Tobias O. Meißner - Am Ende der Zeiten (Die Dämonen 3)

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    Inhalt:
    Aus dem Schlund kann er es hören. Dämon Adain, der nach dem grossen Ausbruch der Dämonen in "Freiheit oder Finsternis" als einziger in ihrem Erdloch zurückgeblieben ist, kann alles hören. Dass es etwas Neues gibt dort oben und dass es etwas Anderes gibt. Nach langer Zeit des Studierens und Ausprobierens, schafft er sich voller Elan einen Körper, mit dem er die Welt erkunden möchte. Und er findet - zumal er nichs Besonderes erwartet hat.


    Meine Meinung:
    Band II der Dämonentrilogie, „Freiheit oder Finsternis“, war ein Knaller. Es war mehr als nur ein bombastisches Kriegsepos und etwas, das ich von einem High Fantasy Buch nicht erwartet hätte. Doch Band III, „Am Ende der Zeiten“, übertrifft dies noch einmal. Statt einer Kriegsschilderung finden wir hier eine postapokalyptische Welt vor, in der sich die letzten Menschen gegenseitig bekämpfen und ein einzelner Dämon sich auf eine haarsträubende Suche begibt.


    Die Welt ist karg geworden, die emotionalen Aspekte dafür umso intensiver. Dank der gut verteilten, wenigen Schlachtszenen hat man hier Zeit zum Atmen, wenn einem der Atem stockt und dünne Luft, das zu verarbeiten, was die Charaktere erleben – bevor sie schonungslos dem nächsten Greuel ausgesetzt werden.


    Wie bereits im Vorgänger beschönigt Meißner nichts, zeigt aber dieses Mal dank Dämon Adain zugleich mehr positive Aspekte der Welt auf. Die Reise ist nicht ganz so hoffnungslos, mit der Eliminierung lieb gewonnener Charaktere wird vorsichtiger umgegangen. Dadurch erleben die Figuren ihre Probleme aber auch umso intensiver und die Gesamtstimmung wird drückend, wenn auch das Buch eigentlich sehr schnell ist. Zuweilen erschien es mir sogar schneller als Band II, obwohl die Geschichte als solche gemächlicher wirkt. Vielleicht liegt es daran, dass man sich auf weniger Charaktere konzentrieren kann. Vielleicht hat aber auch der Umstand, dass ich es dank der Leserunde wesentlich schneller gelesen habe, dazu beigetragen. Jedenfalls herrscht nicht so ein Chaos und es kommt meiner Meinung nach deshalb hier auch mehr Stimmung auf.


    Die Atmosphäre ist herrlich, man fühlt mit den Figuren mit, man bekommt kaum Luft, weil diese gottverlassene Wüste so unwirtlich ist… Moment? Gottverlassen? Nun, wie Adain so schön erklärt hat: „Wenn ich eines bislang über diese Wüste gelernt habe, dann, dass es nirgendwo nichts gibt.“ Und somit hält das Ende dann noch eine leicht verstörende Überraschung bereit.


    Und damit höre ich jetzt auch auf, denn, wie bereits bei Band II, warum ein geniales Stück Literatur mit zweitklassigen Worten verschwenden? ;)


    5ratten und ein :tipp:

  • Hallo allerseits,


    ich hoffe, ich verrate nicht zu viel vom Inhalt in meiner Rezension. Falls doch, gebt mir bitte Bescheid, ja?


    Meine Meinung:


    Zwei Jahrhunderte sind vergangen seit der "Weiß-Sagung" - die Apokalypse, die das Reich der Menschen und das Reich der Dämonen veränderte, verstümmelte. Fast vernichtete. Aber nur fast. Die Gefährlichkeit der Dämonen ist jedoch Geschichte, einzig als Abbilder ihres Selbst irren sie in der Aschewüste der Welt umher, gejagt von den wenigen Menschen, die noch übrig sind. In großen Wüstenschiffen gehen diese waghalsigen Menschlein auf Reise, um die Zerrbilder zu "binden" und gegen andere Menschen als Waffen einzusetzen. Doch ein echter Dämon ist noch übrig: Adain, der all die Jahrhunderte grüblerisch und lernend im Dämonenschlund verbrachte und sich aus allem heraushielt. Die Schwingungen des Krieges, die Wucht der Zerstörung war dennoch groß genug, dass sie alles aus sicherer Entfernung miterleben konnte. Nun entschließt sich Adain, der sich nicht immer für ein Geschlecht entscheiden kann, den Schlund zu verlassen und weiterzulernen. Tatsächlich gibt es auch auf einer fast zerstörten Welt noch so unendlich viele Dinge, die ein wissbegieriger Dämon erfahren kann.


    Mit "Am Ende der Zeiten" liegt nun der dritte und letzte Teil der Dämonen-Trilogie vor und schon die ersten Zeilen entführten mich erneut in eine immer wieder verstörende, oftmals grausame und nur selten liebliche, dafür sexuell umso geladenere Welt. Tobias O. Meißner ist einer der wenigen Autoren, die es immer wieder schaffen, mit wenigen Zeilen die Bilder in meinem Kopf tanzen zu lassen. Humorvolle Dialoge


    "Kannst du rennen?", fragte Adain ihn. "Wenn ich dich jetzt trage, sieht das wieder ziemlich unvorteilhaft für dich aus."


    wechseln sich ab mit eindrücklichen Szenen


    Er spürte die Gegenwart eines Todes, der so groß, überlegen und eindeutig war, dass man ihn nicht einmal mehr zu fürchten brauchte.


    und geschickten Wortexperimenten:


    "Müssen denn nicht alle Wesen aus dem Schlund das Wesen des Schlundes in sich tragen?"


    Die Charaktere werden dieses Mal ein bisschen von Adain an die Wand gespielt, obwohl sich natürlich auch hier wieder Originale tummeln: Das Jüngelchen Koaron, das sich erst mal unter Beweis stellen muss. Das Mädchen Voy, dessen Lebensinhalt es ist, Freude zu spenden. Dereiferer, dessen Name Programm ist. Und natürlich treffen wir auch wieder auf ein paar alte "unkaputtbare" Bekannte. Die Beschreibung der Stadt Witercarz ist spektakulär. Großartig. Wahnsinn(ig). Schrecklich. Spannend. Traurig. Nicht nur die Beschreibung einer sehr besondere Stadt ansich, sondern auch das Danach.


    Was bleibt nach der Lektüre? Ein zufriedenstellendes, nicht ganz so trostloses Ende wie beim Vorgänger und doch: Es ist, wie es immer ist. Die Menschen lernen nichts aus ihrer Vergangenheit. Nie. "Wer sich der Geschichte nicht erinnert, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." (George Santayana). Wie lange dauert es, bis Geschichte "vergessen" wird? 200 Jahre? 2000 Jahre? Vielleicht aber auch nur 20 Jahre. Erneut hat mir das Lesen eines Buches wunderbare Sätze und eindrückliche Momente beschert. Eine "Beste-Zitate-Sammlung" umfasste vermutlich 80% von "Am Ende der Zeiten" und doch war es immer wieder schrecklich zu lesen, wie Adain sich im Laufe des Buches veränderte.


    Wie schon oft zuvor regte mich auch dieses Buch von Tobias O. Meißner zum Nachdenken an. Ständig trifft man auf Parallelen zwischen DämonSein und MenschSein. Was ist dämonisch? Was menschlich? Welche Spezies ist höher entwickelt, welche intelligenter? Und eine ganz große Frage, die ich mir vor allem gegen Ende des Buches gestellt habe: Was ist Mut? Bedeutet Mut, Ideale über Bord zu werfen, um zu überleben? Oder an den Idealen festhalten und dafür dann vielleicht zu sterben?



    Da mich "Freiheit oder Finsternis" noch ein bisschen mehr umgehauen hat, müsste es hier leider einen kleinen Punktabzug geben. Trotzdem ist "Am Ende der Zeiten" der würdige Abschluß einer großartigen Trilogie und in der Gesamtheit jede einzelne Ratte wert.


    5ratten

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

    Einmal editiert, zuletzt von nimue ()

  • Hallo zusammen!


    Die Dämonen - Am Ende der Zeiten heisst also der dritte und letzte Band von Tobias O. Meißners Trilogie. Von Dostojewskij sind wir unterdessen weit weg, wieder ganz im Reich der Fantasy. Das ist schade einerseits, andererseits kann heute - nach Dostojewskij, Camus und Doderer - das Thema wohl nur noch in diesem Rahmen befriedigend abgehandelt werden. Im Ganzen rundet Band 3 die Trilogie sehr gut ab, im Einzelnen ... nun ja, im Einzelnen gibt es Dinge, die ich anders gemacht hätte. Tobias hat erklärt, warum er es so und nicht anders gemacht hat; er und sein Lektor (bzw. seine Lektorin, so genau weiss ich das nicht), er und sein Lektorat also waren sich offenbar dahingehend einig, dass dieser Band 3 ein guter Schluss für die Trilogie sei.


    Band 3 - im Ganzen
    Im Ganzen rundet Tobias das Geschehen sehr schön ab. Sein Endzeit-Szenario bringt sicher kaum Neues, aber was er bringt, bringt er sprachlich gekonnt. (Was etwas heissen will, denn ich habe bei moderner Fantasy auch schon anderes gesehen.) Die Stadt, aus der einer der Protagonisten stammt, ist atmosphärisch dicht und gut beschrieben. Und - ein cleverer Trick des Autors - wir lernen sie erst spät nach dem Protaginisten selber kennen. Dies ermöglicht Tobias, Dinge in einer Art Rückblende aufzuarbeiten.


    Eines der Bücher übrigens, in denen die zum Teil doch recht deftigen Sex-Szenen durchaus an ihrem Ort waren, zum Charakter der Agierenden auch gut passten.


    Band 3 - im Einzelnen
    Der Schluss stellt eine merkwürdige Mischung dar. Zum einen sind unsere Helden am Schluss plötzlich auf einer Queste begriffen, erforschen das und dieses und eines und lassen sich gehörig Zeit dabei. Der Leser, langsam auf den Showdown wartend, knabbert an seinen Fingernägeln. Denn: Es passiert nicht wirklich etwas. Wir erforschen ein paar Orte mit unsern Protagonisten, doch für die Queste schaut wenig heraus - ausser ein paar Toten. Weder entwickeln sich die Charaktere so wirklich (am meisten noch Adain, der einzige aus Band 2 lebendig und übrig gebliebene Dämon), noch sind die Erfahrungen aus diesen Schluss-Stationen wirklich wichtig für die Queste. Kein Gral wird gefunden, kein Stein der Weisen. Der eigentliche Schluss dann: ebenso erwartet wie unerwartet. Nietzsche lässt grüssen und mit ihm gewissen Strömungen des Hinduismus. (Ich mag diese Geschichsmodelle nicht, ob sie nun religiös motiviert sind, wie im Hinduismus; philosophisch (oder jedenfalls fast) wie bei Nietzsche; pseudo-historisch wie bei Spengler; oder fast echt-historisch wie bei Toynbee. Von minderen Geistern zu schweigen.) Die Charaktere werden für meinen Geschmack viel zu schnell umgestülpt wie ein alter Handschuh. Ich hatte den Eindruck, dass die Zeit, die Autor, Leser und Protagonsiten am Ende der Queste verloren hatten, nun wieder eingebracht werden musste. Anders rum wäre mir lieber gewesen, denn die dahinter steckende Idee, dass alle Geschöpfe Kinder eines bizarren Gottes sind, hat was für sich.


    Was mich aber wirklich gepackt hat, und wofür ich das Buch wohl nie mehr vergessen werde: die ziemlich zu Beginn geschilderte Jagd auf Dämonen. In Schiffen (die sich zwar an Land, offenbar auf Sand, fortbewegen) bzw. in Beibooten und mit Harpunen. Seit Melville (Moby-Dick!) habe ich nichts derartiges mehr gelesen; und Tobias entpuppt sich in diesen Szenen als kongenialer Nachfolger des Amerikaners. Chapeau!


    Fazit
    Kein typischer Fantasy-Fliessband-Roman, auch wenn sich die Queste am Ende wieder eingeschlichen hat. Spannende Unterhaltungsliteratur der Postmoderne, die richtungsweisend sein könnte, wenn es das in der Postmoderne noch gäbe.

    Fazit zur Trilogie

    Der erste Band bei weitem der beste, interessanteste. Band 2, auch wenn mir Tobias erklärt hat, warum dieser Band seiner Meinung nach sein muss: zu chaotisch, zu sinnlos. Hier hätte ich mir das gewünscht, was Tobias zum Schluss des dritten Bands gesagt hat: kürzer wäre knackiger gewesen. Band 3 dann mit seiner Endzeit-Stimmung holt wieder Terrain ein. Tobias kann schreiben; manchmal allerdings sind wir darüber, wie eine Geschichte zu führen sei, verschiedener Meinung.


    Grüsse


    sandhofer


    [auch veröffentlicht auf: litteratur.ch]

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Der ewige Kreislauf


    210 Jahre sind seit dem großen Krieg zwischen Menschen und Dämonen, der das Land Orison vernichtet hat, vergangen. Das Land gleicht einer großen weißen Wüste, an deren Küste vereinzelte Städte durch die wenigen überlebenden Menschen entstanden sind. Der letzte überlebende Dämon im Dämonenschlund, der damals nicht an dem großen Feldzug teilnahm, hat in den letzten Jahrhunderten die Schriften des großen Dämonenkönigs studiert und seine Ruhe im Schlund genossen. Allmählich beginnt er sich aber zu langweilen und er wird zusehends neugieriger auf die Welt der Menschen. So beschließt er, seinen Schlund zu verlassen und sich unter die Menschen zu mischen – was für den Fortbestand der neuen Welt nicht ohne Folgen bleibt.


    Im dritten Band von Meißners Dämonentrilogie erwartet den Leser eine veränderte Welt im Gegensatz zu den ersten beiden Bänden: das Land Orison existiert nicht mehr, das Landesinnere ist eine einzige weisse Wüste mit ein paar Ruinen. Im Süden bildet die Stadt Aztrivavez den Stützpunkt der Wüstensammler; die Stadt wurde von dem versoffenen Kapitän Blannitt gegründet, der inzwischen ein Held ist. Die Wüstensammler kreuzen mit speziell beräderten Schiffen durch die Wüste auf der Suche nach Wesen, die wie eine Nachbildung der früheren Dämonen aussehen, aber keine sind.
    Wie es typisch für Menschen ist, liegen die Aztrivavezer mit den „Bescheidenen“ im Konflikt, die mehrere Küstenstädte im Osten des Landes halten. Deren König stammt aus dem nördlichen Land Coldrin.


    Adain, der letzte Dämon, verlässt in Menschengestalt den Dämonenschlund, da er neugierig auf die Welt der Menschen ist. Während ihm anfangs die Wüstensammler gefallen, langweilt ihn zunehmend der Konflikt der Aztrivavezer mit den Bescheidenen, da er keinen Sinn für sich darin sieht. Vielmehr hat er das Bedürfnis, irgendwas oder -wem folgen zu müssen, das im Landesinnere zu liegen scheint.


    Wie auch in den ersten beiden Bänden gibt es hier reichlich eklige-schöne Kampfszenen und einzigartig skurrile Charaktere, mit denen der Autor wiederum nicht zimperlich umgeht. Besonders faszinierend fand ich die neue Welt nach der Weiß-Sagung mit ihren Wüstenschiffen, ein weiterer Höhepunkt ist der Besuch der Ruinen im Landesinnere – hier läßt der Autor seiner kreativen Phantasie freien Lauf.


    Besonders gespannt war ich auf das Ende dieser furiosen Trilogie: es kommt relativ ruhig daher und läßt genügend Spielraum zum Nachdenken – für mich ist das Finale perfekt!


    5ratten

    Liebe Grüße

    Karin