Johann Wolfgang Goethe - Faust II

Es gibt 61 Antworten in diesem Thema, welches 23.144 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Annabas.

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    Kurzbeschreibung:
    Der zweite Teil von Goethes Faust hat es mit der Popularität des ersten Teils nie aufnehmen können. Schaut man aber genauer hin, erscheint Faust II heute aktueller denn je. Denn verhandelt wird hier nicht weniger als die Wirtschafts- und Umweltkrise unserer Zeit mit Themen wie Deichbau, Bodenspekulation und Risikokapital: »Kein anderer Denker vor Marx hat den Voodoo-Kult um Werte, die noch gar nicht existieren und trotzdem schon in Anspruch genommen werden, poetisch genauer in den Blick gefasst. Faust II ist das Stück zur Krise« (Der Standard).


    Teilnehmer:
    kathchen
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    mondy
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    Meli
    Bane77
    Doris
    YRachel
    Isadora?
    mecedora
    Nachwuchsheldin
    [hr]
    Viel Spaß!

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hm, noch keiner da? :smile:
    Dabei fängt der zweite Teil doch sooo toll an:


    Wenn der Blüten Frühlingsregen
    Über alle schwebend sinkt,
    Wenn der Felder grüner Segen
    Allen Erdgebornen blinkt,
    Kleiner Elfen Geistergröße
    Eilet, wo sie helfen kann,
    Ob er heilig, ob er böse,
    Jammert sie den Unglücksmann.


    *schwärm* Nachdem ich diese ersten Zeilen gelesen hatte, war meine "Angst" vor diesem Werk verflogen. Ich habe mich sofort wohl gefühlt in Goethes Versen, es klingt einfach alles so melodisch und natürlich. Als wäre alles einfach aus seiner Feder geflossen ohne großes Nachdenken. So wars sicherlich nicht, aber man hat zumindest das Gefühl.
    Natürlich muss ich mich auch unheimlich konzentrieren, damit ich alles einigermaßen mitbekomme (und dabei bin ich mir nicht mal sicher, ob ich überhaupt irgendetwas begreife). Ich bin ziemlich froh, dass sich in meiner Ausgabe hinten ein Glossar befindet, der auch ein bisschen was über die Lesart verrät und kleine Interpretationen darstellt.
    Aber jetzt zum Inhalt: Toll finde ich, wie Goethe das Geschehen mit antiken Sagen verwebt. Der Aufgang der Sonne wird wunderbar beschrieben und überhaupt gefällt mir die erste Szene sehr gut. Faust hat eine wichtige Erkenntnis: er darf zwar nicht das Göttliche, Unendliche schauen, aber den Abglanz davon auf der Erde genießen. Mir scheint, diese Erkenntnis hat ihm im ersten Teil gefehlt. Hoffentlich erinnert er sich auch stets daran.
    In der zweiten Szene taucht ein geliebter/gehasster Charakter wieder auf. Mephisto tritt in närrischer Verkleidung neben den Kaiser und verführt alle mit dem Versprechen auf Reichtum. Zumindest habe ich das so verstanden, so ganz sicher bin ich mir da allerdings nicht. :rollen: Passend ist die Jahreszeit, in der er auftritt: Fasching ... ein Fest, an dem jeder verkleidet ist und etwas anderes darstellt, als er eigentlich ist.


    Jetzt bin ich mal gespannt, wie Faust und Mephisto wieder aufeinander treffen, wenn überhaupt. :smile:

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

    Einmal editiert, zuletzt von mondy ()

  • Hallo miteinander,


    so, heute konnte ich endlich die ersten beiden Szenen lesen.
    Faust II ist absolutes Neuland für mich und ich bin froh, in der vergangenen Leserunde meine Kenntnisse zu Faust I etwas aufgefrischt zu haben - damit fühle ich mich jetzt etwas sicherer.


    Die erste Szene Anmutige Gegend hat mich gleich bezaubert - so eine schöne Sprache! Ich habe es tatsächlich gleich mehrmals lesen müssen. Vom Inhalt her ist es wohl eine Versöhnung oder eine Vergebung der Geschehnisse im ersten Teil:


    (4650) "Schon verloschen sind die Stunden,
    Hingeschwunden Schmerz und Glück;
    Fühl es vor! Du wirst gesunden;
    Traue neuem Tagesblick."


    Und Faust kommt mir wie aus einem Alptraum erwacht vor, mit neuer Hoffnung.
    Na, da bin ich mal gespannt, was Mephisto für ihn bereit hält. :rollen:


    In der zweiten Szene Kaiserliche Pfalz - Saal des Thrones wird schon komplizierter. Mephisto taucht auch wieder auf, nach einem "Unfall" des Hofnarren war er zufällig da und nahm dessen Platz ein - wir kennen ihn ja ... Und wieder manipuliert er die Menge, aber in welche Richtung? Das wird noch spannend.


    Das "Gemurmel der Menge" finde ich toll gemacht, das würde ich gerne einmal live auf der Bühne erleben.



    Ich habe mich sofort wohl gefühlt in Goethes Versen, es klingt einfach alles so melodisch und natürlich. Als wäre alles einfach aus seiner Feder geflossen ohne großes Nachdenken. So wars sicherlich nicht, aber man hat zumindest das Gefühl.


    So geht es mir auch - die Bilder, die dabei in meinem Kopf entstanden sind, sind einfach wunderschön, und das so leicht erscheinen zu lassen, ist sicher mit das Schwierigste für einen Dichter.



    Faust hat eine wichtige Erkenntnis: er darf zwar nicht das Göttliche, Unendliche schauen, aber den Abglanz davon auf der Erde genießen. Mir scheint, diese Erkenntnis hat ihm im ersten Teil gefehlt. Hoffentlich erinnert er sich auch stets daran.


    Damit wäre Faust bescheidener geworden als im ersten Teil, wo er noch nach der absoluten Erkenntnis strebte. Oder ist "Am farbigen Abglanz haben wir das Leben" vielleicht DIE Erkenntnis für ihn? Das wäre auch ein interessanter Ansatz.


    Grüße von Annabas :winken:

  • Hallo ihr beiden,


    ich habe erst die erste Szene Anmutige Gegend gelesen, und kann euren Kommentaren eigentlich nicht viel hinzufügen. Es beginnt sehr lieblich. Ein starker Kontrast zum Ende von Faust I. Wenn man beide direkt hintereinander liest, fällt das sicher noch mehr auf.


    Weiter bin ich noch nicht gekommen, da eine Erkältung mich niedergestreckt hat. Ich melde mich aber mit weiteren Kommentaren, sobald mein Kopf wieder etwas klarer ist. Sorry!


    Grüße, kaluma

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Hallo ihr Lieben!


    Nachdem ich mir gestern in der Buchhandlung endlich auch Faust II besorgt habe (und gleich dazu ein Buch mit Erläuterungen, da ich im ersten Teil nicht viel verstanden habe und das sehr schade fand) bin ich nun ebenfalls startklar für diese Leserunde. Gestern abend hat es aber leider erst für die erste Szene Anmuthige Gegend gereicht.


    Genau wie ihr bin ich weiterhin fasziniert und sogleich wieder versunken in die wunderschöne Sprache.



    Vom Inhalt her ist es wohl eine Versöhnung oder eine Vergebung der Geschehnisse im ersten Teil:


    So habe ich das auch verstanden und laut meinem "Lösungsschlüssel" handelt es sich um einen Heilschlaf. Faust durchläuft schlafend vier Phasen: Dämmerung, Nacht, Tagesblick und Glanz. Was genau man unter einem Heilschlaf versteht weiss ich allerdings nicht, das ist das erste Mal, dass ich diesen Begriff antreffe. Vielleicht wisst ihr mehr darüber?


    Besonders gefällt mir die Erkenntnis, die Faust nach dem Schlaf gewinnt. Das Leben auf der Erde mit einem Regenbogen zu vergleichen, der sozusagen der Abglanz des strahlenden, weissen Lichts ist und die darin enthaltenen Farben sichtbar macht, finde ich wunderschön.


    Liebe Grüsse,
    Meli

    :leserin: <br />Joyce Carol Oates - Du fehlst

  • Tut mir Leid, leider hatte ich in den letzten zwei Tagen so viel zu tun, dass ich nicht weiter lesen konnte. Aber gerade habe ich mich durch Weitläufiger Saal gekämpft ... und ja, es war tatsächlich ein kleiner Kampf. Anscheinend wird hier das Karnevalsfest dargestellt, es treten allerhand Figuren auf, von der antiken Mythologie bis zu Gefühlen (Furcht, Hoffnung, ...) ist ja wirklich alles dabei. Und alle stellen sich vor! Hier wäre eine Lesehilfe bestimmt sehr hilfreich, ich nehme an, Goethe hat da so allerlei Anspielungen versteckt. Trotzdem habe ich mich teilweise köstlich amüsiert, die Parzen und die Furien fand ich treffend dargestellt. Dafür empfand ich die verschiedenen Blumenkränze als etwas seltsam, wer verkleidet sich denn als Olivenzweig? :lachen:
    Dann taucht auf einmal ein Wagen mit Knabe Lenker und Plutus auf, gefolgt von Geiz. Hier entsteht eine ganz besondere Atmosphäre, ich persönlich war mir nicht mehr so wirklich sicher, was jetzt Realität ist und was nicht. Plutus entfacht einen Feuerzauber (zumindest habe ich das so verstanden) und schmilzt Gold. In diesem Moment wusste ich nicht mehr, ob es sich immer noch um eine Verkleidung handelt oder um einen echten Gott. Das klingt jetzt alles ziemlich verrückt, aber ich war mir echt unsicher.
    Als dann auch noch Pan mit seinem Gefolge auftaucht, war ich vollends verwirrt, bis ich dann auch mal kapiert habe, dass es sich um den Kaiser handelt. Dass er sich den (künstlichen) Bart abfackelt und den ganzen Faschingsumzug gleich mit, fand ich dann ziemlich witzig. Das war so sicher nicht beabsichtigt.
    Naja, am Anfang der Szene Lustgarten stellt sich dann ja heraus, dass Plutus eigentlich Faust ist. Da hab ich mich, genauso wie das ganze Faschingsvolk, ziemlich hinters Licht führen lassen.



    Damit wäre Faust bescheidener geworden als im ersten Teil, wo er noch nach der absoluten Erkenntnis strebte. Oder ist "Am farbigen Abglanz haben wir das Leben" vielleicht DIE Erkenntnis für ihn? Das wäre auch ein interessanter Ansatz.


    Ich hatte für ihn gehofft, dass er vernünftiger geworden ist. Der Schock mit Gretchen und der Heilschlaf haben in mir das Gefühl erweckt, dass Faust endlich hinter Mephistos Trick und seine eigene Unzulänglichkeit gekommen ist. Mittlerweile bin ich mir da nicht mehr so sicher.
    Trotzdem empfand ich diesen Moment des Sonnenaufgangs als etwas besonderes, das Faust durchaus verändert haben könnte. Laut Anhang ist das wohl auch eine ganz besondere Szene: Die Sonne symbolisiert das Unendliche, sie blendet Faust. Er muss sich abwenden und sieht stattdessen die Natur und die Landschaft um ihn herum. Diese ist zwar nicht die Sonne selbst, wäre aber ohne Sonne nicht vorhanden (besonders der wunderschöne Regenbogen) und ist somit "ihr Abglanz in den irdischen Dingen". Der Abglanz des Göttlichen/Unendlichen befindet sich also auf der Erde.
    Anscheinend gibt es zu dem ganzen Thema eine ausgereifte Theorie (Goethes Farbenlehre), allerdings kenne ich mich da gar nicht aus. :sauer:
    Trotzdem ein tolles Bild, was Goethe da malt.

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

  • Hey,
    ich habe auch endlich mit den zweiten Teil von Faust begonnen...


    Vorher habe ich aber folgendes in einer Lektürehilfe gelesen:
    Der zweite Teil muss als eine Reihe von Metaphern verstanden werden, deren Zusammenhang weniger durch die Faustgestalt als vielmehr durch bestimmte Grundvorstellungen zur Problematik der Moderne hergestellt wird... Die Personen fungieren als Träger von Ideen... Der Text setzt einen Leser von hohem Bildungsstand und großer Belesenheit voraus...


    Ich befürchte ich werde den zweiten Teil zwar lesen, aber wohl kaum etwas verstehen und noch viel weniger dazu sagen können :sauer:


    Anmutige Gegend:
    Meli:
    In meiner Lektürhilfe wird auch der Heilschlaf erwähnt: Faust soll eine Schuld nicht aufarbeiten, er soll vielmehr vergessen. Der heilende Schlaf soll mit Hilfe von Elfen Vergessen, Genesung und Stärkung bringen.
    Ich habe den Heilschlaf einfach als einen sehr tiefen Schlaf angesehen, nachdem man sich sehr erholt und voller Tatendrang fühlt.


    Der Vergleich mit den Farben des Regenbogens hat mir auch sehr gut gefallen. Das Bild werde ich mir merken!


    Ich gehe davon aus, dass Faust aus seinen Fehlern gelernt hat und nun anders handeln wird. Aber sicher bin ich mir da leider nicht. Ich bin gespannt, was mich erwartet und wieviel davon überhaupt verstehen werde...

  • Hallo!


    Ich muss gestehen, dass ich leider sehr viel langsamer voran komme als gedacht. Das hat zwei Gründe: Erstens fällt es mir recht schwer, die Schrift zu entziffern, zweitens will ich diese alte Ausgabe (1922) nicht in meinem Rucksack mit in die Schule nehmen.


    Aber ich habe gleich am Anfang schon wieder eine Lieblingsstelle:



    Goethe schafft es einfach immer wieder, mich zu bezaubern. :herz:



    Ich befürchte ich werde den zweiten Teil zwar lesen, aber wohl kaum etwas verstehen und noch viel weniger dazu sagen können :sauer:


    Die Befürchtung habe ich auch irgendwie... Vielleicht sollte ich mir doch auch noch eine Lektürehilfe kaufen. In meiner Ausgabe gibt es nämlich überhaupt keine Erklärungen (und keine Versangaben).


    Aber wie schon gesagt: Allein der Sprache wegen lohnt es sich schon den Faust II zu lesen.


    Ich gehe jetzt mal wieder lesen und melde mich dann später wieder! :winken:


    Lg,
    Sookie

    :kaffee:

  • Hallo miteinander,


    ich habe jetzt den nächsten Abschnitt Weitläufiger Saal mit Nebengemächern gelesen - sogar zweimal. Und ich bin wirklich froh, eine kommentierte Ausgabe gekauft zu haben, denn ohne Erklärungen wäre ich nie dahintergekommen, was diese Szene zeigen soll. Und auch mit Kommentar bin ich mir nicht ganz sicher ... :rollen:



    Der zweite Teil muss als eine Reihe von Metaphern verstanden werden, deren Zusammenhang weniger durch die Faustgestalt als vielmehr durch bestimmte Grundvorstellungen zur Problematik der Moderne hergestellt wird... Die Personen fungieren als Träger von Ideen... Der Text setzt einen Leser von hohem Bildungsstand und großer Belesenheit voraus...


    Na dann ... :zwinker:


    Immer mehr interessiert mich, wie man Faust II auf die Bühne bringen kann - besonders bei dieser Szene! Da gibt es den Olivenzweig, den Ährenkranz und sonst noch andere Blumensträuße - da kann man sich doch als Regisseur richtig austoben.


    Aber jetzt zurück zum Text. Der Anfang ist ja noch gut verständlich, es treten verschiedene "Karnevalsfiguren" auf. Interessant ist, dass sich das Versmaß des Textes und das Reimschema mit den Figuren ändert - das verstärkt den jeweiligen Charakter und die Andersartigkeit. Von den Figuren haben mir die drei Parzen am besten gefallen, aber für die habe ich auch in anderen Geschichten immer eine Schwäche.


    Mit dem Auftritt von "Zoilo-Thersites" ändert sich aber die Atmosphäre, sie ist nicht mehr spielerisch, sondern wird düster und der Spaß scheint zu verfliegen. In meinem Kommentar steht, dass "Zoilo-Thersistes" Mephisto ist - die Zauberei würde ja passen. Der Herold kann einem in der Folge fast leid tun, er kämpft richtig darum, weiter Zeremonienmeister zu bleiben, aber es passieren so viele ungeklärte Dinge, dass er nur wenig Chancen hat. Und Plutus ist Faust - der ist wohl wieder in die alte Gesellschaft zurück gekehrt.



    Ich hatte für ihn gehofft, dass er vernünftiger geworden ist. Der Schock mit Gretchen und der Heilschlaf haben in mir das Gefühl erweckt, dass Faust endlich hinter Mephistos Trick und seine eigene Unzulänglichkeit gekommen ist. Mittlerweile bin ich mir da nicht mehr so sicher.
    Trotzdem empfand ich diesen Moment des Sonnenaufgangs als etwas besonderes, das Faust durchaus verändert haben könnte. Laut Anhang ist das wohl auch eine ganz besondere Szene: Die Sonne symbolisiert das Unendliche, sie blendet Faust. Er muss sich abwenden und sieht stattdessen die Natur und die Landschaft um ihn herum. Diese ist zwar nicht die Sonne selbst, wäre aber ohne Sonne nicht vorhanden (besonders der wunderschöne Regenbogen) und ist somit "ihr Abglanz in den irdischen Dingen". Der Abglanz des Göttlichen/Unendlichen befindet sich also auf der Erde.
    Anscheinend gibt es zu dem ganzen Thema eine ausgereifte Theorie (Goethes Farbenlehre), allerdings kenne ich mich da gar nicht aus. :sauer:
    Trotzdem ein tolles Bild, was Goethe da malt.


    Für mich steht die Mummenschanz-Szene im Widerspruch zum Anfang. Dort sieht es wirklich so aus, als wäre Faust geläutert, doch nachdem er hier wieder zusammen mit Mephisto aufkreuzt, war es wohl nur eine kurze Phase der Hoffnung (für mich).


    Am Wochenende habe ich mehr Lesezeit, da werde ich sicher noch ein paar Szenen lesen können.
    Bis dann!


    Grüße von Annabas :winken:

  • Hallo zusammen,


    nochmal zu "Anmutige Gegend":



    Die Sonne symbolisiert das Unendliche, sie blendet Faust. Er muss sich abwenden und sieht stattdessen die Natur und die Landschaft um ihn herum. Diese ist zwar nicht die Sonne selbst, wäre aber ohne Sonne nicht vorhanden (besonders der wunderschöne Regenbogen) und ist somit "ihr Abglanz in den irdischen Dingen". Der Abglanz des Göttlichen/Unendlichen befindet sich also auf der Erde.


    Eine schöne Deutung. Mit dieser Hilfe verstehe ich diese Stelle auch, die mir zuvor unklar war:
    Der spiegelt ab das menschliche Bestreben.
    Ihm sinne nach, und du begreifst genauer:
    Am farbigen Abglanz haben wir das Leben.

    Warum man das Leben begreifen soll, und nicht vielmehr die Natur (bzw. Naturgesetze), wenn man dem Regenbogen nachsinnt, war mir nämlich zunächst unverständlich. Aber der Regenbogen als Abglanz des Göttlichen - leuchtet mir ein.
    Denn:


    Anscheinend gibt es zu dem ganzen Thema eine ausgereifte Theorie (Goethes Farbenlehre),


    Mit seiner Farbenlehre war Goethe ja, wissenschaftlich gesehen, mächtig auf dem Holzweg. Ich denke, das muß man bei der Deutung dieser Textstelle unbedingt berücksichtigen: Goethe hatte eine völlig andere Sicht auf diese Dinge als wir heutzutage.




    In der Szene "Kaiserliche Pfalz/Saal des Thrones" nimmt Mephisto die Szelle des Narren ein, den er sehr wahrscheinlich zuvor höchstpersönlich beseitigt hat. Und dann verspricht er dem Kaiser eine Lösung für dessen (sehr aktuell anmutende :breitgrins:) ständige Finanznöte, mittels im Boden vergrabener Schätze. Das leuchtet dem Kaiser natürlich sofort ein.


    Durch "Weitläufiger Saal" habe ich mich regelrecht durchgequält. Besonders die erste Hälfte fand ich zwar schön gedichtet, aber so zusammenhanglos, daß so gut wie nichts bei mir hängengeblieben ist... Diese Szene scheint mir, ähnlich wie der Walpurgisnachtstraum im ersten Teil, gar keinen Zusammenhang zum Drama an sich zu haben.
    Etwas besser wurde es erst, als der Wagenlenker, Plutus und Geiz und Reichtum auftraten. Zwischen ihnen gab es wenigstens etwas wie eine Interaktion. Und am Ende wurde es regelrecht schelmenhaft, als das Kostüm des Kaisers abfackelte und alle anderen wohl dann auch... :breitgrins: das gefile mir dann besser. Zum Glück hat offenbar niemand Schaden genommen, sondern es war nur eine Art Blendwerk Mephistos.
    Daß am Ende (in der nächsten Szene) sich herausstellt, daß auch Faust an der Magie beteiligt war, hat mich überrascht.



    Der Text setzt einen Leser von hohem Bildungsstand und großer Belesenheit voraus...


    Aha... :smile:


    Die nächste Szene Lustgarten läßt sich verglichen mit der vorigen sehr flüssig lesen.
    Diese Szene bildet das Gegenstück zu Kaiserliche Pfalz (wodurch die Faschingsszene quasi eingerahmt wird): Die Finanzprobleme des Kaisers sind gelöst, genug Geld ist da. In der Freude darüber scheint er völlig blind zu werden, denn es liegt doch auf der Hand, daß hier etwas nicht ganz mit rechten Dingen zugeht: offenbar hat er sich in der Faschingsnacht von Mephisto dazu bringen lassen, Geld drucken zu lassen, bzw. Mephisto selbst hat das in seinem Namen angezettelt... ich meine, das führt sicher zu nichts Gutem, ein typischer Mephisto-Streich, und Faust macht natürlich wieder mit...
    Immerhin ist der vorige Hofnarr wieder da, nachdem Mephisto diese Sache beendet hat.


    Ich werde mir morgen ein Kommentarbuch aus der Stadtbibliothek besorgen, damit ich etwas tiefer einsteigen kann, denn ich merke, daß ich doch ziemlich "schwimme".



    Immer mehr interessiert mich, wie man Faust II auf die Bühne bringen kann - besonders bei dieser Szene! Da gibt es den Olivenzweig, den Ährenkranz und sonst noch andere Blumensträuße - da kann man sich doch als Regisseur richtig austoben.


    Ja, da kann man mittels Kostümen sicher ein schönes buntes Treiben erzeugen und auch ganz aktuelle Parallelen ziehen...
    Aber vielleicht werden solche Szenen dann auch gerne mal herausgekürzt??


    Viele Grüße, kaluma

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Mir geht es gerade ähnlich wie euch: ich habe nicht das Gefühl, dass ich wirklich begreife, was Goethe mit Faust II darstellen wollte. Ich verstehe zwar die oberflächliche Geschichte, aber bis in die tiefsten Tiefen dringe ich nicht vor.


    Trotzdem mach mir die Lektüre nach wie vor Spaß. Im Lustgarten entschuldigen sich Faust und Mephisto für ihre kleine Feuereinlage. Gleichzeitig wird bekannt, dass dank des Kaisers Unterschrift eine Menge Geld gedruckt wurde, welches jetzt an das Volk verteilt wird.


    Die Finanzprobleme des Kaisers sind gelöst, genug Geld ist da. In der Freude darüber scheint er völlig blind zu werden, denn es liegt doch auf der Hand, daß hier etwas nicht ganz mit rechten Dingen zugeht: offenbar hat er sich in der Faschingsnacht von Mephisto dazu bringen lassen, Geld drucken zu lassen, bzw. Mephisto selbst hat das in seinem Namen angezettelt... ich meine, das führt sicher zu nichts Gutem, ein typischer Mephisto-Streich, und Faust macht natürlich wieder mit...


    Jaja, da hat Mephisto wieder was angezettelt. Mir stellt sich nur die Frage, wozu? Einfach zum Spaß macht er eigentlich selten was, ich erwarte also, dass noch etwas passiert.
    Schade finde ich ja, dass Faust anscheinend wirklich nichts gelernt hat. Er handelt wieder zusammen mit Mephisto und denkt wahrscheinlich immer noch, dass er alles unter Kontrolle hat. Dabei ist es Mephisto, der den Weg vorgibt.


    In Finstere Galerie wird es ja richtig unheimlich. Faust steht hoch in der Gunst des Kaisers und soll ihm "Helena und Paris" bringen. Ob damit wirklich die zwei Gestalten aus der griechischen Mythologie gemeint sind oder einfach nur die schönsten Männer und Frauen? Vor allem, wie kommt der Kaiser denn jetzt auf so eine Idee?? Sein plötzlicher Reichtum scheint ihm gar nicht zu bekommen.
    Faust wendet sich wie so oft an Mephisto, der ihn ins Reich der Mütter schickt. Dort soll er einen Dreifuß klauen, um mit dessen Hilfe Paris und Helena herauf zu beschwören. Alles sehr mysteriös, wenn ihr mich fragt. Wer sind die Mütter? Anscheinend sind sie nicht ganz ungefährlich, Faust soll sich beeilen und unentdeckt bleiben. Und was hat es mit dem Dreifuß auf sich?

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  • So, ich habe mich auch mal wieder mit Faust beschäftigt...

    Weitläufiger Saal:

    Mir ist ein wenig beim Lesen der Spaß vergangen. Ich habe parallel meine Lektürhilfe mit sprachlichen und sachlichen Erläuterungen aufgeschlagen gehabt und eigentlich immer abwechselnd in beiden Büchern gelesen. Das habe ich doch als sehr anstrengend empfunden und verstanden habe ich wahrscheinlich noch nicht mal die Hälfte von dem, was sich Goethe dabei gedacht hatte. :sauer:
    Zunächst einmal eine Passage die ich lustig fand:

    Zitat von 5654-5659

    Doch als in allerneusten Jahren
    Das Weib nicht mehr gewohnt zu sparen
    Und wie ein jeder böser Zahler
    Weit mehr Begierde hat als Taler,
    Da bleibt dem Manne viel zu dulden,
    Wo er nur hinsieht, da sind Schulden.


    Jaja, die verschwenderischen Frauen scheinen auch ein zeitloses Thema zu sein :breitgrins:


    Interessant zu erfahren fand ich, dass Goethe mit diese Brandszene einen wirklichen Brand verarbeitet hat... Die ganze Szene entspricht den Schilderungen eines Brandes von 1394, bei dem der ähnlich gekleidete Karl VI. von Frankreich bei einem Maskenfest bald verbrannt wäre, sowie eines Saalbrandes im Palais Schwarzenberg zu Paris am 1. Juli 1810 anlässlich eines Ballfestes, bei dem dann einige riefen: "Gott! Der Kaiser ist gerettet!"


    Lustgarten:
    Diese Szene hat mir schon wesentlich besser gefallen, weil sie viel verständlich war. Ich habe mich beim Lesen gefragt, seit wann es denn Papiergeld gibt und ob Goethe da wieder etwas aus seiner Zeit eingebaut hat...
    Etwas verwundert bin ich auch über Mephistos und Fausts scheinbar so gutes Verhältnis. Das hätte ich einfach nicht erwartet nach Faust I. Ich gehe übrigens davon aus, dass Faust in Mephistos "Scherz" nicht eingeweiht ist, sondern auch wirklich glaubt mit dem Papiergeld eine Lösung gefunden zu haben. Wobei diese Dummheit/Naivität nun auch kein gutes Bild auf ihn wirft...


    Finstere Galerie:


    Faust steht hoch in der Gunst des Kaisers und soll ihm "Helena und Paris" bringen. Ob damit wirklich die zwei Gestalten aus der griechischen Mythologie gemeint sind oder einfach nur die schönsten Männer und Frauen? Vor allem, wie kommt der Kaiser denn jetzt auf so eine Idee?? Sein plötzlicher Reichtum scheint ihm gar nicht zu bekommen.


    Ich bin schon davon ausgegangen, dass es um die beiden Gestalten aus der griechischen Mythologie handelt. Deshalb hat Mephisto ja auch solche Probleme die beiden zu holen. Aber warum der Kaiser nun diese beiden Figuren bei sich haben möchte, das verstehe ich auch absolut gar nicht. Welcher vernünftige Mensch wünscht sich Sagengestalten herbei und geht auch noch davon aus, dass es funktionieren kann. Das verwirrt mich!
    Außerdem wüsste ich gerne, wer die "Mütter" sind. Das habe ich nämlich auch nicht verstanden!

    Einmal editiert, zuletzt von foenig ()

  • Hallo miteinander,


    so, den ersten Akt konnte ich beenden - und es ist kein Vergleich mit Faust I. Während sich dort viele unterschiedliche Szenen abwechselten, spielt hier alles im höfischen Bereich und die Szenen unterscheiden sich nur durch die Räumlichkeiten. Alles wirkt künstlicher, weniger lebendig, ein bisschen statisch.


    Im Lustgarten erfahren wir, wie die verschiedenen Personen mit der Geldfülle umgehen - Essen, Trinken, Geschenke für die Liebsten, Würfelspiel und nur ein einziger denkt daran, seine Schulden zu bezahlen. Die Stimmung ist gut, fast übermütig.

    Zitat

    Heut abend wieg' ich mich im Grundbesitz!

    :breitgrins:



    Etwas verwundert bin ich auch über Mephistos und Fausts scheinbar so gutes Verhältnis. Das hätte ich einfach nicht erwartet nach Faust I.


    Mondy hat etwas Ähnliches geschrieben und mir geht es genauso. Der Heilschlaf scheint nicht nur Heilung, sondern auch Vergessen gebracht zu haben. Faust ist hier im zweiten Teil auch viel mehr an den Zaubereien beteiligt. Im ersten Teil war er mehr Zuschauer, aber hier scheint er auch zum Anstifter zu werden. Das ist ein kompletter Rollenwechsel.


    In der Finsteren Galerie ist genau das der Fall - Faust verspricht dem Kaiser, Helena und Paris zu bringen, und Mephisto soll es möglich machen.



    Wer sind die Mütter? Anscheinend sind sie nicht ganz ungefährlich, Faust soll sich beeilen und unentdeckt bleiben. Und was hat es mit dem Dreifuß auf sich?


    Das frage ich mich auch. Und was ist mit diesem Schlüssel?


    In den Hell erleuchteten Sälen wird Mephisto zum Wunderheiler, das sind einige witzige Verse - er heilt Sommersprossen, einen erfrorenen Fuß und auch gekränkte Liebe. Mephisto selbst hat sich von Faust I zu II nicht im Geringsten verändert. :breitgrins:


    Im Rittersaal herrscht wieder Mephistos Zauberei vor - er "diktiert" dem Astrologen wieder seine Visionen, in denen er beschreibt, wie Faust Paris und Helena herbeiholt. Ich finde das etwas merkwürdig - wozu der dreibeinige Kessel, den Faust mit dem Schlüssel berührt? Soll das ein Symbol sein und wenn ja, für was?
    Und auch den Schluss verstehe ich nicht ganz - Faust bringt die Geister von Paris und Helena zum Verschwinden, aber was bezweckt er damit? In meinem Kommentar steht, dass Faust versucht hat, beide durch die Berührung festzuhalten, was ihm aber nicht gelingt. Ich weiß noch nicht, was ich davon halten soll.


    Der zweite Teil ist jedenfalls wesentlich schwieriger zu lesen als der erste, da ich bisher noch keine so richtige Handlung finden konnte, was mir beim Lesen und Verstehen helfen würde. Mag sein, dass hier mehr Bilder und Symbole gezeigt werden, die der Leser - oder eigentlich der Zuschauer - selbst deuten muss. Vielleicht wäre es wirklich einfacher, wenn man das Stück auf der Bühne sieht, als es "nur" zu lesen?


    Aber ich bleib dran.


    Grüße von Annabas :winken:

  • Finstere Galerie:


    Das frage ich mich auch. Und was ist mit diesem Schlüssel?


    Ich habe den Schlüssel als Zauberschlüssel verstanden, der mit dem Dreifuss zusammen ein "Portal" öffnet, damit Faust wieder nach oben gelangen kann. Ich habe auch überlegt, ob Faust mit Hilfe von diesem Schlüssel Magie erhält um Helena und Paris zu beschwören. Aber das sind nur wage Vermutungen von mir, so wirklich verstanden habe ich es auch nicht. Ich gehe davon aus, dass Faust noch irgendwas mit Hilfe des Schlüssels machen muss, damit Helena und Paris wirklich mitkommen...


    Hell erleuchteten Sälen:
    Mittlerweile macht mir Faust II wieder richtig Spaß, nachdem ich durch die lange Szene "Weitläufigen Saal" etwas gefrustet war...
    Diese Szene war leicht zu verstehen. Ich glaube nicht, dass man allzu viel hineininterpretieren kann. Goethe möchte wohl nur auf lustige Weise zeigen, mit welchen banalen Problemen sich die Leute am Hof beschäftigen.
    Goethe scheint übrigens kein Anhänger der Homöopathie zu sein! Laut meiner Lektürhilfe verspottet er diese nämlich mit den Worten "Zu Gleichem Gleiches" (V. 6336). Der Arzt Hahnemann, der Begründer der Homöopathie hat 1810 den Grundsatz "Ähnliches soll durch Ähnliches geheilt werden" aufgestellt.

    Rittersaal:

    Die Geschehnisse des Rittersaals finde ich wieder ein wenig verwirrend. Die Erscheinung der "Geister" von Helena und Paris wird als ganz selbstverständlich hingenommen, als ob so etwas öfter passiert. Für mich war es schon schwieriger dies als normale Tatsache hinzunehmen.


    Und auch den Schluss verstehe ich nicht ganz - Faust bringt die Geister von Paris und Helena zum Verschwinden, aber was bezweckt er damit? In meinem Kommentar steht, dass Faust versucht hat, beide durch die Berührung festzuhalten, was ihm aber nicht gelingt. Ich weiß noch nicht, was ich davon halten soll.


    Ich habe es auch so verstanden, dass Faust sie nicht verschwinden lassen wollte, sondern Helena für sich beansprucht hat und nicht wollte, dass Paris sie bekommt. Da das ganze aber nur ein Zauber war und nicht real, hat er wohl mit seiner realen Geste die ganze Szene unabsichtlich beendet.

    Einmal editiert, zuletzt von foenig ()

  • Über hell erleuchtete Säle habe ich mich richtig gefreut. Schön leicht zu lesen und obendrein noch lustig. Anscheinend gab es schon immer Leute, die andere mit ihren Problemchen genervt haben. Sehr witzig fand ich ja die Frau mit den Sommersprossen ... dieses "Problem", das man seine Sommersprossen nicht mag, gibt es ja bis heute.



    Goethe scheint übrigens kein Anhänger der Homöopathie zu sein! Laut meiner Lektürhilfe verspottet er diese nämlich mit den Worten "Zu Gleichem Gleiches" (V. 6336). Der Arzt Hahnemann, der Begründer der Homöopathie hat 1810 den Grundsatz "Ähnliches soll durch Ähnliches geheilt werden" aufgestellt.


    Die Interpretation klingt ja interessant. Aber manchmal frage ich mich trotzdem, ob nicht zu viel interpretiert wird (nicht unbedingt an dieser Stelle, hier scheints ganz plausibel).
    Für mich auf jeden Fall eine entspannte und lustige Szene.


    Der Rittersaal war schon wieder ein bisschen schwieriger. Faust beschwört mit Hilfe von Schlüssel und Kessel Paris und Helena hervor. Ich war ja ein bisschen enttäuscht von den Müttern ... da passiert ja gar nichts. Warum wurde dann darum so ein großes Tratra gemacht?
    Was es jetzt genau mit dem Schlüssel und dem Kessel auf sich hat, weiß ich auch nicht. Vielleicht kann uns ja eine Lektürenhilfe aufklären? Ich dachte bei dem Kessel irgendwie an eine Art Hexenkessel, der die Macht hat, Zauber zu vollbringen. Und der Schlüssel aktiviert ihn quasi. Ein Schlüssel öffnet Dinge bzw. bringt etwas in Gang, so in der Art.
    Auf jeden Fall kommen Paris und Helena zum Vorschein, allerdings, so wie ich das verstanden habe, nur als Geistererscheinungen. Witzig fand ich die Bemerkungen des Hofes ... die Frauen bewundern Paris und sind eifersüchtig auf Helena, bei den Männern ist es genau umgekehrt. Auch daran hat sich bis heute nicht viel geändert. :breitgrins:
    Auch Faust erliegt der Schönheit Helenas und will sie für sich beanspruchen (V.6557).
    Ich rette sie, und sie ist doppelt mein.
    Gewagt! Ihr Mütter! Mütter! müssts gewähren!
    Wer sie erkannt, der darf sie nicht entbehren.
    Er ist völlig kopflos und erkennt den Unterschied zwischen Sein und Schein nicht mehr (irgendwie passiert ihm das öfter, oder?). Doch mit seiner Berührung bzw. mit der des Schlüssels löst er alles auf. Der Schlüssel kann also nicht nur öffnen, sondern auch wieder verschließen.

    Zweiter Akt
    Hoch gewölbtes enges gotisches Zimmer
    Hey, ich hätte ja nicht gedacht, dass die beiden noch einmal in Faustens ehemaliges Domizil zurückkehren. Ehrlich gesagt dachte ich, dass sie am Ende des ersten Bandes geflohen sind. Naja, Faust ist auf jeden Fall erstmal ausgeschaltet und Mephisto schaut sich um. Er entdeckt so einiges Vertrautes, schließlich auch etwas, auf das ich getrost hätte verzichten können: Wagner.
    Den mochte ich schon im ersten Teil nicht, er war total überheblich und in der verstrichenen Zeit ist es nicht besser geworden. Ganz im Gegenteil: er blickt auf Faust herab und gewährt ihnen nicht einmal Unterkunft (V. 6773).
    Anmaßlich find ich, dass zur schlechtsten Frist
    Man etwas sein will, wo man nichts mehr ist.
    An der Stelle dachte ich mir schon, der hat doch nicht mehr alle. Aber es kommt noch besser:
    So ist er schon so gut wie tot.
    Am besten wärs, euch zeitig totzuschlagen.
    Wagner war ja schon immer überheblich, aber jetzt ist er auch noch gehässig. Aber Mephisto scheint sich ja schon eine Überraschung für ihn überlegt zu haben.
    Am Schluss der Szene wendet sich Mephisto sogar direkt ans Publikum, insbesondere an die Kinder und sagt meiner Meinung nach etwas sehr Weises:
    Bedenkt: der Teufel, der ist alt,
    So werdet alt, ihn zu verstehen!


    Übrigens finde ich diese Wortspiele, in denen der Teufel vorkommt, klasse. Irgendjemand sagt etwas über den Teufel und Mephisto antwortet (für uns) so schön zweideutig. Diese Figur bringt einfach am meisten Witz in das Stück mit ein. Und ich seh immer Gustav Gründgens vor meinem inneren Auge. Der war echt die passende Besetzung.

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

  • Hallo miteinander,


    inzwischen habe ich zwei weitere Szenen lesen können.


    Im Hochgewölbten engen gotischen Zimmer stehen wir in Fausts alter Studierstube - ich hätte nach dem ersten Akt nicht gedacht, dass wir tatsächlich noch einmal hier stehen würden. Aber Faust scheint das zu verschlafen. :breitgrins:
    Offenbar gab es auch zu Goethes Zeiten "ewige Studenten" - der Famulus ist so ein Exemplar und Mephisto verspottet ihn auch gleich.


    Und im Laboratorium treffen wir auf einen Bekannten: Wagner, der inzwischen ein Alchimist geworden ist und wie sein späterer Nachahmer Dr. Frankenstein einen Menschen erschaffen will. Allerdings nicht wie dieser in einer Maschine, sondern in einer Glasphiole. Und Faust verschläft auch das. :rollen:


    Man bricht nach Griechenland auf - zu einer klassischen Walpurgisnacht, die ich aber heute nicht mehr lese.
    Die Walpurgisnachtfeier kann ich aber beim besten Willen nicht mit Griechenland in Verbindung bringen, das ist für mich ein keltisch-germanisches Fest. Hatten die Griechen ein ähnliches Fest? Da muss ich mich direkt mal schlau machen.


    Ich muss sagen: ohne Mephisto wäre diese Lektüre sehr fad.


    Bis später!
    Annabas :winken:


  • Ich habe es auch so verstanden, dass Faust sie nicht verschwinden lassen wollte, sondern Helena für sich beansprucht hat und nicht wollte, dass Paris sie bekommt. Da das ganze aber nur ein Zauber war und nicht real, hat er wohl mit seiner realen Geste die ganze Szene unabsichtlich beendet.


    Das klingt für mich logisch. :pling:



    Der Schüler braucht seinen Meister nicht mehr ... In Wagners Augen hat er Faust inzwischen überflügelt, denn sein Menschenexperiment ist gelungen. Offenbar hat Wagner die Stelle bei Faust als Karrieresprungbrett benutzt, mit Erfolg sogar. Und da Faust sich von der "reinen Wissenschaft" abgewendet hat, ist es für Wagner ein Grund, ihn zu verachten - wobei ich im ersten Teil schon den Eindruck hatte, dass Wagner zwar herumschleimt, aber sich insgeheim für was Besseres hält als Faust.


    Grüße von Annabas :winken:


  • Der Schüler braucht seinen Meister nicht mehr ... In Wagners Augen hat er Faust inzwischen überflügelt, denn sein Menschenexperiment ist gelungen. Offenbar hat Wagner die Stelle bei Faust als Karrieresprungbrett benutzt, mit Erfolg sogar. Und da Faust sich von der "reinen Wissenschaft" abgewendet hat, ist es für Wagner ein Grund, ihn zu verachten - wobei ich im ersten Teil schon den Eindruck hatte, dass Wagner zwar herumschleimt, aber sich insgeheim für was Besseres hält als Faust.


    Ja, das macht ihn aber nicht unbedingt sympathischer. Die Szene Laboratorium habe ich mittlerweile auch gelesen. Aber ich glaube, die Hälfte habe ich nicht verstanden. Es wird viel geredet, aber wenig erschien mir wirklich wichtig.
    Der Homunculus, ein von Wagner erschaffenes Wesen, scheint in Faust etwas zu erkennen, was Mephisto auf Grund seines Wesens nicht erkennen kann. Er schlägt vor, auf eine klassische Walpurgisnacht zu gehen. Mephisto kommt natürlich mit, schließlich gibt es dort thessalische Hexen. :zwinker:
    Sollen die vielen freizügigen Frauen Faust von Helenas Zauber befreien? Und was hat es mit Asmodeus, dem Teufel der Antike, auf sich? Alles sehr spannend, aber uch ziemlich wirr.

    "Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne." (Jean Paul)

  • Hallo,


    ich habe es endlich geschafft, den ersten Akt zuende zu lesen.


    Ich muß mich bei euch entschuldigen. Aber ich konnte in den letzten zwei Wochen die nötige Konzentration einfach nicht aufbringen - ich war doch ziemlich krank, dazu hatten wir Besuch, viele familiäre Termine und es gab auch noch ein Buch, was ich unbedingt bis heute zuende lesen mußte, weil es in die Bücherei zurückmuß.


    Finstere Galerie war ein wenig rätselhaft, mystisch-gruslig.
    Beim Wort "Mütter" schaudert es Faust, vielleicht wegen Gretchen? Oder was kann er sonst gegen Mütter haben??
    Ich habe die Mütter spontan als heidnische oder archaische Gottheiten (aus der Frühgeschichte, dem Matriarchat) aufgefaßt. Mit dem Schlüssel (=Bildung) und mit ihrer Hilfe holt Faust Paris und Helena (=Sagengestalten) aus der Unterwelt (=aus der Geschichte). Paris und Helena könnte man als zeitlose Prinzipien, als dauerhafte menschliche Ideale sehen - im Kommentar habe ich gelesen, daß sie für die Schönheit stehen.


    Überhaupt werden in meinem Kommentarbuch über mehrere Seiten hinweg -zig Deutungen dieser Szene von verschiedenen Kommentatoren aufgeführt - philosophische Interpretationen zuhauf, die mich zunächst mal leicht verwirrt haben, zumal wenn von Begriffen wie "Entelechien" die Rede ist, die ich dann erstmal nachschlagen mußte. :spinnen:


    Aufgefallen ist mir folgende Stelle, in der Faust sich bei Mephisto beschwert: (V. 6233-6238)
    Sprach ich´s vernünftig, wie ichs angeschaut,
    Erklang der Widerspruch gedoppelt laut;
    Mußt ich sogar vor widerwärtigen Streichen
    Zur Einsamkeit, zur Wildernis entweichen
    Und, um nicht ganz versäumt, allein zu leben,
    Mich doch zuletzt dem Teufel übergeben.

    Der Aspekt, daß Faust sich dem Teufel übergeben hat, weil er von seiner Umgebung unverstanden war und einsam lebte, ist mir neu. Meines Erachtens waren seine Gründe für den Pakt (in Faust 1) eher selbstbezogener Natur: Verzweiflung, weil er in seinem Erkenntnisdrang nicht weiterkam und Neues ausprobieren wollte...


    In den Hell erleuchteten Sälen wußte ich nicht genau, ob all die Hofdamen und -herren, die mit ihren Wehwehchen zu Mephisto kommen, nun von ihm veräppelt werden oder ob wirklich alle einschließlich Mephisto daran glauben, daß seine Mittel helfen... :zwinker:


    Diese Szene bildet von ihrer sprachlichen Leichtigkeit einen Kontrast zu Finstere Galerie, und auch von den Beleuchtungsverhältnissen her: finster - hell erleuchtet - und dann kommt der dämmrige Rittersaal.



    Goethe scheint übrigens kein Anhänger der Homöopathie zu sein! Laut meiner Lektürhilfe verspottet er diese nämlich mit den Worten "Zu Gleichem Gleiches" (V. 6336). Der Arzt Hahnemann, der Begründer der Homöopathie hat 1810 den Grundsatz "Ähnliches soll durch Ähnliches geheilt werden" aufgestellt.


    Darauf wäre ich ohne diesen Hinweis nicht gekommen. Wenn man die Textstelle mit diesem Wissen noch einmal liest, scheint es sehr einleuchtend.
    Wobei Hahnemanns Ansatz für die damalige Zeit aber, so als Hypothese, eigentlich gar nicht so dumm war... daß Medizin so nicht funktioniert, wissen wir ja erst heute.


    Im Rittersaal erscheinen dann Paris und Helena, und wie es scheint, werden sie nicht nur bewundert, sondern es haben etliche der Hofleute so einiges an ihnen (die doch Idealbilder sein sollten) auszusetzen... :breitgrins:
    Und Faust geht sich hier selber auf den Leim, so habe ich das verstanden, und verliebt sich in Helena, als wäre sie real... und da sie das nicht ist, sondern nur eine Traumgestalt/ein Trugbild, gibt es diese Explosion, als er nach ihr greift.


    Viele Grüße
    kaluma

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

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  • Noch einmal zurück zu den vorherigen Szenen, es gibt noch zwei Dinge, die mir immer noch im Kopf herumgehen und mich grübeln lassen:


    - Warum fängt der Kaiser in Lustgarten eigentlich nicht an, die Bodenschätze zu heben, auf die Mephisto ihn hingewiesen hat - und läßt stattdessen dieses Papiergeld drucken? Vom Graben nach Schätzen ist gar keine Rede mehr. Soll das bedeuten, daß die Herrschenden sich viel lieber amüsieren und blenden lassen, als ernsthafter Arbeit nachzugehen?


    - In Weitläufiger Saal tritt die Klugheit auf, und sagt: (V. 5441-5444)
    Zwei der größten Menschenfeinde,
    Furcht und Hoffnung, angekettet,
    Halt ich ab von der Gemeinde;
    Platz gemacht! ihr seid gerettet.


    Warum ist die Hoffnung ein Menschenfeind? Kann das jemand von euch erklären?

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.