Klaus Mann - MEPHISTO

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 5.400 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von schokotimmi.

  • Ich hab den Roman für eine Leserunde begonnen, und nun auch eine Hausarbeit zu dem Thema bekommen. Was mich auch freut.


    So - und hier noch etwas mehr zum Buch:


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    INHALT: Erzählt wird die Geschichte des Schauspielers Hendrik Höfgen von 1926 an im Hamburger Künstlertheater bis zum Jahre 1936, als dieser es zum gefeierten Star des sogenannten Neuen Reiches gebracht hatte. Höfgen, der sich erst spät während der Zeit des Nationalsozialismus mit den Machthabern arrangierte und so zum Intendanten am Berliner Staatstheater ernannt wurde, flüchtete jedoch zunächst vor seinen zukünftigen Freunden nach Paris, da er Angst vor einer Verfolgung aufgrund seiner „kulturbolschwistischen“ Vergangenheit hatte. Ab diesem Zeitpunkt stellte Höfgen fest, dass er bereits einen Teil seiner „echten“ Freunde wie seine Frau Barbara Bruckner und Frau von Herzfeld verloren hatte. Jedoch konnte er, zurück in Berlin, Lotte Lindenthal für sich gewinnen, die Frau des Fliegergenerals. Dieser hielt selbst große Stücke auf seinen Höfgen, seinen Spielball. Als leidenschaftlicher Schauspieler, dem die Rolle des Mephisto in Goethes Faust I wie auf den Leib geschnitten ist, erkannte der Opportunist Höfgen erst viel zu spät, dass er tatsächlich einen Pakt mit dem Teufel - dem Mephistopheles - geschlossen hatte. Er war zu einem „Affen der Macht“ geworden, ein „Clown zur Zerstreuung der Mörder“. Er verlor die humanen Werte und teilte die Auffassungen des Regimes. Er ging sogar so weit, die Verhaftung seiner Geliebten anzustiften, der „Schwarzen Venus“, mit der er Sadomaso-Praktiken ausübte.

    Einmal editiert, zuletzt von Anyu ()


  • Ich hab den Roman für eine Leserunde begonnen, und nun auch eine Hausarbeit zu dem Thema bekommen. Was mich auch freut.


    Schön, dass Du hier über Dich plauderst, aber magst Du auch zum Buch selbst was erzählen? Ansonsten müssten wir den Betreff von "Klaus Mann - Mephisto" in "Anyu und die Freude an ihrer Hausarbeit" umbennen :breitgrins:

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Heute mal wieder ein weiterer Bericht dazu ...
    Da ich es für die Uni lese und da nicht zu weit dem Seminar voran gehen kann und will dauert es leider. Dazu kommt, dass es noch immer nicht zu den Büchern gehört die ich gern ese. Mein Vortrag kommt jedoch näher und ich muss langsam aber sich etwas dazu schreiben.


    Zunächst wird am Anfang der Schauspieler Höfgen beschrieben, der in seinem Äußeren große Parallelen zu Gründgens auweist. Man erkennt ihn in der Figur sehr gut wieder, auch weil sich die Beschreibung der Gönner und Fürsprecher sehr an die Realität hält, wenn auch die Szene in der es sich abspielt als sonsche wohl nicht statt gefunden hat. Nennen wir es literarische Freiheit.
    im weiteren bleibt es auch dabei - vergleicht man Höfgens und Gründgens anhand von Charakteristiken so stimmt auch das überein, und beim Lesen fällt einem eine gewisse, nciht zu leugnende, unangenehme Arroganz der Figur auf.
    Wie man lesen kann, ich mag ihn nicht.
    Etwas, das mein Dozent wohl nicht erfahren sollte? Egal.


    Sprachlich ist das Buch dennoch sehr schön. Es ist gut zu lesen, angenehm in Stil und immanenten Tempo. Die Perspektive wechselt nicht zu häufig und auch die Handlung, wie auch das Zeitgeschehen sind sehr gut eingebunden. Politische Geschehnisse der Zeit des NAtinalsozialismus werden nicht unnötig diskutiert, regen aber dennoch zum Nachdenken an, auch wenn die Handlung nicht ausschweifend ist.

  • Mephisto von einem Autor geschrieben der schon seit einigen Jahren zu meinen Lieblingsautoren zählt. Eigentlich könnte man sogar sagen das der Roman mein erster von Klaus Mann war - denn ich habe ihn begonnen und dann in der Mitte plötzlich abgebrochen. Warum das so war, daran kann ich mich ehrlich gesagt kaum noch erinnern. Eigentlich hatte ich immer vor ihn weiter zu lesen, dann kam es aber irgendwie nicht dazu und ich habe nach und nach andere Romane von Klaus Mann gelesen und mich mit seinem Stil immer mehr vertraut gemacht. Eigentlich lese ich möglichst einmal im Jahr irgendetwas von ihm. Dieses Jahr ist es dann endlich doch noch Mephisto geworden. Mich interessiert hier vor allem auch die Debatte um den Roman herum. Immerhin war es lange Zeit ein verbotenes Buch in Deutschland und das vor allem wegen der Persönlichkeitsrechte von Gründgen...

  • Ja, die Debatte und die juristischen Folgen des Romanes sind nicht uninteressant.


    Zitat von HoldenCaulfield

    lange Zeit ein verbotenes Buch in Deutschland

    stimmt nur bedingt. In der Bundesrepublik stimmt das. Dem entgegen stand jedoch die DDR wurde der Roman schon wesentlich eher gedruckt, da die Debatte um die Persönlichkeitsrechte hier nicht statt fand ... daher wurde der Roman bereits 1956 gedruckt - wo hingegen er in der BRD erst 1981 (trotz des Urteils)


    Ansonsten finde ich den Roman gar nicht so gut. Sicher ist er gut ausgearbeitet, und gerade die Entwicklung Höfgens hin zu dem Mann der er jetzt ist wird gut dargestellt, jedoch kann ich mich kaum mit ihm identifizieren. Gerade seine tyrannische Ader, die in der Zeit im Hamburger Künstlertheaters so stark hervor kommt macht ihn mir unsympathisch. Mir fehlt die Identifikationsfigur, sodass ich mich mit dem Roman schwer tue.

  • Gerade das es für mich keine Identifikationsfigur gibt macht es für mich umso spannender. Ich muss mich nicht mit den Figuren identifizieren können um einen Roman gut zu finden, vielleicht macht es einem den Zugang eventuell leichter aber ich mag es gerne mal sperrig ;) Ich glaube Klaus Mann wäre entsetzt wenn man sich mit seiner Hauptfigur identifizieren könnte :breitgrins: Ich persönlich finde an "Mephisto" vor allem gut wie Klaus Mann hinter die Fassade schaut und dabei ganz nebenbei aufdeckt wie die Theather und Filmpropaganda im dritten Reich ihre Schauspieler bei der Stange hielt. Gründgens ist bei weiterm nicht der Einzige der davon profitiert hat. Aber zum Zeitpunkt in dem Mann schreibt mit eines der Paradebeispiele.
    Das sich Gründgens selbst wiedererkennt und seine Familie vor Empörung aufschrie ist für mich im übrigen eines der vielen Zeichen der 50er und 60er Jahre... man sollte sich mal Gedanken darüber machen wie viel Wahrheit da wohl drinsteckte... denn wenn man nichts zu verbergen hat warum sollte man dazu dann schweigen und zum Schweigen bringen?


    Anyu
    Stimmt natürlich in der DDR hatte der Roman eine andere Rezeptionsgeschichte.

  • Meiner Ausgabe steht übrigens ein Kommentar vom Verleger voran in dem noch einmal die Rezeptionsgeschichte und das Verbot aufgegriffen werden. Meine ist eine aus den frühen 80er Jahren. Zu dem wird hier auch noch mal explizit betont das Klaus Mann nur einen Typus beschreiben wollte und nicht Gustav Gründgens (der ja eine Zeitlang mit Erika Mann verheiratet war). Ich bin mir da ehrlich gesagt nicht unbedingt so schlüssig darüber. Ich habe schon den Eindruck das die Paralellen gewollt sind. Andererseits kannte sich Mann ja auch selbst im Theathermilleu der 20er und frühen Dreißiger Jahre aus von daher ist es auch garnicht so abwegig das er sich in seinem Roman auf dieses bezieht. Er möchte ja eine Entwicklung beschreiben. Interessant finde ich dabei eben das gerade Schauspieler eben sehr davon profitieren konnten wenn sie Goebbels gefallen haben der ein großer Förderer sein konnte wenn es im passte.


    Edit: Weil mich die Frage dann doch beschäftigt hat, hab ich nochmal genauer nach geschaut. Meine Ausgabe ist die von 1980. Also die erste Ausgabe die in der BRD nach dem Gerichtsurteil veröffentlicht wurde. Ich finde sie ja eher scheußlich... Es ist ein in silber gehaltener Umschlag mit rotem Titel und vorne dann KLaus Manns Erklärung zum Roman. Sieht echt nicht schön aus - ich glaub das ist bis auf meine Simultanausgabe von Ingeborg Bachmann, das hässlichste Cover in meinem Bücherregal... und das bei einem meiner Lieblingsautoren. :zwinker:

  • Wenn man sich die einzelnen Kapitel anschaut, hat Klaus Mann den Roman wirklich geschickt unterteilt. Schon die Titel lassen erahnen das es um einen Mann geht der im laufe seines Lebens eine Entwicklung macht. Wohin genau wird sich erst herausstellen (auch wenn ich die grobe Handlung schon kenne und es von außen betrachtet also schon weiß). Auf jeden Fall erscheint mir Höfgen als Schauspieler und das gar nicht sehr auf der Bühne als im wahren leben. Er inszeniert sich immer wieder selbst und weiß ganz genau welchen Höfgen er "geben" muss um beim jeweiligen "Publikum" zu punkten. Sogar bei seiner Hochzeit kann er dieses Verhalten nicht abschütteln. Mein Eindruck ist das Höfgen einerseits neidisch ist auf alle die es leichter hatten als er aber andererseits zwingend zu diesem Kreis dazu gehören möchte. Er heiratet eine Tochter aus betuchtem Hause aber schnell merkt man das hier Liebe sicher die geringste Rolle spielt. Die Hochzeitsreise wird ja nicht einmal gemeinsam allein unternommen sondern mit einer Freundin der Braut.
    Bisher erschien mir Höfgens Frau Barbara etwas naiv aber so langsam wendet sich das Blatt und man sieht ein wenig hinter die Fassade. Mal sehen wie sie sich noch entwickelt.


    Interessant ist das Höfgen hier eher als Mensch geschildert wird der politisch gesehen aus dem Linken Milieu kommt und damit sympathisiert. Gleichzeitig haben wir aber auch einen Menschen der sehr auf seine Karriere aus ist und nichts auslässt um sie zu fördern. Gerade Erlebnisse aus seiner Kindheit in denen er sich stark schämen musste weil er vor vielen Menschen bloßgestellt wurde scheinen das mit zu beeinflussen.

  • Die zwischenmenschlichkeiten spielen im Roman ebenso eine Rolle. Vor allem Höfgens scheinbare Unfähigkeit überhaupt echte und liebevolle Gefühle für jemanden zu entwickeln. Eigentlich ist er meist neidisch auf eine Frau oder lässt sich von ihr unterwerfen und ernidrigen.


    Mit Gustaf Gründgens (interessant Hendrik Höfgen... um eins Verschoben sozusagen) kenn ich mir nur sehr grob aus und ein paar Anspielungen versteh ich durchaus (gerade natürlich auch die Mephistoanspielung) aber wie eng Mann das Leben von Gründgen tatsächlich einbaut kann ich selbst nicht erkennen. Da müsste ich wohl auch nochmal genauer auf eine Gründgens Biografie schauen.

  • Meine abschließende Meinung:


    Klaus Manns Roman Mephisto ist mittlerweile mein 5. Roman des Autors. Im Vergleich gefällt mir nach wie vor Der Vulkan am besten. Irgendwie waren mir die Figuren hier einfach zugänglicher. Ein Hendrik Höfgen ist wahrlich kein Mensch den man mögen kann, ich persönlich halte ihn für einen selbstgefälligen und dabei auch sehr unsicheren Menschen der letztendlich gegen seine achso festen Prinzipien handelt und die Möglichkeiten die ihm das Regime bietet nutzt um seine Karriere voran zu treiben. Seine Prinzipien die er in Gesprächen auch immer eher halbherzig vertritt sind auf einmal völlig andere gewesen und waren es schon immer...
    Ich hab mich während meines Studiums schon mehrmals mit der Propagandamaschinerie der Nationalsozialisten auseinander gesetzt und auch ein Referat über einen Propagandafilm gehalten. Insofern kenne ich mich was die Materie Film und Theatherschauspieler im Nationalsozialismus angeht ein wenig aus. Daher kann ich sagen das es definitiv genug Schauspieler gab die dies genauso genutzt haben wie Höfgen im Roman und selbst nach den1945er Jahren ihre eigene unpolitische Haltung beteuert haben... ich muss sagen das ich dies nicht unbedingt glaubwürdig finde. Aber gut auch Gustav Gründgens dessen Name eng mit dem Roman verbunden ist weil es eben heißt das er die Vorlage geboten hat, hat hier auf jeden Fall seinen Nutzen gezogen! Wo Rauch ist da ist auch Feuer, insofern kann ich mir nicht vorstellen warum Gründgens hätte klagen sollen wenn er nicht doch etwas zu verbergen hatte :rollen:


    Aber nun zurück zum Inhalt des Romans. Interessant fand ich vor allem die schleichende Entwicklung die Klaus Mann hier aufzeigt. Höfgen ist zu Beginn der eigentlichen Handlung ein eher unbekannter Schauspieler der sich nach und nach geschickt auf ein Anderes Niveau hebt. Er nutzt jede Möglichkeit die sich ihm bietet um einerseits andere Schauspieler geschickt aus zu manövrieren oder sich Einflussreichen Leuten an zu dienen. Gerade diese Beschreibung fand ich sehr gelungen und ich konnte mir auch gut einen echten Menschen dahinter vorstellen. (Auch Abseits der Ähnlichkeit mit Gründgens)
    Letztendlich kommt man auch nur seinem Denken und Fühlen richtig nahe. Man bekommt eine Charakterstudie präsentiert die recht geschickt erklärt warum jemand wie Höfgen (und andere die sich ähnlich fühlen wie er) im Nationalsozialistischen Deutschland bleibt und dort als Schauspieler gefeiert wird. Das mit dem Hintergrund wissen ähnlicher Biografien ist wirklich spannend zu lesen. Andere Figuren sind allerdings auch interessant auch wenn sie zum Teil nur kürzere Zeit eine Rolle spielen. Vor allem Höfgens Frau Barbara, sie kann man leicht unterschätzen, doch nach und nach stellt sie sich als die weit stärkere Persönlichkeit heraus.


    Klaus Mann ist einer meiner Lieblingsautoren, insofern finde ich Mephisto schon einmal gut, weil ich den Schreibstil mag, vor allem die Charakterausarbeitung Höfgens ist wirklich überzeugend gelungen. An Der Vulkan reicht Mephisto aber meiner Meinung nach nicht heran, einfach weil dieser noch eine Spannungsebene aufbaut die Mephisto irgendwie ein bissl fehlt. Andererseits ist es aus literarischer Sichtweise sehr interessant zu sehen wie Exilautoren die Lage in Deutschland betrachtet haben. Diese beiden Ebenen fließen bei mir also schon irgendwie zusammen - auch wenn ich zum Schluss aus dem Bauch heraus entscheide. :breitgrins:


    Alles in allem: 3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Klaus Mann - Mephisto


    Dieser Roman wurde im Rahmen unseres Lesekreises besprochen und da ich in dieser Phase krank war, habe ich das Buch nun im Urlaub nachgeholt. Vor allem aus dem Grund, weil die Ressonanz im Literaturkreis durchgehen positiv war.


    Auch ich kann mich der Meinung meiner Mitleser anschließen. Ich fand es fanszinierend wie aus dem bekennenden Kommunisten der Intendant des Berliner Theater im Nazi-Deutschland wird, welche Taktiken und Verwicklungen er eingeht, wie er sich selbst belügt nur um eine Karriere, Macht und Ansehen zu erreichen. Im Roman wird gezeigt, wie kühl und kalkulierend er vorgeht, ohne Reue oder ein Gewissen zu zeigen und ich fand den Spannungsbogen sehr gut gesetzt. Personen die zu Beginn auftauchen, von denen Gefahr für Höfgens Karriere ausgeht werden immer wieder geschickt eingesetzt und kommen zu Fall.
    Ich habe das Buch gern gelesen und mir waren dabei die Charakterstudien wichtiger als die irgendeine Identifikationsfigur.
    Interessant fand ich weiterhin einige Kommentare die in meinem antiquarisch erworbenen Exemplar eingetragen waren. Ein Vorbesitzer hat hier Anmerkungen dazu gemacht, auf welche Personen, Schriften oder Reden Klaus Mann Bezug nimmt. Im Urlaub habe ich nicht so viel Zeit gehabt diesen Hinweisen allen nachzugehen, die eine oder andere Quelle habe ich mir gekennzeichnet.


    Ein sehr gutes, zeitkritisches aber auch allgemeingültiges Buch mit vielen Charakterstudien. Ich habe Lust auf Klaus Mann bekommen.


    4ratten


    Grüße
    schokotimmi