Das Dekameron - Achter Tag

Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 7.963 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Doris.

  • An diesem Tag wird von Streichen erzählt, die Frauen und Männer sich gegenseitig spielen.


    In der ersten Geschichte kommt gleich zu Beginn eine Bemerkung, dass die deutschen Arbeiter einen schlechten Ruf haben. Zum Glück hat sich das mittlerweile geändert :zwinker:.
    Gualfardo möchte unbedingt mit Ambruogia schlafen, die sich nur gegen Bares erweichen lässt, woraufhin Gualfardo sich das Geld von Ambruogias Gatten leiht. Enttäuscht von der Habgier wandeln sich aber seine Gefühle und nach einigen Schäferstündchen weist er den betrogenen Gatten in Anwesenheit von Ambruogia darauf hin, dass er ihr das Geld schon zurückgegeben hat. So ist sie das Geld los und war Gualfardo trotzdem zu Willen.
    Als Streich würde ich das nicht bezeichnen, eher als kleinen Rachefeldzug. Die ganze Atmosphäre der Geschichte und die Eigenschaften der Protagonisten waren sehr negativ. Auch die Ausdrücke waren recht derb ("Hure"), was man bisher nicht gewohnt war. Immerhin ist hier keiner der Beteiligten so beschränkt wie in den meisten anderen Geschichten, wo man sich gegenseitig eins auswischt. Es zieht einfach letzten Endes einer den kürzeren.


    Zweite Geschichte: Ein Pfarrer möchte mit Madonna Belcolore schlafen und verpfändet ihr seinen Chorrock dafür. Um ihn zurück zu bekommen, leiht er sich einen Mörser aus, den er gegen den Chorrock eintauscht.
    Das wirft erneut kein gutes Bild auf die Geistlichen. Nicht nur, dass der Pfarrer anscheinend nichts anbrennen lässt, wie der Satz "Ein im Frauendienst rüstiger Pfarrer..." vermuten lässt, er ist auch noch ziemlich raffiniert. Von den Eigenschaften, die man sonst bei Kirchendienern erwartet, ist bei ihm nicht viel zu merken.


    In der fünften Geschichte ist zu lesen, wie Maso und seine Freunde dem etwas sonderbaren Richter Niccola vor dem versammelten Gerichtshof die Unterhosen ausziehen. Der Richter begreift gar nicht richtig, wie ihm geschieht. Als sich der Statthalter darüber ereifern will, erklären ihm die Freunde, dass sie damit auf die Unfähigkeit des Richters hinweisen wollen, an dem die Steuergelder verschwendet sind.
    Eine nette Art, die Obrigkeit auf unfähige Staatsdiener hinzuweisen bzw. darauf, dass ihre Steuern besser verwendet werden sollten. Ein Problem, das sich bis in unsere Zeiten erhalten hat.
    Eine ganz andere Frage hat sich beim Lesen dieser Geschichte bei mir aufgetan: Ich hatte immer gedacht, Unterwäsche sei erst viel später "in Mode" gekommen?

  • Siebte Geschichte: Der Scholar Rinieri verliebt sich in die Witwe Elena, die aber schon einen Geliebten hat. Scheinbar erhört sie ihn, lädt ihn ein und lässt ihn bei bitterer Kälte die ganze Nacht warten, was seine Gefühle für sie ins Gegenteil verkehrt. Irgendwann bietet sich die Möglichkeit, es ihr heimzuzahlen, und so lockt Rinieri Elena auf einen Turm, wo er sie eine Nacht und einen Tag bei brütender Hitze ausharren lässt.


    Diese Geschichte beinhaltet ein schönes rethorisches Duell der beiden Kontrahenten. Sie ist bereit, alles zu tun, damit er sie vom Turm herunterlässt, und geht ihm wortgewaltig um den Bart. Doch Elena hat die Bedingungen für die Beziehung zwischen ihnen vorgegeben, wenn sie auch selbst keinen Finger rührt und die Natur für sich arbeiten lässt. Rinieri schlägt sie mit ihren eigenen Waffen. Es mutet schon etwas hart an, was er mit ihr veranstaltet, aber auf Rücksicht durfte die Dame wirklich nicht hoffen. Und die Moral: Man sollte nie jemanden ärgern, wenn man nicht weiß, wie er auf diese Art von Humor reagiert. Die Sympathien fliegen hier dem Mann zu. Es hat mich an den Spruch "Auge um Auge, Zahn um Zahn" erinnert. Die Geschichte ist wieder eine schöne Ausnahme zwischen den kurzen Episoden.


    Ich stelle fest, dass ein "Streich" bei Boccaccio nicht nur positiv und humorvoll ausgelegt wird, so wie ich es tun würde.

  • In der ersten Geschichte offenbart sich Wolfhard der Frau des Gasparruolo. Diese will sich aber nur gegen Geld mit ihm einlassen. Auf welche Art Wolfhard diese Liebesdienste bezahlt, geschieht der Frau ganz recht. So geschickt, wie er es angestellt hat, fallen ja nicht mal Zinsen an. :breitgrins: Ich hatte mich schon gefragt, wer die wohl zahlen wird.


    Auch in der zweiten Geschichte ist es die Frau, die das Nachsehen hat. Immer wenn Geld ins Spiel kommt, sind anscheinend die moralischen Grenzen überschritten worden. Andererseits darf man andere hintergehen und sogar verletzten, wie in dem Fall des gezogenen Zahns.


    Die dritte Geschichte fand nicht so sehr meinen Beifall. Calandrino ist ja ein arger Einfaltspinsel, aber auch ein ziemlicher Choleriker. Sicher haben die anderen nicht bedacht, was aus ihrem Scherz werden könnte, aber die arme Ehefrau tat mit doch sehr leid.


    Das Gesicht des Propstes, als er neben der Magd erwacht ist, hätte ich zu gerne gesehen. :zwinker: Uns so wird in der vierten Geschichte ein zügelloser Kleriker für seine Verfehlungen gestraft.


    Die fünfte Geschichte ist eher ein Lausbubenstreich.

  • Die achte Geschichte: Zeppa entdeckt, dass sein Freund Spinelloccio ein Verhältnis mit seiner (Zeppas) Frau hat. Er sorgt dafür, dass Spinelloccio in einer Kiste eingeschlossen wird, lockt dessen Frau in sein Haus und nötigt sie, ihm auf dieser Kiste zu Willen zu sein. Danach zeigt sich Spinelloccio einsichtig und verzichtet auf Genugtuung, stattdessen schlägt er vor, dass man diese Konstellation in Zukunft beibehalten kann, so dass jede/r von ihnen nun zwei Partner hat.
    Zeppa hat es seinem Freund heimgezahlt und die Vernunft lässt beide ruhig bleiben. Ein krasser Gegensatz zu der vorherigen Geschichte, in der der Wunsch nach Genugtuung schlimme Folgen hätte mit sich bringen können. Anscheinend ist beiden Männern die Freundschaft wichtiger als die Ehre, aber dass der Streich nun auf eine "Menage a quatre" hinausläuft, lässt es für mich nicht nach freundschaftlichen Gefühlen oder Pragmatismus aussehen, sondern eher nach dem Versuch, dass eine schwer wiegende Angelegenheit nachträglich entschärft werden soll nach dem Motto "War doch nicht so schlimm".
    Mich hätte interessiert, was die Frauen der beiden zu dieser Vereinbarung gesagt haben. Der Erzählung nach zu urteilen, waren sie nicht ganz einverstanden mit den Machenschaften ihrer Männer.


    In der neunten Geschichte erleben wir ein weiteres Schurkenstück der Freunde Bruno und Buffalmacco, die Meister Simone die wildesten Geschichten erzählen, um sein Interesse an einer Gesellschaft, der er beitreten möchte, noch anzufachen. Simone tut alles, um aufgenommen zu werden und endet doch nur in der Latrinengrube.
    Generell gefallen mir die längeren Geschichten besser, aber leider war das hier nicht der Fall. Die Erzählung gefiel mir nicht besonders und auch der tiefere Sinn hat sich mir nicht erschlossen.

  • Puh, der achte Tag war zeitweilig wieder ganz schön harte Arbeit.


    Schon bei der ersten Geschichte fand ich meine Befürchtung bewahrheitet, dass sich zumindest einige Streiche doch wieder nur um Ehebruch drehen könnten. Auch seh ich es so wie Doris: Das war kein Streich wie ich das Wort verstehe, sondern Rache. War nicht mein Fall.


    Zweite Geschichte: wieder Ehebruch, diesmal mit einem Geistlichen - ich kanns langsam nicht mehr lesen. :rollen:


    Die dritte Geschichte war hingegen nach meinem Geschmack: Bruno und Buffalmacco legen ihren einfältigen Freund Calandrino herein, indem sie ihn glauben lassen, er habe einen Stein gefunden, der unsichtbar macht. Geschickt eingefädelt, nur typisch, dass am Ende die Frau von Calandrino die ganze Prügel bezieht.


    Vierte Geschichte: Diesmal versuchter Ehebruch durch einen Geistlichen. :rollen: Vom Thema abgesehen fand ich hier nur witzig, dass die hässliche Magd ihren Vorteil aus der Sache hatte und der Geistliche damit aufgezogen wurde.



    In der fünften Geschichte ist zu lesen, wie Maso und seine Freunde dem etwas sonderbaren Richter Niccola vor dem versammelten Gerichtshof die Unterhosen ausziehen. Der Richter begreift gar nicht richtig, wie ihm geschieht. Als sich der Statthalter darüber ereifern will, erklären ihm die Freunde, dass sie damit auf die Unfähigkeit des Richters hinweisen wollen, an dem die Steuergelder verschwendet sind.
    Eine nette Art, die Obrigkeit auf unfähige Staatsdiener hinzuweisen bzw. darauf, dass ihre Steuern besser verwendet werden sollten. Ein Problem, das sich bis in unsere Zeiten erhalten hat.
    Eine ganz andere Frage hat sich beim Lesen dieser Geschichte bei mir aufgetan: Ich hatte immer gedacht, Unterwäsche sei erst viel später "in Mode" gekommen?


    Ich habe es nicht so verstanden, dass sie ihm die Unterhosen ausgezogen haben, sondern dass sie ihm die normale Hose heruntergezogen haben und da er keine Unterwäsche trug, stand er nun unten ohne da. kicher.gif


    Die sechste Geschichte handelt wieder von Bruno und Buffalmacco, die diesmal ihrem Freund aus der dritten Geschichte ein Schwein stehlen, ihm selbst vor der versammelten Dorfgemeinschaft als Schuldigen überführen und sich hinterher noch bestechen lassen, damit sie seiner Frau nichts erzählen. Da haben die beiden wirklich reiche Beute gemacht. :breitgrins:


    Die siebte Geschichte war meiner Meinung nach viel zu lang. Das ewige Diskutieren zwischen Helena auf dem Turm und dem Rinieri unten als Gefängniswärter war zu breit ausgewalzt. Logisch, dass Rinieri seinen Triumph über Helena genießen wollte, aber wie er sie noch verhöhnt hat, als sie schon in der Sonne brutzelte, fand ich too much. Mit Streich hat das nichts mehr zu tun und von einem Gelehrten hätte ich auch etwas mehr Humanität erwartet. :vogelzeigen:


    Achte Geschichte: Diesmal doppelter Ehebruch, er mit der Frau des Freundes und aus Rache der Freund mit seiner Frau. Und zum Schluss beschließen die beiden Männer, dass sie zukünftig ihre Frauen ganz teilen, dann gibt es keinen Grund mehr für Eifersucht. Einfach entsetzlich, dass die Frauen wie Gegenstände behandelt werden. :grmpf:


    Bruno und Buffalmacco zum Dritten: In der neunten Geschichte lassen sie sich von einem "Arzt" umgarnen und verköstigen und erzählen ihm dafür eine Geschichte über eine Geheimgesellschaft, die ihm die schönsten Frauen besorgen könne. Als er Mitglied werden will, verweisen sie auf die harten Aufnahmebedingungen. Nachdem sie ihn während der gestellten Aufnahmeprüfung in eine Latrine geworfen haben, können sie ihm selbst die Schuld daran geben, frei nach dem Motto: Wir hatten dich gewarnt! Äußerst genialer Streich, ich mag die Beiden. lachtot.gif


    Dioneos Abschlussgeschichte passt diesmal auch in den vorgegebenen Rahmen, indem er erzählt, wie ein liebesblinder Kaufmann sein Geld an eine Betrügerin verlor, ihr aber später mit ihren eigenen Mitteln sein Geld wieder abnahm und sogar noch mehr erhielt. Sehr schöne Geschichte!


    Die Ankündigung des Themas für den neunten Tag der neuen Königin Emilia hat mich froh gestimmt: es gibt kein Thema. Endlich mal wieder Abwechslung! :banane:

  • In der sechsten Geschichte begegnen wir dem Gespann Bruno und Buffalmacco wieder. Das dabei nichts gescheites herauskommen wird, können wir uns inzwischen ja schon denken. :zwinker: Und der arme Calandrino fällt auch prompt wieder auf die beiden herein. Diesmal finde ich ihren Scherz schon arg an der Schmerzgrenze. Ihn für dumm zu verkaufen ist eine Sache, aber ihn vor der Gemeinschaft bloss zu stellen eine andere. Seine Frau wird diesmal in einem ganz anderen Licht dargestellt.
    In der dritten Geschichte war sie das Opfer Calandrinos, während in dieser er ihr Opfer zu werden droht.


    Die siebte Geschichte wurde sehr ausführlich erzählt. Diese ewige Diskussionen zwischen dem Gelehrten und der Dame zogen sich schrecklich in die Länge. Überhaupt die Geschichten der zweiten Hälfte empfand ich als zäh und brauchte einige Tage um sie zu lesen. :rollen:


    Die achte Geschichte fand ich unmöglich. Es ist doch kaum zu glauben, dass die Frau von Spinelloccio sich einfach so benutzen ließ. Besonders der Schluss lässt einem glauben, dass es mit der Moral der Paare gar nicht so gut stand. Von Freundschaft gar nicht zu reden. Die Männer haben kein Ehrgefühl und ihre Frauen werden erst gar nicht gefragt. :grmpf:


    In der neunten Geschichte tauchen schon wieder Bruno und Buffalmacco auf. Die beiden müssen zu ihrer Zeit ja richtige Berühmtheiten gewesen sein. Diesmal habe sie allerdings ein anderes Opfer gefunden. Dieser Spaß war wenigstens mal etwas lustig.


    Die zehnte lief nach dem üblichen Schema ab. Betrug und Gegenbetrug.


    Irgendwie fangen die Geschichten mich an zu langweilen. Deshalb bin ich sehr froh, dass am neunten Tag kein festes Thema vorgegeben ist. Endlich mal etwas Abwechslung!



    Mich hätte interessiert, was die Frauen der beiden zu dieser Vereinbarung gesagt haben. Der Erzählung nach zu urteilen, waren sie nicht ganz einverstanden mit den Machenschaften ihrer Männer.


    Zeppas Frau macht einfach so weiter wie bisher, aber Spinelloccios Frau wurde eigentlich gar nicht gefragt.



    Puh, der achte Tag war zeitweilig wieder ganz schön harte Arbeit.


    Das ging mir genau so!



    Die siebte Geschichte war meiner Meinung nach viel zu lang. Das ewige Diskutieren zwischen Helena auf dem Turm und dem Rinieri unten als Gefängniswärter war zu breit ausgewalzt. Logisch, dass Rinieri seinen Triumph über Helena genießen wollte, aber wie er sie noch verhöhnt hat, als sie schon in der Sonne brutzelte, fand ich too much. Mit Streich hat das nichts mehr zu tun und von einem Gelehrten hätte ich auch etwas mehr Humanität erwartet. :vogelzeigen:


    Also mit einem Streich hatte das sicher nichts mehr zu tun. Das war reine Rache, die auch ganz schön ins Auge hätte gehen können, was Rinieri scheinbar völlig egal war. Je schlimmer, desto besser, hatte ich den Eindruck.

  • Ach ja, dieser über alles schöne, erhabene achte Tag. :clown:


    Neifile erzählt die erste Geschichte: Der Deutsche Wolfhart oder Gulfardo verliebt sich in Donna Ambruogia, die Frau seines Freundes Gasparruolo Cagastraccio. Als er sich um sie bemüht, willigt sie ein unter zwei Bedingungen: seiner Verschwiegenheit und zweihundert Goldgulden, für die sie sich seinen Wünschen fügen will. Ihr Geiz empört ihn. Seine grenzenlose Liebe erlischt umgehend, aber er spielt zum Schein mit. Ehe sein Freund auf Reisen geht, leiht er sich von ihm zweihundert Goldgulden. Die übergibt er Ambruogia vor einem Zeugen. Anschließend gewährt sie ihm den vereinbarten Gegenwert. Nachdem Gasparruolo wieder zu Hause ist, sucht ihn Gulfardo auf und erzählt ihm in Anwesenheit des Zeugen der Geldübergabe, dass er die geliehene Summe Ambruogia zurückgegeben habe. Die bestätigt dies widerwillig und gibt ihrem Mann die Goldgulden.


    Nach der Lektüre musste ich einmal mehr über grundlegende Zusammenhänge des Lebens nachdenken: (1) dass eine Frau geizig ist, wenn sie sich einem Mann nicht umsonst hingibt; (2) warum es Freundschaft ist, wenn ein Mann mit der Frau seines Freundes schläft, und (3) warum es - in der Umkehrung von (1) - kein Ausweis von Geiz ist, dass der Mann „so ohne Kosten die habsüchtige Schöne genossen hatte“. Am Ende fand ich, dass das schönste Wort dieser Geschichte „Goldgulden“ ist.


    Die zweite Geschichte beginnt mit den Worten: „Männer und Frauen lobten einmütig Wolfharts Betrug“. Ich frage mich, ob die Pest nicht mehrere gute Gründe hatte, sich zu entfalten.


    Panfilo richtet sich in der zweiten Geschichte des Tages gegen den Klerus. Zur Freude derer, die es in der Leserunde ja schon vermissten, wie auch zur Freude der Damen in der Decamerone-Gruppe.


    Elisa erzählt die dritte Geschichte. Calandrino, Bruno und Buffalmacco suchen den Wunderstein Heliotrop im Flussbett des Mugnone. Calandrino glaubt ihn gefunden zu haben und stapft mit einer erheblichen Steinlast nach Hause. Seine Frau beschimpft ihn, weil er zu spät zum Essen kommt, und er verprügelt sie unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Dann erzählt er seinen Freunden davon, dass er den Stein gefunden hatte, aber dass eine Frau ja jedem Ding die Kraft rauben könne. Die beiden Freunde versöhnen ihn mit seiner Frau, sodass ihm die Notwendigkeit, sie ein weiteres Mal verprügeln zu müssen, aus dem Denkkanal gespült wird.
    „Elisa war mit ihrer Geschichte, die sie nicht ohne großes Ergötzen der ganzen Gesellschaft erzählt hatte, zu Ende.“ Aber das mit dem Ergötzen wussten wir ja vorher, schließlich haben auch die Ärzte einen Song zum Thema geschrieben.


    Emilias Geschichte, die vierte, handelt von der Witwe Monna Piccarda, die einen brünftigen Propst auf die Magd umlenkt und mit Hilfe ihrer Brüder vom Bischof erwischen lässt. Die Magd bekommt dafür ein Hemd, das so wertvoll ist, dass sie dafür auch mit sechs Männern geschlafen hätte. Oder die sechs Männer sind soviel wert wie das Hemd. Wie auch immer. Scheint sich für alle Beteiligten gelohnt zu haben.


    Nachdem Filostrato in Geschichte fünf den anmutigen Damen einige schlimme Wörter zu Ohren gebracht hat, erzählt Filomena die sechste Geschichte des Tages. Bruno, Buffalmacco und Calandrino sind einmal mehr die Helden. B&B stehlen Calandrino ein Schwein. Sie behaupten, er könne durch den Verzehr von Ingwerkuchen und Vernacciawein das angeblich verschwundene Tier wiederfinden. Sie geben ihm jedoch zwei Hundekuchen, mit frischer Leberaloe angemacht. Er spuckt aus und gerät unter Verdacht, das Schwein selbst gestohlen zu haben. Damit sie von der spaßigen Aktion nicht seiner Frau erzählen, gibt er ihnen eine Art Schweigegeld.
    In der Geschichte steht einmal mehr das Essen und Trinken im Zentrum. Calandrino weigert sich, das Schwein zu verkaufen und das Geld mit seinen Freunden durchzubringen. Dadurch werden die komischen Entwicklungen eingeleitet. Mir ist nicht ganz klar, warum er sich erpressen lässt und nicht, wie in der anderen Geschichte, seine Frau einfach verprügelt. Aber das scheint nicht immer die sinnvollste Lösung zu sein.


    Pampinea erzählt Geschichte sieben. Ein Gelehrter verbringt eine Winternacht draußen in der Kälte, weil die von ihm begehrte Witwe eben in dieser Nacht mit einem anderen Mann zusammen ist. Er rächt sich dafür im Sommer. Sie steht nackt auf einem Kirchturm, wird braun und gewinnt neue Freunde.


    Fiammetta erzählt in Geschichte acht von zwei Männern, guten Freunden, die kreuzweise Ehebruch begehen, wobei der zweite Durchgang die Rache für den ersten ist. Anschließend erinnern sie sich daran, dass sie beste Freunde sind und bemerken, dass der gelegentliche Frauentausch durchaus zur Festigung der Beziehung beitragen könnte. Also gibt es (mal wieder) ein leckeres Essen, bei dem sie vereinbaren, künftig auch die Frauen zu teilen. Ist sicher besser, den schwelenden Konflikt auf diese Weise aufzulösen. Die Kreuzkonstruktion ist einfach stabiler.


    Auch in der achten Geschichte spielen B&B wieder mit. Die kleinen Schabernacker scheinen gerade sehr beliebt in der Runde: „Man braucht nicht zu fragen, wie sehr verschiedene Stellen in der Geschichte der Königin die Damen zum Lachen gereizt hatten. Keiner unter ihnen waren vor unmäßigem Gelächter weniger als ein dutzendmal die Tränen in die Augen gekommen“. Ein nicht ganz so heller Arzt verbringt auf Veranlassung B&Bs einen Teil seiner Zeit in einer Jauchegrube. Auch hier gibt es wieder ein Essen als Instrument der Bestätigung und des Erhalts von Beziehungen.


    Dioneo erzählt am Ende eine Geschichte über wechselseitigen Betrug und die Freude, die man daraus ziehen kann.


    In manchen Momenten hatte ich das Gefühl, Boccaccio stelle eine Verbindung zwischen den Figuren und den Geschichten her. In der Leserunde haben wir sogar Mutmaßungen über mögliche Paarbildungen angestellt. Die letzten Tage habe ich jedoch zunehmend den Verdacht, dass Boccaccio hieran nicht so viel Interesse hatte, wie der Anfang vermuten lässt. Auch die Lieder am Ende eines Tages sind ja nicht immer welche, die etwas über die Gefühle der Gruppenmitglieder offen legen. Am Ende des achten Tages singt Panfilo über die brennende Freude an seiner Liebe, denkt jedoch, er müsse sie geheim halten. Was beim Rest der Gruppe zu Spekulationen führt.


    Liebe Grüße,
    mohan :winken:

  • Herrlicher Beitrag, mohan. Ich war beim Lesen fast ständig am Grinsen.


    Diese Stelle hier gefällt mir am besten:


    Pampinea erzählt Geschichte sieben. Ein Gelehrter verbringt eine Winternacht draußen in der Kälte, weil die von ihm begehrte Witwe eben in dieser Nacht mit einem anderen Mann zusammen ist. Er rächt sich dafür im Sommer. Sie steht nackt auf einem Kirchturm, wird braun und gewinnt neue Freunde.


    :rotfl:


    Damit hast Du mir echt den Abend versüßt. :breitgrins:


  • Ich habe es nicht so verstanden, dass sie ihm die Unterhosen ausgezogen haben, sondern dass sie ihm die normale Hose heruntergezogen haben und da er keine Unterwäsche trug, stand er nun unten ohne da. kicher.gif


    Auf der Abbildung des Holzschnittes, die in meiner Insel-Ausgabe zu jeder Geschichte gehören, ist die Hose zu sehen. Da sie ziemlich klein ist, kann es sich nur um die Unterhose handeln. Die Rede ist immer von der Hose oder vom Hosenboden. Zu sehen ist außer den Waden des Richters nichts, da er einen Talar trägt, aber die Peinlichkeit besteht ohnehin darin, dass ihm vor dem gefüllten Gerichtssaal die Hosen ausgezogen wurden.

  • Gerade ist mir aufgefallen, dass ich auch schon 3 Geschichten des achten Tages gelesen habe. Das hätte ich fast nicht bemerkt, da der achte Tag genau so weitergeht, wie der siebte aufgehört hat :rollen:


    Die Streiche die da gespielt werden, sind auch ganz und gar nicht nach meinem Geschmack, sie dürften wirklich etwas witziger sein und sich nicht immer nur auf Ehebruch beziehen.


    Die dritte Geschichte war da schon ganz witzig, wie die beiden dem einfältigen Calandrino weismachen wollen, dass er einen Stein gefunden hat, der unsichtbar macht, fand ich durchaus unterhaltsam.


    Ich mache mich dann mal weiter "an die Arbeit", denn genau dazu artet es langsam für mich aus, das Dekameron zu lesen.

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de


  • Also mit einem Streich hatte das sicher nichts mehr zu tun. Das war reine Rache, die auch ganz schön ins Auge hätte gehen können, was Rinieri scheinbar völlig egal war. Je schlimmer, desto besser, hatte ich den Eindruck.


    Den Eindruck hatte ich bei mehreren Geschichten, dass die Trennung zwischen Streich und Boshaftigkeit, gleich in welcher Absicht, nicht so einfach möglich ist.

  • Ich habe den achten Tag gestern auch hinter mich gebracht.


    Die fünfte Geschichte fand ich ganz witzig, Bruno und Buffalmacco stehlen Calandrino ein Schwein und überführen ihn als Täter :bang: B&B scheinen ja wirklich zwei lustige Kerlchen zu sein.


    Die siebte Geschichte war mir viel zu lang und grausam. Ein Gelehrter müsste doch etwas mehr Verstand haben um allein auf Rache aus zu sein und dann dem Flehen der Dame nicht mal nachzugeben und sich richtig an ihrem Leid zu erfreuen...


    Geschichte acht war mir dann wieder zu doof, der eine schläft mit der Frau des anderen, deshalb schläft der andere auch mit der Frau des ersten :rollen:


    In Geschichte neun sind mir B&B dann aber eher unsympathisch geworden, der Streich war mir zu gemein und auch die Geschichte war zu lang.


    Die zehnte Geschichte hat mir dann eigentlich wieder gefallen, ich habe mich gefreut, dass der Kaufmann von der Dame sein Geld zurückgekriegt hat und sogar noch mehr :klatschen:

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • So, ich habe mal wieder ein wenig weitergelesen...
    Ich werde mal eure Zusammenfassungen zu den einzelnen Geschichten kopieren, da ihr euch bestimmt nicht mehr so gut daran erinnert könnt. Die Leserunde ist ja schließlich schon ein wenig her...


    erste Geschichte:


    Gualfardo möchte unbedingt mit Ambruogia schlafen, die sich nur gegen Bares erweichen lässt, woraufhin Gualfardo sich das Geld von Ambruogias Gatten leiht. Enttäuscht von der Habgier wandeln sich aber seine Gefühle und nach einigen Schäferstündchen weist er den betrogenen Gatten in Anwesenheit von Ambruogia darauf hin, dass er ihr das Geld schon zurückgegeben hat. So ist sie das Geld los und war Gualfardo trotzdem zu Willen.


    Bei dieser Geschichte musste ich mich mal wieder über die seltsamen Moralvorstellungen wundern. Wenn die Frau habgierig ist, dann ist sie ein schlechtes Weib. Aber wenn die Frau fremdgeht, dann ist das absolut kein Problem. :gruebel:


    zweite Geschichte:


    Ein Pfarrer möchte mit Madonna Belcolore schlafen und verpfändet ihr seinen Chorrock dafür. Um ihn zurück zu bekommen, leiht er sich einen Mörser aus, den er gegen den Chorrock eintauscht.


    Bei der Geschichte musste ich schmunzeln. Der Pfarrer schenkt der Dame Knoblauch! Heute wird sich darüber eine Frau wohl nicht mehr so sehr freuen :breitgrins:


    dritte Geschichte:


    Bruno und Buffalmacco legen ihren einfältigen Freund Calandrino herein, indem sie ihn glauben lassen, er habe einen Stein gefunden, der unsichtbar macht. Geschickt eingefädelt, nur typisch, dass am Ende die Frau von Calandrino die ganze Prügel bezieht.


    Zuerst fand ich die Geschichte zu unglaubwürdig und dadurch einfach nur lächerlich! Trotzdem musste ich feststellen, dass ich bei der Steinsuche schmunzeln musste und mich doch ein wenig amüsiert habe. Jedoch als die Ehefrau verprügelt wurde, ging mir das Ganze doch sehr viel zu weit! Das gehört nun wirklich nicht zu einem Streich!


    sechste Geschichte:


    Die sechste Geschichte handelt wieder von Bruno und Buffalmacco, die diesmal ihrem Freund aus der dritten Geschichte ein Schwein stehlen, ihm selbst vor der versammelten Dorfgemeinschaft als Schuldigen überführen und sich hinterher noch bestechen lassen, damit sie seiner Frau nichts erzählen. Da haben die beiden wirklich reiche Beute gemacht. :breitgrins:


    Wer solche Freunde hat, braucht wirklich keine Feinde!!!


    siebte Geschichte:


    Der Scholar Rinieri verliebt sich in die Witwe Elena, die aber schon einen Geliebten hat. Scheinbar erhört sie ihn, lädt ihn ein und lässt ihn bei bitterer Kälte die ganze Nacht warten, was seine Gefühle für sie ins Gegenteil verkehrt. Irgendwann bietet sich die Möglichkeit, es ihr heimzuzahlen, und so lockt Rinieri Elena auf einen Turm, wo er sie eine Nacht und einen Tag bei brütender Hitze ausharren lässt.


    Bei dieser Geschichte wurde die Schlauheit von Rinieri so betont. Aber meiner Meinung wird einfach nur die Dummheit, Gemeinheit und Naivität von Elena dargestellt. Für besonders schlau habe ich den Rinieri nämlich nicht empfunden!


    achte Geschichte:


    Zeppa entdeckt, dass sein Freund Spinelloccio ein Verhältnis mit seiner (Zeppas) Frau hat. Er sorgt dafür, dass Spinelloccio in einer Kiste eingeschlossen wird, lockt dessen Frau in sein Haus und nötigt sie, ihm auf dieser Kiste zu Willen zu sein. Danach zeigt sich Spinelloccio einsichtig und verzichtet auf Genugtuung, stattdessen schlägt er vor, dass man diese Konstellation in Zukunft beibehalten kann, so dass jede/r von ihnen nun zwei Partner hat.


    Hier hat es Boccaccio endlich mal wieder geschafft mich zu überraschen! Das Ende hätte ich wirklich nicht erwartet!


    Viele Grüße
    foenig

  • Go foenig go! n030.gif


    So mit ein bisschen Abstand betrachtet, gefallen mir einige der Geschichten (zumindest in der Kurzfassung) doch recht gut, besonders die von Bruno und Buffalmacco, die an Max und Moritz erinnern.


    Ich wünsch Dir weiterhin noch viel Durchhaltevermögen, foenig. Bald hast Du es geschafft. :daumen:

  • Ich habe das bestimmt irgendwo schon geschrieben, aber auch mit einigem Abstand betrachtet halte ich Bruno und Buffalmacco für zwei ziemlich gemeine Gesellen. Calandrino ist erklärtermaßen nicht der Hellste, und ihn dann auch noch auszunehmen oder sich auf seine Kosten lustig zu machen, hat mit Freundschaft wenig zu tun. Max und Moritz passen da gut als Vergleich, aber die haben wenigstens auch mal eins auf den Deckel bekommen.


    Bei der Geschichte musste ich schmunzeln. Der Pfarrer schenkt der Dame Knoblauch! Heute wird sich darüber eine Frau wohl nicht mehr so sehr freuen :breitgrins:


    Gibt es da irgendeinen Hintergrund dazu, wenn ein Pfarrer Knoblauch verschenkt? So eine Art versteckter Gemeinheit oder Anzüglichkeit? :gruebel:


  • Ich wünsch Dir weiterhin noch viel Durchhaltevermögen, foenig. Bald hast Du es geschafft. :daumen:


    Danke! Ich hoffe, dass Buch dieses Jahr noch zu beenden und bis jetzt habe ich dafür auch noch ganz gute Chancen! Ich habe nämlich auch schon mit dem 9. Tag begonnen!


    Gibt es da irgendeinen Hintergrund dazu, wenn ein Pfarrer Knoblauch verschenkt? So eine Art versteckter Gemeinheit oder Anzüglichkeit? :gruebel:


    Nee, der Knoblauch ist eher Bestechung... Ich gehe nicht davon aus, dass es doppeldeutig ist, auch wenn ich mir nicht sicher bin. Mir ist es nur aufgefallen und ich musste lachen!

    Zitat

    Um nun aber das Zutrauen der Monna Belcolore mehr und mehr zu gewinnen, beschenkte er sie von Zeit zu Zeit und schickte ihr bald einen Bund frischen Knoblauchs...


  • Nee, der Knoblauch ist eher Bestechung... Ich gehe nicht davon aus, dass es doppeldeutig ist, auch wenn ich mir nicht sicher bin. Mir ist es nur aufgefallen und ich musste lachen!


    Ich hab jetzt mal bei Wiki nachgelesen und Knoblauch galt im Mittelalter wohl als sehr gesund und wurde gegen beinah alles eingesetzt, von Bisswunden über Zahnschmerzen bis hin zur Pestbekämpfung. Außerdem soll es ein Aphrodisiakum sein. Von daher will sich der Pfarrer mit dem Knoblauch wohl eher einschmeicheln als beleidigen.

  • Aha. Dann steckt also nur Wohlwollen dahinter, wie man es bei einem Pfarrer erwarten darf. Ich dachte schon, der Clou der Geschichte ist mangels Allgemeinwissen an mir vorbeigegangen.


    Grüße
    Doris