Fritz Müller-Scherz – Der Untergang der Pamir

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    Inhalt: 1957 geht die Pamir, einer der letzten Großsegler im Frachtverkehr, nach Buenos Aires ab. Da sie als Segelschulschiff der Handelsmarine eingesetzt wird, befinden sich an Bord unter anderem 51 Kadetten. Einige davon werden zunächst mit ihrer Vorgeschichte vorgestellt, ebenso der Kapitän, der Erste Offizier und der Bootsmann. Erste Probleme deuten sich in Buenos Aires an. Da die Hafenarbeiter und Schauerleute streiken, müssen die Matrosen selbst, mit Unterstützung durch argentinische Soldaten, die Pamir beladen. Auf Befehl des Kapitäns wird dabei nur eine Schicht von wenigen Säcken Gerste auf die ansonsten als Schüttgut geladene Menge gelegt. Gerste besitzt eine hohe Fließgeschwindigkeit, die Gefahr eines Verrutschens der Ladung ist also hoch. Außerdem läßt der Kapitän auch die Tieftanks, die in einem Sturm eigentlich dem Ballastausgleich durch Flutenlassen dienen, mit Gerste beladen. Im September ist die Pamir bereits auf der Rückfahrt, der über dem Atlantik tobende Hurrikan Carrie scheint keine Gefahr, da er sich in nordwestliche Richtung bewegt. Aber eine plötzliche Richtungsänderung läßt Schiff und Sturm den Weg kreuzen, mit fatalen Folgen für Schiff und Besatzung. Am 21. September 1957 sinkt die Pamir, insgesamt kommen 80 der 86 Besatzungsmitglieder ums Leben.



    Meine Meinung: Müller-Scherz, Drehbuchautor des Films, hat diesen gleichnamigen Roman nachgelegt. Es handelt sich ausdrücklich um einen Roman und keine genaue Rekonstruktion der Ereignisse, was man schon daran sieht, daß die Namen durchgehend geändert wurden und auch Anpassungen daran vorgenommen wurden, wer überlebt. Die grobe Linie, also das Ladungsproblem, der Untergang selbst und die folgende Suchaktion, ist zum Glück korrekt. Dieser Part hat mir auch gut gefallen, leider machte er nur einen kleinen Teil des gesamten, ohnehin nicht dicken Werkes aus. Zum einen dauert es einige Zeit, bis überhaupt in See gestochen wird, schließlich müssen erst ein halbes Dutzend Leute mit ihrem Vorleben vorgestellt werden. Und zum anderen nehmen ab dann die Blicke aufs Land, also die Angehörigen einiger der Besatzungsmitglieder, mindestens so viel Raum wie die Geschehnisse an Bord selbst ein. Besonders nervig fand ich dabei dieses Vielleicht-wird-es-ja-doch-noch-eine-Affäre-Gehampel der Kapitänsfrau, die sich nicht entschließen kann, ob sie dem smarten Piloten den Vorzug vor ihrem Gatten geben soll. Ich habe jedesmal innerlich aufgestöhnt, wenn die Perspektive wieder dorthin wechselte. Andere Zweige waren nicht ganz so schlimm, aber mich hätte eben der Seefahrtsteil deutlich mehr interessiert. Ich kann mir das Ganze im Hinblick auf den vorlagegebenden Film, aus dem auch einige Bilder beigegeben sind, recht gut vorstellen, aber als Roman fand ich das Konzept nicht überzeugend. Da sowohl Film als auch dieses Buch zum Film sich wohl etliche Freiheiten und Abweichungen von den tatsächlichen Ereignissen erlauben, sollte man bei entsprechendem Interesse vielleicht eher auf anderes aus der umfangreichen Literatur zur Pamir zurückgreifen, und dann bleibt letztlich nicht besonders viel übrig, warum man nun ausgerechnet diesen Roman lesen sollte.


    1ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß
    Aldawen

  • Bücher, die Filmhandlungen nachgeschoben werden, lassen häufig viele Wünsche offen. Mein Eindruck ist immer, dass man damit Menschen zufrieden stellen möchte, die mit dem Film nichts anfangen können, aber trotzdem eine Vorstellung davon bekommen wollen. Abgesehen davon sind zwischenmenschliche Sachverhalte und Action generell attraktiver als nautische Themen. Das merkt man auch dann, wenn zuerst das Buch herauskam und danach der Film. Meist werden dann im Film Realität und trockene Fakten zugunsten der publikumswirksamen Inhalte zusammengestutzt.


    In dem Zusammenhang kommt mir die Frage, wie lange es dauert, bis der Film "Der Untergang der Costa Concordia" erscheint.


  • Bücher, die Filmhandlungen nachgeschoben werden, lassen häufig viele Wünsche offen.


    Ob es häufig so ist, kann ich nicht beurteilen, da ich dafür zu wenig Filme sehe. Wenn das aber so zutrifft, dann wäre es interessant, ob dieser Zusammenhang so sein muß, also quasi strukturimmanent ist, oder ob es eher ein Problem des Schreibers darstellt, sich von der filmischen Vorlage soweit zu lösen, wie es eine literarische Umsetzung des Themas erforderte.



    Mein Eindruck ist immer, dass man damit Menschen zufrieden stellen möchte, die mit dem Film nichts anfangen können, aber trotzdem eine Vorstellung davon bekommen wollen.


    Hm, dann würde ich aber doch erwarten, daß man sich mehr um eine lesekonforme Ausgestaltung bemühen müßte. Ich habe eher den Eindruck, daß damit vielleicht denjenigen, die den Film gesehen und für gut/interessant/spannend/was-auch-immer befunden haben, eine weitere Form präsentiert werden soll, mit der sie das Filmerlebnis vertiefen bzw. erweitern können. Ich könnte mir vorstellen, daß jemand, der wie in diesem Fall, ein paar dramatische Filmbilder vom Untergang der Pamir im Kopf hat, auch diesen Roman ganz anders, „mitfiebernder“ lesen würde, schon allein, weil die Personen wahrscheinlicher durch die Schauspieler bereits plastischer geworden sind.


    Jedenfalls waren meine Erwartungen an diesen Roman gerade wegen des Buch-zum-Film-Labels schon nicht besonders hoch, aber sie wurden noch recht locker unterboten.


  • In dem Zusammenhang kommt mir die Frage, wie lange es dauert, bis der Film "Der Untergang der Costa Concordia" erscheint.


    Da rechne ich eher mit einem triefigen TV-Doku-Drama :elch:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • Hm, dann würde ich aber doch erwarten, daß man sich mehr um eine lesekonforme Ausgestaltung bemühen müßte. Ich habe eher den Eindruck, daß damit vielleicht denjenigen, die den Film gesehen und für gut/interessant/spannend/was-auch-immer befunden haben, eine weitere Form präsentiert werden soll, mit der sie das Filmerlebnis vertiefen bzw. erweitern können.


    Klar, das ist auch ein Punkt, aber glaube nicht, dass er im Vordergrund steht. Man möchte eben für sein Produkt den Markt ausreizen und Menschen erreichen, die nicht so kinoaffin sind. Geschrieben werden die Bücher dann vielleicht von unbekannten Autoren mit wenig Erfahrung, denen man aber wegen des schlechten Inhalts keinen Vorwurf machen kann, weil sie als einzige Vorlage den Film haben. Den Verlegern wird schon klar sein, dass das Buch wohl kaum von denen gekauft wird, die an bloßen Fakten über die Pamir interessiert sind (es gibt natürlich Ausnahmen :zwinker:), und um Spannung aufzubauen, muss dann eben die Liebesgeschichte her.


    @ Valentine
    Ich bin sicher, dass die ersten Anfragen von Sendern schon laufen, und je nach dem, wer das Rennen macht, trieft es mehr oder weniger.