03 - Léon und Louise - Seiten 176 bis 243 / Kapitel 13 bis 15

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  • Hier könnt Ihr die Kapitel 13 bis 15 besprechen.

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  • Dieser Abschnitt hat mir inhaltlich ein bißchen besser gefallen. Das lag vor allem daran, daß man von der Stimmung in Paris nach dem Einmarsch der deutschen Armee einiges mitbekam, wie sich langsam das Leben wieder normalisiert, weil man sich mit den Besatzern arrangiert. Und nachdem Léon seinem ältesten Sohn schon so präzise Verhaltensregeln mitgegeben hat, war ich nicht sonderlich überrascht über seine kleine Widerstandsaktion. Denn natürlich hat er die Fehler absichtlich gemacht, das steht wohl außer Frage. Vermutlich hätte er es aber nicht getan, wenn er gewußt hätte, daß seine Tochter so darunter leiden würde, und das kann man ihm ja nicht einmal übel nehmen. Ich frage mich allerdings, wie er unter diesen Umständen weiterarbeiten wird, denn nun steht er ja unter besonderer Beobachtung. Keine leichte Situation, wenn man für eine ganze Familie verantwortlich ist. Ich weiß gar nicht, ob ich unter diesen Umständen Yvonnes Vorbereitungen mit der Waffe als sinnvoll oder komisch einstufen soll ...


    Louise erlebt derweil erst Abenteuer und dann die große Langeweile. Das alles von ihr selbst in Form ihrer Briefe an Léon übermittelt zu bekommen, war eine schöne Idee. Irgendwie läuft das Verhältnis zwischen Léon und Louise darauf hinaus, daß sie zwar beide wohl den Eindruck haben, der jeweils andere wäre die große Liebe ihres Lebens gewesen, aber sie konnten zusammen nicht kommen. Was vielleicht auch besser ist, denn im täglichen Einerlei hätte diese „Beziehung“ wohl kaum den Zauber behalten können, den sie für beide hat. Mein Problem ist nur einfach immer noch, daß mir das alles zu glatt und zuckrig ist. Beide benehmen sich so vernünftig, keiner von beiden reibt sich daran auf. Das ist zwar für das Gefühlsleben der beiden sicher besser, für mich als Leser aber doch ein bißchen langweilig, ein wenig innere Spannung täte dem Roman für meinen Geschmack wirklich gut.


  • Mein Problem ist nur einfach immer noch, daß mir das alles zu glatt und zuckrig ist. Beide benehmen sich so vernünftig, keiner von beiden reibt sich daran auf. Das ist zwar für das Gefühlsleben der beiden sicher besser, für mich als Leser aber doch ein bißchen langweilig, ein wenig innere Spannung täte dem Roman für meinen Geschmack wirklich gut.


    So empfinde ich das auch. Beide sind so vernünftig, treffen sich nie, weil sie das so abgesprochen haben, und Louise meldet sich erst wieder, als sie tausende Kilometer von Paris entfernt ist und auch weiß, dass Léon ihr vermutlich nicht auf ihre Briefe antworten kann.


    Da sie ja anscheinend wirklich beide davon überzeugt sind, dass der jeweils andere die Liebe ihres Lebens ist, kann ich das Verhalten nicht ganz nachvollziehen. Natürlich war es zur damaligen Zeit nicht so leicht möglich, Frau und Kinder zu verlassen und noch einmal ganz neu anzufangen. Vielleicht sind sich beide auch im klaren, dass dieses Besondere an ihrer Beziehung dem Alltag nicht standhalten könnte. Als Leser wäre es auch etwas interessanter, wenn es ein bisschen mehr Drama, ein paar Gefühlsausbrüche geben würde, nicht so ein gesittetes, vernünftiges Verhalten.


    Ich habe erst im Nachhinein verstanden, dass Léon das mit den Fehlern auf den Karteikarten absichtlich gemacht hat. Trotzdem fand ich diese Episode aus seinem Leben etwas ausführlich beschrieben und nicht so wahnsinnig spannend.

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  • Ich bin nun auch endlich wieder dabei.


    Diesen Abschnitt fand ich persönlich nicht sooo toll, das liegt aber daran, dass ich kein Fan von langen Briefen bin, mag ich irgendwie nicht.
    Aber wie hätte man sonst erfahren sollen, was Louise so treibt?
    Ich bin ja mal gespannt, was aus dem Goldschatz im Senegal noch so wird, wo doch schon die ersten Kisten leichter oder gar ganz verschwunden sind - eigentlich könnte sie sich ja den ihr zustehenden Lohn selbst auszahlen :breitgrins:
    Mit ihren Gedanken zur Kolonialherrschaft ist sie ihrer Zeit mal wieder weit voraus, herrlich ausgedrückt, diese Darstellung!


    Léon und seine kleine Widerstandsaktion - ich hätte ihm das gar nicht zugetraut, trotz der Ansprache an seinen Sohn.
    Wie er sich nun wohl verhält? In 3/4 aller Karteikarten Fehler einzubauen war wohl etwas übertrieben.
    Den Deutschen fand ich sehr unheimlich, wie er das "geregelt" hat :entsetzt: Aber absolut gekonnt, muss man ja leider zugestehen, psychologische Kriegsführung...


    Yvonne kümmert sich wie eine Löwin um ihre Familie, ihre Darstellung in diesem Abschnitt fand ich toll. Keine Zeit mehr für Verrücktheiten, aber alles für ihren Mann und ihre Kinder.


    Sehr süß fand ich die beiläufige Erwähnung wie der Erzähler gezeugt wurde :breitgrins:

    LG, Dani


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  • So empfinde ich das auch. Beide sind so vernünftig, treffen sich nie, weil sie das so abgesprochen haben, und Louise meldet sich erst wieder, als sie tausende Kilometer von Paris entfernt ist und auch weiß, dass Léon ihr vermutlich nicht auf ihre Briefe antworten kann.


    Das war mir auch zu vernünftig. Wenn es für beide die Liebe ihres Lebens ist, dann sollen sie gefälligst etwas daraus machen. Entweder zusammen abhauen oder wenigstens ordentlich leiden. So kann ich die Tiefe der Gefühle ich nicht wirklich glauben. Zum etwas phlegmatischen Léon passte es vielleicht schon, dass er kein Abenteuer wagt, aber Louise ist, wie man aus ihren Briefen erfährt, ja wohl ungebunden.


    Bei der Szene, als die Polizisten beauftragt werden, die Karteikarten/Akten abzuschreiben habe ich direkt gedacht, dass man da mit absichtlichem Schlechterkennen und Falschaufschreiben vielleicht ein paar Menschenleben retten kann. 3/4 sind aber ein etwas zu hoher Prozentsatz, das war Blödheit von Léon - und jetzt steht er unter besonderer Beobachtung.


    Ansonsten hat sich die Familie ja gut auf Mangelzeiten vorbereitet und gerade bei Yvonne zeigt sich ein gesunder Pragmatismus, der ihr bei mir ein paar Pluspunkte verschafft.

  • Hallo Ihr Lieben,


    die Beschreibung der Kriegssituation und wie man sich mit den Deutschen zwar arrangiert, aber gleichzeitig doch versucht irgendwie sich gegen sie aufzulehnen, fand ich richtig gut beschrieben. War mir gar nicht so bewusst, dass Paris im 2. Weltkrieg weitestgehend verschont wurde. Wenn man bedenkt, was mit vielen anderen Städten während des Krieges passiert ist, hat Paris quasi wirklich Glück gehabt! :sauer:


    Dass nicht alle Karteikarten weggebracht werden konnten, hat mich ganz schön geschockt. Vor allem wo auch noch beschrieben wurde, dass auch die Juden nach der großen Fluchtwelle wieder zurück nach Paris gekommen sind, nicht ahnend, dass die Nazis bald jeden von ihnen ausfindig machen. Was ich ja nicht verstehe, warum diese Karten nicht auch vernichtet worden sind. :grmpf:


    Die Sabotage-Aktion von Léon hätte ich ehrlich gesagt von ihm gar nicht erwartet. Ich konnte zuerst mir gar keinen Reim darauf machen, warum Knochen (was für ein Name! :breitgrins:) sich so lange mit Léon unterhält und ihn die ganze Zeit fragt, ob alles in Ordnung sei! Dass er da mit Absicht die Karten falsch abgeschrieben hat, fand ich wirklich klasse von ihm. Umso schlimmer, was sie seiner Tochter Muriel dafür antun! :grmpf: Furchtbar! Ich habe mir auch schon die ganze Zeit Gedanken gemacht, wie er da geschickter hätte vorgehen können. Aber die haben bestimmt alles total akribisch nachkontrolliert.... :rollen: :grmpf:


    Die Idee mit den Briefen von Louise finde ich klasse gemacht. Ich bin ja voll der Fan von so Briefen und habe mich daher da richtig wohl gefühlt. Louise verlässt also gemeinsam mit dem Gold Paris. Ihre Beschreibungen dann von der Kolonialherrschaft, den Prüglern und den Geprügelten, haben mich sehr für sie eingenommen. Leider wurde das insgesamt erst viel später auch endlich erkannt! :rollen: Was ich ja krass finde, ist, dass ihr einfach gesagt wurde, sie soll packen und mitkommen und basta. Ob das wohl gemacht wurde, weil man wusste, dass sie keine Familie hat? :gruebel:


    Die Veränderung von Yvonne ist auch sehr spannend. Jetzt wird sie zur Löwin und hat nur noch den Gedanken ihre Familie zu beschützen. Hoffentlich gibt sie sich dafür nicht ganz auf. Obwohl ja trotz allem auch bei ihr der Stich, dass Léon in seinem Herzen doch immer wieder an Louise denkt, weiterhin vorhanden ist. Das stelle ich mir echt grausam vor: Du hast zwar einen netten und liebenswürdigen Ehemann, weißt aber, dass er mit seinem Herzen bei einer anderen ist.


    Interessanterweise benutzt Capus für die Darstellung dieser Dreiecksgeschichte keine großen Worte und keine großen Szenen, aber trotzdem leide ich da schon mit. Léon und Louise, die nicht zusammen sein können und Yvonne, die zwar den Mann hat, aber doch nicht wirklich! :sauer:


    Liebe Grüße
    Tammy :winken:

    &WCF_AMPERSAND"Jeder der sich die Fähigkeit erhält, Schönheit zu erkennen, wird nie alt werden.&WCF_AMPERSAND" (Franz Kafka)

  • Das war mir auch zu vernünftig. Wenn es für beide die Liebe ihres Lebens ist, dann sollen sie gefälligst etwas daraus machen. Entweder zusammen abhauen oder wenigstens ordentlich leiden. So kann ich die Tiefe der Gefühle ich nicht wirklich glauben. Zum etwas phlegmatischen Léon passte es vielleicht schon, dass er kein Abenteuer wagt, aber Louise ist, wie man aus ihren Briefen erfährt, ja wohl ungebunden.


    Ich glaube wir dürfen das nicht mit unseren heutigen Maßstäben sehen. Heute ist das einfach: Wenn man sich nicht mehr liebt, lässt man sich scheiden und aus basta. Zu der Zeit war das nicht so einfach. Erstens waren Scheidungen nicht so populär und zum anderen muss man ja auch bedenken, dass Léon Yvonne und die Kinder nicht einfach sitzen lassen kann. Yvonne ist nur Hausfrau. Ohne Mann, hat sie gar nichts und ich denke, dass kann er mit seinem Gewissen und auch seiner Einstellung gar nicht vereinbaren. Und Louise trotz all ihrer Forschheit, weiß das und hat auch ein Gewissen. Von daher ist es zwar für uns Leser vielleicht nicht so spannend zu lesen, aber ich denke das kam damals öfters vor, als wir denken. Ich habe so einen Fall in der eigenen Familie: Meine Großmutter hat auch aus Vernunft einen Mann geheiratet und war bis zu seinem Tod eine treusorgende Ehefrau. Geliebt hat sie aber einen anderen und der sie auch, aber sie konnten nicht zusammensein! :sauer:



    Sehr süß fand ich die beiläufige Erwähnung wie der Erzähler gezeugt wurde :breitgrins:


    :breitgrins: Oh ja, das war wirklich süß und richtig cool so nebenbei eingestreut! :breitgrins:



    Bei der Szene, als die Polizisten beauftragt werden, die Karteikarten/Akten abzuschreiben habe ich direkt gedacht, dass man da mit absichtlichem Schlechterkennen und Falschaufschreiben vielleicht ein paar Menschenleben retten kann. 3/4 sind aber ein etwas zu hoher Prozentsatz, das war Blödheit von Léon - und jetzt steht er unter besonderer Beobachtung.


    Und ich musste zuerst daran denken, dass das wohl so typisch deutsch ist, dass da echt Statistiken erhoben werden! :rollen: :breitgrins: Meine Frage ist eher, ob die anderen keine "Fehler" einbauen oder das wirklich geschickter streuen. Andererseits, wie will man das machen? Wie will man selber entscheiden, bei wem man Fehler einbaut und damit vielleicht dessen Leben rettet und bei wem nicht? :gruebel: :entsetzt:


    Was mir noch einfällt: Die Verabschiedung zwischen Léon und seinem "Clochard" ist mir richtig nahe gegangen. Hoffentlich entwischt Martin so den Deutschen! :entsetzt: Und gerade bei dieser kleinen Szene konnte man wieder gut sehen, dass Léon sein Herz eindeutig am richtigen Fleck hat!


    Liebe Grüße
    Tammy :winken:

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  • Ich glaube wir dürfen das nicht mit unseren heutigen Maßstäben sehen. (...)


    Ich habe ja gar kein Problem damit, daß Léon keine Scheidung von Yvonne betreibt, das würde nicht zu ihm passen. Schließlich hat er ja immer behauptet, seine Versprechen zu halten, und vermutlich wird er ja Yvonne bei der Heirat das bekannte „in guten und in schlechten Tagen, bis der Tod Euch scheidet“ versprochen haben. Daher kann ich sogar damit leben, daß er mit Louise nicht einfach abhaut, denn das käme ja fast auf das Gleiche hinaus. Aber ich kann eben, wie stefanie und illy daraus auch nicht erkennen, wo dann die große Liebe bleibt, denn leiden tut auch keiner von beiden ersichtlich darunter, daß man sich alle zehn Jahre mal über den Weg läuft, das Verhältnis kurz wieder aufleben läßt und sich ansonsten vernünftig und beherrscht aus dem Weg geht. Was soll daran dann diese große Liebe sein? Es bleibt – bei mir – nur der schale Geschmack einer Gelegenheitsaffäre, und das ist nicht besonders aufregend.


  • Aber ich kann eben, wie stefanie und illy daraus auch nicht erkennen, wo dann die große Liebe bleibt, denn leiden tut auch keiner von beiden ersichtlich darunter, daß man sich alle zehn Jahre mal über den Weg läuft, das Verhältnis kurz wieder aufleben läßt und sich ansonsten vernünftig und beherrscht aus dem Weg geht. Was soll daran dann diese große Liebe sein? Es bleibt – bei mir – nur der schale Geschmack einer Gelegenheitsaffäre, und das ist nicht besonders aufregend.


    Geht für euch die große Liebe nur, wenn sie schreckliche Leiden verursacht?
    Ich finde es viel mehr faszinierend, dass die beiden nicht über verpasste Gelegenheiten und Chancen jammern, sondern jeder sein Leben führt und sie sich trotzdem nicht vergessen.

    LG, Dani


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  • Geht für euch die große Liebe nur, wenn sie schreckliche Leiden verursacht?
    Ich finde es viel mehr faszinierend, dass die beiden nicht über verpasste Gelegenheiten und Chancen jammern, sondern jeder sein Leben führt und sie sich trotzdem nicht vergessen.


    Ja, das sehe ich genauso! Ich finde es super, dass sie beide ihr Leben weiterleben und sich nicht in die komplette Verzweiflung stürzen. Ich denke das zeigt die wirkliche Größe der beiden Charaktere: Das Leben so nehmen, wie es eben ist und sich nicht in der Vergangenheit verlieren, was hätte gewesen sein können, wenn... :zwinker:


    Liebe Grüße
    Tammy :winken:

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  • Geht für euch die große Liebe nur, wenn sie schreckliche Leiden verursacht?


    Nein, aber entweder das, oder Léon und Louise müßten etwas für ihre Liebe riskieren, ansonsten bleibt es nämlich schlicht banal. Im Leben darf das natürlich gerne anders sein, aber das rechtfertigt eben keinen 300-Seiten-Roman.

    Einmal editiert, zuletzt von Aldawen ()

  • Ich finde es im Gegensatz zu dir gar nicht "banal" und mag auch durchaus gerne mal eine schön geschriebene Geschichte ohne reißerische Skandale lesen ;)

    LG, Dani


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  • Hallo zusammen,


    also ich musste mich erst einmal ein bißchen sammeln, denn ich habe den Abschnitt bereits am Donnerstag gelesen, dann aber vergessen, hier meinen Eindruck dazu zu hinterlassen. Nun fällt es mir leider noch schwerer, etwas zu schreiben - ich hoffe, ich vergesse nichts.


    Einerseits gefällt mir diese Abschnitt gut, weil ein wenig mehr Atmosphäre aus dem Paris während der Okkupation durch die Nazis aus dem Buch schwappt. Dabei gefallen mir diese kleinen Situationen, beispielsweise als Léon aus dem Fenster in den gegenüberliegenden Park schaut und einen apfelessenden Soldaten entdeckt. Dabei gefällt mir sehr gut, dass Capus unser natürlich vorhandenes Wissen erst im zweiten Schritt 'bestätigt', nämlich als er überrascht zu Yvonne sagt, dass der Soldat feldgrau trägt und nicht khakifarben... Oder aber die Schilderung des anfänglichen Auftretens der Wehrmachtssoldaten generell in der Stadt - fast schon unaufdringlich haben sie Paris eingenommen, verhalten sich zivilisiert und sind einfach 'da' - als wären sie nie nicht Teil des Erscheinungsbildes der Stadt gewesen. Und letzten Endes besiegen sie damit leider die Vernünftigen, die anfangs geflüchtet sind - und einige kehren verheerenderweise in die Stadt zurück.
    Auch Léons Widerstandsaktion ist zwar ziemlich leichtsinnig, aber immerhin ein Versuch, etwas zu unternehmen, der zu ihm passt. Er wirkt mit 40 Jahren immer noch ein bißchen wie der Junge, der mit seinen Freunden in einem flottgemachten Boot auf den Ärmelkanal fährt. Derr Nazi Knochen hingegen wirkt in jungen Jahren dagegen viel kontrollierter, viel durchdachter (innerhalb seines menschenverachtenden Weltbildes). Ob Léon im Moment des Gespächs mit Knochen schon klar war, dass die ganze Chose auch Folgen für seine Familie hat?
    Yvonne ist deutlich pragmatischer - ich denke, dass auch die Bevorratung hauptsächlich auf ihre Kappe geht.


    Louise schreibt erneut einen Brief an Léon - allmählich weiss ich nicht mehr, was ich von ihr halten soll. Die Liebesbekundungen und Annäherungsversuche der beiden bestimmt sie sehr einseitig. Schreibt sie Léon nach all den Jahren einfach aus purer Langeweile Briefe oder weil sie sich ernsthaft um ihn sorgt? Ja, ich weiß - sie taucht auf seiner Trauerfeier auf und ich glaube auch, dass sie ihn liebt, aber verwunderlich finde ich diese Annäherungen, die alleine sie bestimmt, dann doch irgendwie. Léon darf nichts und hält sich verhältnismäßig nüchtern daran, Louise hingegen hält sich weniger an ihre eigenen Abmachungen (zum Beispiel als sie einmal pro Jahr seine Wohnung beobachtet) und schreibt ihm, dann wann es ihr passt. Anfangs fand ich das tough und stark, jetzt frage ich mich, ob nicht auch eine gehörige Portion Egoismus dahinter steckt.


    Zugegebenermaßen bin ich momentan ein bißchen gespalten mit diesem Roman. Es stört mich nicht, dass längere Briefe oder größere Zeitsprünge enthalten sind, auch nicht, dass nichts außergewöhnliches passiert - mir fehlt ein bißchen die Substanz, die ich bei Alex Capus erwartet habe. Die Substanz, die mich über die Lektüre hinaus, mit dem Buch beschäftigen lässt. So aber klappe ich es zu und freue mich über den Stil und die Atmosphäre und die Leichtigkeit, aber mehr nicht. Und genau das überrascht mich.


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea


  • Aber ich kann eben, wie stefanie und illy daraus auch nicht erkennen, wo dann die große Liebe bleibt, denn leiden tut auch keiner von beiden ersichtlich darunter, daß man sich alle zehn Jahre mal über den Weg läuft, das Verhältnis kurz wieder aufleben läßt und sich ansonsten vernünftig und beherrscht aus dem Weg geht. Was soll daran dann diese große Liebe sein? Es bleibt – bei mir – nur der schale Geschmack einer Gelegenheitsaffäre, und das ist nicht besonders aufregend.


    Das empfinde ich anders. Die große Liebe nehme ich den beiden (vor allem aber Léon) sehr wohl ab. Klar sind sie beherrscht, leben ihr Leben weiter - wobei wir von Louise sehr wenig wissen. Léon hingegen konzentriert sich auf seine Familie, die er ohne Frage auch liebt.
    Die große Liebe zeichnet sich in seinen Gedanken ab: es wird berichtet, dass er noch nach Jahrzehnten jeden Tag an die kleine Louise denkt. Jeden Tag! Was kann das anderes sein als eine wirklich große Liebe? Von Louise erfahren wir solche Details nicht, aber ich denke, dass auch ihre jährlichen Besuche des Parks gegenüber von Léons Wohnung letztlich Bände sprechen... Ich bin gespannt, ob wir noch eine Auflärung über Louises Leben bekommen.


    Und nun ist soben etwas eigenartiges passiert: während ich das hier geschrieben habe, bin ich plötzlich wieder total neugierig auf den letzten Abschnitt geworden...


    Und weg bin ich - muss :lesen: :breitgrins:

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Für mich war dieser Abschnitt einer, von dem ich alles mögliche im Lesefluss mitgenommen habe, als Teil der Geschichte gespeichert habe, aber nur wenig scheint mir nun der Wiedergabe Wert zu sein.


    Frankreich wird mit den Nazis konfrontiert und als erstes macht Léon infolgedessen Erfahrung mit der perfiden Personenkontrolle seines eigenen Landes: Büro 205. Ich hätte gerne gewusst, wonach bei den Karteien zwischen Rettung und Vernichtung entschieden worden ist. So neugierig bin ich. Erschreckend, wie weit die Katalogisierung der Ausländer gegangen ist.


    Ich mag seine Entscheidung, beim Kopieren der Kartei für die Nazis ein paar absichtliche Fehler zu machen. Seine Form des kleinen Widerstands. Aber ziemlich schlecht überlegt, so viele Fehler zu machen, dass es auffällt. Knochen geht da noch recht freundlich mit ihm um - seine Einschätzung, dass einige seiner Kollegen wären sehr viel ärger mit ihm umgegangen, dürfte leider stimmen.


    Wobei ich eine Weile gebraucht habe, um zu schnallen, dass Muriel auf Geheiß von Knochen in den Keller gesperrt wurde. Eine üble Sache mit so einem kleinen Wicht. Und Léon darf noch nicht einmal sofort eingreifen und die Tochter retten. Ich fürchte, ihm war klar, dass ein Widerspruch in diesem Augenblick womöglich Schlimmeres hervorrufen würde.


    Die Idee, Louises Geschichte in Form von Briefen zu erzählen, finde ich gar nicht schlecht, wenn ich mich auch nicht entscheiden kann, ob das so plausibel ist. Ich tendiere derzeit eher zu einem Nein. Ich frage mich, ob das nicht besser ausgesehen hätte, wenn das in solchen Einschüben passiert wäre wie dem von der Zeugung des Erzählers. Andererseits hätte dann nicht die Darstellung funktioniert, dass Louise die Ferne braucht, um sich Léon ohne Vorbehalte zu öffnen.


    Ich sehe die beiden immer noch als zwei, die ihrer großen ersten Liebe hinterherträumen. Wie Breña schon schrieb, geht es um viel Verklärung und Romantisierung - vor allem, weil sie so dramatisch auseinander gerissen wurden.



    Ich ... mag auch durchaus gerne mal eine schön geschriebene Geschichte ohne reißerische Skandale lesen ;)


    Ja, so eine ist das.

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  • Frankreich wird mit den Nazis konfrontiert und als erstes macht Léon infolgedessen Erfahrung mit der perfiden Personenkontrolle seines eigenen Landes: Büro 205. Ich hätte gerne gewusst, wonach bei den Karteien zwischen Rettung und Vernichtung entschieden worden ist. So neugierig bin ich. Erschreckend, wie weit die Katalogisierung der Ausländer gegangen ist.


    Ja, das hätte mich auch interessiert, nach welchen Kriterien da vorgegangen wurde. Schlimm genug, dass so detailliert katalogisiert wurde und sie dann nicht mal den Verstand hatten, einfach alles zu vernichten. Verstehe nicht so genau, warum man doch ziemlich viele Karten retten wollte? :rollen: :grmpf:


    Liebe Grüße
    Tammy :winken:

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  • Ich vergesse immer wieder, dass ein Nachkomme von Léon uns einen Einblick in die Familiengeschichte gewährt, bis ich dann über solche Einschübe stolpere wie "mein Großvater" oder den Ausblick auf die eigene Zeugung. So ganz glücklich bin ich mit dieser Konstellation nicht, funktioniert hat sie für mich (bisher) nur bei der Schilderung der Eigenarten der Familie Le Gall.


    Sprachlich konnten mich diese Kapitel nicht so sehr überzeugen wie die vorherigen, was entweder damit zusammenhängt, dass ich kritischer lese, oder mit der geänderten Stimmung, die sich über das besetzte Paris und somit auch über das Erzählte legt. Diese Stimmung hingegen fand ich ganz interessant, da Capus sie gekonnt einfängt und die Ungewissheit der Bevölkerung fast greifbar wird. Wunderbar fand ich in Zusammenhang damit auch Louises Gedanken über den Prügler auf Seite 234. Ihre Briefe haben mir sowieso gut gefallen, der Perspektivwechsel hat der Geschichte wirklich gut getan. Außerdem war es ganz interessant, die Ereignisse mal nicht durch einen Le Gall'schen Erzähler gefiltert zu hören.



    Mein Problem ist nur einfach immer noch, daß mir das alles zu glatt und zuckrig ist. Beide benehmen sich so vernünftig, keiner von beiden reibt sich daran auf. Das ist zwar für das Gefühlsleben der beiden sicher besser, für mich als Leser aber doch ein bißchen langweilig, ein wenig innere Spannung täte dem Roman für meinen Geschmack wirklich gut.


    Anfangs hat mich das ja nicht gestört, inzwischen tut es das sehr wohl. Und es ärgert mich vor allem, dass Capus gerade bei Louise so viel verschenkt und sie, die doch eigentlich als rebellische Grande Dame eingeführt wurde, zu einer flachen Anziehpuppe verkümmern lässt.



    Ich habe erst im Nachhinein verstanden, dass Léon das mit den Fehlern auf den Karteikarten absichtlich gemacht hat. Trotzdem fand ich diese Episode aus seinem Leben etwas ausführlich beschrieben und nicht so wahnsinnig spannend.


    Etwas zu ausführlich, ja, aber dennoch spannend, da Léon hier selbst ein kleiner Rebell wird. Ganz unterschwellig nur, aber immerhin. Dass er angesichts der Sicherheit seiner Familie wieder zum braven Schreiberling wird, ist nur verständlich und sei ihm verziehen.


    Was mich an dieser Aktion nun interessiert ist, ob es das Büro 205 und diese Episode tatsächlich gab oder alles der Fantasie des Autors entsprungen ist.



    Die Veränderung von Yvonne ist auch sehr spannend. Jetzt wird sie zur Löwin und hat nur noch den Gedanken ihre Familie zu beschützen. Hoffentlich gibt sie sich dafür nicht ganz auf. Obwohl ja trotz allem auch bei ihr der Stich, dass Léon in seinem Herzen doch immer wieder an Louise denkt, weiterhin vorhanden ist. Das stelle ich mir echt grausam vor: Du hast zwar einen netten und liebenswürdigen Ehemann, weißt aber, dass er mit seinem Herzen bei einer anderen ist.


    Ich bin mir gar nicht sicher, ob sie weiß, dass Léon so stark an Louise denkt. Yvonne wusste zwar offenbar von Louise (es machte auf mich zumindest den Eindruck, als Léon nach der ersten Begegnung in der Metro nach Hause zurückkehrt und davon berichtet) und er hält sie über die akuellen Entwicklungen mit einer bemerkenswerten Offenheit auf dem Laufenden, aber irgendwann wird erwähnt, dass er ihr nie sagte, dass er jeden Tag an Louise dachte. Nun ist natürlich die Frage, wie gut er das verbergen kann bzw. wie gut seine Frau ihn durchschaut, aber vielleicht setzt auch hier wieder der Mechanismus des Ausblendens ein. Ich mag nicht glauben, dass die beiden nur als Kampfgemeinschaft, wie es an einer Stelle heißt, zusammenleben, sondern bin überzeugt, dass auch die beiden sich lieben, wenn auch anders als Léon und Louise.



    Louise schreibt erneut einen Brief an Léon - allmählich weiss ich nicht mehr, was ich von ihr halten soll. [...] Anfangs fand ich das tough und stark, jetzt frage ich mich, ob nicht auch eine gehörige Portion Egoismus dahinter steckt.


    Egoismus? Bestimmt, und zwar die Portion, die Léon fehlt. ;) Aber im Ernst, abgesehen davon, dass Louise eben ein ganz anderer Typ Mensch ist als Léon führt sie auch ein ganz anderes Leben. Ohne Familie, ohne festen Partner, mit einem Job, der sie nicht wirklich fordert. Ich finde es sehr stimmig, dass sie die selbst aufgestellten Regeln übertritt, denn es passt zu ihr und, ganz ehrlich, wem schadet es? Dass sie dann durch ihre Briefe das Schweigen bricht zeigt doch zum einen, wie wichtig ihr Léon als Bezugsperson ist, und zum anderen auch wie einsam sie ist.

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Egoismus? Bestimmt, und zwar die Portion, die Léon fehlt. ;) Aber im Ernst, abgesehen davon, dass Louise eben ein ganz anderer Typ Mensch ist als Léon führt sie auch ein ganz anderes Leben. Ohne Familie, ohne festen Partner, mit einem Job, der sie nicht wirklich fordert. Ich finde es sehr stimmig, dass sie die selbst aufgestellten Regeln übertritt, denn es passt zu ihr und, ganz ehrlich, wem schadet es? Dass sie dann durch ihre Briefe das Schweigen bricht zeigt doch zum einen, wie wichtig ihr Léon als Bezugsperson ist, und zum anderen auch wie einsam sie ist.


    Ja, das fand ich, konnte man wirklich gut aus den Briefen heraus lesen. Louise gibt sich zwar total taff und unabhängig, aber ich hatte so das Gefühl, dass sie eigentlich einsam ist. Über ihre Familie bzw. Herkunft ist ja immer noch nichts bekannt, aber irgendwie ist es doch traurig, dass die einzige Bezugsperson für sie Léon ist! :heul: Natürlich würde sie das selber aber nie zugeben. Für mich waren diese Briefe auch so ein bisschen der Blick hinter die Kulissen: nach außen spielt Louise stark, aber innerlich ist sie wohl doch nicht so, wie sie sich darstellt...


    Liebe Grüße
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  • Hallo ihr Lieben,


    wollte mich nur eben mal melden, um zu sagen, dass ich nicht untergetaucht bin, sondern nur ziemlich hinterherhinke, da ich mir gerade nebenbei noch 5 Fachbücher für meine Semesterprüfungen nächsten Monat einverleibe.


    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende :winken:

    :leserin: Ozzy Osbourne - I Am Ozzy<br /><br /><br /><br />Never trust anything that can think for itself, if you can&#39;t see where it keeps its brain