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Klappentext
»Ich war um den Hals an einen Baum gekettet, man hatte mir alles genommen und ständig wurde ich gedemütigt – es hat Jahre gedauert, aber schließlich verstand ich, dass ich noch immer das Kostbarste besaß, etwas, das mir niemand nehmen konnte: die Freiheit, zu entscheiden, wer ich selbst war. Ich hatte die Wahl, zu hassen oder nicht zu hassen. Ich war kein Opfer mehr, ich war eine Überlebende.«
Ingrid Betancourt (*1961) ist eine kolumbianische Politikerin, die im Jahr 2002 zu den Präsidentschaftswahlen antrat und noch vor der Wahl von der Guerillabewegung FARC gefangen genommen wurde. Erst nach fast sechseinhalb Jahren wurde sie vom Militär befreit.
Obwohl sich bis auf einige Ausnahmen wenig Abwechslung im Lager ergibt, bleibt das Buch lange Zeit auf gleichbleibend spannendem Niveau. Ingrid Betancourt war über sechs Jahre in Gefangenschaft und musste sich unter menschenunwürdigen Verhältnissen auf engstem Raum mit anderen Häftlingen und Guerilleros arrangieren. An Nahrungsmitteln und Kleidung gab es für die Gefangenen nur das Nötigste. Angemessene Hygiene war fast unmöglich, Intimsphäre undenkbar, und die Kommunikation mit den Familienangehörigen wurde unterbunden und sogar unter den Häftlingen oft auf ein Mindestmaß beschränkt. Kein Wunder, dass sich einzelne Gruppen bildeten, zwischen denen sich immer wieder unerträgliche Spannungen aufbauten, die sich im Verlauf der Jahre durchaus auch anders verlagern konnten. Es ist schier unvorstellbar, wie die Geiseln die Stärke aufbrachten, um unter solchen Umständen die Hoffnung nicht zu verlieren. Lange Zeit hatte Betancourt keinen Mitgefangenen, zu dem sie eine besondere Bindung aufbauen konnte und befand sich dadurch in einer gewissen Isolation innerhalb ihrer Leidensgefährten. In dieser Zeit entdeckte sie die Bibel und fertigte Handarbeiten an, die sie ihrer Familie mitbringen wollte.
Ingrid Betancourt war zwar die prominenteste Geisel, aber nicht die einzige, die nach der Befreiung ihre Erlebnisse während der Gefangenschaft publizierte. Drei amerikanische Leidensgenossen veröffentlichten ebenfalls ein Buch, in dem Betancourt nicht sehr gut abschnitt. Es gibt Vorwürfe, sie habe die Amerikaner als CIA-Agenten bezeichnet, Essen gestohlen und sich ganz allgemein wenig kooperativ verhalten. Tatsächlich erscheint sie manchmal sehr eigenwillig, egoistisch und besserwisserisch, obwohl sie ihr Handeln aus eigener Sicht ganz anders erklärt. Hin und wieder rückt sie sich auch zu sehr ins beste Licht und beschreibt sich als selbstlos und immer höflich. Angesichts der Tatsache, dass die Guerilleros gerade sie als einzige weibliche Gefangene besonders schikanierten, kann ich mir schlecht vorstellen, dass das der Wahrheit entspricht. Die zwei oder drei verbalen und lautstarken Entgleisungen, von denen sie erzählt, können unmöglich die einzigen in mehr als sechs Jahren gewesen sein.
Bemerkenswert ist, dass sie vor allem die ersten viereinhalb Jahre sehr detailliert beschreibt, obwohl sie nach eigenen Angaben noch im Dschungel ihre Tagebücher vernichtete.
Das Leben schreibt die besten Geschichten, und dies ist der reinste Thriller. Gerade in der ersten Hälfte war es schwer, mit dem Lesen aufzuhören, doch mit zunehmendem Maße schlich sich ein Hauch der beschönigten Selbstdarstellung ein, was den Spaß an der Lektüre etwas eindämmte.
Wer solche extremen Erlebnisberichte mag, sollte sich dieses Buch nicht entgehen lassen.