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Über den Autor:
Adam Davies, 1971 in Louisville, Kentucky, geboren, arbeitete nach seinem Literaturstudium an der Syracuse University als Lektoratsassistent beim Verlag Random House, New York, danach als Dozent für Englische Literatur an der University of Georgia und am Savannah College of Art & Design. Heute pendelt er zwischen Brooklyn, New York, und Savannah, Georgia. Nach seinem fulminanten Roman-debüt, ›Froschkönig‹, stellte er mit dem Roman ›Goodbye Lemon‹ sein Erzähltalent ein weiteres Mal unter Beweis.
Klappentext:
Hätte Jack Tennants Familie einen Schlachtruf, es wäre gemeinsames jahrelanges Schweigen ... über ein tragisches Familiengeheimnis. Aber jetzt droht Jacks neue Liebe Hahva, ihn zu verlassen, wenn er sie nicht einweiht. Und sein verhasster, seit einem Schlaganfall stummer und gelähmter Vater droht das Geheimnis mit ins Grab zu nehmen; er ist der Einzige, der weiß, was damals wirklich geschehen ist. Jack muss handeln – und zwar schnell. Ein berührender, urkomischer und mit schwarzem Humor gespickter Roman über Trauer, Erinnern und Vergebung.
Meine Meinung:
Nachdem ich “Goodbye Lemon” innerhalb von zwei Tagen gelesen hatte, war meine erste Reaktion mich zu fragen, welcher arme Praktikant für dieses Werk den Klappentext schreiben durfte, ohne es gelesen zu haben. Von “Jacks neuer Liebe Hahva” ist da Rede, die “droht ihn zu verlassen, wenn er sie nicht einweiht”. Auch von seinem Vater wird gesprochen, “der droht das Geheimnis mit ins Grab zu nehmen”, weil “er [ist] der Einzige ist, der weiß, was damals wirklich geschehen ist”, aber sich nicht mehr äußern kann. Warum? Seit einem Schlaganfall ist er gelähmt und stumm, kann sich nur über’s Augenzwinkern mitteilen bzw. über ein Gerät namens Dynovox kurze, knappe Befehle geben, die seine Grundbedürfnisse befriedigen sollen.
Was nach einer Familie klingt, die ein Familiengeheimnis hütet, welches sich um den verstorbenen Bruder Dexter, genannt Lemon, rankt, ist ein einziges Verwirrspiel, in dem Realität und Scheinrealität durchmischt werden. Für den Protagonisten Jackson richtet sich sein ganzer Hass, seine ganze Trauer, seine Aggressivität, die daraus entsteht, und die Hilflosigkeit gegen seinen Vater, gegen dessen Alkoholismus, insgesamt gegen seine Existenz. Für ihn ist klar, sein Vater, der zum Zeitpunkt des Todes seines Bruders die Aufsichtspflicht hatte, hat diese vernachlässigt und deswegen ist er ertrunken. Außerdem hat er die universitäre Karriere des älteren Bruders Press auf dem Gewissen, genauso Alkoholiker wie sein Vater; genauso eine gebrochene Existenz, die noch im Hause seiner Eltern wohnt, der kein eigenes Leben führen, keinen Job machen und keine Beziehung halten kann. Dazu gehört noch die kontrollsüchtige, neurotische Mutter, die ihren Söhnen hinterher wischt, hinterher räumt und im Eigentlichen keine eigenen Wünsche und keine Ideale hat. An all diesen Umständen ist der Vater Schuld - Er muss dafür büßen, dass er der Familie das schöne Leben zerstört und den kleinen Bruder Dexter ums Leben gebracht hat… glaubt zumindest Jackson.
Es geht eigentlich weniger um den Bruder als vielmehr um die nicht aufgearbeitete Trauer, die nicht aufgearbeiteten Probleme und Konflikte innerhalb der Familie, die dazu führen, dass der Protagonist Jackson sich eine Wahrheit zimmert, die mit seinen Kindheitserfahrungen konform geht. Kein anderer, außerhalb dieser Familie, weiß von dem Geschehen und so ist die neue Freundin Hahva, die ihn im übrigen nicht die Wahrheit durch emotionale Erpressung entreißen will, ein Störfaktor - Sie stellt unangenehme Fragen, versucht hinter die Fassade zu kommen und dringt in Jacks Welt ein, die er so fest versucht hat vor ihr zu verbergen.
Die sprachliche Aufbereitung erinnerte mich mit dem spritzigen, ab und an sehr flapsigen Stil an Nick Hornby. Die Trauer ist trotz der „urkomischen Geschichte“, wie amazon-Rezensentin Helga Kurz es nennt immer präsent, immer liegt ein leichter, melancholischer Schatten über dem Erzählten, trotz der leichten Erzählweise. Wie ein Krimi lässt sich dieses Werk lesen – Man findet einen Täter, den Vater vor; man sucht nach den Hintergründen und vor allem nach den Ursachen, wie eine ganze Familie so emotional gestört, ja, zerstört werden konnte. Oder aber man liest dieses Buch wie eine Fallstudie. Eine Fallstudie über zerstörte Existenzen – wie sehr Alkoholismus den Menschen, nicht körperlich, auch psychisch, nachhaltig schädigt und wie sehr am Ende Angehörige und Bekannte darunter leiden.
Eine lohnende Lektüre, eine spannende Lektüre.
Sowohl handwerklich als auch inhaltlich spannend, mit vielen Geheimnissen umwobene, skurrile Geschichte mit liebevoll, gezeichneten, schrägen Charakteren.
Ich sage nur noch eines: Wer dieses Werk lesen möchte, sich dafür interessiert, den heiße ich wie Jackson „willkommen im Sellbstmordpalast“.
Bewertung: