Gabriel Garcia Marquez - Bericht eines Schiffbrüchigen
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"Bericht eines Schiffbrüchigen, der zehn Tage lang, ohne zu essen und zu trinken, auf einem Floß trieb, der zum Helden des Vaterlandes ausgerufen, von Schönheitsköniginnen geküßt, durch Werbung reich, gleich darauf durch die Regierung verwünscht und dann für immer vergessen wurde."
So lautet der vollständige Titel der Erzählung Gabriel García Márquez', welche die wahre Geschichte des Matrosen Luis Alejandro Velasco erzählt.
*** Worum es geht ***
Die Männer auf dem Zerstörer "Caldas", ein Kriegsschiff der kolumbianischen Marine, sind nach Hause unterwegs. Am 28. Februar 1955, einige Stunden bevor das Schiff sicher in den kolumbianischen Hafen Cartagena einläuft, verliert die Mannschaft acht seiner Besatzungsmitglieder aufgrund hohen Seegangs.
Nur einer der Matrosen, die über Bord gespült wurden, erreicht eines der Rettungsflösse. Zehn Tage verbringt er auf dem Meer, in seinem Floß zwischen Hoffnung und Mutlosigkeit, Verzweiflung und Gleichgültigkeit. Ringsum nur das endlose, undurchdringliche Meer, ist er allein mit sich, mit der glühenden Hitze - die blasenbedeckte Haut schutzlos der Sonne ausgeliefert; allein mit dem quälenden Hunger und Durst; und den Haien, die jeden Tage kurz nach fünf Uhr kommen und das Floß umkreisen. Haie sind pünktliche Tiere.
*** Hintergrund ***
Nicht lange nachdem Luis Alejandro Velasco zehn Tage nach dem Schiffsunfall am Strand eines kleinen kolumbianischen Fischerdorfes wieder Land betritt, wird er überall im Land als Held gefeiert, tritt im Radio und Fernsehen auf und macht viel Geld als Werbefigur.
Die Geschichte über seinen Schiffbruch, in ungeschliffener und vollständiger Version, erzählt er dann erstmals dem jungen Gabriel García Márquez, welcher damals noch als Reporter bei der Zeitung "El Espectador" arbeitete.
Diese Aufzeichnungen, 1955 als Fortsetzungsreihe in der Zeitung erscheinen, sorgt für einigen Aufruhr als so bekannt wurde, dass der Zerstörer "Caldas" Schmuggelware an Bord hatte. Die damalige Militärdiktatur reagiert prompt und die Zeitung wird eingestellt, García Márquez geht bald darauf ins Ausland und Luis Alejandro Velasco wird aus der Marine entlassen.
*** Meine Eindrücke ***
Auf gut 160 Seiten beschreibt der Schiffbrüchige in der Ich-Form seinen zehntägigen Überlebenskampf auf dem Meer. Seine Schilderungen sind sehr präzise und klar. Schnörkellos und dennoch ausdrucksstark. Spannend zu lesen, doch ohne Effekthascherei. Seine Erlebnisse, die körperlichen Strapazen, die Ängste, alles ist so plastisch dargestellt, dass der Leser die Situation quasi vor sich sieht.
Bevor man sich jedoch den "Bericht eines Schiffbrüchigen" zu Gemüte führt, sollt man sich im Klaren darüber sein, dass der weltberühmte Autor bis auf das Vorwort nichts zum Inhalt dieses schmalen Bändchens beigetragen hat. García Márquez schrieb jediglich das nieder, ohne Hinzufügen eigener Gedanken, was ihm der Seemann Luis Alejandro Velasco erzählte.
Wem also weniger daran gelegen ist, dass ein repräsentativer Name das Buchcover schmückt ist, sondern mehr Wert auf den eigentlichen Inhalt legt, und sich darüber hinaus für maritime Literatur begeistern kann, für den ist dieser Tatsachenbericht in jedem Falle empfehlenswert.
Fazit: Ein lebendig erzählter, authentischer Tatsachenbericht