Javier Marías - Die sterblich Verliebten

Es gibt 19 Antworten in diesem Thema, welches 5.150 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kirsten.

  • Javier Marias - Die sterblich Verliebten.


    Das Buch erscheint erst in den nächsten Tagen, aber ein Leseprobe ist auf den Seiten des Verlages schon jetzt verfügbar. Ist dieser erste Absatz nicht wunderbar poetisch?


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Zitat des ersten Absatzes (aus dem 2. Kapitel)


    VOM ERSTEN TAG AN war mir klar, dass sie ein Ehepaar
    waren, er, um die fünfzig, sie, ein gutes Stück jünger,
    wohl noch nicht vierzig. Besonders nahm mich ein, wie
    sehr sie ihre Gesellschaft genossen. Zu einer Tageszeit,
    zu der kaum jemand für etwas zu haben ist, schon gar
    nicht fürs Scherzen und Lachen, redeten sie unentwegt,
    amüsierten und ermunterten sich, als hätten sie sich
    eben erst getroffen, ja kennengelernt, wären nicht gemeinsam
    aus dem Haus gegangen, hätten sich nicht
    gleichzeitig zurechtgemacht – vielleicht sogar im selben
    Badezimmer –, wären nicht im selben Bett aufgewacht
    und hätten nicht als Erstes das Gesicht des anderen gesehen,
    Tag für Tag seit langen Jahren, dazu noch Kinder,
    die sie ein paarmal begleiteten, das Mädchen um die
    acht, der Junge um die vier und seinem Vater unglaublich
    ähnlich.


    Gruß, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()

  • Hallo!


    Du hast recht, die Leseprobe klingt wirklich schön und macht mir fast ein bisschen Lust, es noch einmal mit Javier Marias zu versuchen. Schließlich mochte ich die Bücher von ihm. die ich vor einigen Jahren gelesen habe, sehr. Allerdings ist in dem vorgestellten Absatz auch wieder so ein langer, verschachtelter Satz der mich bei der zweiten Lektüre zum Aufgeben gebracht hat....


    Ich glaube, ich warte ab bis ich das Buch in die Hände bekomme und hineinlesen kann. Vielleicht wage ich noch einmal einen Versuch.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Auf den Seiten des Verlages kannst du doch schon 14 Seiten lesen. Marias schreibt doch eigentlich immer in diesen eleganten Schachtelsätzen. Vielleicht wäre ja auch das Hörbüch was für Dich.


    Gruß, Thomas

  • Hach. Schön. Ich bin sehr gespannt auf Deinen Eindruck, Thomas (Du wirst es ja sicher zeitnah lesen, oder? ;) )

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Javier Marías hat schon eine besondere Art zu schreiben, auch wenn er nicht immer leicht zu lesen ist. Mein Herz so weiß, habe ich zwei Mal begonnen und wieder abgebrochen. Morgen in der Schlacht denk an mich, habe ich allerdings letztes Jahr gelesen und dieses Buch hat mir eigentlich ganz gut gefallen. Vor allem diese akribische Art jeden Gedanken und jedes Gefühl zu beschreiben und in Worte zu fassen.


    Viele Grüße Tina

  • Javier Marías - Die sterblich Verliebten


    Kurzbeschreibung (Amazon)
    Madrid, ein Café: Jeden Morgen beobachtet María das perfekte Paar Luisa und Miguel. Sie ist gefangen von der zärtlichen Aufmerksamkeit der Liebenden. Doch dann geschieht etwas Schreckliches, und María gerät in einen Irrgarten aus Ahnungen und Verdächtigungen. Sie kennt die Liebe, sie kennt den Tod, aber kennt sie auch die Wahrheit?


    Rezension
    Die Kurzbeschreibung auf Amazon verrät nun so gar nichts über den Inhalt. Ich will es somit auch nicht tun. Marías schreibt einen spannend zu lesenden Roman, der relativ einfach zugänglich ist. Der im ersten Posting aus der Leseprobe entnommene Text stammt nicht aus dem 1. Kapitel, da dies der Verlag nicht abgedruckt hat, sondern erst aus dem 2. Kapitel.


    Der Roman hat ein zentrales philosophisches Thema: den Tod. Den Rahmen dafür bildet das immer wieder auftauchende Shakespeare-Zitat aus Macbeth "he should have died hereafter", dass frei übersetzt dafür steht, dass jemand zu früh verstorben ist. Marías schreibt: "Da liegt der Haken, denn alle sterben wir, und letztlich ändert sich nicht allzu viel - im Grunde gar nichts -, wenn jemand vorzeitig an die Reihe kommt und umgebracht wird, der Haken liegt im Wann, aber wer weiß schon, welches Wann angemessen und richtig ist, was bedeutet 'hiernach' oder 'fortan', wenn das Jetzt naturgemäß veränderlich ist, was bedeutet 'zu einer anderen Zeit', wenn es doch nur eine Zeit gibt, die fortwährt und nie abbricht und sich ewig auf den Fersen bleibt, voll Ungeduld und ohne Ziel, die sich überstürzt, als läge es nicht in ihrer Macht, sich zu bremsen, als wüsste sie selbst nicht um ihren Sinn. Und warum geschehen die Dinge, wann sie geschehen, warum zu diesem Zeitpunkt und nicht im vorigen, nicht im folgenden, was ist Besonderes, Entscheidendes an diesem Moment, was hebt ihn heraus, wer wählt ihn aus, und wie kann man sagen, was Macbeth anschließend gesagt hat, ..." Macbeth hat gesagt: "There would have been a time for such a word." "es hätte eine Zeit für solch ein Wort gegeben".


    Diese philosophischen Abhandlungen über den Tod, sie mäandern fast über den gesamten 430 Seiten langen Text, bilden die zweite Ebene des Romans. Über die erste Ebene, die Handlung, verliere ich hier kein Wort. Die Ausführungen lesen sich mit Leichtigkeit und sind mit erhellenden Gedanken erfüllt. Was bleibt von uns, wenn wir tot sind und warum sollen Tote nicht zurückkehren? Zwei weitere Stücke aus der Literatur werden herangezogen, die Protagonisten greifen im Buchregal zu diesen Werken: Balzacs Novelle "Oberst Chabert", in der ein Toter wieder zurück zu seinen Lieben zurückkehrt sowie "Die drei Musketiere". Auch wenn Marías natürlich keine literaturwissenschaftliche Abhandlung über wenige dort ausgewählte Textstellen geschrieben hat, legt er eine brillante Sichtweise auf die Werke vor und macht so Lust darauf, alle Stücke im Original nachzulesen.


    Javier Marías gehört für mich neben Philip Roth zu den bedeutendsten internationalen Gegenwartsautoren. An die intellektuelle Größe seines 3-bändigen Vorgängerromans "Dein Gesicht morgen" kommt dieses Werk meines Erachtens nicht heran, dafür ist es in sich geschlossener, jedoch weniger mutig in seiner Szenerie und Explizität. Dennoch ein Lesespaß erster Güte.


    5ratten


    Gruß, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()

  • Hallo!


    Madrid, ein Café: Jeden Morgen beobachtet María das perfekte Paar Luisa und Miguel.


    Gibt es wirklich ein perfektes Paar? Diese Frage mich -unabhängig von diesem Buch- immer wieder. Und irgendwie läßt mich das Buch auch trotz meiner Abneigung gegen Javier Marías nicht mehr los. Ein kurzer Blick in den Katalog meiner Bücherei hat gezeigt, dass es steht. Deshalb denke ich, dass ich den Versuch wagen werde.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Thomas: ich meinte nicht ein Paar mit dem perfekten Schein :zwinker: Von aussen scheinen viele Paare dicht am perfekten Paar dran zu sein. Das sind dann meistens die, die sich "ganz überraschend" trennen. Perfektion ist also nicht alles.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Die NZZ bringt ein Interview mit dem Autor. Mit seinem Buch "Die sterblich Verliebten" hat Marias jetzt erst den Durchbruch in den USA geschafft:


    http://www.nzz.ch/aktuell/feui…lichen-zeiten-1.18154703#


    Beruhigend zu lesen, dass Marias bereits 300 Seiten eines neuen Romans geschrieben hat. 2014 wird er hoffentlich in Spanien erscheinen, 2015 vielleicht in Deutschland.


    Interessant zu lesen, dass Marias alle spanischen Literaturpreise sowie alle Einladungen spanischer Literaturinstitute ablehnt.


    Gruß, Thomas

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Inhalt
    Jeden Morgen beobachtet María ein Ehepaar in einem Café. Für sie sind die Beiden das perfekte Paar. Doch dann wird der Mann getötet. als seine Witwe Luisa wieder in dem Café auftaucht, freundet sich Luisa mit ihr an.


    Bis jetzt
    Wahrscheinlich hat schon jeder von uns einen Menschen oder ein Paar, das man regelmäßig sieht, ein wenig beobachtet und sich vorgestellt, wie deren Leben wohl sein wird. Vielleicht hat man sich auch gewünscht, dass man an diesem Leben teilhaben kann. Von Luisa erfährt María, dass es umgekehrt genauso war. Aus der Beobachterin wurde die Beobachtete und ein wenig Beneidete.


    Miguels Tod erschüttert María. Trotzdem finde ich es mutig, dass sie seine Witwe anspricht denn auch wenn sie sich täglich gesehen haben, kennen sie sich doch kaum. Genauso mutig finde ich das Vertrauen, dass Luisa ihr sofort entgegenbringt. Sie lädt sie sogar in ihre Wohnung ein.


    Ich verstehe die Motive der beiden Frauen noch nicht und vermute, dass viel mehr dahinter steckt als man bis jetzt sehen kann.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ah... die endlos wirkenden Sätze, die mir die Werke von Javier Marías so schwer machen, haben angefangen. Diesmal in Form von Marías neuem Freund. Der ist eigentlich in Luisa verliebt, aber die ist noch nicht wieder zu haben. Also tröstet er sich mit María. Der macht die Rolle der Lückenfüllerin offensichtlich nichts aus.


    Bei dem Verhalten der drei frage ich mich, was wirklich hinter dem Tod von Luisas Mann steckt. Hatte einer von ihnen die Hand im Spiel? Aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Javier Marías die Geschichte als reinen Krimi aufgezogen hat.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Ich hatte tatsächlich recht. Der Tot von Luisas Mann war geplant. Was macht María jetzt mit diesem Wissen? Obwohl die Geschichte spannend wird, hänge ich im Moment. Die Sätze werdeb immer länger und verschachtelter und das ist genau das, was mir bei den Büchern von Javier Marías keinen Spaß macht. Aber der Lesevorsatz für dieses Jahr ist auch, kein Buch mehr abzubrechen. Ich bleibe also dran :zwinker:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Meine Meinung
    Mit Javier Marías verbindet mich seit langer Zeit ein eher gespanntes Verhältnis. Die ersten Bücher, die ich von ihm gelesen habe, habe ich verschlungen. Danach habe ich mich mit seinen Werken schwer getan und festgestellt, dass ich auch die zuerst gelesenen Bücher nicht mehr mag. Bei diesem hier hat mich die Rezi von Thomas nicht nur neugierig, sondern auch mir richtig Lust auf das Buch gemacht.


    Die Frage nach dem perfekten Paar, die ich schon vor fünf Jahren gestellt habe, war bald nicht mehr wichtig. Auch das Paar selbst ist in den Hintergrund getreten. Wichtig war, was passiert und warum es passiert ist. Und wenn diese Frage scheinbar beantwortet war, hat sie neue Fragen und neue Gedankenspiele aufgebracht. Ich musste mehrmals das Bild korrigieren, das ich von Die sterblich Verliebten hatte.


    Die Lektüre ist mir nicht immer leicht gefallen. Ich tue mich schwer mit den endlos langen Sätzen und Monologen die Marías so gerne verwendet. Diesmal habe ich sie als nicht ganz so schwer empfunden. Ob es an der Geschichte selbst oder der Anspielung auf die Drei Musketiere lag, dich ich sehr mag, kann ich nicht beurteilen.
    4ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.