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Inhalt:
Arnau Estanyol hat keinen einfachen Start ins Leben: Von der Mutter verlassen, muss er mit seinem Vater Bernat, einem unfreien katalonischen Bauern, nach Barcelona fliehen. Wer sich ein Jahr und einen Tag in der Stadt aufhält, bekommt das Bürgerrecht und ist frei. Freiheit ist aber nur der erste Schritt auf dem Weg in ein besseres Leben: Auch für Unterkunft, Essen und Arbeit will gesorgt sein. Bernat und Arnau kommen bei Verwandten unter, die die beiden Flüchtlinge knapp dulden und nicht immer gut behandeln.
Der junge Arnau findet jedoch in dem einheimischen Jungen Joanet einen guten Freund und gemeinsam bewundern sie die Lastenträger, die in ihrer freien Zeit riesige Steine zu der Kathedrale Santa Maria del Mar schleppen, die sich im Bau befindet. Noch als Halbwüchsiger fängt Arnau ebenfalls mit dem Steineschleppen an und erarbeitet sich bald einen Ruf als guter Arbeiter und angenehmer Zeitgenosse. Auf ihn warten jedoch harte seelische und körperliche Prüfungen, die er bestehen mus, während die Kathedrale weiter in den Himmel wächst.
Meine Meinung:
Ildefonso Falcones ist eigentlich Anwalt und das katalonische Recht des Mittelalters so etwas wie sein Hobby. Und nachdem er sich umfangreiche Kenntnisse über das Barcelona des 14. Jahrhunderts angeeignet hatte, trieb es ihn an den Schreibtisch, wo er sein erstes Romanmanuskript verfasste. Zum Glück, muss man sagen. Denn dabei ist ein wunderbarer, mitreissender historischer Roman entstanden, der sich mit den Referenzwerken des Genres durchaus messen kann.
Der offensichtlichste Vergleich dürfte der mit Ken Folletts «Die Säulen der Erde» sein, in dem es ebenfalls um den Bau einer Kathedrale geht. Ein unfairer Vergleich, da Falcones im Gegensatz zu Follett kein Schwätzer ist, der 1200 Seiten braucht um eine Geschichte zu erzählen, deren Substanz allenfalls für die Hälfte reicht. Nein, bei Falcones bekommt der Leser 643 Seiten voller Geschichte und Geschichten, mal herzzerreissend tragisch, mal hochdramatisch und doch nie die Grenze zum Kitsch überschreitend.
Die Kathedrale gibt dem Buch zwar den Titel, der Bau ist jedoch nicht so zentral, wie man vermuten möchte. Es ist vielmehr ein Panoptikum des mittelalterlichen Barcelona mit seinen Sitten und Rechten. Barcelona, die reiche und freie Stadt, eine Handelsmetropole des Mittelalters wird in all seinen Facetten beschrieben: die Handwerksgilden, das schlagkräfige Bürgerheer, das Zusammenleben von Bürgern und Adel und auch die jüdische Gemeinde und die Inquisition finden Platz in diesem dichten Roman, der das Leben des Hauptcharakters Arnau Estanyol von der Wiege bis ins Pensionsalter verfolgt.
Unterwegs erhält man zahlreiche und bisweilen schockierende Einsichten in das katalonische Recht dieser Zeit. So konnte beispielsweise ein Mann, der eine unverheiratete Frau vergewaltigte, das Unrecht tilgen, indem er sie heiratete oder ihr einen angemessenen Ehegatten zuwies, der sie an seiner Stelle heiraten würde. Dass Falcones solche Dinge geschehen lässt und auch nicht jeden Lebenslauf gut enden lässt, zeigt, dass er keinen Wohlfühl-Kostümschinken, sondern einen möglichst authentischen historischen Roman schreiben wollte. Das ist ihm mit diesem dichten Roman gelungen. Spannende Fakten paaren sich mit einer dramatischen Lebensgeschichte und einem gekonnt konstruierten Ende.
Für Fans von guten historischen Romanen ist «Die Kathedrale des Meeres» ein Must. Dafür gibt es von mir seltene 9 von 10 Punkten.
Für Fragen zum Buch stehe ich gerne zur Verfügung. :smile:
Alfa Romea