Natascha Kampusch - 3069 Tage

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  • Trotzdem irgendwie blieb sie mir unsympathisch - dafür kann sie natürlich erstmal nichts, aber ich denke sie hat einfach auch den Umgang mit anderen Menschen verlernt.


    Ich habe Natascha Kampusch nur einmal kurz im Fernsehen erlebt, aber mein Eindruck und auch meine mögliche Erklärung decken sich mit deiner.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.


  • Wenn Dicksein mit Unglücklichsein gleichgesetzt wird, kann man dann daraus schließen, dass sie immer noch unglücklich ist?


    Nein. In der Kindheit gelernte Muster können dann nicht mehr abgelegt werden. Ob sie unglücklicher ist als jeder normale Mensch (wer ist schon immer glücklich) lässt sich also daraus nicht ableiten.


    Gruß, Thomas

  • In der Kindheit gelernte Muster können dann nicht mehr abgelegt werden.


    Ich denke schon, dass man solche Muster ablegen kann. Sicher ist es nicht leicht, aber wenn man sich bewußt macht, dass man solchen Mustern folgt und sie unter Umständen nicht gut für einen sind, kann man das durchaus. Leicht ist es natürlich nicht, aber ich bin der Meinung dass man es erreichen kann, wenn der Wille dazu da ist.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.


  • Zumal in der Verflilmung Szenen zu sehen sind, die darauf schließen lassen, dass sie eine romantische Beziehung zu ihrem Entführer hatte und das hat sie immer bestritten.



    Katrin


    Nun ja, der Entführer war in den ganzen Jahren fast ihr einziger Kontakt.
    Ich vermute mal, Stockholmsyndrom hin oder her, dass ein Kind (und vielleicht sogar ein Erwachsener, wenn er keine Hoffnung mehr auf ein Ende der Gefangenschaft hat?) sich dann einfach hin und wieder etwas menschliche Wärme holen will/ muss, unabhängig davon, was es von dem dafür zur Verfügung stehenden Menschen hält.
    Missbrauchte Kinder oder misshandelte Kinder oder Kinder, die von ihren Eltern psychisch gequält werden kuscheln auch meist mit den Eltern, wenn sich eine Gelegenheit dafür ergibt.
    Einfach, weil sich sonst gar keine Gelegenheit dafür ergibt.


    Es gibt bspw. so eine Szene in Amy Chuas Buch ("Die Mutter des Erfolgs"). Da hat sie ihre Tochter gerade stundenlang gezwungen, ein Kalvierstück zu üben, es gab Tränen, die Tochter bekam nichts zu trinken und durfte nicht auf Toilette, bis sie das Stück perfekt spielen konnte. Die Tochter war ca. 6 Jahre alt und musste dafür stundenlang bis spät nachts am Klavier sitzen, obwohl das Stück eigentlich noch zu schwierig für sie war.
    Nach der ganzen Tortur endete der Abend damit, dass die Tochter zur Mutter ins Bett kam, mit ihr scherzte und kuschelte.
    Als Leser fragt man sich: "WTF?!"


    Das Kind hatte wohl aber keine andere Chance, die Mutter konnte es nicht wechseln und egal, was es getan hätte, der Situation wäre es nicht entkommen, es wäre nur schlimmer geworden, also wurde danach schnell alles vergessen und bei der Peinigerin Trost gesucht,
    Vermutlich läuft es mit Entführungsopfern wie N.K. ähnlich, nur dass hier die Qualen viel intensiver sind.
    Die Situation ist aber die gleiche: Der Peiniger ist der einzige Mensch, von dem man auch Wärme und "Zuneigung" erfahren kann.
    Mangels Alternative holt man sich die evtl. irgendwann dort, v.a. wenn man als Kind in die Situation kam.

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

  • Nachdem ich jahrelang um das Buch herumgeschlichen bin, habe ich es nun doch gelesen. Vor allem am Anfang fühlte es sich fast wie ein Re-read an - so viel habe ich im Laufe der Zeit über Natascha Kampusch gelesen und gehört. Vieles davon war sehr kritisch (Wie kann sie sich nur so inszenieren?), was sich auch in der Diskussion hier im Thread widerspiegelt. Jetzt wo ich das Buch gelesen habe, muss ich aber sagen, dass ich ihre Gedankengänge und Handlungen während der Gefangenschaft nachvollziehen kann. Ich würde zwar behaupten, dass ich einiges anders gemacht hätte und dass sie auch einige Fluchtmöglichkeiten ungenutzt hat verstreichen lassen - aber wer von uns kann sich schon in ein Kind (!) hineinversetzen, dem über Jahre so etwas angetan wurde und das vom Täter komplett abhängig war? Man lernt im Buch natürlich nur ihre Sichtweise kennen, aber ich glaube, am Ende ist das die einzig relevante. Ob nun Stockholm-Syndrom oder nicht: Natascha Kampusch war das Opfer. Und wenn sie nun die Möglichkeit hat, aus der Geschichte durch ihre Aufarbeitung noch etwas Profit zu schlagen, dann sei es ihr gegönnt.

    Ich kann keine Bewertung zu dem Buch abgeben, weil es so persönlich ist und sich nicht auf ein paar Ratten reduzieren lässt. Das Nachfolgebuch werde ich aber bald lesen, weil ich wissen möchte, wie es für Natascha Kampusch auch neben dem öffentlichen Interesse weiterging.

  • Valentine

    Hat den Titel des Themas von „Natascha Kampusch -- 3069 Tage“ zu „Natascha Kampusch - 3069 Tage“ geändert.