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Julis Eltern haben sich getrennt, jetzt wohnt abwechselnd eine Woche ihre Mutter bei den Kindern im Haus, die nächste Woche der Vater. Doch eines Tages ist ihre Mutter einfach verschwunden und kein Mensch scheint sich darum zu kümmern. Zum ersten Mal in ihrem Leben rebelliert Juli, bricht aus dem starren Regelgefüge aus, hinterfragt und trifft eigene Entschiedungen. Die unkonventionelle neue Mitschülerin Ksü und deren Bruder Ivan stehen ihr dabei zur Seite.
Alina Bronsky hat ihre Welt sehr subtil aufgebaut. Denkt man am Anfang noch, dass die Geschichte in unserer Welt zu unserer Zeit spielen könnte, kommen spätestens wenn die Begriffe “Normale” und “Freaks” wiederholt verwendet werden erste Zweifel auf. Nach und nach findet man heraus, dass Juli in einem totalitären Staat lebt, in dem alles genauestens geregelt ist. Und wer von dieser Normalität abweicht, wird zum Freak degradiert und aus der Gesellschaft ausgeschlossen.
Da die Protagonistin Juli sehr behütet aufgewachsen ist, hat sie Missstände bisher kaum wahrgenommen und bricht erst jetzt aus ihrem normalen Leben aus. Es ist sehr interessant zu beobachten, wie sie sich langsam von Zwängen löst und anfängt, Regeln zu brechen und Tatsachen zu hinterfragen. Doch andererseits war es für mich etwas schwer nachzuvollziehen, warum sie ihre Werte, die ihr 15 Jahre lang anerzogen wurden, in so kurzer Zeit über Bord wirft und eine Wendung um 180 Grad durchmacht. Etwas weniger radikale Änderungen in Julis Lebenswandel wären für mich glaubhafter gewesen.
“Spiegelkind” ist angenehm und flüssig zu lesen, ich habe mich gut unterhalten gefühlt und wollte das Buch in der ersten Hälfte gar nicht mehr aus der Hand legen. Es wurden viele interessante Punkte angesprochen und ich habe mir die Lösung einiger Rätsel erhofft. Doch leider wurde mir dann schnell klar, dass keine Antworten kommen und stattdessen nur noch mehr Fragen aufgeworfen werden. “Spiegelkind” ist der Auftakt zu einer Trilogie, doch trotzdem hätte ich mir für den ersten Band ein paar Antworten gewünscht, so dass man als Leser zwar noch neugierig auf den nächsten Teil ist, aber nicht frustriert und mit einem großen Fragezeichen sitzen gelassen wird.
Ich finde es allgemein schade, dass jedes Buch, das vielleicht auch ein guter Einzelroman hätte werden können, zu einer Trilogie breitgewalzt wird. Und auch hier hat es mich geärgert, dass ein spannender Einstieg vergeudet wurde, um nichts weiter als eine lange Einleitung zu schreiben. Ich hätte zwar nach wie vor gerne Antworten auf viele Fragen, doch bin mir nicht sicher, ob ich die Trilogie weiterlesen werde.
Fazit: “Spiegelkind” ist ein spannender Einstieg in eine ganz neue, gut und nachvollziehbar aufgebaute Welt, doch leider bleibt vieles unklar oder wird nur angedeutet. Antworten auf die 1000 offenen Fragen darf man hier nicht erwarten, sondern muss auf die Nachfolger hoffen.