Natascha Kampusch - 3069 Tage

Es gibt 44 Antworten in diesem Thema, welches 21.143 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Zank.

  • Mir gings hier auch nicht darum, jemanden zu kritisieren; dann hätte ich das ganz anders formuliert.


    Ja, das weiß ich jetzt! :breitgrins: Nichts für ungut.

    Tread lightly, love deeply and live joyfully, for we are stalked by time and shadows. (A. J. Dalton)


  • Ich kann ja nicht so ganz verstehen, was das Motiv ist, so ein Buch zu veröffentlichen


    Sie wollte ihre Geschichte so erzählen, wie sie wirklich war. Wenn man bedenkt, was schon hier in Deutschland alles Schlimme über sie in Umlauf war, dann halte ich das für einen nachvollziehbaren Schritt, für den sie meinen Respekt hat.


    Zitat

    Und vielleicht könnt ihr mir ja beantworten, was der Grund ist, so ein Buch zu lesen.


    Für mich gab es zwei Gründe: Neugier auf die wahre Geschichte (im Gegensatz zu dem, was man seit 2006 so durch die Medien gehört hat...) und wenigstens eine kleine Unterstützung für Kampusch.

  • Sie wollte ihre Geschichte so erzählen, wie sie wirklich war. Wenn man bedenkt, was schon hier in Deutschland alles Schlimme über sie in Umlauf war, dann halte ich das für einen nachvollziehbaren Schritt, für den sie meinen Respekt hat.


    Frau Kampusch wollte mit diesem Buch ein paar Dinge klarstellen. Ich finde, das ist ihr gelungen.
    Sie fügt sich nicht in die klassische Opferrolle, das scheinen ihr manche Leute übel zu nehmen.



    Und vielleicht könnt ihr mir ja beantworten, was der Grund ist, so ein Buch zu lesen.


    Zum Teil Recherche. Ich schreibe zur Zeit eine Geschichte über einen ähnlichen Fall und wollte wissen, wie sich so eine Gefangenschaft psychologisch auf ein Opfer auswirkt. Die Alternative wären psychologische Fachbücher gewesen. Da finde ich doch Frau Kampuschs Buch leichter zu lesen und zu verstehen.
    Zum anderen Teil Neugier. Verklagt mich doch.


    Ich fand das Buch beeindruckend. Frau Kampusch erzählt in schlichten Worten von den acht Jahren im Kellerverlies, das kleiner war als mein Badezimmer. Ich kann mir das, was das Kind Natascha durchgemacht hat, nicht einmal ansatzweise vorstellen. Das kann wohl niemand, dem das nicht selbst widerfahren ist. Nach ihrer Selbstbefreiung hat sie die Jahre, die hinter ihr liegen, analysiert und zu verarbeiten versucht. Frau Kampusch ist eine sehr starke Frau, eine schwache Person hätte das alles wohl kaum überlebt, und wenn doch, dann hätte sich ihr Verstand irgendwann abgeschaltet.


    Zum Thema Medienpräsenz kann ich nicht viel sagen, ich lebe ich Deutschland und habe die "Nebenwirkungen" des Falles nur am Rande mitbekommen. Aber dass Frau Kampusch die Öffentlichkeit sucht (oder wird sie hineingedrängt?), ist völlig verständlich. Sie empfand sich in den Jahren bei Priklopil zunehmend als unsichtbar. Jetzt braucht sie natürlich die Bestätigung, dass sie wirklich überlebt hat und sichtbar ist. Ich bin nicht vom Fach, aber ich denke, das ist eine normale menschliche Reaktion.


    Der Fall weist Ähnlichkeiten mit der Entführung von Colleen Stan auf. Auch deren Geschichte ist erschreckend.


    ***
    Aeria

  • Hallo!


    Der Fall weist Ähnlichkeiten mit der Entführung von Colleen Stan auf. Auch deren Geschichte ist erschreckend.


    Die Geschichte habe ich mir gerade durchgelesen :entsetzt: Eigentlich ist das Ganze kaum vorstellbar, gerade weil sie immer wieder Möglichkeiten zur Flucht hatte. Aber da sieht man sehr gut, wie klein man einen Menschen machen kann so dass er keinen Mut mehr hat.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Fluchtmöglichkeiten sind eine Sache, aber wenn die Kraft dazu fehlt, dann lässt man diese verstreichen. Die lähmende Todesangst der Entführungsopfer und die Gehirnwäsche kann niemand nachvollziehen, der sie nicht selbst erlebt hat. Diesen Faktor darf man nicht unterschätzen.


    Zum Fall Colleen Stan habe ich vor Jahren das hier gelesen:


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    "Die Leibeigene" von Christine McGuire und Carla Norton


    ***
    Aeria

  • Ich habe das Buch nun gelesen und muss sagen, es ist schon heftig, was Natascha Kampusch alles erlebt hat in den 8 Jahren Gefangenschaft. Ich habe damals nur das allererste Fernsehinterview von ihr gesehen, und da ich weder Klatsch- noch Tratschblätter lese, hab ich den ganzen Rummel um sie gar nicht mitbekommen. Einzig in einem Schweizer Gratis-Käseblatt las ich mal eine wilde Verschwörungstheorie, die mir aber nicht sehr logisch erschien. Von daher bin ich relativ unbelastet an das Buch heran gegangen. Ich hab das Buch gelesen, weil mich interessiert, wie die menschliche Psyche in Extremsituationen funktioniert.


    Natascha Kampusch macht auf mich den Eindruck einer sehr starken Persönlichkeit. Sie hat sich ihre Freiräume innerhalb der Verliesmauern geschaffen. Sie hat sich mit dem Täter einigermassen arrangiert, was ihr gewisse Vorteile, beziehungsweise das Überleben gesichert hat. Aber daneben wurde sie aufs Schwerste misshandelt und eingeschüchtert von ihm. Mich hat ein wenig geschockt, wie die ersten Leute, die sie um Hilfe bat, reagiert haben. Sie schildert, wie sie nach ihrer Selbstbefreiung gut gemeinte Angebote von Menschen bekam, die ich persönlich fast dreist finde.


    Das Buch ist gut und spannend geschrieben, aber trotzdem habe ich mich aufgrund des Themas mit dem Lesen schwergetan. Keine leichte Kost, die man mal nebenher liest. Ich kann jedem, der sich für ihre Sicht der Dinge interessiert, das Buch empfehlen. Wertung gebe ich angesichts des Themas keine ab.

    Liebe Grüsse Hanni 8)

  • Das Buch ist gut und spannend geschrieben, aber trotzdem habe ich mich aufgrund des Themas mit dem Lesen schwergetan. Keine leichte Kost, die man mal nebenher liest. Ich kann jedem, der sich für ihre Sicht der Dinge interessiert, das Buch empfehlen. Wertung gebe ich angesichts des Themas keine ab.


    Aha, daher kommt der Kommentar "Keine Wertung" im Listenthread. Ich hatte mich schon gewundert und vermutet, dass dir das Buch nicht gefallen hat. Jetzt kann ich dich verstehen :winken:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich hab die Begründung im Listenthread nachträglich noch etwas genauer formuliert, das "Keine Wertung" wahr wohl ein bisschen spartanisch. :zwinker:

    Liebe Grüsse Hanni 8)

  • Immerhin hat mich der Kommentar neugierig gemacht. Ich habe noch mal den Thread durchgelesen und das Buch notiert. Von daher war er doch gar nicht so schlecht.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich glaube, ich könnte so ein Buch gar nicht lesen. Wie furchtbar muss das sein, 8 Jahre gefangen gehalten zu werden!

    //Grösser ist doof//


  • Was haltet ihr davon?


    Hm, nicht so viel. Aber da musste ich gleich an Arjuna's Kommentar denken:


    Warum bleiben Leute bei Verkehrsunfällen stehen um zu gaffen? Viele werden es halt kaufen und lesen wollen, weil es ein Mega-Skandal ist/war und sie neugierig sind, etwas über das Leben im Keller zu erfahren.

    Pessimisten stehen im Regen, Optimisten duschen unter den Wolken.

  • Ich glaube nicht, dass ich mir die Geschichte nun auch noch visuell geben muss. Das Buch hat mir gereicht, es ist echt keine leichte Kost.



    Hm, nicht so viel. Aber da musste ich gleich an Arjuna's Kommentar denken:


    Ich finde, es ist schon ein kleiner Unterschied zwischen Gaffern an einem Verkehrsunfall und einem Leser von so einem Buch: Natascha hat das Buch herausgeben lassen, also hat sie auch ein wenig Einfluss darauf, was der Leser erfährt und was nicht. Genau aus dem Grund hab ich das Buch gelesen, dafür hab ich die Klatschpresse ignoriert. Denn die Klatschpresse ist für mich so was wie ein Verkehrsunfall. Die halten die Kamera drauf und zoomen heran, mutmassen und stellen irgendwelche haarsträubenden Theorien auf, die der Betroffene kaum beeinflussen kann. Und ich denke, jemand der die ganzen Klatschsachen über Kampusch in der Presse gelesen hat, wird von dem Buch eher enttäuscht sein. :zwinker:

    Liebe Grüsse Hanni 8)

  • Andererseits hat sie ja wohl die Rechte an dem Buch und ihrem Leben freigegeben. Insofern muss sie sich dann auch nicht wundern wenn sie wieder sehr viel Aufmerksamkeit erregt. Ich muss aber zugeben das ich die Verfilmung eines solchen Falles geschmacklos finde.

  • Zumal in der Verflilmung Szenen zu sehen sind, die darauf schließen lassen, dass sie eine romantische Beziehung zu ihrem Entführer hatte und das hat sie immer bestritten.
    Warum sie nun so einer Verfilmung zustimmt, zumal sie ja am Drehbuch selbst mitgearbeitet hat, ist mir echt schleierhaft.


    Katrin


  • Ich glaube nicht, dass ich mir die Geschichte nun auch noch visuell geben muss. Das Buch hat mir gereicht, es ist echt keine leichte Kost.



    Ich finde, es ist schon ein kleiner Unterschied zwischen Gaffern an einem Verkehrsunfall und einem Leser von so einem Buch: Natascha hat das Buch herausgeben lassen, also hat sie auch ein wenig Einfluss darauf, was der Leser erfährt und was nicht. Genau aus dem Grund hab ich das Buch gelesen, dafür hab ich die Klatschpresse ignoriert. Denn die Klatschpresse ist für mich so was wie ein Verkehrsunfall. Die halten die Kamera drauf und zoomen heran, mutmassen und stellen irgendwelche haarsträubenden Theorien auf, die der Betroffene kaum beeinflussen kann. Und ich denke, jemand der die ganzen Klatschsachen über Kampusch in der Presse gelesen hat, wird von dem Buch eher enttäuscht sein. :zwinker:


    Ich hätte damals wohl differenzierter zitieren sollen. Ich wollte eher eine Antwort darauf geben, warum Leute darauf neugierig sind und es kaufen und ev. auch komplett lesen. :winken:

    Das Leben besteht aus vielen kleinen Münzen, und wer sie aufzuheben versteht, hat ein Vermögen.<br />Jean Anouilh

  • Arjuna: Nee, ist doch okay, was du geschrieben hast. Ich denke, solche Schicksals-Biographien sind halt nun mal nicht jedermanns Sache und manche Leute werden sie genau aus den Gründen lesen, die du beschrieben hast. :smile:

    Liebe Grüsse Hanni 8)

  • Und vielleicht könnt ihr mir ja beantworten, was der Grund ist, so ein Buch zu lesen.


    Bei mir war es dieser Thread und die Diskussion darüber, die mich neugierig auf das Buch gemacht haben.


    Meine Meinung
    Natürlich kenne ich die Geschichte von Natascha Kampusch und ich kann mich auch an die verschiedenen Meinungen dazu, wie sie mit dem Erlebten umgeht, in den Medien erinnern. Von dem, was in die Öffentlichkeit kommt finde ich, dass sie sich bis jetzt gut schlägt. Aber wer weiß, was hinter der Fassade noch alles schlummert.


    Einer meiner ersten Gedanken war, wie schrecklich ihre Eltern doch gewesen sind. Natascha Kampusch erzählt zwar von einem liebevollen Zuhause, aber davon kann ich nichts erkennen. Ich fand es schlimm, wie lieblos sie von ihren Eltern behandelt worden ist. Natürlich weiß ich nicht, in wieweit die Erinnerung verfälscht ist. So, wie es geschrieben ist, vermittelt sie mir das Bild von einer trostlosen Kindheit. Dass sie sich mit Essen getröstet hat und deshalb dick war, ist wie aus einem Ratgeber. Wenn Dicksein mit Unglücklichsein gleichgesetzt wird, kann man dann daraus schließen, dass sie immer noch unglücklich ist? Vielleicht ist sie das, aber der Umkehrschluß wäre zu einfach.


    Ihre Zeit in der Gefangenschaft beschreibt Natascha Kampusch sehr distanziert. Manchmal kommt es mir so vor, als ob sie über eine völlig fremde Person schreiben würde und sich nicht mit dem Kind identifiziert. Oft gibt sie direkt nach einer Episode eine Erklärung für ihr Verhalten. Das hat mich gestört weil ich mir nicht sicher war, ob sie das wirklich erkannt hat oder ob ihr jemand diese Erklärung gegeben und sie sie nur verwendet hat. Vielleicht war es aber auch ein Versuch, sich vor ihren Kritikern zu rechtfertigen.


    3069 Tage ist ein Buch, das mich aufgrund der Thematik berühren sollte. Das hat es nicht. Ich fand die Geschichte interessant (man möge mir den Ausdruck in dem Zusammenhang verzeihen, aber mir fällt kein besserer ein), aber mehr nicht.
    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Kirsten
    Deine Meinung über das Buch gibt sehr gut wieder, wie ich Frau Kampusch in einem Interview erlebt habe. Genau die gleichen Eindrücke hatte ich auch. Sie spricht z.B über ihren Entführer nur als den Täter (war ich auch verstehen kann), ich glaube diese Distanz hilft ihr überhaupt wieder in die "normale" Welt zurück zu finden. Es ist irgendwie auch unheimlich wie sie darüber spricht. Andererseits glaube ich schon auch das es damit zu tun das sie sich nicht in eine Opferrolle hineindrängen lässt. Durch Interviews und das Buch hat sie ja selbst in der Kontrolle was geschrieben wird und was sie selbst zum Thema äußert.
    Trotzdem irgendwie blieb sie mir unsympathisch - dafür kann sie natürlich erstmal nichts, aber ich denke sie hat einfach auch den Umgang mit anderen Menschen verlernt.
    In wie weit ihre Kindheit schlecht oder negativ war ist sicher sehr schwer zu sagen. Fakt ist aber das sie zu ihren Eltern heute ja ein sehr schlechtes Verhältnis hat. Ich denke schon das sie hier so stark psychisch manipuliert wurde das sie keinen Bezug mehr zu ihren Eltern aufbauen kann.