Richard Dübell - Die Teufelsbibel

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 2.161 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kiba.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Verlag: Ehrenwirth
    ISBN: 978-3-431-03718-0
    Seiten: 668
    Ausgabe: Hardcover
    ET: 09.2007
    Preis: € 19,95


    Böhmen 1572


    In einem halb verfallenen Kloster wird der achtjährige Andrej Zeuge eines schrecklichen Blutbads: Zehn Menschen, darunter Andrejs Eltern, werden von einem rasenden Mönch brutal ermordet. Eine der Frauen bringt sterbend ein Kind zur Welt. Der Prior befiehlt, auch den Säugling zu töten – denn es gilt, alle Spuren zu verwischen, die irgendjemanden in das abgelegene Kloster führen könnten. Andrej kann fliehen und nimmt eines der am besten gehüteten Geheimnisse der Kirche mit sich, das die verschwiegene Mönchsgesellschaft um jeden Preis zu schützen geschworen hat: In dem Kloster wird ein Buch versteckt, das drei Päpsten das Leben kosten und die Macht haben soll, das Ende der Welt einzuläuten – der Codex Gigas, die Teufelsbibel, ein Kompendium des Bösen. Sieben schwarze Mönche behüten die große Handschrift und töten jeden, der zuviel darüber weiß. Doch das Wissen um das Buch des Teufels ist das einzige Erbe, das Andrej von seinem Vater geblieben ist ...

    Meine Meinung


    „Die Teufelsbibel“ ist der erste Roman, den ich von Richard Dübell gelesen habe und er hat definitiv Lust auf mehr von diesem Autor gemacht. Zu Beginn - und hin und wieder auch zwischendurch - hatte ich zwar leichte Schwierigkeiten mit dem recht niveauvollen Schreibstil, vor allem die langen verschachtelten Sätze ließen mich stolpern und mein Gehirn akrobatische Übungen veranstalten, wenn ich allzu müde war, aber die Geschichte war von der ersten Seite an derart packend, dass ich mich sehr gespannt ins Geschehen warf.


    Die Handlung besteht aus mehreren Handlungssträngen, die sich zügig abwechseln. Gerade während des ersten Drittels, als alle Figuren eingeführt wurden, war das gelegentlich doch etwas verwirrend, der Spannung tat es aber keinen Abbruch. Sobald man die Charaktere kennen gelernt hat, ist es einfacher der Handlung zu folgen und man beginnt zu spekulieren, wohin die einzelnen Handlungsstränge führen mögen. Gespannt wartete ich darauf, wie sie sich zusammenfügen würden und wurde nicht enttäuscht. Bevor es jedoch zum großen Finale kam – und was das für ein Show Down war, Respekt! -, wurde ich vom Autor oft gekonnt und überzeugend auf falsche Fährten gelockt, von überraschenden Wendungen perplex zurück gelassen, um rasant ins nächste „Abenteuer“ geschubst zu werden und von tragischen Ereignissen eiskalt erwischt. Richard Dübell baut eine ungemein dichte, nahezu greifbare Atmosphäre in seinem Roman auf, die es mir unmöglich machte, mich dem Bann der Teufelsbibel zu entziehen. Oftmals ist die Stimmung düster und bedrohlich, aber Dank perfekt eingebauten Humors, urkomischer Dialoge und zerbrechlicher Romantik, versinkt man nicht in dieser Düsternis, sondern darf immer mal Hoffnung schöpfen und Licht am Horizont erblicken. Der Autor hat ein unglaubliches Gespür für Dialoge. Sie wirken nie konstruiert, sondern strahlen eine unglaubliche Lebendigkeit aus. Sie wirken wie aus dem Leben gegriffen, so als würden die Figuren einfach reden und der Autor habe es aufgeschrieben, und nicht als hätte der Autor seinen Charakteren die Worte in den Mund gelegt. Ja, ich liebe die Dialoge Richard Dübells!


    Aber nicht nur die großartigen Dialoge haben mich fasziniert und beeindruckt. Die Figuren - egal wie groß die zu spielende Rolle auch ist, egal ob gut, böse oder unentschlossen, egal ob arm oder reich, egal ob männlich oder weiblich, egal ob Mensch oder Tier- suchen ihres gleichen. Richard Dübell schafft Charaktere, die so lebendig sind, dass man sie hören, sehen, riechen und fühlen kann. Keine Figur war unter ihnen, die mich in der Ausarbeitung enttäuscht oder an der mir etwas gefehlt hat. Sie sind perfekt bis in jede Kleinigkeit ausgearbeitet, sind vielschichtig, glaubwürdig, und voller Vitalität. Selten habe ich solch großartige Figuren angetroffen. Hier ist sogar der fieseste Fiesling faszinierend, der betrügerischste Bettler auf seine Art sympathisch und selbst die Tiere strahlen eine Seele aus. Ich bin restlos begeistert, denn sogar das Lachen der Figuren ist ansteckend… Wunderbar!


    Die Ausstattung der gebundenen Ausgabe gefällt mir sehr gut, auch wenn ich ein Lesebändchen und vielleicht eine Karte (ich bin ein Kartenfetischist) vermisst habe. Dafür ist das Personenverzeichnis erfrischend anders und macht neugierig, anstatt zu viel zu verraten und das Nachwort ist sehr ausführlich und amüsant geschrieben, sogar bei der Danksagung hatte ich immer noch ein Grinsen im Gesicht.


    Keine Frage, „Die Teufelsbibel“ hat mich davon überzeugt, dass mir lange Zeit ein äußerst interessanter Autor „unterschlagen“ wurde und ich bin mir sicher, dass ich bald wieder zu einem Roman von Richard Dübell greifen werde. „Die Teufelsbibel“ hat mir sehr kurzweilige, spannende und bewegende Stunden beschert. Gerade das letzte Drittel habe ich in einem Rutsch verschlungen und hätte zum Schluss gerne noch weiter gelesen, auch wenn die Geschichte nahezu perfekt zu Ende erzählt war. Nur ein paar winzige Kleinigkeiten blieben in meinen Augen offen, aber wer weiß, vielleicht sollte es auch so sein, oder die Teufelsbibel hatte ihre Finger im Spiel…


    Meine Bewertung


    4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    Liebe Grüße<br />Melli

    Einmal editiert, zuletzt von Cait ()

  • Inzwischen ist die Trilogie um die Teufelsbibel ja vollständig. Ich war diese Woche auf einer Lesung von Richard Dübell. Die Lesung war wirklich toll und kurzweilig, aber das Thema hat mich nicht wirklich gepackt und nun hadere ich noch, ob ich mir nun "Die Teufelsbibel" zulege oder nicht. Die Rezis dazu sind überall auch sehr unterschiedlich. Tja,... vielleicht muss ich es noch mal sacken lassen. Irgendwie sind historische Romane momentan auch nicht so meins. Aber neugierig bin ich auch... schwierig. :gruebel:

    Gruß suray

  • Grundsätzlich kann ich mich Caits Meinung anschliessen, da es aber der zweite Roman von Richard Dübell war, den ich gelesen habe, war ich davon nicht ganz so begeistert. Im Detail:


    Inhalt:
    Böhmen im 16. Jahrhundert. In einem Kloster bewachen Mönche eine geheime Schrift, die so genannte Teufelsbibel. Da dem Buch nachgesagt wird, dass es vom Teufel selber geschrieben wurde, sind ihre sieben Wächter speziell dafür abgestellt. Eines Tages rastet einer der sieben aus und massakriert die anwesenden Gäste des Klosters, darunter Frauen und Kinder, bis er schliesslich von einem Mitbruder gestoppt wird. Es gibt nur zwei Zeugen des Amoklaufs: Der achtjährige Andrej, der von einem Versteck aus zusieht, und ein Neugeborenes. Da Letzteres Fragen provozieren könnte, die im Kloster niemand beantworten möchte, befiehlt der Abt, es im Wald auszusetzen. Die Teufelsbibel und ihr Lagerort müssen auf jeden Fall geheim bleiben.

    Meine Meinung:
    An Die Pforten der Ewigkeit reicht dieser (früher publizierte) Roman nicht ganz heran. Die Bücher haben einige Ähnlichkeiten und deshalb hatten die überraschenden Wendungen bei mir nicht ganz den Knallereffekt, den sich der Autor wohl gewünscht hätte. Ich möchte nicht behaupten, dass der Plot vorhersehbar wäre, aber die Konstruktion ist praktisch zweimal dieselbe und so wusste ich ungefähr, wo Überraschungen zu erwarten sind. Trotzdem war es keineswegs langweilig, das Buch zu lesen. Dübell hat sich eine interessante Geschichte ausgedacht und vor allem in den Nebenrollen mit interessanten Charakteren besetzt. Die Hauptprotagonisten wirken grösstenteils austauschbar, mit Ausnahme von Pater Xavier, der eine der widerwärtigsten Kreaturen ist, die mir in meinem bisherigen Leserleben begegnet sind. Dem habe ich über viele Seiten hinweg einen grausamen Tod gewünscht. Auch das restliche Kirchenpersonal trägt nicht gerade zum guten Image bei, die Wächter der Teufelsbibel müssen mehr als einmal beweisen, dass sie in ihrem Job nicht zimperlich sein dürfen. Das Treiben der Mönche war der interessanteste Teil des Romans, aber nicht der Haupterzählstrang.


    Dieser dreht sich um die Kaufmannstochter Agnes Wiegant und den Bäckersohn Cyprian Khlesl, die eigentlich nur zueinander finden möchten und so unversehens in eine viel abenteuerlichere Geschichte hineingezogen werden. Dort schien mir die Geschichte nicht so stark zu sein, Dübell folgte dort recht ausgetretenen Pfaden und so hatte ich das Gefühl, das alles irgendwo schon mal gelesen zu haben. Allerdings war das Niveau der Unterhaltung trotzdem anständig, es hat Spass gemacht, die Geschichte zu lesen. Ich fand sie keineswegs langweilig, aber sie hat mich nicht so von den Socken gehauen wie «Die Pforten der Ewigkeit». Es scheint fast, als hätte Dübell hier das geübt, was er später zur Meisterschaft brachte. Hätte ich dieses Buch zuerst gelesen, hätte es wohl den einen oder anderen Punkt mehr gegeben.

    Fazit:
    Ein schöner Historienschmöker mit einer originellen Geschichte, die kaum Längen hat und mit einem gut gemachten Ich-kann-das-Buch-jetzt-nicht-zuklappen-Finale aufwartet.


    7 von 10 Punkten


    Als kleines Schmankerl hier noch ein Satz aus dem Buch, der mir besonders gut gefallen hat und ein gutes Beispiel für Dübells originelle Schreibe ist. Es geht dabei um einen spanischen Mönch, der sich mit einem Wiener Pfarrer unterhält und offenbar einen hörbaren Akzent hat:


    Zitat

    Die Konsonanten seines Lateins prallten von den Wänden ab und flogen als Querschläger durch das Kirchenschiff.


    :geil:

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

    Einmal editiert, zuletzt von Alfa_Romea ()

  • Als kleines Schmankerl hier noch ein Satz aus dem Buch, der mir besonders gut gefallen hat und ein gutes Beispiel für Dübells originelle Schreibe ist. Es geht dabei um einen spanischen Mönch, der sich mit einem Wiener Pfarrer unterhält und offenbar einen hörbaren Akzent hat:



    :geil:


    Den Wortwitz von Richard Dübell liebe ich, er baut solche Sachen immer in seine Bücher ein - ich amüsiere mich da immer köstlich.


    Ich habe die ersten beiden Teile der Trilogie gelesen und sie haben mir sehr gut gefallen. Ich mag seine Bücher und in LR ist er einfach genial.

  • :totlach:


    Das Zitat ist ja genial! Damit hast Du das Buch direkt auf meine Wunschliste katapultiert!

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.