Robert M. Pirsig - Zen and the Art of Motorcycle Maintenance

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 1.837 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Alice.

  • Hallo, ihr Lieben!


    Von selbst hätte ich ein Buch mit diesem Titel niemals angefasst. Aber da es sowas wie die persönliche Bibel von Schatz ist und seine Ausgabe dermaßen zerlesen und geliebt aussieht (er liest sonst kaum ein Buch mehrmals), habe ich mich an dieses philosophische Werk gewagt. Und es war eine fantastische Reise.


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    Deutscher Titel: Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten


    Vom Titel darf man sich in beiderlei Hinsicht nicht abschrecken lassen. Es erwartet einen weder eine Vorlesung über Zen-Buddhismus (obwohl kurz erwähnt) noch ein endloses Handbuch über technische Details der Motorradwartung. :breitgrins:


    Schon jetzt fällt es mir schwer, in einer Rezension zu sagen, worum es in diesem Buch geht.
    Die Rahmenhandlung ist eine Motorradtour durch die USA. Die Hauptperson und sein Sohn Chris fahren quer durch die Staaten, ohne ersichtliches Ziel oder bestimmten Grund. Zu Beginn der Reise haben sie noch ein befreundetes Paar als Begleitung mit dabei. Sie machen immer wieder Zwischenstops in kleinen, verschlafenen Städtchen, genießen die Natur und unterhalten sich über alles mögliche. Natürlich auch darüber, wie man am besten mit seinem Motorrad umgeht.


    Viel wichtiger als diese äußere Handlung ist jedoch die Geschichte, über die unser Hauptcharakter beim Reisen nachdenkt. Sein Chautauqua für diesen Motorradtrip. Darin geht es um eine Person namens Phaedrus, fast schon ein Genie, aber mit Sicherheit ein großer Denker und Philosoph. Der Werdegang diese Phaedrus wird erzählt und die Ideen, die ihm im Laufe seiner Karriere als Rhetorikprofessor an der Universität von Illinois gekommen sind. So bespricht Pirsig geschickt verpackt seine Metaphysik der Qualität. Darauf jetzt näher einzugehen, würde den Rahmen der Rezension sprengen und Pirsig selbst erklärt diese Philosophie wesentlich besser als ich es je könnte.


    Mir wurden beim Lesen jedoch immer öfter die Augen geöffnet. Er macht seine Ideen anschaulicher, indem er sein Motorrad als Beispiel verwendet oder als Analogie. Die Idee, dass quality allgegenwärtig ist, lässt sich aber auf alles im Leben anwenden. Sie erklärt etwa auch, warum uns die Lektüre eines guten Buches durch detaillierte Analyse und durch das Zerpflücken eines Werkes (man kennt das ja aus Schulzeiten) völlig vermiest werden kann.
    Sehr oft wird auch das Thema moderne Technologie angesprochen, und wie Menschen darauf reagiertn - und vor allem warum. In einer wunderbaren Textstelle erzhählt er bei Lagerfeuer von den furchtbaren Bedienungsanleitungen, die oft bei modernen Gerätschaften (und seinem Motorrad) gedruckt werden. Sein Beispiel bezieht sich auf die Anleitung zum Zusammensetzen eines japanischen Fahrrades :


    Zitat

    Assemby of Japanese bicycle require great peace of mind :breitgrins:


    Dass dieser erste Schritt in der Gebrauchsanleitung gar nicht so dämlich ist, wie er klingen mag, erklärt er dann seinen erstaunten Zuhörern am Lagerfeuer.
    Seine Beispiele umfassen später aber auch Rhetorik und kreatives Schreiben, Kurse, die er an der Universität unterrichtet. Hier folgen Passagen über das Notensystem und die Art zu unterrichten generell - jeder, der in der westlichen Welt zur Schule oder Uni gegangen ist, wird sich hier wiedererkennen. Pirsig hinterfragt nicht nur die Benotung von - vor allem - kreativen Kursen, sondern auch den Sinn hinter einem Unterricht, der aus Schülern Roboter macht, die nur wiedergeben, was ihnen erst vorgekaut wurde.
    Das beste Beispiel wurde hier mit einer Studentin angeführt, die verzweifelt ist, weil sie nicht wusste, was sie zum gefragten Thema schreiben solle. Das Thema wurde für sie dann eingegrenzt - von der kleinen Stadt auf die Hauptstraße der kleinen Stadt. Darüber würde sie sicher etwas schreiben können. Aber auch das fiel ihr schwer. Letztendlich wurde ihr als Aufgabenstellung genannt, über den obersten linken Ziegelstein in der Fassade des ersten Hauses auf der Hauptstraße der kleinen Stadt zu schreiben. Und siehe da! Die Ideen flogen ihr nur so zu.
    Währen sie zuvor versucht hatte, andere Leute zu kopieren, wiederzugeben, was sie irgendwo gehört hat - nach Regeln vorzugehen, wie man einen guten Bericht schreiben sollte, fand sie nichts brauchbares. Nun aber nur über einen einzigen Ziegelstein zu schreiben, das hatte noch niemand gemacht, sie konnte sich nur an sich selbst und ihren eigenen Ideen orientieren und musste absolut kreativ werden.
    Dieses Experiment wiederholte der Protagonist dann mit "Schreiben sie über die Rückseite ihrer linken Hand" oder "die Seite einer Münze". :breitgrins:


    Eine weitere tolle Stelle ist die, in der von einer Kirche die Rede ist, die schließlich verkauft und in eine Bar umgewandelt wird. Der ehemalige Priester wird befragt, ob es ihn nicht schmerze, ein Gotteshaus derart missbraucht zu sehen. Der Priester antwortet darauf: "Denken Sie denn, das sei eine Kirche? Nein, es ist eine Bar". Für ihn ist eine Kirch also ein Ort, an dem man zu Gott spricht, sie Gläubige versammeln, etc. Nicht eine spezielle Art von Architektur. Pirsig weist darauf hin, dass dasselbe für Schule und Universitäten gilt. Es ist nicht das Gebäude (oder der Campus), sondern was dort vor sich geht. Die Menschen und was sie dort tun.


    "Zen and the Art of Motorcycle Maintenance" ist voll von zitierbaren Stellen, lustigen Experimenten und tiefgründigen Überlegungen, die einem die Welt, wie wir sie kennen, plötzlich in ganz anderem Licht zeigt. Für mich war es nicht nur unheimlich erbauend sondern auch wirklich Augen öffnend. Die Rahmenhandlung, also die Reise mit dem Motorrad, rückt mit voranschreitender Seitenzahl, immer weiter in den Hintergrund. Aber auch diese Handlung wird spannend gehalten, da es Geheimnisse zu ergründen gilt, Ahnungen zu bestätigen und natürlich zu erfahren wie alles endet.


    Ich kann gar nicht genug sagen, wie sehr ich das Buch empfehle. Es ist zeitweise nicht leicht zu lesen, vor allem wenn die alten Griechen erwähnt werden. Oft findet man Passagen, in denen vom wissenschaftlichen Arbeiten die Rede ist - ohne einen dementsprechenden Kurs auf der Uni, wäre ich hier schon sehr verloren gewesen. Aber im Großen und Ganzen beschreibt Pirsig seine Ideen so gut, dass man sie verstehen kann, auch ohne ein großer Philosoph zu sein.
    Mehr kann ich auch nicht mehr dazu sagen, ohne zu viel zu verraten bzw. mich zu verrennen in Versuchen, "quality" zu erklären. Einfach selbst lesen. Es lohnt sich!


    5ratten


    Liebe Grüße,
    Wendy

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Hallo Wendy,
    ich muß die voll und ganz zustimmen. Pirsigs Buch ist phantastisch und hat mich seinerzeit (ich hab's vor über 20 Jahren in der Oberstufen- und Abi-Zeit gelesen) sehr beeindruckt und beeinflußt. Wahrscheinlich tut es das immer noch unterschwellig, auch wenn ich mich nicht mehr an viele Details erinnern kann.


    Schwuppdiwupp - rauf damit auf den SuB; wird Zeit, dass ich's mal wieder lese.


    Liebe Grüße


    Morwen

    "What we remember is all the home we need."

    Roberet Holdstock, Avilion


    Mein SuB: Link<br />Mein Goodreads-Account

  • Huhu Morwen,


    du hast Recht, es ist ein richtiges Immer-Wieder-Lesen-Buch.
    Mir fällt gerade auf wie lang meine Rezi geworden ist. Dabei hab ich mich schon so zusammengerissen, um mich nicht in Details zu verlieren. Aber dieses Buch ist einfach so reich an Zitaten und Ideen. Mir schwirrt noch der Kopf (im guten Sinne :breitgrins:).
    Und ich muss sagen, mir fällt die Arbeit leichter, seit ich meine Perspektive ein bisschen geändert habe. Ein Motorrad hab ich zwar nicht, um das ich mich kümmern könnte, aber diese Philosophie ist ja auf wirklich alles anwendbar. :zwinker:

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Meine Meinung

    ...könnte nicht gegensätzlicher zu der meiner Vorredner sein. Allerdings kann ich die Begeisterung auch verstehen, denn Zen and the art of motorcycle maintenance enthält viele Aussagen, die mir durchaus gefallen haben. Dass mir das Buch trotzdem nicht gefallen hat, liegt am Protagonisten. Seine salbungsvolle Art zu erzählen und dabei mit jeder Aussage zu zeigen, dass er seiner Meinung nach über allen Anderen steht, war nur nervig. Die Art und Weise, wie er mit seinem Sohn umgegangen ist, fand ich sehr kaltherzig. Das hat mir das Lesen schwer gemacht. Für mich leider ein :flop:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich kenne das Buch zwar nicht, Kirsten (den Titel so oft gehört, dass mir die Lust vergangen ist, es zu lesen..), aber absolute Arroganz beim Haupt-Protagonisten ist bei mir auch ein Leseerlebnis-vergällendes No-go. X/