Michael Dibdin - Dead Lagoon (Tödliche Lagune)

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 1.417 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.

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    Aurelio Zen kehrt zurück in seine Heimatstadt Venedig, um der dortigen Polizei (inoffiziell) bei Ermittlungen im Entführungsfall Ivan Durridge zu helfen. Der Amerikaner ist von seiner Villa auf einem Inselche in der Lagune von Venedig spurlos verschwunden. Und ein weiterer rätselhafter Fall wird an ihn herangetragen: die alte Contessa Zulian wird von unheimlichen Gästen heimgesucht. Zwar hält man die alte Dame aufgrund ihrer Vorgeschichte für verrückt - schon seit ihre Tochter kurz nach dem Krieg spurlos verschwand, gilt sie als durchgedreht - aber Zen kommt die Sache gerade recht, weil er so seinen Aufenthalt in der Lagunenstadt offiziell besser rechtfertigen kann.


    Auf gewohnt eigenwillige Weise stellt Zen seine Nachforschungen an und muss nebenbei feststellen, dass er in der Stadt, die er kennt wie keine zweite, doch nicht mehr wirklich zu Hause ist. Sein leerstehendes Elternhaus deprimiert ihn ebenso wie die Tatsache, dass sich auch die Menschen sehr verändert haben wie etwa sein einstmals bester Freund, der sich nun mit Leib und Seele einer dubiosen Partei mit separatistischen Tendenzen verschrieben hat.


    Der 4. Band der Reihe ist ein wenig düsterer als die Vorgänger, was vielleicht auch an der Kulisse liegt - die etwas morbide Atmosphäre Venedigs fängt Dibdin in seinem fein gezeichneten Porträt der Stadt wunderbar ein. Zens Rückkehr an die Orte seiner Kindheit ist zudem ziemlich desillusionierend. Aber auch in seinen melancholischen Momenten scheint noch eine gewisse Selbstironie durch, und einiges an Situationskomik wiegt die dunkleren Töne gekonnt auf.


    Der komplizierte Fall gibt Zen einige harte Nüsse zu knacken, und er bleibt weder vor verbalen noch vor körperlichen Attacken verschont - diesmal gibt's auch einige Action. Das liest sich ziemlich spannend, doch was mir persönlich aber fast noch besser gefallen hat, wie schon in den ersten Bänden, sind die Charakterzeichnungen und die Schilderung der gesellschaftlichen, politischen und auch geographischen Hintergründe. Venedig wird lebendig, man hört förmlich das Wasser an die Hauswände plätschern. Und Zen, dieser eigensinnige Einzelgänger, der seine Fälle intuitiv aus dem Bauch heraus anpackt, statt nach Lehrbuch vorzugehen, und sich damit andauernd selbst in die Bredouille bringt (was er im übrigen auch im Privatleben hervorragend versteht), ist gerade wegen seiner Allzumenschlichkeiten eine großartige Hauptfigur.


    Wieder ein Krimi-Highlight!


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • „Dead Lagoon“ führt Zen zurück in die Stadt seiner Kindheit, nach Venedig. Er ist als Privatermittler unterwegs, um das spurlose Verschwinden eines Amerikaners aufzuklären, doch das kann er natürlich nicht als offiziellen Grund angeben und so erklärt er den Kollegen vor Ort kurzerhand, er sei geschickt worden, um einen Blick auf die Ermittlungen bezüglich der Beschwerden einer Contessa zu werfen, die behauptet, sie würde von nächtlichen Geisterbesuchen gequält. Tatsächlich ist nicht nur die Contessa – verwirrt seit dem Verschwinden ihrer Tochter während des zweiten Weltkriegs – eine alte Bekannte, auch die hübsche Nachbarstochter trifft Zen wieder, nur dass sie mittlerweile mit einem anderen Freund aus seiner Vergangenheit verheiratet ist, der gerade mit seiner „Venedig den Venezianern“ ein heißer Kandidat für den Bürgermeisterposten ist.


    Zen und die Frauen: Irgendwie hapert es da mit seiner Wahrnehmung, er interpretiert jede Handlung so, wie es ihm gerade in den Kram passt, unter völliger Ignoranz der Realität und Gespräche werden sowieso völlig überbewertet… Kein Wunder, dass er immer wieder auf die Nase fällt, wenn die Frau nicht so reagiert, wie er sich das mit seiner rosaroten Brille zurechtgeträumt hat.


    Ansonsten teilt Zen seine Zeit zwischen dem offiziellen und dem inoffiziellen Fall auf, verwendet wieder einiges an Energie darauf zu vertuschen, was er tut. Die Gespenster, die ihm dabei in der Stadt seiner Kindheit begegnen sind nicht unbedingt von angenehmer Natur. Insgesamt wirkt „Dead Lagoon“ ziemlich düster und stärker noch als bisher steht nicht die Lösung des Falls am Ende – zumindest nicht in dem Sinne, dass der Täter am Ende hinter Schloss und Riegel sitzt. Am Ende kehrt Zen Venedig wieder den Rücken zu und wäre er nicht so gut in der Lage Negatives zu verdrängen, würde ich fast sagen, er kehrt als gebrochener Mann nach Rom zurück – zumindest aber ist er um ein paar Illusionen ärmer.


    Dibdins Venedig hat nichts mit dem glitzernden, herausgeputzten Touristenbild zu tun, es eine düstere und zum Verfall verurteilte Stadt, ich musste an die Bilder aus „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ denken – eine Darstellung, die mich persönlich stärker als alle Hochglanzreiseführer zu einem Besuch in diese Stadt verführt.


    4ratten

  • Hach, freut mich, dass Dir der Band auch so gut gefallen hat. Ich finde, es ist einer der besten.



    Zen und die Frauen: Irgendwie hapert es da mit seiner Wahrnehmung, er interpretiert jede Handlung so, wie es ihm gerade in den Kram passt, unter völliger Ignoranz der Realität und Gespräche werden sowieso völlig überbewertet… Kein Wunder, dass er immer wieder auf die Nase fällt, wenn die Frau nicht so reagiert, wie er sich das mit seiner rosaroten Brille zurechtgeträumt hat.


    Das war hier besonders übel, oder?


    Zitat

    Dibdins Venedig hat nichts mit dem glitzernden, herausgeputzten Touristenbild zu tun, es eine düstere und zum Verfall verurteilte Stadt, ich musste an die Bilder aus „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ denken – eine Darstellung, die mich persönlich stärker als alle Hochglanzreiseführer zu einem Besuch in diese Stadt verführt.


    Den Film muss ich mir jetzt glatt aufnehmen - der läuft heute oder morgen!

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen