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Henry James (1843-1916) Daisy Miller Originaltitel: Daisy Miller Erstveröffentlichung: 1878 aus dem Englischen von Gottfried Röckelein Verlag: Ars Vivendi gebundene Ausgabe 102 Seiten |
Der Amerikaner Frederick Winterbourne macht während eines Aufenthalts in der Schweiz die Bekanntschaft mit der jungen Amerikanerin Daisy Miller, die mit ihrer Familie Europa bereist und die ihm mit ihrer unbeschwerten Art den Kopf verdreht. Da ihr Aufenthalt in der Schweiz nur von begrenzter Dauer ist, überredet sie Winterbourne, sie einige Zeit später in Rom zu besuchen. Dem kommt Winterbourne gerne nach, jedoch hat Daisy Miller dort nur noch wenig Zeit für ihn, da sie ihre Aufmerksamkeit bereits einem anderen Mann schenkt: dem gesellschaftlich nicht sehr hoch geschätzten Italiener Signore Giovanelli.
Der leichtfertige und unbeschwerte Umgang Daisy Millers mit Giovanelli sorgt für allerlei Kopfschütteln unter den Mitgliedern der sittenstrengen Gesellschaft in Rom. Auch Winterbourne, der sich anfangs stark zu ihr hingezogen fühlte, ist verunsichert. Daisy Miller wendet sich allmählich von ihm ab, weil er - obwohl Amerikaner - mit seiner steifen, unamerikanischen Art nicht bei ihr landen kann, was ihn wiederum zunehmend verdrießt.
Daisy Miller ist eine kurzweilige Geschichte, die mich jedoch leider nicht hundertprozentig überzeugt hat. Neben der vordergründigen Geschichte, dem Katz-und-Maus-Spiel zwischen Winterbourne und Daisy Miller, gibt Henry James einen interessanten Einblick in das gesellschaftliche Leben im Europa des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Es wird deutlich, welche Welten nicht nur geographisch, sondern auch gesellschaftlich damals zwischen der Alten und der Neuen Welt lagen. Auf der einen Seite die leichtlebige Amerikanerin, die sorglos mit Männern flirtet, wie es ihr beliebt, und auf der anderen Seite die Mitglieder der europäischen Gesellschaft mit ihren strengen Traditionen und Verhaltensregeln.
Es ist interessant zu beobachten, wie Winterbourne und Daisy Miller anfangs umeinander herumtänzeln, wie sie ihn mit ihrem Charme einwickelt und er nicht so recht weiß, wie er sich verhalten soll. Mein Mitleid mit ihm wuchs, als das gute Verhältnis zwischen den beiden zu bröckeln begann. Und weil sie bei ihren Begegnungen in der Öffentlichkeit quasi ständig unter Beobachtung stehen und nicht sein kann, was nicht sein darf, zeichnet sich schnell ab, dass diese Beziehung kein gutes Ende nehmen würde.
Der Schluss des Buches enthält eine Wendung, die ich so nicht erwartet hätte und die mich recht unbefriedigt und ratlos zurückgelassen hat, weil ich nicht weiß, welchen Schluss ich daraus ziehen soll. Darüber hinaus hat mir der streckenweise arg verquaste Schreibstil häufig den Genuss der Geschichte etwas erschwert, aber das mag auch an der Übersetzung von Gottfried Röckelein liegen.
Alles in allem gibt's von mir