Philip Roth - Empörung

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  • In Philip Roths neuem Roman treffen wir auf Altbekanntes: Amerika im Koreakrieg, Schauplatz ein amerikanisches College, Protagonist Marcus, ein neunzehnjähriger Student aus Newark, Sohn jüdischer Einwanderer, wohlbehütet aufgewachsen in kleinbürgerlichen Verhältnissen. Sein Vater ist Metzger, ein rechtschaffener Mann, der es nur gut mit seinem (einzigen) Sohn meint. Sein Sohn solle es einmal besser haben, unter eigenen finanziellen Einbußen wird Marcus ein Studium ermöglicht. Marcus ist sich dieser Verpflichtung bewusst, enttäuscht seine Eltern nicht und ist stets Jahrgangsbester. Doch mitunter werden der Druck und die Erwartungshaltung seines Vaters zu groß, die Fürsorge erdrückt den jungen Mann förmlich und er sieht als letzten Ausweg nur die Flucht aus dem Elternhaus. Hin- und hergerissen zwischen Gehorsam gegenüber dem Elternhaus, seinen eigenen Wünschen und auch erste Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht in Gestalt der psychisch labilen Olivia begeht Marcus eine Verfehlung, die für ihn schwerwiegende Folgen haben wird.


    Schon in den ersten Kapiteln des Buches erfährt man, dass Marcus sein (kurzes) Leben aus dem Jenseits erzählt und gerade diese Vorwegnahme des Endes gibt dem Buch eine unheimliche Spannung. Roth erzählt mit Routine und atemberaubender Dichte, auch in diesem Buch spart er nicht mit Seitenhieben auf den American way of life, auf religiöse Frömmelei und politische Zustände. Obwohl es für mich an „Jedermann“ nicht ganz heranreicht, kann ich dieses Buch uneingeschränkt weiterempfehlen!


    4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:


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  • Das neue Werk von Philip Roth umfasst gerade einmal 200 Seiten und wieder einmal gelingt es dem Autor schon auf den ersten Zeilen den Leser fasziniert in die Geschichte hineinzuziehen. Ich habe das Buch in zwei Etappen an einem Tag durchgelesen. 4 Stunden Lesevergnügen sind damit verbunden.


    Diesmal schlüpft Roth in die Rolle eines 18jährigen Jungen, der auf dem College sein erstes Liebesabenteuer erlebt. Nach 50 Seiten erfährt man bereits vom Tod des Jungen ein Jahr später im Koreakrieg. Auch wenn dieser politische Hintergrund in der Handlung des Buches kaum eine Rolle spielt, seitenlange Kriegsberichte hätten mich vermutlich auch gelangweilt, ist das Buch letztlich doch hochpolitisch. Man lernt diesen liebenswürdigen Jungen kennen und bleibt am Ende aufgrund seines frühen Todes betroffen zurück. Aber auch die andere (eigentliche) Ebene des Buches, die Selbstfindung des jungen Mannes zum Erwachsenen, liest sich äußerst interessant.


    Roth kann wohl über jedes Thema schreiben, man liest das einfach gern. Warum? Er kann authentisch schreiben. Großartig sind die Szenen, in denen der Junge in der Metzgerei seines Vaters arbeitet, da wirkt nichts aufgesetzt. Roths Geschichten sind in keinster Weise verkrampft, wie ich es bei der Lektüre deutscher Gegenwartsautoren oft empfinde.


    Ob Roth nicht viel eher eine Novelle anstatt eines Romans geschrieben hat, wäre noch zu untersuchen. Die Figurenanzahl und die Szenen sind äußerst begrenzt, das große Panorama fehlt und man könnte sich dieses Büchlein auch in ein größeres Werk eingebettet vorstellen.


    "Schöne" Literatur schreibt Roth auch diesmal nicht. Während er in frühreren Romanen Altmännerphantasien oder vom Tod schreibt, gibt es auch diesmal viel Beklemmendes. Eine äußerst bewegende Szene spielt sich zwischen dem Protagonisten und seiner geliebten Mutter ab, die die Rolle des Vaters thematisiert. Auch in seiner Beziehung zu seiner Freundin Olivia gibt es reichlich beklemmende Beschreibungen.


    Dieser Roman ist einfach zu lesen, eine 3. Bedeutungsebene, die zum Wiederlesen reizen würde, fehlt meines Erachtens. "Jedermann" ist noch ein bißchen stärker, aber auch dieses Buch kann man rundherum empfehlen.


    4ratten


    Gruß, Thomas

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