Hallo, Grisel!
Edit: Hach! Ich Depp!
Ich meinte natürlich:
Hallo, Nimue!
Zitat von "nimue"mal eine kurze Frage: Wie verhaltet ihr euch bei Büchern, die falsches Wissen vermitteln - Wissen, über das ihr selbst aber gar nicht Bescheid wisst? Das können ja auch Kleinigkeiten sein.
Das habe ich jetzt nicht ganz verstanden ...
Wenn ich gar nicht Bescheid weiß (wie z.B. wenn es um die französische Geschichte nach Napoleon I bis Napoleon III geht (da sieht's bei mir ganz finster aus ... das ist "mein" dunkles Zeitalter!), dann merke ich das doch gar nicht.
Teil mir jemand mit, daß ich einem Scharlatan aufgesessen bin und belegt mir das auch noch, dann ärgere ich mich natürlich über den Scharlatan -- und über meine Bildungslücke -- und wenn ich feststelle, daß der Kritiker auch nicht recht hat, suche ich halt weiter. Denn dann hat mich meist der Virus gepackt.
ZitatNoch eine Frage zum Mittelalter: Wenn die Hygiene leidlich gut war, wie konnte dann die Pest übertragen werden?
Es geht schon damit los, daß Pest früher jede epidemisch auftretende, lebensbedrohliche Seuche bezeichnete, da lat. pestis schlicht und einfach "Seuche" heißt.
Es war also längst nicht jede "Pest" die von Yersinia pestis übertragene Infektionskrankheit -- es konnte sich ebensogut um Typhus, Cholera, Grippe, hämorrhagische Fieber u.ä. handeln.
Durch die Kreuzzüge, aber auch durch andere Migrationsbewegungen wurden immer wieder Infektionskrankheiten eingeschleppt, gegen die die Menschen Mitteleuropas schlicht und einfach keine Abwehrkräfte hatten (ähnlich wie die Indianer Nordamerikas gegen Mumps, Masern u.ä.). Es läßt sich heute leider nur sehr schwer rekonstruieren, welche Krankheit zuschlug. Jedesmal von der Pest auszugehen, ist arg spekulativ.
Ich hatte bei der Hygiene eine Einschränkung gemacht: Episodisch auftretende Landflucht (z.B. nach Mißernten etc.) führte zur Bildung von Elendsvierteln in und vor den Städten. In Elendsvierteln herrschen auch heute noch extrem schlechte hygienische Bedingungen, die einerseits auf die Beengtheit der Wohnsituation, andererseits auf die sich bei Armut ausbreitende fatalistische Lebenseinstellung zurückgeführt werden können. Diese Umstände führen nahezu automatisch zur Ausbreitung von Seuchen; brutal gesprochen handelt es sich hier quasi um einen "natürlichen Selbstregulierungsprozeß".
Bei den großen Pestepidemien des 14. und 17.Jhs. können wir die Verbreitung zu einem ganz erheblichen Teil auch auf die Verelendung zurückführen, die zu immer schlechteren hygienischen Bedingungenführte -- ebenso wie die Entwicklung der Leibfeindlichkeit, die ebenfalls ihren Beitrag zu dieser Entwicklung leistete.
Es ist auffällig, daß Kulturen, die in beengten Verhältnissen Wohnen ("Naturvölker", prähistorische Völker etc.) von der Ethnographie meist als sehr sauber dargestellt werden (die Negativdarstellung als "schmutzige Wilde" findet sich hingegen in der politischen Propaganda). Offenbar ist Schmut ein typisches Elendsproblem, dessen Ursachen vor allem im Inneren des Menschen, in seiner psychischen Verfassung, liegen -- einer Verfassung, die durchaus von äußeren sozialen und materiellen Umstände forciert werden kann.
Manfred Vasold hat übrigens ein hochinteressantes Buch darüber geschrieben, indem auch die Problematik der Überlieferung und der Legendenbildung behandelt wird (s.u.).
Liebe Grüße,
Iris