Max Goldt - QQ

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 1.561 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von MacOss.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Max Goldt (geb. 1958)[br]QQ[br]Erstveröffentlichung: 2007[br]Verlag: Rowohlt[br]Taschenbuch[br]156 Seiten


    Es wird Zeit, dass ich hier endlich mal eine Lanze breche für einen der humorvollsten und sprachbegabtesten deutschen Autoren, die ich kenne: Max Goldt. Es darf nicht sein, dass er hier eine seiner Bedeutung völlig unangemessene Resonanz findet. :zwinker: Dabei bin ich mir sicher, dass er viele Freunde und - wie ich aus Gründen der Gendergerechtigkeit ja heutzutage wohl hinzufügen muss - Freundinnen hier finden dürfte.


    Wer mit seinem Namen erst mal nichts anfangen kann: Max Goldt war (und ist m.W. immer noch) eine Hälfte des Musikduos Foyer des Arts, das uns so unvergessliche Perlen der Popmusik geschenkt hat wie "Wissenswertes über Erlangen", "Eine Königin mit Rädern unten dran", "Schimmliges Brot" oder "Ein Haus aus den Knochen von Cary Grant". Darüber hinaus ist Max Goldt schon seit vielen Jahren als Autor, Essayist und Kolumnenschreiber tätig (u.a. für die Titanic) und bildet seit ein paar Jahren zusammen mit dem Zeichner Stephan Katz das Duo Katz und Goldt, das für viele tolle Cartoons und Comics verantwortlich zeichnet.


    In dem Band QQ sind 21 Texte versammelt, die Max Goldt in den Jahren 2005 und 2006 erstmals in der Titanic veröffentlicht und für die Buchfassung zum Teil überarbeitet und aktualisiert hat.


    Die Themen, denen sich Goldt widmet, sind aus dem prallen Leben gegriffen. So gibt es Beiträge u.a. zu vermeintlich junggebliebenen Müttern, die von ihren besorgten Töchtern dazu bewogen werden müssen, sich ihrer in falsch verstandener Jugendlichkeit an den Rucksack gehängten Miniteddybären zu entledigen, denn wie sagt Max Goldt so richtig: "Erziehung darf keine Einbahnstraße sein".


    Er berichtet davon, wie er mit Anfang, Mitte zwanzig durch das Schwarzlackieren seiner Fingernägel und die Benutzung eines Kajal-Stiftes auffallen wollte, leider deswegen auch zweimal verprügelt wurde, sich aber damals weder als Punk noch als Tunte, sondern als industrial-polymorph-darkwave-neobohemien-transurban-synthetisch (sic!) empfand.


    Max Goldt ist stets auf die Verwendung eleganter und treffender Formulierungen bedacht, prangert hässliche Sätze an und kürt schöne Wörter:


    "Es gibt ein neues, ganz besonders schönes Wort. Es lebt in jeder Stadt, wenngleich noch nicht in jedem Dorf. Jede Frau und jeder Mann kennen es, sieht man von denen ab, die angenagt vom Alter sind, und jenen, die sich der Teilnahme am technischen Hier und Jetzt als Höhlenmönch oder Waldfee verweigern. Das Wort dürfte kaum älter als drei oder vier Jahre sein, und es werden vielleicht keine zehn Jahre verstreichen, bis es wieder weg ist. Es vibriert vor Zeitkolorit, und zwar, was bei Zeitkolorit ungewöhnlich ist, ganz und gar heutigem. Ich spreche vom Wort 'Rohlingsspindel'."


    Wunderschön auch seine Betrachtungen in Sachen Duftwasserbenutzung in Verbindung mit dem Seelenzustand verstorbener Filmschauspielerinnen:


    "Um einige Parfums wird ein sonderbares Gehabe veranstaltet. Beflügelt durch eine Aussage Marilyn Monroes, sie trage im Schlafzimmer nichts als einen Tropfen Chanel Nr. 5, wurde diese Essenzmischung allenthalben zu einem Mythos oder gar Mysterium erklärt. Da ich nie wußte, wie Chanel Nr.5 genau riecht, habe ich schließlich in einer Parfümerie an einem entsprechenden Flakon geschnuppert. 'Ach du Schreck!' rief ich aus, 'das riecht ja so, wie wenn im Flugzeug eine alte Frau neben einem sitzt!' Kein Wunder, daß Marilyn Monroe von Überempfindlichkeit und Gemütstrübungen heimgesucht wurde, wenn sie als schöne junge Frau in ihrem eigenen Bett wie eine fliegende Oma roch."


    Er kümmert sich liebevoll und interessiert um neue und zeitgeisttypische Worte wie "Prekariat" und "Prokrastination", um gesellschaftliche Jugendphänomene wie den "Visual Kei", erinnert sich an unvergesslichen Tomaten- und Schrippengenuss im Ost-Berlin des Jahres 1987 und berichtet schließlich von dem Dilemma, in dem sich jemand befindet, der gerade dabei ist, 40 Tropfen Hustensaft abzuzählen und auf einen Löffel zu träufeln, und das Telefon beginnt zu klingeln...


    Ich bin ja schon seit vielen Jahren ein großer Anhänger von Max Goldt, und ich kann jedem, der ihn noch nicht kennt oder aus welchen Gründen auch immer noch nichts von ihm gelesen hat, nur empfehlen, sich eine seiner zahlreichen Textsammlungen zu kaufen. Bei Interesse gibt es Buchempfehlungen bei mir. :zwinker:


    Abgesehen von der schieren sprachlichen Schönheit und dem großartigen geistvollen Gehalt (man beachte meine Alliterationen :breitgrins:) haben diese kurzen, meist nur sechs bis acht Seiten langen Texte wegen ihrer Kürze auch einen praktischen Nutzen: Sie eignen sich wunderbar als U-Bahn-, Klo- oder auch Fönlektüre für zwischendurch. :zwinker:


    Von mir gibt's - völlig kritiklos, wie ich bei Max Goldt nunmal bin -:
    5ratten

  • Wie kommst Du nur auf die Idee, dass Menschen beim Fönen lesen könnten? :breitgrins:


    Hört sich an, als wäre das was für mich. Die fliegende Oma find ich genial :totlach:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen