Irène Némirovsky - Herr der Seelen

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    Der junge Arzt Dario Asfar ist schon vor 15 Jahren mit seiner Frau Clara nach Frankreich eingewandert, doch seine Praxis läuft nur mäßig, auch weil er nach so langer Zeit immer noch als Ausländer gilt, als fremder "métèque", dessen abgetragene Kleidung und dunkler Teint ihn für die Alteingesessenen nicht gerade vertrauenswürdig machen.


    Die Geldsorgen plagen ihn erst recht, als Clara den kleinen Daniel zur Welt bringt und er nun auch für ein Kind Verantwortung tragen muss. Eines Tages jedoch hat er Glück, weil Philippe Wardes, ein reicher Geschäftsmann mit Hang zum Glücksspiel, dringend einen Arzt benötigt. Lange Zeit macht er häufig Hausbesuche bei Wardes, nicht nur der klingenden Münze wegen, sondern auch, weil ihn dessen Frau Sylvie fasziniert.


    Einige Zeit später hat sich Dario dann doch einen Namen gemacht, aber nicht als Hausarzt, der sein Handwerk versteht, sondern als "Herr der Seelen", der angeblich mit einer selbsterfundenen Spielart der Psychotherapie seelische Leiden heilen kann und bei der Hautevolée in Mode kommt.


    Auch in diesem Buch zeigt sich, dass Irène Némirovsky zu schreiben verstand, mit relativ wenigen Worten erzeugt sie eine dichte Atmosphäre und sorgt dafür, dass man am Ball bleibt, obwohl es in dem Roman nur sehr wenige wirkliche Sympathieträger gibt.


    Auch Dario selbst mit seinem ewigen Gewinnstreben, das weit über den gesunden Ehrgeiz eines mittellosen Mannes hinausgeht und ihn schließlich richtig skrupellos werden lässt, mochte ich nicht besonders, obwohl Némirovsky es schaffte, mir seine Beweggründe zumindest teilweise verständlich zu machen. Gut verstehen konnte ich seinen Sohn Daniel, der, als er heranwächst, seinen Vater durchschaut und verabscheut.


    In (manchmal etwas zu) großen Zeitsprüngen wird die Geschichte eines Emporkömmlings erzählt, wobei Kritik an einer weit verbreiteten Fremdenfeindlichkeit wie auch den suspekten Therapiemethoden mancher "Seelenklempner" deutlich wird und man nicht nur bei Dario in seelische Abgründe blickt.


    Ein etwas düsteres Stimmungsbild aus den 20er und 30er Jahren.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Das habe ich mir auch kürzlich gekauft - weil ich Suite Francaise auch habe, aber ungelesen - und habe es mir deswegen zugelegt. Bin gespannt wie es mir gefällt.

    Liebe Grüße JaneEyre

    Bücher haben Ehrgefühl. Wenn man sie verleiht, kommen sie nicht zurück.

    Theodor Fontane