Blutmagie nur noch nicht so richtig steuern kann.


    Magischer Karriereschub

    Beruflich läuft es für sie super. Als (unregistrierte) Nefesh bekommt die junge Privatdetektivin jetzt deutlich interessantere Fälle als vorher. Auch ihre Beziehung zu Jugendfeind Levi Montefiore, dem attraktiven Oberhaupt des Hauses Pacifica, in dem die Nefesh von Vancouver organisiert sind, verändert sich. Sie hassen und misstrauen einander seit ihrer Kindheit, gehen aber trotzdem gelegentlich miteinander ins Bett. Feinde mit bestimmten Vorzügen! :D Als sie noch eine Weltige war, hat er sie aber nie für voll genommen. Jetzt arbeitet sie für ihn. Eine Privatdetektivin, von der nicht allgemein bekannt ist, dass sie magische Kräfte besitzt, ist für seine Zwecke ideal.


    Engel gibt es nicht

    Und was sie auf einmal für Fälle kriegt! Ein maskierter Todesengel – so richtig mit langem Gewand und voll funktionsfähigen Flügeln – hat den ägyptischen Sicherheitsexperten Omar Tannous angegriffen. Ash soll den Mord aufklären.


    Ashs Auftraggeber will wissen, wer Omar Tannous das angetan hat und was es mit dem Engel und seinen mysteriösen Kräften auf sich hat. Es gibt nämlich keine Engel, auch nicht in dieser magischen Welt. Wer kann eine solche Illusion erschaffen? Ash kennt da nur einen: Levi Montefiore!


    Befehl der Herzkönigin

    Jetzt mischt sich auch noch die Herzkönigin ein, die gefährliche Chefin des magischen Schwarzmarkts von Hedon. Warum ist es ihr so wichtig, dass der weltige Omar die jüdische Nefesh Shannon Dershowitz heiratet– in Hedon? Und dass dabei alle Verwandten der Braut anwesend sind? Der Fall „Todesengel“ muss auf unbedingt bis zur Hochzeit aufgeklärt sein, verlangt die Herzkönigin. Nichts darf die Hochzeitsfeier gefährden. Ash soll das bewerkstelligen. Und wenn sie es nicht schafft …? Nun, sie wird es schaffen müssen. Denn wer möchte schon als versteinerte Statue im Garten der Herzkönigin landen oder die Magie weggenommen bekommen? Ash jedenfalls hängt an ihrem Leben – und auch an ihrer Magie, obwohl sie sie erst seit kurzem hat.


    Was sie jetzt binnen weniger Tage herausfinden muss, ist Ash klar: Wer oder was steckt hinter dem Todesengel und der seltsamen Magie der alten Feder? Wer will aus welchen Gründen Omar Tannous ans Leder? Und wie kann das verhindert werden?


    Noch schnell die Welt retten

    Das ist aber nur ein Bruchteil der Probleme, die sie an der Backe hat. Sie weiß immer noch nicht, welcher Natur genau ihre eigene Magie ist, nur, dass sie damit zu den Jezebels gehört, die irgendwie die Welt vor Chariot retten müssen. Obwohl es sich immer so anhört, als sei Chariot eine Einzelperson, dürfte es sich dabei um eine Geheimorganisation mit finsteren Zielen handeln.


    Die einzige andere Jezebel, der Ash je begegnet ist, ist kurz darauf eines gewaltsamen Todes gestorben. Wie soll Ash jetzt die übrigen finden? Sie wird doch nicht die Welt im Alleingang retten müssen, oder? ODER?!


    Windungen und Wendungen

    Die Handlung windet sich wie ein Korkenzieher: Immer, wenn man glaubt, man habe begriffen, wie diese Welt funktioniert und was die einzelnen Leute im Schilde führen, geschieht etwas völlig Unerwartetes. Da bei Fantasy alles Mögliche und Unmögliche passieren kann, ist Mit- und Vorausdenken zwecklos. Da ich – zumindest als Leserin – genau so ein Kontrollfreak bin wie die misanthropische Heldin, habe ich nicht klein beigegeben und verzweifelt darum gerungen, den Überblick zu behalten. Nicht immer mit Erfolg.


    Ich habe versucht, mich an den hebräischen Eigennamen zu orientieren und an den Hinweisen auf die jüdische Mythologie.


    Rückkehr zur alten Ordnung?

    Es ergäbe für mich Sinn, dass jetzt Frauen, die mit alten Gottheiten in Verbindung zu bringen sind, die ursprüngliche Ordnung wiederherstellen sollen. Das Ziel wäre meines Erachtens eine Welt ohne Magie. Das wäre zwar schade, ich kann mir aber nicht vorstellen, worauf die Story sonst hinauslaufen sollte. Aber gut – es kommen ja noch zwei Bände.


    Ich mag die Figuren, allen voran die zynische, menschenfeindliche Ash mit all ihren Macken und Problemen. Auch die schrägen Nebenfiguren sind klasse. Alle! Ich habe nur manchmal Schwierigkeiten, die Personalfülle in Schach zu halten und der wilden Handlung zu folgen. Vielleicht sollte man die vier Bände hintereinanderweg lesen. Wenn zwischen den einzelnen Büchern ein Jahr oder mehr vergeht, vergisst man zu viele Details und Zusammenhänge und muss erst mühsam rekonstruieren: „Ach so, der kann dies und die plant das …“


    Nicht jugendfrei!

    Ich würde daher nicht empfehlen, bei Band 2 anzufangen. Den ersten sollte man schon gelesen haben, um überhaupt mitzukommen. Ach ja … auch wenn man bei Urban Fantasy gern mal an Jugendbücher denkt: Diese Serie ist nicht jugendfrei. S*x wird hier nicht diskret angedeutet, sondern ausführlich beschrieben. Ich wollte es nur gesagt haben.


    Die Autorin

    Deborah Wilde ist Weltenbummlerin, ehemalige Drehbuchautorin und Zynikerin durch und durch. Sie schreibt mit Vorliebe witzige Romane für Frauen in den Genres Urban Fantasy und Paranormal Romance. In ihren Geschichten geht es um selbstbewusste, toughe Frauen, starke weibliche Freundschaften und Romantik mit einer Prise Charme und Feuer. Sie mag Happy Ends, und es ist ihr wichtig, dass auch der Weg dorthin ihre Leser*innen zum Lachen bringt. Deborah Wilde lebt in Vancouver, zusammen mit ihrem Mann, ihrer Tochter und ihrer überaus eigenwilligen Katze Abra.


    Die Übersetzerin

    Julia Schwenk lebt mit einem bunten Heimtierzoo in ihrem heiß geliebten Zimmerpflanzendschungel im süddeutschen Land der Kühe und grünen Wiesen. Sprache ist ihre große Leidenschaft, die sie als Verlegerin und Übersetzerin zum Beruf gemacht hat. Wenn sie nicht gerade wie Gollum auf ihrer Couch über dem Arbeits-Netbook kauert, macht sie Handarbeitsforen unsicher, schaut YouTube leer oder plant die Übernahme der Weltherrschaft – und ist dabei immer auf der Jagd nach dem nächsten spannenden Projekt.

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    Gina Mayer: Internat der bösen Tiere. Die Entscheidung (Band 6), ab 10. J., Ravensburg 2022, Ravensburger Verlag, ISBN 978-3-473-40871-9, Hardcover mit Gucklochstanzung, 306 Seiten, mit s/w-Zeichnungen von Clara Vath, Format: ‎15,3 x 3 x 21,5 cm, Buch: EUR 15,99 (D), EUR 16,50 (A), Kindle: EUR 12,99, auch als Hörbuch und Multimedia-CD erhältlich.


    „Du und ich, wir wollen dasselbe“, sagte Noel. „Eine Welt für Menschen und Tiere. Wenn wir uns zusammentun, können wir es schaffen.“ – Uko schüttelte sich. „Ich traue euch Menschen nicht. Ich werde niemals mit euch zusammenarbeiten.“ (Seite 279)


    Ein Jahr ist Teenager Noel jetzt schon auf den Geheimen Inseln im „Internat der bösen Tiere“, wo er von und mit telepathisch begabten tierischen und menschlichen Mitgeschöpfen lernt.


    Mitbegründerin des Internats war seine Mutter Sonya, die bis vor 15 Jahren von einem friedlichen Zusammenleben zwischen Menschen und Tieren geträumt hat. Doch dann kam alles anders. Ihr Zögling, Bär Uko, hat sich gegen sie gewandt und hat ihr Rache für etwas geschworen, wofür sie gar nichts kann. Es ist ihr damals nichts anderes übriggeblieben, als ihren kleinen Sohn Noel ihrer Schwester anzuvertrauen und unterzutauchen. Vor kurzem erst haben sich Mutter und Sohn wiedergefunden. Doch Sonya lebt in Finnland und ihr Sohn in deutlich wärmeren Gefilden.


    Der Showdown steht bevor

    Viel Kontakt haben die beiden nicht. Aber Sonya macht sich Sorgen um ihren Sohn. Uko ist darauf aus, ihn zu töten – und das schon bald. Die Lehrer:innen des Internats teilen ihre Sorge und nehmen ihn aus dem regulären Unterricht heraus. In einer Art Crashkurs soll Noel dafür fit gemacht werden, eine Konfrontation mit dem deutlich stärkeren Bären zu überleben. Er übt Anschleichen, Apnoetauchen, die Orientierung in absoluter Dunkelheit, Kampfkunst – und zu allem Übel will ihm Sprachlehrer Mr Ezekweseli – ein ebenso anspruchsvoller wie humorfreier Marabu – noch auf die Schnelle die Sprache der Vögel beibringen. Vögel gibt’s überall, und die wissen im Zweifelsfall auch, wo sich ein Bär versteckt. Leider hat der ehrgeizige Lehrer im Eifer des Gefechts eine Kleinigkeit übersehen …


    Entführt!

    So gut die Geheimen Inseln normalerweise überwacht und geschützt sind - im Trubel einer Historikertagung, an der „Auserwählte“ aus aller Welt teilnehmen, passiert es: Noel wird entführt. Späherin Katokwe, ein Menschenmädchen aus Nigeria und Noels großer Schwarm, bekommt das mit und schleicht sich heimlich auf das Schiff der Entführer.


    Ein wahnwitziger Plan

    Die beiden Jugendlichen entwickeln den riskanten, ja, wahnwitzigen Plan, die Flucht nach vorn anzutreten. Das heißt, den Entführern zu entkommen, sich zu bewaffnen und den Bären zu erschießen, während er in seiner Höhle Winterschlaf hält. Die Idee ist derart abgefahren, dass sie einfach nicht funktionieren kann!


    Noel strebt – genau wie ich als Leserin – eigentlich eine friedliche Einigung mit Uko an. Er hat begriffen, was ich seit dem ersten Band sage: Protagonist und Antagonist haben dasselbe Ziel: eine bessere, friedlichere Welt. Nur wollen sie das auf verschiedenen Wegen erreichen: Der eine möchte eine Zusammenarbeit zwischen Menschen und Tieren, der andere eine strenge Trennung. Über die Strategie könnte man diskutieren. Leider ist Uko zu fanatisch oder zu beschränkt, um das zu erkennen.



    Abtauchen und verstecken


    Eine abenteuerliche Reise durch mehrere Länder beginnt – und ein ebensolches Versteckspiel. Katokwe, die über ihre Vergangenheit bisher beharrlich geschwiegen hat, offenbart ein paar höchst unerwartete Talente. Wie es aussieht, ist sie in einer ganz anderen Umgebung aufgewachsen, als alle – wir Leser:innen eingeschlossen – bisher geglaubt haben.


    Die Aktivitäten der beiden Teenager bleiben nicht lange unentdeckt, und man fragt sich, wer sie als erstes erwischen und an ihrem Vorhaben hindern wird: Die menschlichen Autoritäten? Die „Auserwählten“ von den Geheimen Inseln? Ukos Verbündete? Oder gar er selbst? Noch schläft er ja nicht …


    Tödliches Finale?

    Seit Band 1 hat sich die Handlung auf diesen Showdown zwischen Teenager und Bär zugespitzt und immer hat es geheißen, dass nur einer von beiden diese finale Konfrontation überleben kann. Da das INTERNAT DER BÖSEN TIERE eine Jugendbuchreihe ist, war ich ziemlich sicher, dass die Autorin den jungen Burschen am Leben lassen würde. Also war meine Hauptsorge, dass Noel, um zu überleben, seinen Überzeugungen untreu werden und seinen Gegner töten muss.


    Wie das Aufeinandertreffen zwischen Noel und Uko verläuft, kann jeder selbst lesen. Nach all den Ängsten und Aufregungen, die dieser Begegnung vorausgegangen sind, habe ich eigentlich ein bisschen mehr Drama erwartet. Aber es ist ein plausibles Ende der Geschichte. Ich bin sehr zufrieden damit.


    Ich werde sie vermissen, die Schüler:innen und Mitarbeiter:innen des Internats, die Begleittiere und sogar den Sprachlehrer Mr Ezekweseli. Dieser komische Vogel ist in seiner absoluten Humorlosigkeit ausgesprochen unterhaltsam – solange man nicht gezwungen ist, ihn als Lehrer zu ertragen. 😊


    Die Stadt der bösen Tiere

    So ganz werden wir auf die „bösen Tiere“ und ihre packenden Abenteuer wohl nicht verzichten müssen. Im Anhang gibt’s eine Vorschau auf den Band STADT DER BÖSEN TIERE. Da spielen mehr Menschen mit als in der Internatsreihe. Vielleicht ist es ein Prequel und hat mit dem Ort Vukoslavici zu tun, von dem Sonya und Uko immer wieder sprechen. Ob das auch eine Serie wird oder „nur“ ein Einzelband ist, kann ich nicht sagen. Wir werden es ja bald erfahren.


    Die Autorin

    Gina Mayer, geb. 1965, studierte Grafik-Design und arbeitete danach als freie Werbetexterin, bevor sie Schriftstellerin wurde. Seit 2006 hat sie eine Vielzahl an Romanen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene veröffentlicht. Ihre Werke standen auf der Spiegel-Bestsellerliste und wurden in viele Sprachen übersetzt. Gina Mayer lebt mit ihrem Mann in Düsseldorf.


    Die Illustratorin

    Clara Vath arbeitet seit 2012 als freischaffende Illustratorin für diverse Verlage. Sie illustriert unter anderem Kinder- und Jugendbücher und schätzt daran vor allem die Vielfältigkeit und das Abtauchen in andere Welten. Ihr Illustrationsstil verbindet oft fantastische und mystische Elemente, die zum Träumen einladen und in Abenteuer entführen.

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    Milena Tebiri, Anna-Charlotte Lörzer, Paula Kuitunen, Stefan Hetterich: Die Hungerwolke. Ein Kinderfachbuch über Essanfälle, ab 6 J., Frankfurt am Main 2022, Mabuse-Verlag, ISBN 978-3-86321-624-5, Hardcover, 71 Seiten mit farbigen Illustrationen von Anna-Charlotte Lörzer, Format: 21,4 x 1,3 x 30,3 cm, Buch: EUR 24,00.


    „Iss, dann geht es dir besser! Bald wirst du nicht mehr so traurig sein, dass Papa schon wieder gegangen ist und es tut nicht mehr so weh, dass Mama und Lena dich nicht mögen“, raunt die Wolke. […] Die Wolke hat Recht. Für einen kurzen Moment fühlt sie sich wohler.“ (Aus dem Buch. Keine Seitenzahlen)


    Ein Buch für Kinder und Erwachsene

    SACHbücher für Kinder sind mir ein Begriff. Zu zahlreichen Themen gibt’s kindgerecht aufbereitete Informationen, zum Beispiel über Hunde, Katzen, Pferde, Bäume oder den Weltraum. Von der Sorte habe ich schon einige besprochen. Unter einem KinderFACHbuch konnte ich mir nichts vorstellen. Ein Kinderbuch richtet sich an Kinder, ein Fachbuch präsentiert einem erwachsenen Expert:innenpublikum wissenschaftliche Erkenntnisse. Wie passt das zusammen? Des Rätsels Lösung: Das Buch ist inhaltlich zweigeteilt.


    Der erste Teil richtet sich ans junge Publikum und präsentiert das Fallbeispiel. Im zweiten Teil, dem Fachteil, geben Expertin Paula Kuitunen und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut Stefan Hetterich grundlegende Infos zum Verständnis der Binge-Eating-Störung sowie hilfreiche Ratschläge. Ziel ist, betroffenen Kindern und Bezugspersonen zu helfen, regelmäßige Essattacken besser zu verstehen, darüber zu sprechen und mit der Essstörung umzugehen. Eine Liste mit Literaturempfehlungen und Internetlinks vervollständigt das Angebot.


    Die kleine Mona hat Probleme

    Die Geschichte: Die siebenjährige Mona hat Probleme. Seit ihr Vater die Familie verlassen hat, lebt sie mit ihrer Mutter und ihrer älteren Schwester Lena in einem kleinen Dorf. Sie scheint die Einzige in der Familie zu sein, die Papa vermisst und kann mit niemandem darüber reden.


    Das Einzige, was ihr für kurze Zeit ein gutes Gefühl vermitteln kann, ist Essen. Obwohl sie keinen Hunger hat, stopft sie heimlich und hastig eine enorme Menge an Süßigkeiten in sich hinein. Das rät ihr die „Hungerwolke“. So personifiziert sie diesen Vorgang.


    Essen als Trost

    Solange sie isst, fühlt Mona sich sicher und wie in Watte gepackt. Aber danach ist ihr schlecht und sie schämt sich. Wenn sie ständig futtert, wird sie ja noch dicker werden und die Menschen werden sie noch weniger mögen als ohnehin schon. Doch sie kann dieses Verhalten nicht mehr stoppen. Sie braucht das heimliche Essen jetzt, das sie für kurze Zeit ihre Traurigkeit vergessen lässt.


    Dass ihre Mutter dauernd davon redet, dass Mona dringend abnehmen müsse, macht dem Mädchen das Leben nicht leichter. Statt sich verstanden zu fühlen, fühlt Mona sich abgelehnt und ungeliebt. Ihre Familie ist aber auch weder aufmerksam noch mitfühlend!


    Eine Lehrerin erkennt ihre Not

    Eine erfahrene Lehrerin merkt schließlich, dass es Mona schlecht geht


    Der Fachteil für Bezugspersonen

    Der erste Teil ist der, den man mit den Kindern zusammen lesen soll. Daran anschließend folgt der „Fachteil für Bezugspersonen“, in dem Paula Kuitunen und Stefan Hetterich erklären,

    • Wie man die Binge-Eating-Störung (BED) erkennt,
    • Wie Betroffene einen Ess-Anfall erleben,
    • Wie häufig diese Essstörung auftritt,
    • Welche Probleme die BED begleiten können,
    • Woher die Störung kommt,
    • Wobei diese Ess-Anfälle vermeintlich „helfen“,
    • Wonach das betroffene Kind tatsächlich „hungert“,
    • Welche Therapien es gibt,
    • Was sonst noch hilft,
    • Was man als Bezugsperson tun kann.
    • Und es gibt weiterführende Literaturempfehlungen sowie Internetadressen.


    Ich bin keine Expertin für Essstörungen, ich kann also nicht aus fachlicher Sicht beurteilen, wie hilfreich die Tipps und Erklärungen in diesem Buch sind. Ein bisschen kenne ich mich mit Suchterkrankungen aus, und was ich gelesen habe, erscheint mir seriös und plausibel. Die im Anhang aufgeführten Therapieformen und Techniken sind mir teilweise unbekannt. Da muss man sich im Ernstfall gut informieren, wenn man auf eine wissenschaftliche Grundlage Wert legt und nichts Esoterisches erwischen will.


    Die BED ist behandelbar

    Jetzt weiß ich auch, was mich an manchen dieser „Abnehm-Sendungen“ im (amerikanischen) Fernsehen immer gestört hat: Dort haben etliche Teilnehmer ähnliche Gefühle beschrieben wie Mona in dem Buch und sich mit Essen über ein unglückliches Leben oder über traumatische Erlebnisse hinweggetröstet. Da dachte ich oft, Mensch, hier ist es mit Gardinenpredigten, Kalorienzählen und Magenverkleinerung nicht getan. Diese Leute brauchen eine Therapie! Auch wenn nicht alle Betroffenen vollständig geheilt werden können, ist die BED doch behandelbar und eine Besserung durch eine therapeutische Behandlung wahrscheinlich. Das gibt Hoffnung.


    Klüger und glücklicher

    Ich bin mir nur nicht sicher, wie man praktisch mit diesem Buch umgeht. Solange das Kind noch so klein ist, dass man ihm die Geschichte vorlesen muss, ist alles im Lot. Aber sobald es selbst des Lesens mächtig ist …? Ich weiß, dass ich als Kind versucht hätte, mich auch durch den Erwachsenenteil zu arbeiten, was mich natürlich völlig überfordert hätte. Wird das Kind da nicht zusätzlich verunsichert? Oder wird nur eine vernachlässigbare Minderheit von einer derartigen Neugier geplagt? Auf jeden Fall ist DIE HUNGERWOLKE ein Buch, das kleine und große Leser:innen klüger und auf längere Sicht hoffentlich auch glücklicher macht.


    Die Mitwirkenden

    Milena Tebiri, geb. 1976 in Schweden, lebt heute mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Baselland und schreibt, so oft sie neben dem Bürojob dazu kommt. Ihre eigene Hungerwolke, die sie seit der Kindheit begleitet hat, ist mittlerweile weitergezogen.


    Anna-Charlotte Lörzer, geb. 1990, ist Illustratorin, Geschichtensammlerin, Theaterpädagogin und Puppenspielerin. Das Kombinieren verschiedener Kunstformen und Disziplinen ist für sie ein Mittel, spielerisch durch die Welt zu gehen und diese aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und zu erforschen.


    Paula Kuitunen, geb. 1983, leitet die Initiative mindcolors (http://www.mindcolors.de), die sich für die Rechte und Entstigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen einsetzt. Sie lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in Dresden.


    Stefan Hetterich ist Diplom-Psychologe und tiefenpsychologischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in eigener Praxis. Der Beginn seiner psychologischen Tätigkeit war in einer Reha-Klinik für Kinder mit Adipositas. Er unterstützt Eltern auf www.therapie2go.com.

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    Ich weiß nicht genau, wohin mit diesem Buch - eine Romanbiographie ist ja keine reinrassige Biographie. Ich habe jetzt mal diese Rubrik gewählt. Wenn jemand der Verantwortlichen diese Buchvorstellung anderswo haben will, dann bitte umbetten.


    *****


    Indra Maria Janos: Die Suche nach Heimat. Mascha Kalékos leuchtende Jahre, München 2022, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-423-26341-2, Klappenbroschur, 364 Seiten, Format: 13,1 x 3,3 x 20,8 cm, Buch: EUR 16,95 (D), EUR 17,50 (A), Kindle: EUR 12,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    „Diese Stadt ist meine Heimat, hier habe ich wundervolle Jahre verbracht […]. Es ist unbegreiflich, dass dieselben Menschen, die einst meine Gedichte geliebt und mit mir gefeiert haben, plötzlich zu Feinden geworden sind. Aber ich habe es erlebt, ich erlebe es täglich.“ (Seite 346)


    Ich weiß: An Roman-Biographien scheiden sich die Geister.


    Manchen Leser:innen ist diese Art der Aufbereitung außergewöhnlicher Lebensgeschichten zu phantasievoll ausgeschmückt, Sie bevorzugen die harten Fakten einer echten Biographie. Das ist vollkommen in Ordnung, aber da sind sie hier falsch. 😊 In dieser Roman-Biographie geht’s um eine teilfiktionale Erstbegegnung mit der Dichterin Mascha Kaléko.


    Zu modern für ihre Zeit

    Berlin in den 1920er-Jahren: Die eigenwillige und unangepasste Mascha ist schon als Teenager zuhause rausgeflogen. Oder wie soll man das nennen, wenn die Familie kein gutes Haar an ihr lässt und ihr ständig damit in den Ohren liegt, sie möge endlich aus dem Elternhaus verschwinden? Dabei tut sie gar nichts Schlimmes, sie ist nur zu modern für ihre Zeit. Die Rolle der braven, jüdisch-orthodoxen Ehefrau, Hausfrau und Mutter ist einfach nichts für sie. Sie will Dichterin werden und von der Veröffentlichung ihrer Werke in Zeitungen und Büchern leben.


    Diesen Traum haben natürlich viele, aber Mascha hat einen Plan und eine Strategie. Um sich über Wasser zu halten, arbeitet sie als Kontoristin bei der Jüdischen Organisation. Privat erfindet sie sich neu. Aus der galizischen Jüdin Golda wird die Polin Mascha Engel. Sie ist ständiger Gast im Romanischen Café, in dem „alle wichtigen Künstler, Journalisten und Verleger Berlins“ (Seite 17) verkehren. Dort will sie berufliche Kontakte knüpfen und in den „inneren Kreis“ vordringen. Wenn sie mit den Entscheidungsträgern erst einmal persönlich bekannt ist, müsste es doch ein Leichtes sein, ihnen ihre Texte zu geben. Deren Qualität wird sie schon überzeugen.


    Auch wenn es gar nicht seine Welt ist, geht Maschas Freund, der neun Jahre ältere und etwas biedere Hebräisch-Lehrer Saul Kaléko, gelegentlich zu ihren Künstlerfreunden mit.


    Eine Ehe voller Kompromisse

    Es ist eine Beziehung voller Kompromisse: Saul nimmt es hin, dass Mascha in absehbarer Zeit keine Kinder haben will, dass ihre hausfraulichen Ambitionen minimal sind und dass sie oft allein ausgeht. Mascha nimmt es hin, dass Saul sich mehr und mehr zu einem Stubenhocker entwickelt, dass er an ihrer Künstlerinnenkarriere wenig Interesse zeigt und selbst dann nicht mitkommen möchte, wenn sie irgendwo auftritt. Also ist sie ohne ihn unterwegs, trifft Freunde und Künstlerkollegen und flirtet mit anderen Männern.



    Letzte Hoffnung: Emigration?

    „Die Nationalsozialisten versuchen gerade, unser gesamtes kulturelles Selbstverständnis zu zerstören“, brummte Saul […]. „Wie viele unserer Bekannten und Freunde sind schon fortgegangen? Journalisten, Autoren, Künstler, Schauspieler … A d o l f H i t l e r ist noch nicht einmal drei Monate Reichskanzler, und schon hat er die gesamte Elite der deutschen Literatur- und Kunstszene vertrieben.“ (Seite 195)


    Berlin in den 1930er-Jahren: Mit Sorge beobachtet Saul Kaléko die politische Entwicklung und drängt auf umgehende Auswanderung nach Palästina. Aber Mascha will nicht.

    Dieses Zögern, Herumlavieren und Hinhalten kann jetzt für alle Beteiligten lebensgefährlich werden …


    Mit Originalgedichten von Mascha Kaléko

    In diesem Buch geht’s ausschließlich um Maschas Berliner Jahre. Wie es für sie weiterging und ob sie doch noch irgendwo sowas wie eine Heimat gefunden hat, wird lediglich im Epilog gestreift. Es gäbe über diese interessante Frau schon noch einiges zu erzählen.


    Eingebettet in die Geschichte sind Originalgedichte von Mascha Kaléko. Die Stimmung darin und selbst einige der Formulierungen finden sich im Roman wieder. Man kann sich gut vorstellen, dass die Hauptpersonen wirklich so gedacht und gefühlt haben könnten, wie Indra Maria Janos es in ihrem Roman beschreibt.


    Ängste und Ambitionen

    Ich konnte Maschas für damalige Zeiten unkonventionelle Ambitionen nachvollziehen – und in gewisser Weise auch ihr unvernünftiges Festhalten an der vermeintlichen Sicherheit von Ehe und Heimat. Beides will sie nicht aufgeben. Wie es war, heimatlos und allein auf sich gestellt zu sein, das hat sie ja schon erfahren.


    Mir hat ihr Mann leidgetan. Saul lebte in einer ganz anderen Welt als seine Frau und hat entweder nicht mitbekommen, was um ihn herum vorgeht, oder er wollte es nicht wahrhaben. Ein netter Kerl, ein bisschen spießig vielleicht, der mit Mascha und ihrem Umfeld etwas überfordert wirkte.


    Aufgrund des Epilogs habe ich nach dem weiteren Leben von Mascha und ihren Angehörigen gegoogelt. Und das würde mich jetzt doch im Detail interessieren! Dankenswerterweise gibt’s ein Literaturverzeichnis und da ist auch eine Biographie aufgeführt. Die habe ich jetzt mal auf meine Leseliste genommen. Auf diese Idee wäre ich ohne diesen Roman nie gekommen. Und das schätze ich an diesem Genre: Es unterhält den Leser und macht ihn ein kleines bisschen schlauer. Mit der Option auf mehr.


    Die Autorin

    Indra Maria Janos ist das Pseudonym einer Autorin, die erfolgreiche Unterhaltungsromane schreibt. Neben dem Schreiben sind das Theater, ihre Vierbeiner und England ihre großen Leidenschaften. Über Mascha Kaléko hat sie bereits ein Theaterstück verfasst. Dazu ein Zitat aus dem Nachwort des Buchs: Dass ich die Rolle der Mascha Kaléko viele Male auf der Bühne verkörpern durfte, ist für mich eine besondere Ehre. Ihre Gedichte begleiten mich seitdem und ich habe mich mit ihr und ihrem Leben all die Jahre intensiv auseinandergesetzt.“ (Seite 361)

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    Frauke Buchholz: Blutrodeo. Kriminalroman. Der zweite Fall für Ted Garner, Bielefeld 2022, Pendragon Verlag, ISBN: 978-3-86532-810-6, Klappenbroschur, 264 Seiten, Format: 13,4 x 2,4 x 20,4 cm, Buch: EUR 18,–, Kindle: EUR 15,99.


    Alberta, Kanada: Es ist nicht gerade Ted Garners größtes Talent, seine Mitmenschen für sich einzunehmen. Der Profiler (42) vom Regina Police Department in Saskatchewan hat mal Philosophie studiert und geht seither gern den Leuten mit Zitaten von Arthur Schopenhauer auf den Keks. Jetzt führt ihn ein Fall ins 760 km entfernte Calgary. Die Kollegin, die er unterstützen soll, Chief Superintendent Samantha „Sam“ Stern (32) ist mit ihrem Urteil über ihn schnell fertig: „Arrogantes Ar***l*ch!“ Ted wiederum hält Sam für eine zickige Emanze. Der Beginn einer wunderbaren Zusammenarbeit sieht anders aus.


    Mysteriöse Morde an Senioren

    Es hilft nichts, die zwei müssen da durch. Je schneller sie die mysteriöse Mordserie an Männern um die 80 aufklären, desto schneller kann jeder wieder seiner eigenen Wege ziehen. Jetzt sind es schon drei Todesopfer. An jedem achten eines Monats findet man einen Senior mit durchschnittener Kehle. Da muss es einen Zusammenhang geben! Das kann kein Zufall sein.


    Es gibt einfach nichts, was alle drei miteinander verbindet.


    Der Profiler und sein alter Herr

    Die Ermittlungen werden wohl länger dauern als erhofft. B l ö d nur, dass hier gerade das größte Rodeo der Welt stattfindet, die Calgary Stampede, und Ted nirgendwo ein Hotelzimmer bekommt. Er hasst es, bei jemand Fremdem zu übernachten, also schlägt er das Angebot eines Kollegen aus und quartiert sich bei seinem Vater, Colonel Robert Garner, ein, der 20 km außerhalb von Canmore ein abgelegenes Haus im Bow Valley hat. Das scheint im Moment das kleinste Übel zu sein.


    Das Vater-Sohn-Verhältnis ist problematisch. Der Colonel verübelt seinem Sohn alles, selbst dessen Existenz.


    Racheakt nach 6 Jahrzehnten?

    Während Ted sich mit familiären Schwierigkeiten und unliebsamen Erinnerungen herumschlägt und Sam(antha) Stern mit gesundheitlichen Problemen und einer schweren Entscheidung zu kämpfen hat, erfahren wir Leser:innen in verschiedenen Rückblicken, dass die Mordserie möglicherweise etwas mit Militäreinsätzen in Vietnam zu tun haben könnte.


    Ted und Sam ahnen von unserer Vietnam-Theorie noch nichts. Sie plagen sich mit ahnungslosen Angehörigen der Opfer und aalglatten Firmenanwälten herum.


    Was weiß Colonel Garner?

    Den Leser beschleicht irgendwann der Verdacht, dass Ted Garners Vater, der alte Colonel, etwas über den Fall wissen könnte. Er muss mindestens einen der ermordeten Männer gekannt haben. Weil er aber generell nicht viel redet und zudem kein Interesse daran hat, seinem Sohn zu helfen, behält er sein Wissen und seine Vermutungen für sich. Vielleicht käme er auch selbst nicht gut bei der Geschichte weg, die er zu erzählen hätte. Man weiß es nicht. Sein Schweigen erweist sich jedoch bald als großer Fehler …


    Der erste Ted-Garner-Band, FROSTMOND, in dem es um eine Mordserie an indigenen Frauen geht, hat mir besser gefallen als dieser, gerade weil man dort so viel über das Leben und die Probleme der First Nations erfahren hat. Die First Nations spielen im vorliegenden Band nur eine kleine Nebenrolle. Vielleicht wollte sich die Autorin Diskussionen über kulturelle Aneignung ersparen, also darüber, ob eine weiße Frau aus Deutschland überhaupt einen Roman über Personen aus Kanadas indigenen Völkern schreiben „darf“. BLUTRODEO könnte, mit kleinen Änderungen, auch in anderen Ländern spielen.


    Spannend und sehr düster

    Der Krimi mit seinen Wendungen und falschen Fährten ist spannend und sehr düster. Jeder hat hier Probleme, ist von seiner Vergangenheit traumatisiert und von Haus aus schlecht drauf. Die Romanfiguren hassen alles. Da musste ich dann schon grinsen: Egal, was gerade beschrieben oder auch nur erwähnt wird, ob Rodeos, Cowboys, Kollegen, Psychologen, private Übernachtungen, Zoos, Angeber, Mitfahrgelegenheiten … als nächster Satz folgt unweigerlich „Er/sie hasste Rodeos/Cowboys/Kollegen/Psychologen …“ 😊 Hier ist alles negativ. Die einzige Person mit einer positiven Ausstrahlung, eine engagierte Umweltaktivistin, hat ein todkrankes Kind.


    Findet irgendein Mensch in diesem Roman irgendwas so richtig klasse? Okay: Polizistin Sam ist eine passionierte Reiterin und liebt ihr Pferd. Immerhin! Lasst euch übrigens nicht von Leuten, die das Buch offenbar nicht gelesen haben, einreden, Samantha Stern sei eine Frau aus den First Nations. Ist sie nicht! Ihre Familie lebt in Tel Aviv und sie selbst war beim israelischen Militär.


    Dramatischer Showdown

    Sam ist ganz schön hart im Nehmen und reagiert ausgesprochen ungnädig, als sie annehmen muss, dass Ted Garner sie ausbooten und die Lorbeeren für die Klärung der Seniorenmorde allein einheimsen will. Sie handelt zwar aus den falschen Gründen, aber sie handelt. Und so kommt’s zu einem hochdramatischen Showdown …


    In einem Interview mit den Journalisten Ulrich Noller sagte die Autorin: „Jenseits der Handlungsebene spielt für mich die Sprache eine ganz entscheidende Rolle. Literarische Krimis wie die der schwedischen Autorin Kerstin Ekman brillieren durch einen lyrischen Stil und genial psychologisierte Landschaftsbeschreibungen, die dann ihre eigene dunkle Magie entfalten. Das ist für mich die ganz große Kunst.“


    Nun kenne ich die Krimis von Kerstin Ekman nicht und kann nicht beurteilen, ob man Buchholz‘ Bücher mit denen Ekmans vergleichen kann, aber die bildhafte Sprache hier ist schon etwas Besonderes. Ganz so skandinavisch-düster müsste ein Krimi für meinen Geschmack aber nicht sein. Auch wenn man als Polizeibeamter ständig in menschliche Abgründe blickt, ist es doch deprimierend, wenn der einzige positive Moment auf 264 Seiten der ist, in dem eine Polizistin vor Dienstantritt kurz nach ihrem Pferd sieht.


    Die Autorin

    Frauke Buchholz wurde 1960 in der Nähe von Düsseldorf geboren. Sie studierte Anglistik und Romanistik und promovierte über zeitgenössische indianische Literatur. Sie liebt das Reisen und fremde Kulturen, hat viele Indianerreservate in Kanada und den USA besucht und einige Zeit in einem Cree-Reservat in Alberta verbracht. Ihre Erfahrungen spiegeln sich in ihren Romanen wider - in ihrem Debüt »Frostmond«, der 2021 mit dem Harzer Hammer und 2022 mit dem Stuttgarter Debütpreis ausgezeichnet wurde, sowie in dessen Nachfolger »Blutrodeo«.